Der autoritäre Geist (3)

Der autoritäre Geist in Deutschland zeigt sich im Schleifen von rechtsstaatlichen Prinzipien zugunsten subjektiv-emotional-moralischer Bewertungen. Seit Beginn der sog. »Corona-Pandemie« im März 2020, werden Menschen und Menschengruppen, Organisationen, Institutionen, Verbände, Vereine und Unternehmen, vermehrt und immer deutlicher als »gut« oder »böse« etikettiert.

Je nachdem, ob sie der offiziellen Erzählung sowie den Verlautbarungen von Bundesregierung und Tagesschau (Corona, Ukraine, Klima, Gender), folgen oder nicht. Wichtige rechtsstaatliche Errungenschaften, wie die Unschuldsvermutung, die Verhältnismäßigkeit und die Beweisführung, werden zugunsten einer Beweislastumkehr, emotionalen Befindlichkeiten sowie einer moralischen Vorverurteilung, geschliffen.


Beginnen wir mit dem, was (Hyper-)Moralisten gerne beiseite schieben und man gemeinhin noch als »Rechtsstaat« bezeichnet:

Unschuldsvermutung

»Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.“ ( Artikel 20 Abs. 3 GG, Artikel 28 Abs.1 GG)

»Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist so lange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.« (Artikel 11 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte)

- juraforum.de

Verleumdung

»Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.«

- dejure.org


Beweislastumkehr
Innenministerin Nancy Faeser will durch die Beweislastumkehr, Beamte entlassen können, sofern man ihnen eine rechte Gesinnung unterstellt. Zukünftig soll also nicht der Arbeitgeber (Staat) dem Beamten beweisen, dass er eine rechte Gesinnung hat, sondern der zunächst gekündigte Beamte soll dann in einem aufwändigen Rechtsverfahren beweisen, dass er kein »Extremist« sei. Bei Anne Will im Dezember 2022 ruderte sie zurück:

»Ich will nicht die Beweislast umkehren. Es geht darum, dass wir das Disziplinarrecht so neu aufstellen, dass es nicht eines Verwaltungsgerichtsverfahrens bedarf, um sie aus dem Dienst zu entfernen.«

Was »neu aufstellen« bedeuten soll, wurde nicht konkretisiert. Beim Kampf gegen Clan-Kriminalität tauchte das Thema abermals auf:

»Laut dem Portal rbb24Recherche fordert Spranger (Sprecher des Ministeriums von Nancy Faeser) eine gesetzliche Beweislastumkehr im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sprang ihr bei: »Wir müssen an das große Geld herankommen und deshalb alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen. Ich schließe auch eine Beweislastumkehr nicht aus, wenn wir hier nicht weiterkommen.« »Rechtliche Möglichkeiten«, indem man das Recht aushebelt? Man sieht hier eindeutig den Versuch, etablierte rechtsstaatliche Prinzipien zu schleifen. Natürlich nur und ausschließlich im Kampf gegen das Böse. Wie könnte es auch anders sein.

Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, übt sich gleichermaßen in der Beweislastumkehr:

»Das Erfordernis, eine Benachteiligung und Indizien nachzuweisen, sollte auf die Glaubhaftmachung herabgesenkt werden, das heißt, dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit genügt.«

Gerichte und Anwälte sollen also schon bei Behauptungen, ohne Beweise aktiv werden können?


Vorverurteilung
(Hintergrund: die Streamerin »Shurjoka« hat in einem Video und in einem Tweet behauptet, der Streamer »Scurrows« hätte sie auf der Gamescom 2017 sexuell belästigt. Nachdem »Scurrows« Videomaterial von der Gamescom 2017, von ihm und »Shurjoka« veröffentlicht hatte, wo glasklar zu sehen war, dass diese Behauptung vor keinem Gericht standhalten würde, hätte sich »Shurjoka« entschuldigen und ihre Behauptung zurückziehen können. Das wäre erwachsen gewesen. Stattdessen haben sich zahlreiche Streamer und YouTuber auf ihre Seite geschlagen und »Scurrows« weiter beschimpft. »Scurrows« lässt sich das jedoch nicht gefallen und geht rechtlich dagegen vor. Das wiederum erzeugt noch mehr Wut in der »woken Bubble«.)

Robin: »Wenn mir ohne Kontext irgendjemand sagen würde, dass da Scurrows, Montana Black und KuchenTV auf der einen Seite sind und irgendjemand auf der anderen Seite...«

Mirabella: »Ja dann ist das für mich schon durch!«

(»Lästerschwestern«, Podcast über das Internet mit YouTuber Robin Blase & Mirabella)

Scurrows antwortet in seinem Video darauf: »Stellt euch mal vor, die beiden wären Richter?«

Ohne auch nur irgendwelche Fakten zu kennen oder zu benennen, ohne auch nur mit einem der Betroffenen (Shurjoka oder Scurrows) gesprochen zu haben — steht für die beiden Podcaster der Schuldige schon fest. Rechtsstaat? Unschuldsvermutung? Besonnenheit? Verhältnismäßigkeit? Inhaltliche Argumente? Gibt es alles nicht mehr. Stattdessen Beweislastumkehr, Täter-Opfer-Umkehr, Vorverurteilung und Hypermoralismus. Sobald Jemand als rechts-rechts-nazi, Leugner von Irgendwas, als »böse« geframt wurde oder man die Person einfach nicht mag, ist es völlig egal, was sie sagt, meint, argumentiert oder behauptet. Sie ist schuldig, wird moralisch zum Abschuss freigegeben und jede autoritäre und anti-demokratische Maßnahme wird als legitim erachtet.

