Menschelnde Jobcenter

(fotografiert am 28. Februar 2024 in einem Berliner U‑Bahnhof)

Ich war in meinen über 40 Jahren schon einige Male arbeitslos. Während ich die Phasen nicht als »schlimm« oder »unproduktiv« angesehen habe, da endlich ausreichend Zeit für Familie, Freunde, Hobbys, Leidenschaften und ZG-Blog vorhanden war — wurde mir natürlich von allen Seiten Druck und ein schlechtes Gewissen gemacht. Die Diskriminierung, gegenüber arbeitslosen Menschen in Deutschland, ist gesellschaftlich, politisch und medial fest verankert. Jeder, der einmal länger arbeitslos war, weiß das.

Die Jobcenter wurden im Zuge der »Agenda 2010« von der Schröder-Regierung sowie dem vorbestraften VW-Personaler Peter Hartz im Jahr 2005 ins Leben gerufen. Das Ziel war von Anfang an, nicht die Interessen oder gar die Bedürfnisse der arbeitslosen Menschen ernst zu nehmen oder zu berücksichtigen — sondern sie in den Niedriglohnsektor zu drücken. Mit aller Gewalt.
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Identitätslinke

Ich habe absolut nichts dagegen, wenn sich Menschen durch ihre individuelle, meinetwegen auch sexuelle Identität, selbst verwirklichen und das politisch thematisieren wollen. Problematisch wird es, wenn alle anderen, urprünglich einmal linke Ideen dadurch verdrängt werden. Was ist wichtiger für ein empathisches, friedliches und demokratisches Zusammenleben?

1.) Wie man Ureinwohner/Natives/Indianer nennen darf (und soll) oder dass sie heute, im Jahr 2022, einen besseren Zugang zu Bildung, fruchtbaren Böden und Sozialer Gerechtigkeit haben?

2.) Die richtige Haltung zeigen und das richtige Bekenntnis ablegen oder freie Debattenräume und den Mut aufbringen, sich die Meinung Andersdenkender auch anzuhören?

3.) Rassistische Begriffe aus Kinderbüchern verbannen oder bis heute bestehende, neokolonialistische Wirtschaftsverträge, von europäischen Staaten und Konzernen mit afrikanischen Ländern auflösen?

4.) Das alle Kinder früh lernen sollen, dass sie sich ihr Geschlecht selbst aussuchen können oder das sie nicht mehr in Armut aufwachsen müssen?

5.) Mehr Frauenförderung und Frauenquoten bei Konzernvorständen durchsetzen oder bessere Arbeitsbedingungen, Arbeitnehmerrechte und Gehälter für alle Lohnarbeiter?

Statt also die Welt für alle (!) gerechter und friedlicher machen zu wollen, schauen die Wokisten narzisstisch nach innen. Neoliberale Banken, Milliardäre und Konzerne finden das gut.


Die identitätsgetriebene Linke

Der demokratische Geist

Wir hören zu.
Wir grenzen nicht aus.
Wir vorverurteilen nicht.
Wir geben jedem eine Stimme.
Wir achten die Menschenwürde.
Wir respektieren die Unterschiede.
Wir begegnen uns auf Augenhöhe.
Wir erpressen und nötigen Niemanden.
Wir tolerieren individuelle Lebensentwürfe.
Wir halten Meinungsverschiedenheiten und Kritik aus.

Wo ist er hin? Der demokratische Geist? Wo ist er geblieben?

»Für das Übertreten humanistischer Grundsätze, für die Verletzung der Würde und der körperlichen Unversehrtheit gibt es zu keiner Zeit der Welt eine Rechtfertigung, auch wenn die Mehrheit ein solches Verhalten toleriert oder gar fordert.«
(RKI | Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Jörg Hacker. Präsident des Robert Koch-Instituts. 2008). (via)

»Humanität besteht darin, dass niemals ein Mensch einem Zweck geopfert wird.«
(Albert Schweitzer)

Wertlose Arbeit?

Die soziale Arbeit wird auch im Jahr 2019 weitestgehend in ökonomische Denkmuster gequetscht werden. Durch Sprache, gesetzliche Rahmenbedingungen, Sachzwänge und das neoliberale Narrativ in den Köpfen (Eigenverantwortung, Flexibilisierung, Liberalisierung etc.). Bildungspartner werden zu Kunden. Pädagogen zu Dienstleister. Hinzu kommen: Leistungsbewertung, Standardisierung, Wettbewerbs- und Konkurrenzdenken sowie damit automatisch verbunden: Ausgrenzung und Stigmatisierung. Betriebswirtschaftliches Verwertungsdenken sorgt indessen weiterhin dafür, dass die soziale Arbeit »wenig wert« ist. Sie generiert keine Güter und keinen Profit.

Die Interaktion zwischen Menschen werden betriebswirtschaftlich als Beziehung zwischen Mensch und Marke betrachtet, bei dem nicht nur verwertbare Zahlen generiert werden sollen, sondern bei dem auch angeblich jeder Akteur nur seinen egoistischen Vorteil und Eigennutz im Sinn habe. Wer dieses lebens- und menschenfeindliche Gesellschaftsmodell auf die soziale Arbeit übertragen will ‑bei der uneigennützige Empathie, Lebensfreude und Solidarität essentiell sind- gehört als Soziopath eingesperrt. Stattdessen werden sie in Talk-Shows und Expertenrunden eingeladen.


Die Destruktivität des Leistungsgedanken
Der tägliche Lohnarbeitswahnsinn
Eigennützig Gemeinnützig

Anstand kostet!

