Corona-Neusprech (1)

Herrschaftswörter: schärfen, schleifen, wetzen.

Das erste Opfer in einem Krieg ist immer die Sprache. Jede neue Erzählung, jedes Mainstream-Narrativ und jede große Ideologie, benötigt ihre eigene Sprache, um sich in den Herzen und Köpfen der Menschen verankern zu können. Alte Begriffe bekommen eine neue Bedeutung. Neue Wörter sollen den mental erlaubten Denkrahmen festlegen. Diffamierungsvokabeln verengen den Meinungskorridor. Haltung und Gesinnung stehen fortan vor Vernunft, Rationalität und gesundem Menschenverstand. Sprache formt nicht nur unsere Kommunikation, sondern auch unser Denken. In den letzten 40 Jahren war es vor allem die Sprache des neoliberalen Marktradikalismus, die nicht nur unseren Alltag bestimmt, sondern sich tief in unsere Gefühlswelt gefressen hat. Aber auch bei der Vorbereitung und Durchführung von Kriegen, ist Sprachmanipulation ein bewährtes Mittel. Die »Corona-Pandemie« hat unsere Sprache ‑ein weiteres Mal- mit Gift und Galle überzogen. Weiterlesen

»Deutschland muss mehr Verantwortung übernehmen!«

Rund 30 Millionen Treffer landet dieser Satz bei der großen Suchmaschine. Aber was ist damit eigentlich gemeint?

  • Mehr Brunnen, Krankenhäuser und Schulen in Entwicklungsländern bauen?
  • Eine Entspannungspolitik mit unseren Nachbarn, wie beispielsweise Russland?
  • Militärische Abrüstung? Ausbau von internationalen Friedensverträgen? Zockerbanken schließen?
  • Global für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen? Ausbeutung unterbinden? Soziale Sicherungssysteme installieren? Welthunger vermeiden?
  • Keine Waffenexporte mehr in Steinzeit-Diktaturen?

Nein. Nein. Und nochmals Nein! Diese Formel wird immer wieder nur zu einem Zweck missbraucht: die deutsche Regierung soll sich endlich wieder an mehr Kriegen beteiligen. Zerstörung. Leid. Elend. Mord. Das ist hier die »Verantwortung«. Das klingt dann beispielsweise so:

»Wenn der Westen Staaten wie China, Russland oder der Türkei nicht das Feld überlassen wolle, müsse Europa seine Friedensrolle in der Welt wieder ernster nehmen.« (tagesspiegel)

»Wir Deutschen und wir Europäer wissen, dass wir in dieser Partnerschaft im 21. Jahrhundert mehr eigene Verantwortung übernehmen müssen, sagte Merkel.« (rheinpfalz.de)

»Die Politik muss der Bevölkerung besser erklären, warum deutsche Soldaten überall in der Welt eingesetzt werden« (tagesschau)

Interessant ist, das diese Meldungen und Aufrufe sofort kamen, als Joe Biden zum Sieger gekürt wurde. Ob die USA bald wieder neue Angriffskriege führen werden?


Neusprech
Kriegssprache

Neusprech: »Solidarität«

Vor nicht allzu langer Zeit war »Solidarität« noch kommunistisches Teufelszeug. Lohnarbeiter, die sich miteinander solidarisieren wollen? Prekär Beschäftigte, die sich via Streik, Protest, Widerstand und Demonstration gegen menschenverachtende, neoliberale Ausbeutung wehren wollen? Bildungsproteste von Lehrern, Schülern und Eltern gegen das Spardiktat? Aufmärsche gegen Kriege und für den Frieden? Bitte nicht! Alles Chaoten, Verschwörungstheoretiker, Neu-Rechte, Radikale, Sozialromantiker oder Kommunisten.

Nein, »Solidarität« war und ist im marktkonformen Deutschland das exakte Gegenteil all dessen wofür unsere neoliberale Regierung steht! Wenn Konkurrenz, Wettbewerb und Eigennutz die dominanten Werte sind, ist für »Solidarität« keinen Platz mehr. Daran hat sich auch in Corona-Zeiten absolut nichts geändert. Oder hat sich unser Wirtschaftssystem gewandelt und ich habe davon nichts mitbekommen? Es wird zwar überall »Solidarität« gepredigt, aber im Kern weiterhin nur »Neoliberalismus« gesoffen. Weiterlesen

Meinungs- und Deutungshoheit

Denunziation, Diffamierung und Diskriminierung unliebsamer Personen und Inhalte hat in Deutschland schon lange Tradition. In der Corona-Massenhysterie wird das wieder überdeutlich. Die Blockwartmentalität und die Gesinnungspolizei sind weit verbreitet (quer durch alle Lager). Unbequeme ‑und/oder alternative- Aussagen, Argumente und Analysen stellt man vorzugsweise als indiskutabel hin, indem man die Personen, als unglaubwürdige Zeitgenossen diskreditiert.

