Der pädagogische Happen (52)

Ein Aspekt zum Thema »Lehrermangel«, der so gut wie gar nicht beleuchtet wird, ist die damit einhergehende Erpressbarkeit von Schulleitern. Die meisten verbeamteten oder auch angestellten Lehrer und Lehrerinnen, sind sich ihrer Machtposition durchaus bewusst. Sollten die entsprechenden Schul-Direktoren die Bedürfnisse und Interessen der entsprechenden Lehrkräfte allzu oft ignorieren, dann wird auch schon mal direkt oder subtil vermittelt, dass man ja auch überall woanders arbeiten könne. Diese zunehmende Machtverschiebung in Richtung Lehrkräfte hat allerlei Konsequenzen.

Da werden beispielsweise Absprachen und langwierig ausgearbeitete und zusammen beschlossene Konzepte und Regelungen, von so einigen Lehrern nur rudimentär eingehalten, subtil unterwandert oder auch offen ignoriert. Individuelle Befindlichkeiten von Lehrer und Lehrerinnen werden zunehmend als Handlungs- und Entscheidungsmaßstab genommen. In mehrstündigen Sitzungen und Konferenzen abgestimmte Entscheidungen, werden Tage später, wieder ‑still und leise- sukzessive rückgängig gemacht oder gezielt unterlaufen. Sobald der Schulleiter das mitbekommt, gibt es zwar eine (Alibi-)Ansage oder ein Gespräch — aber keinerlei Konsequenzen, so das die Lehrkräfte das kaum kümmert.

Würden Lehrer und Lehrerinnen wenigstens im Sinne des Kindeswohls handeln, so könnte man ‑zumindest pädagogisch betrachtet- dieses Vorgehen noch nachvollziehen. Stattdessen werden subjektive Neurosen als Handlungskriterium herangezogen. Natürlich kann man hier nicht verallgemeinern, aber ich kann an dieser Stelle von mindestens drei Schulen in Berlin berichten, wo das genau so läuft. Und ich bin mir ziemlich sicher: das sind garantiert nicht die einzigen Schulen in Deutschland, wo die Lehrer komplett ihr eigenes Süppchen kochen, weil sie es können und die Schulleiter auf ihr »Wohlwollen« angewiesen sind.


Kinder in Deutschland
Der pädagogische Happen

6 Gedanken zu “Der pädagogische Happen (52)

  1. Ein konkretes Beispiel wäre nett. Die Erfahrung der letzten drei Jahre lehrt aber, dass Lehrer und Lehrerinnen alles mögliche im Kopf haben, aber nicht das Kindeswohl (Es gibt Ausnahmen, aber die werden verheizt.)

  2. @Kakapo3

    Beispielsweise Hof-und-Mensa-Aufsichten. Da gibt es Dienstpläne und manche Lehrerinnen erscheinen einfach nicht (oder 5 Minuten vor Aufsichtsende), obwohl sie im Plan stehen. Dann gibt es ein kurzes »du du du!« vom Direktor, sie machen 2 Wochen ihre Dienste und dann geht das wieder von vorne los.

    Oder die Zusammenstellung der neuen ersten Klassen. Manche Eltern würden sich wundern, was da im Hintergrund so alles abgeht. Ich kann nicht allzu präzise werden, kann nur so viel sagen, dass Kriterien wie Parität, gerechte Verteilung der Kinder, Freunde zusammen in einer Klasse usw. selten eine Rolle spielen. Da geht es vielmehr um individuelle Befindlichkeiten des Schulpersonals.

    Auch Konzepte zu den Themen Medien, Digitalisierung, Partizipation, Inklusion oder zu pädagogischen Angeboten, werden in vielen Sitzungen ausführlich zusammengezimmert — nur um dann von einigen Lehrerinnen wieder komplett ignoriert zu werden. Aus Gründen. Und weil sie es können.

    Genügt das? ;-)

  3. Das bestätigt alles meine Sicht von außen. Zu ändern ist dies aber nur durch ein besseres Schulsystem (mehr Geld, bessere Organisation, mehr Zeit) und nicht durch bessere Lehrer (moralische Apelle).

  4. @Kakapo3

    Ja, und vor allem durch mehr Fachpersonal bzw. eine größere Auswahl. Der sog. »Fachkräftemangel« — ob es den wirklich überall genau so gibt oder Unternehmen eigentlich nur nach besser ausbeutbaren Lohnarbeitern schreien, sei mal dahingestellt — hat eben auch die oben beschriebene Wirkung. Das kommt mir bei allen Analysen und Berichten aus der Presse leider viel zu kurz.

  5. Klingt so wie in vielen anderen Branchen auch. Sie alle haben innerlich gekündigt und nehmen nur noch das Geld mit. Da spielt so vieles mit hinein. Hatte letztens ein interessantes Gespräch mit unserem Azubi — voll motiviert und interessiert, aber beschwert sich über mangelnde Wertschätzung und wie wenig Zeit man zum gezielten Lernen von Fachkenntnis hat, weil dann die Aufträge zeitlich eng getaktet sind. Wenn Probleme aufkommen, stehst du mittendrin und kriegst alles ab, auch wenn du laut Statuten gar nicht dafür verantwortlich bist. Kein Wunder, wenn sie dann die Schnauze voll haben. Das mal zur Erweiterung des Dilemmas Vorschrift/Larifari.

  6. @Sascha

    »Wertschätzung« ist generell so ein Ding — das können und wollen viele in Deutschland gar nicht. Da müssen sie dann Fortbildungen zum Thema »Personalcoaching« oder »Mitarbeiterführung« machen, um zu lernen, wie man Mitarbeiter als Menschen und nicht als objektivierbare Verfügungsmasse behandelt.

    Den ganzen Tag meckern und motzen: da sind wir Meister! Selbst das wäre ja in Ordnung, wenn sie denn mal »ans Eingemachte« gehen würden, gemeinsam die Ursachen bekämpfen oder sich gar mit der Leitung oder dem Chef anlegen würden — aber nein, da wird dann wieder feige der Schwanz eingezogen. Die letzten drei Jahre haben das wieder eindrücklich bewiesen.

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