Populismustheorie

Opfer von Populisten? TTIP-Demonstranten am 10. Oktober 2015

Opfer von Populisten? TTIP-Demonstranten am 10. Oktober 2015

Wenn es ein Wort gibt, das ich nicht mehr hören und lesen kann, dann ist das (neben Verschwörungstheorie), vor allem: Populismus. Politiker, Wissenschaftler, Ökonomen und Journalisten (ja auch Blogger) benutzen diesen negativ aufgeladenen Begriff, um Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, als unseriös zu diffamieren. Dabei ist es sicher kein Zufall, dass es keine einheitliche Definition darüber gibt, ab wann, inwiefern und weshalb manche als populistische Redner und Schreiber bewertet werden und warum andere als ernst zunehmende Zeitgenossen gelten sollen.

Die Bundeszentrale für politische Bildung zitiert den Duden und schreibt, dass der Populismus eine von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik sei, die das Ziel habe, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen zu gewinnen. Die Wesensmerkmale seien, so behauptet Karin Priester weiter: »Anti-Elitarismus, Anti-Intellektualismus, Antipolitik, Institutionenfeindlichkeit sowie Moralisierung.« Wikipedia stellt die These auf, dass der Populismus von »Polarisierung, Personalisierung und Moralisierung« geprägt und eine Form der politischen Rhetorik bzw. eine Strategie zum Machterwerb sei. Auffällig ist hier, dass es vor allem nur Rechts- und Linkspopulismus zu geben scheint. Ein Populismus der sogenannten Mitte, von neoliberalen Ökonomen oder der Regierung scheint es indes nicht zu geben.

Populistentheoretiker
Der niederländische Politikwissenschaftler Cas Mudde (den zeit.de in einem Interview als »Populismusforscher« bezeichnet) behauptet, dass der Populismus eine Ideologie sei, welche die Gesellschaft in zwei Gruppen aufteile. Auf der einen Seite seien die »reinen Menschen« und auf der anderen die korrupte Elite. Die Klassengesellschaft und der ökonomische Totalitarismus seien also nur rhetorische Konstruktionen und keine Beschreibungen der Realität. Außerdem würde der Links- und der Rechtspopulismus nicht viel voneinander unterscheiden: »Sozioökonomisch gesehen unterscheiden sie sich aber nicht groß voneinander.« Das aber gerade die Einheitsparteien CDU/SPD/GRÜNE/FDP in vielen politischen und wirtschaftlichen Fragen keine signifikanten Unterschiede aufweisen wird hier vollständig ignoriert. Wer nicht am Status Quo festhalten, sondern eine politische und wirtschaftliche Veränderung will, wer volksnah sei, ist per se ein Demagoge, ein Populist. Zudem ist für ihn das Menschenbild nicht das zentrale Fundament worauf sich alles politisches Handeln aufbaut, sondern nur ein Maßstab von vielen, sodass er dann im nächsten Schritt Linke und Rechte bequem in einen Topf werfen kann.

»Der eine ist links, der andere ist rechts. Aber vergleichbare Populisten sind Lafontaine und Le Pen schon«

- Altkanzler Helmut Schmidt am 14. September 2008 in der Frankfurter Rundschau

Der Psychologe Rainer Mausfeld hat in seiner empfehlenswerten Vorlesung darauf hingewiesen, dass jeder, der sich nicht an die öffentlich vorgegebenen Diskursgrenzen hält, wahlweise als Extremist, Verschwörungstheoretiker, Antisemit, Radikaler oder Populist diffamiert wird. In der werbefinanzierten Meinungsfreiheit dürfe zwar theoretisch alles gesagt werden, aber nur die Themen und Thesen, die der politisch-wirtschaftliche Diskursrahmen erlaubt, seien auch seriöse Inhalte. Wer beispielsweise öffentlich die USA und/oder die NATO kritisiert, wer eine Reichen- oder eine höhere Erbschaftssteuer fordert, wer den Feminismus in Frage stellt, wer die Zockerbanken anprangert, wer die Eigentumsfrage stellt oder die Methoden von Geheimdiensten beanstandet – der gilt wahlweise als Antiamerikaner, Verschwörungstheoretiker, Antisemit, Frauenhasser, konservativer Sexist oder eben als Populist.

ver.di-Populismus?

ver.di-Populismus?