Dafür gibt es mittlerweile ein ganzes Arsenal an Kampfbegriffen. Was ursprünglich ein Herrschaftsinstrument von US-Diensten war, ist heute allgemeiner Kanon von Massenmedien und Stammtisch. Habermas Lebenswerk und sein Glaube daran, dass der Austausch von rationalen Argumenten die Grundlage für herrschaftsfreie Räume seien, wird im Angesicht dieser ausufernden Herrschaftsmethode ad absurdum geführt. Denn dieser findet kaum noch statt. Stattdessen wird fast im Minutentakt gebrüllt: Weiterlesen

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

»Ne Firma ist wie ne Ehefrau, die fickt dich wenn du gar nicht mehr damit rechnest.« (Bernd Stromberg)

»Seit 2004 sind Arbeitgeber verpflichtet, länger erkrankten Beschäftigten ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz: BEM) anzubieten.«

Die Sprache ist und war schon immer verräterisch. Zwischen Bullshit-Bingo, Euphemismen, Marketing-Geblubber und verbrannten Begriffen (wie beispielsweise »Nachhaltigkeit«), tropft immer die eigene Weltanschauung hindurch, sowie die Werte, Normen und Narrative, die man den Leuten ins Gehirn impfen will. So auch beim »Betrieblichen Eingliederungsmanagement« (BEM). Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) betont, dass es darum gehe, die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden. Die Lohnarbeitsdrohne habe eben unablässig zu funktionieren! Außerdem: »Für den Arbeitgeber rechnet es sich, weil es die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten fördert, Fehlzeiten verringert und damit Personalkosten senkt.«

Die Vokabel »Betriebliches Eingliederungsmanagement« verdeutlicht zwei Dinge. Zum Einen zeigt sie auf, dass nur wer lohnarbeite dazu gehöre, er »eingegliedert« sei. Warum Teilhabe an der Gesellschaft primär und immer Lohnarbeit bedeute, war mir schon immer suspekt. Es beweist, welcher Lohn-Arbeitsfetisch in Deutschland vorherrscht. Außerdem definiert der Begriff die Ware Arbeitskraft, die Haltung zum Lohnarbeiter als Ressource, Humankapital und Objekt. Den Menschen aber vor allem auf seine Funktion als Lohnarbeiter zu reduzieren, ist zutiefst menschenverachtend. Heute aber scheinbar allgemeiner Konsens.


Neusprech
Lohnarbeitswahnsinn

Wiederholungen

Urlaub: Alles bleibt anders?

Letztens wurde mir in einem Gespräch vorgeworfen, meine Kritik würde sich zu oft wiederholen und das schwäche meine Argumentation. Ich entgegnete, wenn sich der Irrsinn um mich herum immer wiederholt (Orwell lässt grüßen!), dann kann sich meine Kritik daran auch nicht großartig verändern. Ich kann nicht nachvollziehen, weshalb man einerseits die ständigen Medien-Propaganda-Wiederholungen und ‑Narrative locker ertragen kann (der böse Russe, gefakte Arbeitslosenzahlen, »Wir sind die Guten« etc.), aber andererseits jedwede wiederholte Kritik daran, als unbequem und anstrengend empfindet?

Die täglich monotone Wiederholung der eigenen Lohnarbeits-Aktivitäten wird kaum thematisiert. Selbstentfremdung ist außerhalb akademischer Diskurse kaum eine Frage. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass jegliche Art von Störung der eigenen Biedermeier-Komfortzone und Mikro-Bequemlichkeitswelt (und sei es nur ein Hintergrundrauschen), als ganz persönliche Belästigung betrachtet und empfunden wird. Das eigene Denk- und Wertesystem (und sei es noch so schief, kaputt oder pathologisch), dürfe nicht angerührt werden. Wer auf den Schmutz aufmerksam macht, ist somit nicht nur schmutzig, er verursacht auch den Schmutz. :jaja:

Bildungssprache

Die »Bildungssprache« wird als Abgrenzung zur Alltagssprache in der Sprachpädagogik definiert. Die These ist, dass vor allem in Bildungs-Institutionen, in Politik und Wissenschaft eine eigene Sprache mit spezifischen Fachbegriffen gesprochen werde, die nicht jeder Schüler gleich gut verstehen und erlernen könne. Besonders Kinder aus »bildungsfernen Familien« sowie mit »Migrationshintergrund« (sind damit auch Schweizer, Spanier und Amerikaner gemeint?) hätten hier große Schwierigkeiten, so die pädagogischen Experten.