Recht und Gesetz scheint für viele nicht mehr zu gelten oder wichtig zu sein. Hauptsache man ist im Besitz der einzig richtigen Wahrheit, Haltung und Meinung. Auch hier zeigt »Scurrows« auf, wie demokratiefeindlich und gesinnungsethisch mittlerweile viele schon unterwegs sind:


Gesinnungsethik
Ein weiteres Problem ist die mediale Hexenjagd auf vermeintliche Täter. Im Social-Media-und-Clickbait-Zeitalter genügt vielfach die Behauptung einer sexuellen Straftat, um diese schon als gegeben einzustufen (»Opfer haben immer Recht!«). Aus ideologischen oder weltanschaulischen Gründen (»Männer sind Schweine!« oder »Frauen sind Lügner!«) wird dann schon ein Urteil gesprochen, bevor es zu einer gerichtlichen Verhandlung gekommen ist. In einem demokratischen Rechtsstaat sollten sich insbesondere die Massenmedien mit solchen gesinnungsethischen Bewertungen zurückhalten. In den letzten 20 Jahren beobachten wir aber genau das Gegenteil.

Schlimmer noch: wer sich nicht den Wertungen von ideologisch verbrämten Journalisten oder selbstgerechten Social-Media-Vorkämpfern anschließt, muss sich gar noch beschimpfen lassen:

»Das Rammstein-Konzertpublikum, die vermeintliche Protest-AfD-Wählerschaft, die Verbrennerfanatiker: Sie alle eint, dass sie eine Art Avantgarde der Gemeinheit bilden, die eines nicht mehr interessiert – die Zukunft.«

- taz.de vom 21. Juli 2023

Die TAZ bezeichnet also jeden, der ein Rammstein-Konzert besucht, als Nazi und Klimaleugner. Als Täterschützer und Unmensch. Auch die Politik nutzt die Gunst der Medien-Stunde und ergreift Partei:

»Dorothee Bär und Julia Klöckner wollen bei einer Veranstaltung der CDU/CSU-Fraktion mit Shelby Lynn sprechen, die den Skandal um Sänger Till Lindemann ins Rollen brachte. Die Einladung soll die Opferperspektive stärken

- spiegel.de vom 18. August 2023

Es ist noch nichts bewiesen. Es gibt noch kein Gerichtsurteil. Aber für alle scheinen Opfer und Täter bereits jetzt schon festzustehen. Wozu brauchen wir dann eigentlich noch einen Rechtsstaat? Wer den Film »die Jagd« (mit Mads Mikkelsen) kennt, sollte wissen, worauf solche moralischen Vorverurteilungen und Zustände auf Dauer hinauslaufen: Hexenjagd und Lynchjustiz. Selbst Freisprüche vor Gericht werden am Ende ignoriert oder nicht mehr anerkannt.

Auf! Auf! Immer weiter in Richtung Totalitarismus!


Der autoritäre Geist (1)
Der autoritäre Geist (2)

8 Gedanken zu “Der autoritäre Geist (3)

  1. Narzissmus an allen Orten. An Schlimmsten: Die V‑Log-Bubble.
    Verwunderlich? Nicht wirklich. Es wurde schon genug davor gewarnt.

    Passend dazu der Buchbestseller schlechthin: Die Kraft des Ich.

    Schöpfe die Kraft aus dem Saft. Oder Ego.

    »Weltmacht mit drei Buchstaben? Ich!« Titelte eine Karikatur der Eule bereits vor 25 Jahren.

    Viel Spass mit dieser lustigen Gesellschaft.

  2. @Juri Nello

    Ja, das Problem ist auch: sie sehen darin gar kein Problem. Sie sind doch »auf der Seite des Guten«. Da ist eben alles erlaubt. Da muss man auch mal »unfair« spielen, weil der Feind unbedingt vernichtet werden muss. Nur: der Weg zur Hölle war schon immer mit guten Vorsätzen gepflastert.

    Sie etablieren und kultivieren gerade überall autokratische und totalitäre Methoden, schleifen noch den Rest-Rechtsstaat und wundern sich dann so in 20 Jahren, wenn eine CDU oder eine AfD in der Regierung, genau diese Methoden dann gegen sie wenden wird.

  3. Das siehst Du falsch. Sie repräsentieren nicht, denn das können sie gar nicht. Sie sind das Gute ansich, komplett unfehlbar und das in Massen.

  4. Schau Dir einfach noch mal das Schweigen der Lämmer an, mit besonderem Augenmerk auf Buffalo Bill. So sieht Narzissmus aus, wenn er richtig freidreht. Die Vorstufe davon erlebst Du hier in jedem Lebensbereich. Nun Frage Dich, woher die Millionen an hübschen, gebildeten Frauen kommen sollen, die die ebenfalls nicht verfügbaren Millionen von Hannibal Lectors dazu animieren sollten, diesen Missstand zu beenden?

  5. @Juri Nello

    Interessant, dass du Schweigen der Lämmer ansprichst. Ging mir letztens auch als Extrembeispiel zum Transhumanismus durch den Kopf. Dazu passt jetzt weniger, dass die Serienmörder in der Regel eine üble Kindheit erfahren haben und Buffalo Bill als Ausweg aus diesem Kindheitstrauma eine andere Person sein wollte, so wie ich das verstanden habe. Bei den realen Trans kommt es mir anders vor — die machen sich selbst fertig, ohne wirklich diskrimiert zu sein und werden eher ermutigt, ihren Status fehlenden Selbstbewusstseins beizubehalten.

    Dazu die Parodieszene aus Loaded Weapon, wo der böse General den Vietnamkrieg gestartet hat, weil ihm der Psychiater gesagt hatte, er solle seine Wut ausdrücken. General Baerbock hieß der, glaub ich (was gerade zum Angriff auf Moskau passt, sie findet es ja legitim) :-)

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