Mittepopulismus
Heute sind leider selbst moderate Linke heimliche Anhänger der Extremismustheorie. So behauptet der Publizist und Politologe, Albrecht von Lucke, in den Blättern vom Oktober 2015, im Artikel  »EU in Auflösung? Die Rückkehr der Grenzen und die populistische Gefahr«, dass die Bedrohung stets nur von links und von rechts ausgehen würde. Dort seien die Verführer und Demagogen. Dabei verwendet er den Kampfbegriff sehr ausgiebig und schreibt beispielsweise, wie schwer es sei »den Populismus zu zivilisieren«, dass es »neue linkspopulistische Kampfanordnungen« geben würde und das Alexis Tsipras eine eigene »populistische Strategie« verfolgt hätte. Steffen Vogel konstatiert schließlich in den Blättern vom November 2015 im Artikel »die autoritäre Versuchung«:

»Schlimmstenfalls aber enden sie als populistische Formationen, die politisch perspektivlos sind, aber den Raum links der Sozialdemokratie besetzt halten und damit progressive Politik behindern.«

Progressive Politik. Etwa die Agenda 2010 der Schröder-SPD? Solange es also keine »Regierungsfähigkeit« der Linken gebe, keine Anpassung und keinen erkennbaren Willen zur parlamentarischen Konformität, seien sie nur eine Behinderung und ein Störfaktor, statt ein Korrektiv. Nicht populistisch hingegen sind die Bundesregierung, die BILD, RTL, PR‑, Marketing- und Spindoktoren, Lobbyisten, Konzernsprecher, gekaufte Wissenschaftler, Ökonomen oder Politiker von CDU/SPD/GRÜNE/FDP. Zumindest spricht niemand davon.

Bürokraten. Biedermänner. Brandstifter.
Wenn Populisten Menschen seien, die moralisieren, personalisieren, emotionalisieren und unempfänglich für nachvollziehbare, rationale und sachliche Argumente seien, dann sind alle Konformisten sowie vorauseilende Maul- und Miethuren (»Experten«) in Politik, Wirtschaft und Medien lupenreine Populisten. Ist nicht jeder Politiker, der die Bevölkerung belügt ein Demagoge und Populist? Warum gilt Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ungestraft Landesverrat begeht (BND/NSA-Skandal), die »marktkonforme Demokratie« ausruft und das Internet als »Neuland« bezeichnet, eigentlich als seriöse Politikerin? Warum ist ein BILD-Kolumnist, wie Josef Wagner, der regelmäßig hetzt und zündelt, kein Demagoge? Warum sind eigentlich (Atlantikbrücke-)Journalisten, die Putin dämonisieren, die GDL niederschreiben und die griechische Linke als Untergang des Abendlandes verteufeln, keine Populisten?

Jede noch so angebrachte Kritik, die nicht auf einer neoliberalen Konsenssoße basiert, gilt als extremistisch, radikal, populistisch. Extremismus sei das Gegenteil der Demokratie, so die Unterstellung. Dabei wird unterschlagen, dass es gerade in der bürgerlichen Mittelschicht ausgeprägtes rechtes und extremistisches Gedankengut gibt, wie die Pegida-Bewegung und die Machtergreifung von Hitler ausführlich gezeigt haben. Die Gefahr für die Demokratie lauert nicht an den Rändern, sondern in der Mitte.

