Der pädagogische Happen (43)

Der Schuldirektor an meiner Grundschule hat Geburtstag. Er wird 60 Jahre alt. Einige Kolleginnen überlegen in der Teamsitzung, wie sie ihm eine Freude machen können. Man einigt sich auf einen Gutschein für ein Gourmet-Restaurant sowie auf eine Überraschungsfeier am Abend. Von 18 bis 22 Uhr. Nach Feierabend. An einem Mittwoch im Juni. Das ist natürlich keine bezahlte Arbeitszeit, sondern Freizeitvergnügen. Dennoch wird um zahlreiches Erscheinen »gebeten«. Es geht schließlich um den Schuldirektor und nicht um irgendeinen Untermenschen Praktikanten!

Einige Tage später wird der Bundesfreiwillige (auch euphemistisch »Bufdi« genannt) damit beauftragt, von sämtlichen Mitarbeitern Geld für den Gutschein einzusammeln. Jeder soll soviel geben, wie er oder sie möchte. Außerdem soll er eine Teilnehmer-Liste für die Geburtstagsfeier führen. Natürlich nicht, um einen subtil-sozialen Druck aufzubauen, sondern nur wegen der Planung der Feier. Transparenz und so. Ein Pädagoge, der musikalisch begabt ist, will sogar ein eigenes Stück für den Direktor komponieren und aufführen. Das alles wird selbstverständlich für normalsterbliche Kollegen nicht gemacht. Warum auch?

Als der Bufdi zu mir kommt, versuche ich erst gar nicht, mir billige Ausreden zu überlegen. Dieses unwürdige und neofeudale Spektakel, muss und will ich mir nicht geben. Noch vor einigen Monaten wollten mich viele Kolleginnen — wegen meinem Impfstatus, meiner Maßnahmen-Kritik, meiner Verweigerung ständig »Maaaske« zu brüllen sowie wegen meiner Frechheit, selbst zu denken — am Liebsten (und mit voller Überzeugung, das Richtige zu tun) in die Gosse stoßen. Jetzt tun sie wieder alle so, als wäre nie etwas gewesen. Aber ich soll nun ganz devot und geschichtsvergessen der Führung huldigen?


Kinder in Deutschland
Der pädagogische Happen