Neulich im Zug...

Über Ostern 2024 haben wir unsere erste Deutschlandticket-Challenge absolviert. Im wahrsten Sinne des Wortes. Berlin. Schwerin. Hamburg. Bremen. Freunde besucht. Städte angeschaut. Natürlich haben wir damit gerechnet, dass am Wochenende ‑und insbesondere an den Feiertagen- die Bahn voll sein wird. Aber was uns da erwartet hat, waren Verhältnisse aus einem Entwicklungsland. Brechend volle Züge. Stundenlanges Stehen. Nachvollziehbar gereizte Fahrgäste. Verspätungen. Verpasste Anschluss-Züge. Keine einzige entspannte Zugfahrt.

Strecken mit mehreren Umstiegen, die laut Fahrplan insgesamt ca. 4 Stunden dauern sollten, wurden schnell zu 6 Stunden und mehr, da mindestens immer ein Zug zu spät kam. Sicher, die Klagen über die legendäre Unpünktlichkeit der Deutschen Bahn sowie über die verrottete Infrastruktur sind seit Jahrzehnten bekannt. Das Deutschlandticket ist von der Idee her eigentlich ganz nett. Aber eben nicht bei dieser maroden Personal- und Infrastruktur sowie der chronischen Weigerung hier endlich zu investieren, anstatt nur zu sparen und zu kürzen, weil man dem neoliberalen Gott nicht abschwören will.

Wie die grünen Träumer hier auf die Idee gekommen sind, so den Menschen das Auto abzugewöhnen, ist mir mehr als schleierhaft. Jeder, der einmal das stundenlange Sardinen-Rodeo mitgemacht hat, wird danach sagen: »Nie wieder Deutschlandticket! Ich fahre jetzt nur noch mit dem Auto!« Danke, liebe grüne Weltverbesserer. So nicht!


Neulich...

Geschichtenerzähler

»Ein spannender Tag für die Schüler der Mierendorff-Grundschule: Rüdiger Grube, Chef der Deutschen Bahn, brachte am 14. September drei rote Koffer voller Geschichten mit. [...] Die darin enthaltenen Geschichten wecken das Verständnis für andere Kulturen und helfen den Kindern beim Erlernen der deutschen Sprache. [...] Rüdiger Grube ließ es sich nicht nehmen, gleich die erste Geschichte vorzulesen.«

- Punkt3. Das Berliner S‑Bahn Blättchen der Deutschen Bahn. Ausgabe 182015

Leider hat die Redaktion wohl die erste Geschichte zensiert:

»Es war einmal die Deutsche Reichsbahn. Sie war mitverantwortlich für die Deportation und Vernichtung von Millionen Juden. Diese logistische Meisterleistung...« Bahnchef Grube hielt kurz inne und lächelte charmant die Migranten-Kinder an: »Ups, falsche Geschichte.«

»Ich bin nicht käuflich!«

Pressekonferenz mit Claus Weselsky, Vorsitzender Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer vom 5. Mai 2015. Übrgens haben 91 Prozent aller 34.000 GDL-Mitglieder für den erneuten Streik abgestimmt. Und nicht mal mehr 20 Prozent aller Lohnabhängigen in Deutschland sind überhaupt noch in einer Gewerkschaft. EDIT: Die PK ist vom 5. November 2014 und nicht vom 5. Mai 2015.

Eine ganz normale Bahnfahrt

bahn_titelIch steige ein, blicke mich um und suche einen freien Sitzplatz. Neben den Dummlaber-Proleten oder den Ich-bin-so-schön-und-wichtig-Tussis? Nein danke. Ah, da hinten ist noch ein Platz frei. Neben der Frau im mittleren Alter, die ein Buch liest. Ein seltener Anblick heutzutage. Menschen, die in der Bahn ein Buch lesen. Hingepflanzt. Ich schaue mich kurz um. Alle sehen weg. Dutzende portionierte Menschen auf engstem Raum, die unentwegt darum bemüht sind, den Blicken ihrer Mitmenschen auszuweichen. Stattdessen vergraben sie sich in ihren smartphones. Eingestöpselt, abgeschirmt und isoliert, versinken sie in der All-Inclusive-Berieselung. Lassen sich rundum verblödspaßen. Spielen Beziehungssimulator. Streicheln ihr Tamagotchi. Wovor haben sie Angst? Vor der Stille? Den eigenen Gedanken? Ihren Mitmenschen? Vor Nähe? Weiterlesen

Presseblick (24)

Der Focus, und andere LeiDMedien, veröffentlichen eine dpa-meldung mit der Schlagzeile »Kurze Haftzeiten erschweren die Produktion im Gefängnis«. Die Insassen seien zu kurz im Gefängnis, hätten eine mangelnde Ausbildung und es fehle an ausgebildeten Schlossern und Druckern. Fachkräftemangel im Knast. Das heißt in der Konsequenz: Gefängnisstrafen drastisch erhöhen für Schlosser und Drucker. Hauptsache die Knast-Betriebe bleiben produktiv. Sind wir schon in Gaga-Land? Weiterlesen

Presseblick (1)

Inge Jacobs fragt auf stuttgarter-zeitung.de, wie es wohl gelingen kann, mehr Menschen in den Erzieher Beruf zu bringen? Natürlich nicht, indem man Erzieher endlich ordentlich bezahlt, sondern indem man millionenschwere Werbe-Kampagnen ins Leben ruft und laut darüber spricht.

In der Wirtschaftswoche (wiwo.de) wird geschildert, wie die Deutsche Bahn Graffiti Sprüher mit Drohnen-Kameras »jagen« will: »Der neue Hightech-Spürhund mit Logo der Bahn koste 60 000 Euro«. Hundert Stück und dann wären wir bei 6 Millionen Euro, Wartung noch nicht mit gerechnet. Gibts die auch mit Laser-Upgrade, falls die Terror-Sprüher Widerstand leisten?

Das Sprachrohr der Neoliberalen auf welt.de, Dorothea Siems, meint, so schlimm sei das alles mit der prekären Beschäftigung in Deutschland gar nicht: »Der in den vergangenen Jahren gewachsene Niedriglohnsektor bedeute keineswegs eine Verdrängung von gut bezahlter Arbeit, sondern sei vielmehr zusätzlich entstanden«. Da helfen auch keine Medikamente mehr.