14 Gedanken zu “Populismustheorie

  1. Wenn es nicht diesen diffamierenden Aspekt gäbe, könnte man sagen: Extremistisch — na und? Extremistisch ist ein dummes Wort, dass sich Menschen ausdenken. So wie sie sich ausdenken, dass eine Frau ohne Schminke keine Frau ist, oder dass Handystrahlung beim Abnehmen hilft.

  2. Prima Ausarbeitung! Eigentlich ist es ja sogar streng genommen die ureigene Aufgabe eines Politikers oder Repräsentanten / Abgeordneten, genau dass zu tun oder zu fordern, was das Volk will!

    Dass »Populismus« dann ein negativer Kampfbegriff geworden ist, hat eben viel mit den totalen orwellschen Verdrehungen von Sprache und Denken zu tun. Der Neoliberalismus hat es ja geschafft, dass die Mehrheit es inzwischen vollkommen akzeptiert hat, »den Gütel enger zu schnallen«. Trotz wachsenden »Kuchens« geben sich viele damit ab, die »Kassen seien leer«. Mit »Hauptsache Arbeit« und »Blut, Schweiß und Tränen« redet man sich seinen kargen Lohn und die zu erwartende Rente auf Grundsicherungsniveau schön. Die Grunderwartung der Menschen ist also so geprägt, dass sie eigentlich nichts (besseres) mehr erwarten. Devot und masochistisch erträgt man dass, was die Obrigkeit beschließt, »TINA«. Diese Leute brauchen nur noch jemanden, dem’s noch dreckiger geht oder einen Sündenbock. Genau auf diese Klientel passt dann auch dein Mitte-Populismus (ginge auch »Masochilismus«...?) ;) — der aber natürlich so nicht genannt oder gar erst wahrgenommen wird. In diesem Stadium der Hirnwäsche wollen die meisten auch schon gar nix anderes mehr hören... Gutes Beispiel war der Streik der GDL und die zahlreichen Sprüche der Marke »ich kann ja auch nicht einfach streiken«; »ich verdien auch nicht so viel wie so’n Lokführer«; »die sollen doch froh sein, dass sie überhaupt Arbeit haben«...

    Derjenige, der einfach dieses neoliberale Weltbild sprengt — und den Menschen erklärt, dass es eben doch möglich sei, einfach mehr (Rechte und auch Geld) einzufordern — ist folglich ein »Populist« — weil die Neoliberalen eben fürchten, seine Thesen könnten Popularität erlangen. Und nichts fürchten jene mehr als den Verlust der Kontrolle über den Denkapparat der Masse; es wäre katastrophal, würden jene ein Bewusstsein für ihre ureigenen Interessen entwickeln...

    In dem Zusammenhang fällt mir übrigens auch immer das Thema »Wahlgeschenke« ein. Wenn denn mal in irgend einem unvermeidbaren koalitionären Kuhhandel auch mal ein kleiner Teil der »normalen« Bevölkerung eine Verbesserung erfährt (z. B. steigende Renten) — wird dies umgehend von den Tintenknechten aus dem Wahrheitsministerium (aber auch jenen, die nicht in den Genuss kommen) als »Wahlgeschenk« verunglimpft, wonach man sich in dem Falle (populisitisch) das Wohlwollen der Rentner erkaufe. Die Anti-Populistische Logik lässt ja generell keinen anderen Schluss zu, als dass jede Maßnahme, die zum Wohle der großen Mehrheit beschlossen würde zwangsläufig Populismus sei.

    Komisch aber, dass grade die gigantischen und tatsächlichen Wahlgeschenke an Wirtschaft, Unternehmen, Erben und Vermögende NIE so genannt werden. Dort sorgt der Spin dafür, es mit »Steuersenkungen« (die ja dann woanders kompensiert werden...) und »Investitionen« ins Positive zu drehen. Wenn die Interessen des großen Geldes angesprochen und bedient werden — ist dies ja quasi »monetärer Populismus«. Dann ist nicht die Zahl der Menschen die Bezugsgröße — sondern die Summe in Euros!