Ist es nicht grundsätzlich fragwürdig, Bildung als das Auswendiglernen und Anwenden von Fachbegriffen zu verstehen? Begriffs-Fetisch und Begriffs-Dropping als primäre Merkmale von Wissenschaft, Intellekt und Bildung?


Berliner Bildungsprogramm: eine Kritik
Wunderwaffe: »Bildung«
Bildung nur für Reiche

Lacher des Tages: die SPD

Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister via Twitter am 10. Februar 2019

Ich weiß nicht, ob ich lachen, heulen oder etwas zerstören soll!? Haben wir schon Fasching? Will Olaf Scholz beim Satire-Magazin »Titanic« einsteigen? Hat die SPD ihren schlechten Humor wieder entdeckt? Haben Verschwörungstheoretiker, Putinversteher und Populisten die Genossen unterwandert? Glauben die auch selbst an das, was sie so von sich geben? :shock:

»Höhe der Zeit« und »Modernisierung« sind Neusprech-Hülsen für neoliberale Anpassungen, die Schaffung des größten Niedriglohn-Sektors in Europa, die Installierung eines menschenverachtenden Schikane-und-Willkür-Systems ‑auch Hartz4 genannt- sowie die großflächige Entrechtung und Enteignung von mittellosen Menschen. Und nun schlagen sie »abermals eine Modernisierung« vor? Das ist keine »SPD-Erneuerung«, sondern eine Drohung! :sick:

Neusprech: »Bedauerlicher Einzelfall«

»Ich bin nur ein Einzelfall!«

»Nur Einzelfälle? Die lange Liste rechter Ausrutscher.«

(derstandard.at vom 21. November 2018)

»Dass Mietzahlungen bereits wegen geringer Überschreitungen der angemessenen Miete gekürzt werden, ist in Essen leider kein Einzelfall.«

(hartz4-essen.info vom 27. Februar 2018)

Kinder- und Altersarmut
Obdachlosigkeit
ALG2-Willkür
Völkerrechtswidrige Angriffskriege
NATO-Journalismus
Explodierende Mieten
Soziale Ängste
Landraub
Korrupte Politiker
Depressionen
Hungertote
Kriminelle Banken
Prekäre Arbeitsverhältnisse
Plastikmeere
Missbrauchsfälle bei der katholischen Kirche
Steuerhinterziehung
...

Das alles sind leider »bedauerliche Einzelfälle«. Dahinter steckt kein System! Es gibt keine Gesetze, Rahmenbedingungen, Mechanismen und/oder Strukturen, die bestimmte Verhaltens- und/oder Handlungsweisen hervorrufen. Es gibt nur die »Eigenverantwortung«. :jaja:


Neusprech
Einzelfalltheorie

Inhalte überwinden!

»Wir sind angewiesen, ein bisschen pro Regierung zu berichten«
(freie WDR-Autorin Claudia Zimmermann am 18. Januar 2016 in der niederländischen Sendung »De Stemming«)

  • Wer die Massenmedien kritisiert, ist ein »Lügenpresse-Schreihals« und damit ein verkappter Nazi!
  • Wer die US-Regierung, US-Geheimdienste, die Wall-Street oder Großbanken kritisiert, ist ein Querfront-Antisemit!
  • Wer nicht an die öffentlichen Verlautbarungen von Regierungen und Politiker glaubt, ist ein Verschwörungstheoretiker!
  • Wer die Schulmedizin oder Impfungen kritisiert, ist ein Esoteriker, der an Jesuswasser und Chemtrails glaubt!
  • Wer die Interessen der Mehrheit und der Bevölkerung im Fokus behält, ist ein Populist!
  • Wer nicht an die NATO-Propaganda glaubt und kein Russland-Bashing betreibt, ist ein Putinversteher!
  • Wer die westlichen Narrative und Werte hinterfragt, ist ein Extremist und Kommunist!

Meinungskontrolle. Diskurshoheit. Kampagnen-Journalismus. Es geht schon lange nicht mehr um den Austausch von Argumenten, Ursachen oder Analysen, sondern nur noch darum, den Sender der Botschaft zu diffamieren. Insbesondere dann, wenn die vermeintliche neoliberale Alternativlosigkeit als Herrschaftsinstrument enttarnt wird. Damit die Meinung der Herrschenden auch die herrschende Meinung bleibt.


Populismus
Antisemitismus
Verschwörungstheorie