»Bad Banks«

bad banksNun habe ich mir die sechsteilige ZDF-Arte-Produktion auch angeschaut. »Bad Banks« ist eine, für deutsche Verhältnisse, durchaus gelungene und spannende Serie. Die meisten Schauspieler spielen ihre Rollen überzeugend, die Dialoge bzw. das Drehbuch sind mutiger als üblich und es gibt wenig SOAP-Elemente. Die bisher nur 6 Folgen (eine zweite Staffel wurde bereits bestätigt) bewirken, dass eigentlich jeder Dialog und jede Szene relevant und bedeutend sind. Im Vergleich zu den Marvel-Serien von Netflix (13 Episoden pro Staffel) ist es hier eine Wohltat, dass man sich durch keine Filler-Episoden quälen muss.

Inwieweit die gezeigten »Finanzgeschäfte« realistisch dargestellt sind oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Ich bin kein Banker oder Finanzexperte. Auch die Menge an Sex, Drogen und Gewalt ist sicherlich der Inszenierung geschuldet. So spannend ist vermutlich kaum ein Bank-Alltag. Was mich ein wenig gestört hat, sind eher einzelne Dialoge und das temporäre Verhalten von Charakteren. Und ja, manchmal auch der subtile Feminismus. Gibt es eigentlich keine Unterhaltungsprodukte mehr, wo nicht ständig versucht wird, die Zuschauer ideologisch umzuerziehen? :nene: 

Achtung Spoiler!

Im folgenden einzelne Gedanken, Versatzstücke und Kommentare zum Inhalt der Serie.

Paula Beer als junge Bankerin Jana Liekham sowie Barry Atsma als Investmentbanker Gabriel Fenger spielen ihre Rollen hervorragend. Ohne groß in Klischees abzutauchen, geben sie ihren Charakteren eine individuelle Note und zeigen das auch sehr gut mit ihrer Mimik, Gestik und ihrem schauspielerischen Talent. Besonders der Niederländer Atsma spielt den Bootcamp-Investmentbanker Fenger mit seinem ständigen Denglisch sehr überzeugend. Paula Beer spielt vor allem eine starke Frau mit echten Schwächen, die eben nicht mit Vorwurf-Sprache und Mary-Sue-Allüren glänzt (was oft mit »starke Frau« verwechselt wird, siehe: Burnham bei »Star Trek Discovery«), sondern mit Taten.

»Dafür muss sie auch nicht jeden Tag, jede beschissene Stunde ihr eigenes Vakuum mit Anerkennung füllen. Sie ist zufrieden. Einfach so glücklich.«

- Noah zu Jana Liekham. Gemeint ist Noah’s Ex-Freundin.

In einer Szene ist Jana mit Kollegin Tao auf einer Studentenparty. Beide verhalten sich sehr dominant und als ein Student Jana fragt, ob er in ihrer Bank mal ein Praktikum machen könne, antwortet Jana: »Nur wenn Du mir die Muschi leckst!« Natürlich soll das ein metaphorischer Hinweis auf den männlichen Geld-Sex-Macht-Patriarchat-Komplex sein. Nur: welche Frau redet bitte so? Für mich eine völlig unglaubwürdige Szene und das passt auch gar nicht zum Charakter. Und selbst wenn: die Message, wir zeigen euch hier mal die machtgeilen, sexistischen und dominanten männlichen Banker, indem wir mal die Geschlechterrollen tauschen, ist mir zu billig und aufgesetzt. Sexismus ist Sexismus ist Geschlechterspaltung.

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Das Drehbuch sieht vor, dass man dem reichen Banker-Sohn Luc durch die Bardame sagen lässt: »Ändere Dich und hör auf zu flennen!« Gleichzeitig schlägt Jana’s Kollegin Tao eine Frau zusammen, landet im Gefängnis und heult. Als Dank wird sie von Jana in den Arm genommen und bekommt keinerlei Vorwürfe oder Sanktionen für ihre Tat. Sie darf also »flennen« und Opfer sein, obwohl sie Täter war. Der Banker-Sohn darf jedoch sechs Folgen lang Buße tun, dafür, dass er als reiches Kind geboren wurde. Dieses mit Zweierlei Maß messen, wenn es um die Geschlechter geht, hat mich beim Feminismus schon immer geärgert. Es ist also wenig verwunderlich wenn die Produzentin Lisa Blumenberg betont: »Wahrscheinlich bin ich viel mehr Feministin als es mir bisher bewusst war.« Ja, das merkt man der Serie durchaus an.