  3. Populismus, ein Nagel, dessen Kopf seit Jahrtausenden herumsteht zum draufhämmern. In der Folge tatsächlich im westlichen Kontext und sonst wohl auch nicht bedeutend abweichend davon gemäß dem Blog hier, zeitgeistlos. Warum? Weil das westliche soziale Gefüge sich nie gravierend von einer Regierung durch die Minderheit wegbewegt hat. Setzt man bei der Gegenwart ein, dann haben wir eine Oligarchie. Und seit wann besteht diese? Da kann man weit zurück gehen. Leute, wie der genannte Politikwissenschaftler bleiben natürlich innerhalb der genannten Diskursgrenzen. Er sieht heute keine Oligarchie und sieht sie auch weiter hinter nicht. Vielleicht sieht er sie in der Ukraine. Aber das spielt keine Rolle. Dann kann man natürlich sagen, dass heute der Ort der Macht austauschbar ist. Kein König, Gott gegeben sitzt mehr dort, sondern Regierungen werden gewählt. Wie man sieht, ist dieses System in der Postdemokratie gewissermaßen oligarchisch aufgesockelt worden. Man hat es auf einen Sockel gestellt. Die darin sich Befindenden haben, metaphorisch gesprochen, Angst vom Sockel der Oligarchie zu fallen. Nicht vom populus abgewählt zu werden. Das ist das geringste Übel. Vom oligarchischen Sockel zu fallen, bedeutet den existenziellen Kippstoß.
    Aber um was es im pejorativen Begriff des Populismus zu tun ist, das geht weit weit zurück. Man beginnt an fast archaischen politischen Dispositionen zu kratzen, alte politische Weltbildungsskripte, Gefühle der Unsicherheit, ein Gemisch aus Angst und Zutrauen, eine Unschärfe in der Reichweite eigenen Handelns. Die Regierung der Minderheit kann man zurück verfolgen bis zum Beginn einer Geschichtsschreibung und was davor war, müßte man erst sinnvoll einbinden. Thukydides erörtert ja schon schön und feilt an Grunddispositionen weiter, wie es um die Minderheit bestellt ist, welche ertüchtigt ist, zu regieren. Da haben wir den großen Nabel, der bis heute die Ruhe der Verständlichkeit dieses großen Skriptes erhält. Die Minderheit, die ertüchtigt, befähigt und daher ermächtigt ist zu regieren. Dem gegenüber der populus, das Volk, die Masse, die Summe all jener, deren Worte und Erscheinung nicht in die Formen der sich selbst veredelnden Existenz passen. Das Dumpfe in der Menschenwelt, das von oben Betrachtete, die Masse , die zur Unschärfe zwingt und das unausweichliche Urteil anschwellen läßt: das Gemeinwesen ginge den Bach hinunter, wäre der populus in der Lage, seinen Willen politisch nicht nur zu artikulieren, sondern in Gesetze zu gießen. Das ist im Grunde der Nabelkomplex des Populismusvorwurfes. Salopp gesagt, die Masse wird als zu blöd erachtet. Die Minderheit larviert sich mit einem für superior deklarierten Wissen zur Regierungsfähigkeit. Das ist bis dato der große Clou nicht nur der Realpolitik, sondern in weiten Teilen der politischen Theorie. Besonders tragisch ist natürlich, dass ausgerechnet ein Postkommunist sich nennender Theoretiker den Populismus in das pejorative rehabilitiert hat: Laclau. Von Peron