Traumjob: Selbstverwertung

arden_uni02

Gesehen am 13. Oktober 2017 in einem Berliner U‑Bahnhof

»Studiere jetzt für die realen Zukunftsanforderungen in Unternehmen!«

Vor rund sechs Jahren habe ich schon einmal den »Markttraumjob« thematisiert. Für Politik, Wirtschaft und Marketing scheint es weiterhin ein Naturgesetz zu sein, dass die Selbstverwirklichung des Einzelnen nicht nur zwingend in Lohnarbeit enden soll, sondern auch, dass jeder abhängig Beschäftigter stets immer genau dort seine Erfüllung finden muss, wo Unternehmen gerade dringend menschliche Waren aka »Humankapital« benötigen. Die eigentlichen Motive von Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung ‑also das Erforschen und Entdecken der eigenen Leidenschaften und Interessen- jenseits von monetärer Lohnarbeitsverwertung, werden schlicht pervertiert. Und niemanden fällt es auf, dass es eben keine Selbstverwirklichung, sondern eine Selbstentfremdung ist, wenn ich primär die Interessen von Anderen bediene, anstatt das zu machen, was mir Erfüllung und Zufriedenheit bringt. Und natürlich habe ich immer genau dort meine Kompetenzen, was der ominöse »Markt« gerade von mir verlangt. Schließlich sind wir unendlich formbare (»lebenslanges Lernen!«) Ressourcen im Dienste des Kapitals. :jaja:

3 Gedanken zu “Traumjob: Selbstverwertung

  1. Berufsausbildung Deluxe. Nachdem 50% der Schüler das Abi bekommen ist das hier die Folge. Wenn man reiche Sponsoren hat kann man ja immer noch prekäre Wissenschaften studieren.

  2. Selbstentfremdung setzt voraus, dass da noch ein Rest von Selbst — von dem man sich entfremden könnte — vorhanden wäre. Aber da habe ich bei den meisten Lohnarbeits-Zombies inzwischen meine gehörigen Zweifel...! Wie ich bei den Neulandrebellen mal schrieb — mich wundert, dass in diesem Land nicht viel mehr Menschen depressiv sind — ein lebendiger, gesunder Geist macht sowas nämlich nicht lange mit!

    Und niemanden fällt es auf, dass es eben keine Selbstverwirklichung, sondern eine Selbstentfremdung ist, wenn ich primär die Interessen von Anderen bediene, anstatt das zu machen, was mir Erfüllung und Zufriedenheit bringt.

    Das Schlimme ist, wie viele junge Menschen am Ende der schulischen Laufbahn während der Kindheit und Jugend von Umfeld und Familie, aber auch Dauer-Botschaften wie diesen bereits derart dressiert wurden, dass eigene Interessen und Wünsche entweder schon in der Kindheit systematisch abgetötet wurden — oder das Schicksal, den Rest des Lebens irgendeiner »Arbeit« nachzugehen, zu der man keinen wirklichen Bezug hat, vollkommen akzeptiert wurde.

    Ich hab mich damals im Fachabi-Jahr gut mit einer Pfadfinderin und Turnerin verstanden. Sie wählte dann aber anschließend kein Studium, welches annähernd ihren Interessen entsprach, sondern studierte das, was an der örtlichen FH angeboten wurde. Obwohl sie vorher grade diesen Bereich (Bereich Ingenieurswesen) betreffend überhaupt keine Anzeichen eines wie auch immer gearteten persönlichen Interesses zeigte. Da der (regionale) »Bildungsmarkt« halt hier nur das anbot, wurde es halt studiert. Und schließlich verdient man damit auch einigermaßen Geld.

    Und natürlich habe ich immer genau dort meine Kompetenzen, was der ominöse „Markt“ gerade von mir verlangt.

    Und wenn der »Markt« es plötzlich nicht mehr verlangt (wie z. B. bei einer Bekanntschaft, die kurze Zeit als Reiseverkehrskauffrau tätig war) — geben sie sich dann selbst die Schuld daran, die »Marktentwicklung« bei der Berufswahl falsch eingeschätzt zu haben — und machen dann noch eine oder zwei weitere Berufsausbildungen... weil der Markt das eben so verlangt.

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