An einer anderen Stelle sagt Hauptdarstellerin und Bankerin Jana Liekham, dass die Tierwelt deutlich rücksichtsloser und brutaler als die Welt der Menschen sei. Der Kapitalismus sei für die Menschen noch eine Wohltat. Diese Aussage wurde leider unkommentiert in der Serie so stehen gelassen. Klar, so ticken Banker und Bankerinnen. Die Natur- und Tierwelt wird dennoch niemals den Planeten Erde zerstören. Und mir ist auch kein Fall in der Tierwelt bekannt, wo soviel Reichtum in den Händen einiger Weniger gehortet wurde. In diesem Zusammenhang finde ich es auch etwas schade, dass die Chance nicht genutzt wurde, den extremen Kontrast zwischen Armut und Reichtum zu zeigen (gerade in Frankfurt am Main). Denn die Taten der Bankster sind eben nicht nur »just a game« (Fenger), sondern haben ganz konkrete, negative Auswirkungen auf Millionen von Menschen.

»Wenn man kein Geld hat, dann kann man ganz leicht das fehlende Geld dafür verantwortlich machen, dass man unglücklich ist.«

- der reiche Bankierssohn Luc

Was sich die Drehbuch-Autoren bei dem Typen von der Finanzaufsicht gedacht haben, ist mir ebenso schleierhaft. Er scheint ganz offensichtlich körperlich beeinträchtigt und völlig hilflos, aber dennoch ständig alleine unterwegs zu sein, inklusive Hausbesuchen bei kriminellen Bankern. Er wird dann zusätzlich noch mit einer Prostituierten »bestochen« und ist am Ende völlig handzahm. Vermutlich eine Metapher, wie Stefan Rose es treffend kommentiert, auf die »Machtlosigkeit staatlicher Kontrollinstanzen«. Die dürfte aber in der Form nicht bei jedem ankommen.

Ich bleibe dabei: die Trennlinie verläuft nicht zwischen Männern und Frauen, sondern zwischen arm und reich. Und auch wenn die Serie eher Ersteres betont, so ist sie dennoch spannend und empfehlenswert! Erst Recht wenn man bedenkt, dass sie sich sehr wohltuend von den üblichen weichgespülten, zwangsharmonischen und massenkonformen deutschen TV-Produktionen abhebt. Anschauen!


» »Bad Banks auf zdf.de«
» »Bad Banks bei Kollege Stefan Rose«
» »Hauptdarstellerin Paula Beer im Interview«

11 Gedanken zu “»Bad Banks«

  1. Sehr treffende und lesenswerte Rezension.

    Nachdem ich vorab einige Rezensionen über die Serie gelesen hatte, die größtenteils in die Richtung »Super, Frauen können genauso böse sein wie Männer« gingen, wollte ich mir Bad Banks in Erwartung der üblichen drögen Umerziehungs-Show nicht antun. Wegen der überraschend positiven Zuschauerreaktionen sah ich sie dann doch an und bereute es nicht.

    Wird das etwa der neue TV-Trend: »Umerziehung und Spaß dabei«?

  2. Schließe mich an, gelungene und tief gehende Rezension! Nur dem Punkt mit der ›Umerziehung‹ kann ich so nicht unterschreiben. Nicht dass deine Diagnose falsch wäre, aber ich glaube, umgekehrt wird ein Schuh draus. Hinter diesem medialen Holzhammer-Wohlfühlfeminismus, den du treffend charakterisierst, steckt weniger ein didaktisches Ziel, sondern schnöde Marktforschung. Ist halt das, was bei der zuvörderst angepeilten Zielgruppe (u40, leicht überwiegend weiblich, Digital Native, neoliberal sozialisiert) am besten ankommt. Reflektiert sehr schön den in maßgeblichen Milieus herrschenden Zeitgeist und bedient Sehnsüchte bzw. Weltbilder.

  3. Ich habe keinen Fernseher und scheinbar hat mich diese Tatsache auch in diesem Fall vor zusätzlicher Aufregung bewahrt. Eine TV-Serie über Bits&Bytes in Computern und Menschen, welche sie vergöttern, sind in diesen Zeiten Gehirnwäsche schlechthin.

    Die Metapher, wenn es denn eine sein sollte, mit dem Menschen von der Finanzaufsicht wird niemand verstehen, der nicht weiß, dass die »Beaufsichtigten« (Banken und Finanzdienstleister) die »Aufseher« (Bafin) durch Gebühren (inkl. »gesonderter Erstattung«) und Umlagen finanzieren. ( https://www.focus.de/finanzen/news/banken-banken-und-sparkassen-stellen-bafin-finanzierung-infrage_aid_728000.html )

  4. @Fx @Stefan R.

    Das mit der »Umerziehung« war auch eher rhetorisch gemeint. Man sollte sich jetzt nicht zu sehr an dem Begriff aufhängen. Ich glaube, es kann und wird kaum etwas nicht ideologisches in der Unterhaltungsindustrie geben.

    Und ob die Produzenten selbst nun gezielt die Zuschauer mit »Werten und Ansichten« konfrontieren wollen, es nur machen, weil die Zielgruppe es will oder die Normen selbst schon verinnerlicht haben, ist für mich als Zuschauer dann leider auch irrelevant. Denn gerade die Studentenparty-Szene ist vermutlich ein Fest für radikale Feministinnen, sie war für mich nur komplett unglaubwürdig und ideologisch.