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©epikur (eigenes Werk)

Wer sich sein Gewissen, seine Fairness, seine soziale Gerechtigkeit und sein Mitgefühl bewahren will, muss dafür mit harter Währung bezahlen! Die meiste Kohle macht man, wenn man skrupellos, rücksichtslos und egoistisch ist. Wer sich scheut, auch mal bigott, verlogen und korrupt zu sein, wer nicht professionell lügen kann und will (Marketing, PR, Vertrieb etc.), wer Mühe hat, die eigene Selbstentfremdung nicht als Selbstverwirklichung zu verdrehen — der wird niemals eine steile berufliche Karriere hinlegen können! Weder in der Automobil- oder Pharmaindustrie, in einer Bank, noch in einem Konzern oder irgendeiner anderen Branche, wo man richtig Geld verdienen kann.

Nächstenliebe, Empathie und Mitgefühl sind ökonomisch gesehen nicht nur wettbewerbsschädigend, sondern schlicht nichts wert. Ja, zur Aufrechterhaltung der Arbeitsmoral und zur Mitarbeiterführung wird ein wenig Sozial-Klim-Bim betrieben und/oder gelegentlich gemenschelt. Auch werden die Ideale von Menschen, die in sozialen Berufen arbeiten, rücksichtslos ausgebeutet — all das wird aber nicht mit Euros vergütet. Es spielt zudem in der Management-Ebene, in der Finanzindustrie und auf politischer Ebene kaum eine Rolle. Was zählt, sind Quartalsberichte, Dividenden und Profite. Und weil sich Anstand schlicht nicht rentiert, sondern nur Kosten verursacht, wird auf ihn weitestgehend verzichtet.


» Die ganz normale Ungerechtigkeit
» Marktgerechtigkeit und Verwertungsmoral
» Ohne Haltung

Das Sozialticket

sozialticket_titelDie schwarz-gelbe Landesregierung in NRW wollte Ende November das Sozialticket schrittweise abschaffen. Dagegen gab es große Proteste. Nun rudert sie zurück. Vorerst. Interessant ist, wie und was in der Öffentlichkeit ‑abseits von dpa copy and paste- zu diesem Testballon geschrieben wurde. Eine kleine Meinungsblase. Weiterlesen

Martin Schulz, der Erlöser

schulz_blätterIch mag die »Blätter für deutsche und internationale Politik«. Seit über fünf Jahren habe ich diese Monatszeitung abonniert. Manchmal kommt es jedoch vor, dass ich den Analysen, Berichten und Kommentaren nicht zustimmen kann (beispielsweise den einseitigen Feminismus-Beiträgen). So geschehen beim Artikel »Glücksfall Martin Schulz?« in der Ausgabe vom März 2017 von Blätter-Redaktionsmitglied Albrecht von Lucke. Diesen geschichtsvergessenen, ja fast schon naiven Optimismus kann ich leider nicht unkommentiert stehen lassen. Weiterlesen

Reichtum. Ausbeutung. Entfremdung.

In vielen Artikeln, Analysen und Abhandlungen ist von der »wachsenden sozialen Ungleichheit« die Rede. Von der immer größer werdenden sozialen Spaltung, der Kluft und der Schere zwischen Armut und Reichtum. In der Regel wird damit ausgedrückt, dass die Einkommens‑, Vermögens‑, Besitz- und Eigentumsverhältnisse zwischen dem reichsten Prozent der Weltbevölkerung und dem ganzen Rest, den 99 Prozent, aufgeteilt ist. Oder anders: 85 Milliardäre besitzen soviel wie die halbe Menschheit (Oxfam-Bericht). Das Verb »wachsend« ist in diesem Zusammenhang ein regelmäßig auftauchender Euphemismus. Denn die weltweite krasse Ungleichheit ist bereits Realität. Heute. Jetzt. Und nicht erst morgen. Was soll da bitte noch groß wachsen?

Meine 10 Wünsche für das Jahr 2014!

  1. Es gibt wieder einen öffentlichen Diskurs für wirtschaftspolitische Alternativen. Neue Ideen und Vorschläge werden nicht mehr als unrealistisch, träumerisch, utopisch oder populistisch diffamiert, sondern ernst genommen und medial thematisiert.
  2. Männer und Frauen sind wieder zärtlicher und einfühlsamer zueinander. Es wird mehr gekuschelt, geschmust und gestreichelt, anstatt dass immer nur an die eigenen Bedürfnisse und an Sex gedacht wird.
  3. Das menschliche Wohlergehen steht nun im Mittelpunkt aller politischen und unternehmerischen Entscheidungen. Das Prinzip lautet fortan: Menschen sind wichtiger als Profite. Im Zweifelsfall wird eben mehr Geld ausgegeben und weniger Gewinn gemacht, wenn es Mitarbeitern dadurch besser geht. Weiterlesen

Zum Thema Mindestlohn

»2012 waren nur noch 58 Prozent der abhängig Beschäftigten durch Tarifverträge abgesichert, 60 Prozent in den westlichen und 48 Prozent in den östlichen Bundesländern. 15 Jahre zuvor waren es noch 75 respektive 63 Prozent.«

- Olivier Cyran, »Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen«, Le Monde Diplomatique, Ausgabe September 2013, S. 4

Anmerkung: Überall wird nun große Hoffnung in die Einführung eines Mindestlohns gesteckt. Er kann und darf, nur der Anfang um den Kampf für mehr soziale Gerechtigkeit sein. Denn man sollte nicht so naiv sein und glauben, der Mindestlohn würde tatsächlich überall gezahlt werden. Ob Outsourcing, Subunternehmen, Leiharbeit, Standortverlagerung, Austritt aus den Tarifverträgen etc. — es gibt genug Möglichkeiten, ihn selbst bei einer flächendeckenden Einführung, nicht bezahlen zu müssen.