angewidert, nährte er die Vorstellung, der populus werde von einzelnen Mitgliedern der regierenden Minderheit phasenweise gereizt, gelockt, ja verführt, diese Mitglieder schleudern dem demos schöne Worte entgegen und dieser lechzt nach ihnen, verfällt in seiner Dummheit jeder Schönfärberei. Man sieht hier die fundamentale Demokratiefeindlichkeit, die in diesem Wort steckt. Die Brötchenverkäuferin, der Busfaherer, dieser und jener, dem man so im Laufe der Tage und Jahre begegnet, sie sind alle blöd. In ihrer politischen Handlungsfähigkeit besehen, sind sie blöd. Sie mögen Brötchen verkaufen können und Bus fahren, aber der Vollzug einer politischen Handlung ist gefährlich, gewissermaßen aus Dummheit würde das Gemeinwesen in Chaos und Ruin enden, unbändige Kaskaden an Irrsinn würden aufblühen, käme dieser poupulus in die Position, sich selbst direkt Gesetze zu geben. Dieser ganze Komplex funktioniert niemals ohne einen klassischen Wahrheitsbegriff. Daran scheiterte auch die Postmoderne, die mit dieser Sache in der Tat Ernst zu machen im Sinn hatte. Die konservative Gegenrevolution, die natürlich auch sich in Unsicherheit sich befindende Postmoderne sanft reintegriert hat und zur Schmähung für ihren Verrat an die vorderste Front gestellt hat, diese hat den Kampf an der Wahrheitsfront geführt. In Geltung blieb die stabile Wahrheit hinter den Erscheinungen. Von da ist es nicht mehr weit. Der zur Regierung befähigte erkennt diese und ist daher legitimiert zu regieren. Er, wer er? Die Minderheit, die Elite, die Edelmänner mit güldenen Strumpfhosen und gezierten Bärten, die Edelmänner in Frack und Tracht. Heute u.a. der Neoklassiker, aufgepeppt mit einem erkauften Nobelpreis, ergießt sich seine Regierungsfähigkeit in Formeln, die er dem populus vorrechnet, damit dieser sehe, wie der Sachzwang arbeite und er den Kontrast spüre, am Körper spüre, die dieser der glühenden Gier und Fleischeslust des populus einbläue. Moral, Geld, Status, Sex der populus will immer ungerechtfertigerweise alles, um in Exstase zu laben, er würfe alles durch die Welt, er endete in Armut und Tod. Er gröhlt und ist unberechenbar. Dagegen die fein säuberliche Welt der wohlgefügten ordnenden Klinge der Legitimation. Ruhe, Klarheit, immerzu eine Gratwanderung am Vernünftigen, beharrlich wird dem kosmischen Chaos der geordnete politische Ablauf eingeprägt. Huld und Dank gebührte den Edelmännern daher auch. Und sie geben sie sich natürlich selbst. Der populus ist ja nicht einmal dazu in der Lage. Er verkennt die großen Taten. Zuletzt nun, ergießt sich die Großzügigkeit der Edelmänner im Bemühen, die rechten Kommunikationsformen für die Reformen zu finden. Ja, wir haben dir zu brüsk dargestellt, dass du erst mi 67 in Rente gehen kannst. Ein erbauliches Communique hätte die geholfen, du hättest gesehen, das es gut ist. So sind die Edelmänner die Steuermänner, der populus der Wind, der in die verkehrte Richtung bläst. Und in der Tat ist so: bläst er nur stark genug, bläst er die Edelmänner hinfort.

