Selbstverschuldete Ausbeutung?

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), eine Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit, hält in einer Analyse fest, dass rund 30 Prozent aller Mini-Jobber keinen bezahlten Urlaub und rund 50 Prozent keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhalten. Dabei sind die gesetzlichen Regelungen in Deutschland eindeutig. Auch Menschen mit einer geringfügigen Beschäftigung haben Anspruch auf bezahlten Urlaub und auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Als wäre diese Feststellung nicht schon Skandal genug, so setzt das IAB noch einen drauf, in dem es schlussfolgert: »Bezahlter Urlaub wie auch Lohnfortzahlung bei Krankheit werden häufiger nicht gewährt, wenn die Beschäftigten bzw. die Betriebe den rechtlichen Anspruch nicht kennen.«

Aha. Weil man also seine Arbeitsrechte nicht kennt, ist man auch verantwortlich dafür, dass der Lohnarbeitgeber diese mit Füßen tritt? Das soll die Ursache sein? Ein seltsames Verursacherprinzip und eine absurde Rechtsauffassung, die das IAB da als Fazit der Studie formuliert. Sind nicht eher die dreisten Unternehmen schuld, wenn sie ihre Mitarbeiter ausbeuten? Erwächst etwa aus der Unwissenheit der Mitarbeiter, ein Recht, diese rechtswidrig behandeln zu dürfen?

6 Gedanken zu “Selbstverschuldete Ausbeutung?

  1. »Bezahlter Urlaub wie auch Lohnfortzahlung bei Krankheit werden häufiger nicht gewährt, wenn die Beschäftigten bzw. die Betriebe den rechtlichen Anspruch nicht kennen.«

    Und wenn sie ihn denn kennten und geltend machten? Und
    daraufhin fristlos entlassen würden? Und dann wegen selbstverschuldeten Arbeitsplatzverlustes von eben dem
    JC sanktioniert werden, welches sie in solch Ausbeutungs-
    Verhältnis hinein bugsiert hat? IAB – eure Heuchelei ist zum
    Kottern!

  2. Hier wird von einem komplett aus Steuern finazierten Institut Erstaunen ob dieser skandalösen Zustände geheuchelt und dabei weiß jeder, der die Intention hinter der Agenda 2010 und deren Ableger verstanden hat, dass genau das so gewollt war und ist!
    Es werden Zustände angeprangert und was wird dagegen unternommen, genau nichts.
    Ganz im Gegenteil, die Erosion des Rechts insgesamt und das der Arbeitnehmer im Besonderen schreitet zügig voran.
    Jetzt kommen noch mal Hunderttausende an »Konkurrenten« dazu, das wird die Lage zusätzlich gewaltig verschärfen.
    ...aber sonst ist alles in Ordnung...

  3. »Weil man also seine Arbeitsrechte nicht kennt, ist man auch verantwortlich dafür, dass der Lohnarbeitgeber diese mit Füßen tritt?«

    Ich habe mir die Erhebung durchgelesen, dabei allerdings mit keinem Satz die hier unterstellte Aussage des IAB zur Verantwortung seitens des Arbeitnehmers entdecken können. Anders ausgedrückt: Da will Jemand auf Teufel komm raus etwas aus dem Text herauslesen, das faktisch gar nicht drin steht. Applaus.

  4. @ Nordlicht – das ändert nichts am von mir aufgezeigten
    Zusammenhang zwischen dem Zustandekommen von Arbeitsverhältnissen aus dem JC-induzierten Arbeitsaufnahme-
    zwang und der Unmöglichkeit, die Umsetzung von Arbeitnehmer-
    rechten auch im eigenen Arbeitsverhältnis geltend machen zu wollen. Die JC sehen den »Arbeitgebern« durch die Finger;
    im Zweifelsfall wird der zu Recht Klagende zum Angeklagten.
    Zum Zweck der Statistikschönung ist jedes Mittel heilig.

    Zwischen den Zeilen steht es tatsächlich da. Das setzt allerdings
    die entsprechenden Lesekompetenzen bzw. ‑bereitschaften voraus.

  5. @Nordlicht

    Erstens habe ich das als mögliche These formuliert und zweitens gibt es in der besagten Studie keine andere Stellungnahme, keine andere Schlussfolgerung, kein anderes Fazit als »selbst schuld, weil sie ihre Arbeitsrechte nicht kennen:« Mit keinem Satz oder Wort wird hier die Verantwortung der Unternehmen/Lohnarbeitgeber angesprochen. Dann bekommt das Ganze schon eine üble Note.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.