Über die Volksverblödung

»Dünn hungern mit Heidi Klum, Dreck fressen mit Dirk Bach, kleine Mädchen fertig machen mit Dieter Bohlen«, so konstatiert Georg Schramm in gewohnt intelligent-satirischer Art die derzeitige Volksverdummung. Schramm fragt sich, ob diese systematische Verblödung nicht doch gewollt ist? Steckt vielleicht ein tiefer Sinn hinter der Bildungsmisere?

Des Unpolitischen heimelige Weltverleugnung

Nächsten Monat kaufe ich mir ein neues Auto. Abwrackprämie sei Dank! Ach, mal wieder schick essen gehen wäre schön. Meine Wohnung habe ich mir nach den Konturen meiner Individualität eingerichtet. Zumindest bin ich davon überzeugt, dass niemand seine Wohnung so eingerichtet hat, wie ich. Auch mein Handy-Klingelton bildet meine Individualität perfekt ab. Die Geborgenheit, Nähe und Liebe, die ich in meiner Partnerschaft genieße, ist wie ein Schutzschild nach außen. Ein Versteck vor den Problemen in der Welt.  Warum soll ich mich auch unnötig damit belasten? Der Fernseher und der PC laufen auch den halben Tag.  Bilder erklären die Welt eben am besten. Kaufen macht mich auch glücklich. Außerdem soll mir das Leben ja Spass machen. Diese verdammten Weltverbesserer und Nörgler sind ja nur neidisch auf mich. Die sollen mal lieber anständig arbeiten gehen und nicht soviel kritisieren. Das Leben in Deutschland ist doch toll. Die sollten froh sein, nicht in Afrika zu leben.

»Eliten« haben die Hosen voll

»Drohen Deutschland wegen der verheerenden Wirtschaftskrise soziale Proteste, gar Krawalle?«, schreibt SpiegelOnline und offenbart damit unfreiwillig zwei zurzeit herrschende Denkmuster. Erstens wird die Wirtschaftskrise heute und in Zukunft für alles als Ursache angegeben werden, als quasi Generalargument. Zweitens ist die Angst bei unseren sog. »Eliten« vor sozialen Unruhen und Protesten groß, wird immer größer. Dabei ist der Unmut in der deutschen Bevölkerung nicht erst seit der Wirtschaftskrise enorm, sondern ist seit der Agenda 2010-Politik kontinuierlich gestiegen. Die »Gerechtigkeitslücke« in Deutschland ist immens gewachsen. Dies wissen die Herrschaften. Fürchten müssen sie sich jedoch nicht. Der gemeine Deutsche ist bequem, politikverdrossen und masochistisch veranlagt.

Obrigkeitsdenken

»Im Grunde ist die Repräsentation der Macht über die unterschiedlichen Epochen und Zielsetzungen hinweg doch im Bann der Monarchie verblieben. Im politischen Denken und in der politischen Analyse ist der Kopf des Königs noch immer nicht gerollt.«

- Michel Foucault, Sexualität und Wahrheit, In: Der Wille zum Wissen, 1977, S. 110

Anmerkung: Foucault bringt meines Erachtens das Obrigkeitsdenken besonders der deutschen Mentalität pointiert auf den Punkt. Auch die These von der Politikverdrossenheit der Deutschen bekommt unter diesem Aspekt einen ganz neuen Blickwinkel.

Die systemgewordene Paranoia

Weil mich zurzeit (wieder einmal) dieser Arbeitsfetischismus vieler Menschen, gepaart mit Resignation, Egoismus und einer Ignoranz, die Welt zum besseren verändern oder gestalten zu wollen, ankotzt und traurig macht, suche ich Kraft bei ein paar Gedankenhäppchen:

»Wer widersteht muss es sich heute und wohl noch eine ganze Weile gefallen lassen, als Träumer diffamiert zu werden, als jemand, der, vielleicht ja von guten Absichten geleitet, eine Flucht aus der Wirklichkeit angetreten habe. Doch das ist nicht wahr. Der Begriff Wirklichkeit wird, wie kein anderer, falsch gebraucht. Wir müssen erst aus der systemgewordenen Paranoia unserer Alltagswelten in die Wirklichkeit fliehen.«

- Peter Sloterdijk aus seiner »Kritik der zynischen Vernunft«, Band 2, S. 420

»Es ist daher kein Wunder, dass die sozialen Kontrollen in den fortgeschrittensten Bereichen dieser Zivilisation derart introjiziert worden sind, dass selbst individueller Protest in seinen Wurzeln beeinträchtigt wird. Die geistige und gefühlsmäßige Weigerung »mitzumachen« erscheint als neurotisch und ohnmächtig.«

- Herbert Marcuse, Schriften 7: Der eindimensionale Mensch, S. 29

Über Politikverdrossenheit

Gibt es tatsächlich eine immer stärker um sich greifende sog. »Politikverdrossenheit« in Deutschland? Was bedeutet das für das politische System, für die Demokratie? Meine These ist, dass der Begriff der »Politikverdrossenheit« unzureichend ist und nur einen Teilaspekt beschreibt — die neue deutsche Gemütlichkeit, sprich den zunehmenden Egoismus der Menschen jedoch außer acht lässt. Eine subjektive, und polemische Bewertung über das »bringt doch eh alles nix« und »die da oben machen eh was sie wollen« — Phänomen.

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