  4. @flavo

    Wie immer ein sehr konstruktiver Beitrag zum Thema! Wenn auch ein paar Absätze nicht schaden würden. ;) Und das hier finde ich besonders treffend:

    »Salopp gesagt, die Masse wird als zu blöd erachtet. Die Minderheit larviert sich mit einem für superior deklarierten Wissen zur Regierungsfähigkeit. Das ist bis dato der große Clou nicht nur der Realpolitik, sondern in weiten Teilen der politischen Theorie.«

  5. Treffender Artikel.

    »Wer volksnah ist , ist per se ... ein Populist«

    So ist es . Interessant , wie hier Nähe und Hörigkeit gleichgesetzt werden. Nah am Volk kann genauso bedeuten , bestimmte »volkstypische« Sichtweisen abzulehnen oder sogar zu hassen , um andere wiederum richtig zu finden.

    @Dennis 82

    »zu tun oder zu fordern , was das Volk will«

    Nicht so ganz , das wäre dann echter Populismus , wie er eigentlich gemeint ist. Politiker sollen das Volk vertreten , aber nicht unreflektiert alles mitmachen , was das Volk gerade so im Kopf hat .

    Volkswille plus Politik plus Verfassung , so ungefähr , genau kann man das schlecht festlegen , und dabei gibt es auch keine Garantien.

    Wir sollten den Begriff des Populismus nicht aufgeben , weil er von bestimmten Kreisen hemmungslos mißbraucht wird , denn es gibt tatsächliche populistische Gefahren.

  6. @ Dennis82

    Ich schreibe das jetzt einmal, weil ich meine, so etwas dort herauszuhören: Klingt dort immer noch ein wenig von Wut darüber, dass man betrogen wurde, mit?
    Ich meine, dort so etwas zu hören.
    Kritikpunkt ist der — wie oft wird man noch von diesem Staat und diesem System, wie die Welt läuft, betrogen? Und wie oft will man sich darüber noch aufregen?
    Mittlerweile ist man doch eigentlich in der Verwaltungsphase dieser ganzen Untaten angekommen. Mehr als Verwaltung geht nicht.
    Die Energie, die man darin steckt, sich zum tausendsten Mal darüber aufzuregen, dass man verraten wurde, könnte man auch darin stecken, sich eine ernsthafte Alternative einfallen zu lassen oder um die bestehenden Verhältnisse seinen Weg (privat) herumzubauen.
    Ich traue mich sogar an dieser Stelle sogar das Wort in den Mund zu nehmen: Dem Eindruck nach scheinen sich Westdeutsche noch mit dieser Wut herumzuschlagen, während im Osten schon lange die Wut der Erfahrung mit Honecker und Ulbricht, die man in den 90ern dann mit der Treuhand und mit der BRD weiter gemacht hat, der Resignation gewichen ist.

  7. @matrixmann

    »Die Energie, die man darin steckt, sich zum tausendsten Mal darüber aufzuregen, dass man verraten wurde, könnte man auch darin stecken, sich eine ernsthafte Alternative einfallen zu lassen oder um die bestehenden Verhältnisse seinen Weg (privat) herumzubauen.«

    »Ernsthafte Alternativen« klingt erstmal toll. Was die Welt jedoch absolut nicht mehr braucht, ist ein weiterer ‑Ismus. Tolle Vorschläge/Utopien/Alternativen bringen außerdem absolut null, wenn sie von den Massenmedien ignoriert oder niedergeschrieben, von der Bevölkerung belächelt (Beispiel: bedingungsloses Grundeinkommen) und von Intellektuellen zerrissen werden. Wir sind noch lange nicht so weit in Deutschland. Zu allererst muss man dafür ein Klima schaffen, d.h. Aufklärung betreiben und die Meinungs- und Deutungshoheit ein klein wenig zurück gewinnen. Insofern ist jeder Blogger/Blogbeitrag/Kommentar ein kleiner Schritt auf dem Weg dorthin.

  8. @Art Vanderley — dann wären wir halt schnell beim Punkt »echter Demokratie«, d. h. auch der unschönen Seiten. Also der Frage, ob es doch angebracht ist, dass Eliten über das Wohl derer entscheiden, denen die nötige Einsicht oder Intelligenz fehlt. Hat aber m. E. nur am Rande mit dem Begriff »Populismus« zu tun.

    @matrixmann: rote oder blaue Pille? :D

    Naja, »betrogen« fühle ich mich nicht — das setzt voraus, dass ich jemals an »das Ganze« geglaubt hätte. Ich war aber eigentlich seit frühester Kindheit kritisch, gab mich nie mit »das ist halt so« zufrieden. Mir begegnen nur eben an allen Ecken solche Widersprüchlichkeiten und eine widerliche Doppelmoral.

    Einen (privaten) Weg »um die bestehenden Verhältnisse herum« kannst du wenn überhaupt nur in sehr geringem Maße bauen. »Es gibt kein richtiges Leben im Falschen«. Es sind kleine Nischen (Schützengräben), in die man sich (tagtäglich umgeben von systemkonform funktionierenden Wölfen, Schafen und Lemmingen) zeitweise zurückzieht. Wie diverse Blogs z. B.! Aber um die ganzen Sachzwänge und Kompromisse kommst du halt nicht herum, wenn du nicht als Penner unter der Brücke enden willst. Zumindest ein erfolgsversprechender Weg in die Resignation...

    Kritik der Gegenwart ist die Grundvoraussetzung dafür, dass sich in der Zukunft überhaupt etwas ändern kann; in welchem Umfang auch immer. Wären mehr Menschen kritisch — sähe die Welt heute auch ganz anders aus. Ich persönlich brauche auch nicht DIE Alternative — das hat für mich immer das Gschmäckle einer religiösen Erlösungsprophezeiung mittels einer »deus ex machina«. Der Karren steckt eben auch durch die Herrschaft über das (ökonomisierte) Denken tief im Dreck — und den musst du ggf. halt erst mal wieder Stück für Stück rausziehen.

  9. @ Epikur

    Ob du daraus die Ableitung ziehst, einen weiteren Ismus zu erfinden, ist deine Sache.
    »Ernsthaft« ist nur Betonung, sich etwas einfallen zu lassen, dass nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch umsetzbar ist. Hier und jetzt im Präsenz mit der Menschheit, die man hat, mit dem Volk, dass aktuell in den Grenzen der BRD wohnt.

    Was nützt mir am Ende des Tages Aufklärung, wenn das Publikum, was ich erreichen will, um 22 Uhr im Bett ist um um 6 Uhr wieder aufzustehen? Was nützt mir Aufklärung, wenn am Ende lediglich der Mittelstand (zwischen 2000 und 5000 € brutto Monatseinkommen) die Zeit und die wenigstens so weit gegebene ökonomische Sicherheit (oder auch Bewegungsfreiheit) hat, um sich mit solchen Dingen zu beschäftigen und wöchentlich auf den Straßen der Republik zu campieren?
    Alle Art von Protest, das kann man auf der ganzen Welt beobachten, von der Ukraine bis Lateinamerika bis in die USA, wird hauptsächlich vom Mittelstand gemacht. Arme Leute haben dafür keine Zeit und keine Reserven. Und wenn arme Leute diese Reserven in einem System haben, dann sind sie in der Regel nicht auf der Straße zu finden, weil der Staat was für sie tut, und nur der Mittelstand beschwert sich darüber, dass sie nicht aus ihrem Mehr noch mehr Mehr machen können.

    Ist sonst so ähnlich wie die Regierung, die denkt, wenn sie auf Lebensmittelverpackungen draufschreiben lässt, woher was davon kommt, dass sich dann über den freien Markt das mit der Massentierhaltung und dem Panschen erübrigt.
    Arme Leute, die sich das nicht leisten können, nach dem Preis zu fragen, wird das herrlich wenig interessieren (weil häufig die vornehmlich »besseren« Produkte dann zu einem wesentlich höheren Preis vermarktet werden).

    @ Denis82

    Die Pillen-Frage stellt sich für mich nicht mehr. (-> Klick)

    Es ist nur eine Vermutung. In der Regel kann man nur sagen, wo eine starke emotionale Regung zu beobachten ist, dort ist auch einmal was gewesen. Oder zumindest ein vitales Interesse in der Gegenwart.
    Was einem egal ist, darüber regt man sich nicht auf...

    Ich habe das Wort »privat« dazwischen geschoben, damit nicht irgendjemand auf dumme Gedanken kommt.
    Wenn ich solche Aussagen treffe, dann tue ich das stets mit der Überlegung im Hinterkopf »nach den Möglichkeiten, die sich jedem in seiner individuellen Situation bieten«. Dem einen werden sich dort mehr bieten als einem anderen, manch einer nimmt sie vielleicht auch nur nicht wahr, weil er sie nicht erkennt (»blinde Flecken« sind stets ein großes Thema in der menschlichen Wahrnehmung, wenn es um psychische Dysfunktionalitäten geht; dies gilt auch für Leute, bei denen diese nicht so ausgewachsen sind, dass sie ihnen oder ihrem Umfeld Probleme bereiten).

  10. @Dennis 82

    Völlig richtig , unschöne Seiten wird jede echte Demokratie haben , das ist noch kein Populismus. Populismus wirds nur dann , wenn genau das Gegenteil geschieht von der reinen Elitenherrschaft , also die reine Volksherrschaft , die alles darf , ohne dahinterstehende Werte wie z.B. unveräußerliche Menschenrechte.

  11. Pingback: Rinks und Lechts – fri.us.com

  12. (Update 3. Oktober 2016) Die Zeit schreibt: »Lechts und Rinks kann man verwechseln: Frauke Petry und Sahra Wagenknecht geben zusammen ein Interview und entdecken überraschend viele Gemeinsamkeiten.«

    Passt wieder mal perfekt zur Populismustheorie: Alles Populisten, Radikale, Spinner, Verschwörungstheoretiker und Extremisten, außer Mutti (Merkel) und die sog. »Mitte« von CDU/CSU/SPD/FDP/GRÜNE. Außerdem ist das der perfide Versuch zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: die AfD und die Linke zu verunglimpfen. Beide sind eine Gefahr für die »Mitte«. Schließlich sollen wir alle schön in der neoliberalen Konsenssoße bleiben und an ihre Richtigkeit »glauben«. Wobei ja die Afd durch und durch neoliberal, insofern auch eher als U‑Boot zu bewerten, ist.

  13. Wie du schreibst — die AfD ist das Mittel zum Zweck. Sie unterscheidet sich politisch inhaltlich nicht von der Mitte — aber dank Mithilfe der Medien wird dem tumbem Wahlvolk suggeriert, hier gäbe es tatsächlich eine »Alternative«. Es ist daher primär der Versuch, nicht AfD UND Linke zu verunglimpfen, sondern ausschließlich nur der Versuch, die Linke weiter zu spalten. »Rechts« / der AfD ist es im Gegensatz zu vielen Linken regelm. vollkommen egal, ob da nun Übereinstimmungen zu einzelnen linken Standpunkten existieren mögen. Wagenknecht hat im Grunde vor allem im Gesamtkontext nix von sich gegeben, was nicht simpler, linker, humanistischer Logik entspräche. Trotzdem genießt sie auch bei den unterbelichteten Honks deshalb einen gewissen Respekt; man kann das gut in den von AfD-Idioten gefluteten Telepolis-Foren erkennen. Man könnte Sie deshalb eigentlich auch in gewisser Weise dafür loben, dass sie es schafft, die »verwirrten Schäfchen« irgendwie wieder einzufangen...

    Daran erkennt man ja auch wieder die Perfidie, mit der die »Mitte« permanent arbeitet. Und warum man sowas wie die AfD bewusst kreiert hat hat (good cop, bad cop). Man weiß, wie sensibel man auf der linken Seite gegenüber dem Vorwurf ist, irgendwie »rechts« zu sein oder auch nur im Verdacht zu stehen. Man versucht nun einmal mehr, die »linken« Linken durch einen konstruierten Zusammenhang mit »rechten Positionen« / der AfD gegen S. Wagenknecht zu instrumentalisieren. Das Traurige ist — es klappt leider nahezu immer...!

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