    @Carlo

    Wie gesagt, Du kannst Dir »Bad Banks« auch online in der Mediathek anschauen. Das mit der Finanzaufsicht ist ja noch viel schlimmer, als in der Serie gezeigt. Da sitzen ja teilweise (wie im Bundesfinanzministerium) kriminelle Banker drin, die dann nicht nur Banken überwachen sollen, sondern gleich Gesetze mit formulieren.

  5. @epikur

    Im Gegensatz zu vielen anderen bin ich mir darüber bewusst, dass Banken nicht davon leben »Geld zu leihen und zu verleihen« und, dass Girokonto, Sparbuch und Kredit(vertrag) Schulden (Schuldscheine) sind. Weder aus Deiner Zusammenfassung noch aus der von Stefan geht hervor, dass man in der Serie auf diese Problematik eingeht.
    Deshalb kann ich für mich keinen Wert aus dem Besuch der Mediathek ableiten. Trotzdem danke für den Hinweis.

    P.S.: Vermutlich sind wirklich nur die allerwenigsten Banker im Rahmen des bestehenden Systems tatsächlich kriminell.

  6. »Gibt es eigentlich keine Unterhaltungsprodukte mehr, wo nicht ständig versucht wird, die Zuschauer ideologisch umzuerziehen?«
    Ist mir auch schon aufgefallen. Vor allem werden zwei Männerbilder transportiert, die verheerend sind:

    1. Männer sind tolpatschige, infantile Idioten, deren Lebensdevise Saufen-Fressen-Ficken ist, die aber von starken, toleranten, mit Beiden Beinen im Leben stehenden Frauen durchs Leben geschubst werden. Frauen, die jene kleinen Fehler, die diese Dummdödel tagtäglich fabrizieren mit einem Gleichmut ausbaden, der nur mit viel Liebe und menschlicher Größe zu erklären ist — so, wie sich Frauen gerne sehen.

    2. Männer sind brutale, unmenschliche, süchtige, karrieregeile Machos, die ihre eigenen Kinder oder Mütter verkaufen würden. Frauen sind in diesem Zusammenhang Opfer — aber Opfer, die sich wehren. Nicht immer erfolgreich, aber das wäre auch unrealistisch. Frauen, die auf Augenhöhe agieren (wie die Nosbusch-Rolle), sind zwar eiskalt, handeln aber mit subtilen, intelligenten Methoden. Und es wird immer die Botschaft vermittelt, dass diese Frauen gerne anders handeln würden, wenn sie könnten, aber die toxische Maskulinität unserer Welt kein anderes Tun zulässt.

  7. @musil

    »Und es wird immer die Botschaft vermittelt, dass diese Frauen gerne anders handeln würden, wenn sie könnten, aber die toxische Maskulinität unserer Welt kein anderes Tun zulässt.«

    Das passiert in der Serie ja ganz konkret. Sie sagt das ja an mehreren Stellen sehr deutlich, dass die Banken von Männern kontrolliert werden und Frauen dann gezwungen seien, mit subversiven Methoden und Intrigen zu agieren.

    Genau so wie eine Angela Merkel, Liz Mohn, Friede Springer, Susan Wojcicki, Ursula von der Leyen, Susanne Klatten, Christine Lagarde, Marissa Mayer, Hillary Clinton — und wie sie nicht alle heißen; sie würden ja alle gerne liebevoll, empathisch und solidarisch sein, aber das geht leider nicht. Schuld ist das Patriarchat.

  8. Nur, dass das Patriarchat nicht Männerherrschaft bedeutet, sondern eine (hierarchische) Vaterherrschaft. Diese hält sich, weil Frauen (inklusive die aufgezählten) mitmachen. Auch bei Wahlen und Abstimmungen.

  9. Welche Bank den Film wohl vorfinanzierte? Eine bessere Beschreibung des Zustands liefern die ersten 160 Seiten von B. E. Ellis American Psycho.

  10. Interessant, wie Du die Serie gesehen hast.
    Den Feminismus sah ich zwar schon als vorhanden, aber er entspricht dem, was ich aus dem Alltag kenne. Auch das Verhalten der Akteure entspricht ziemlich dem, was ich erlebt habe, besonders in der u40-Generation.
    Dass einige Dialoge arg sind — auch das habe ich erlebt. Die Konzentration, den Stress und die Hektik fängt die Serie ganz gut ein, denke ich. Auch das Gegengewicht, die Exzesse im Privaten werden gut eingefangen. Die Typen kommen mir aus der wirklichen Welt bekannt vor.
    Mein eigener Review war hier:
    https://lautenist.livejournal.com/88332.html

    Das umerziehen wollende Element erkenne ich, wenn ich Deine Kritik lese, schon. Beim Schauen ist mir aber bezüglich der Geschlechterverteilung der Rollen nur aufgefallen, dass dem Cliché des *männlichen* Bankers widerstanden wurde. Unterhalb der Direktionsebene würde ich davon ausgehen, dass sich Männer und Frauen nichts geben.
    Wie gesagt: interessant! Vielen Dank für diese Sicht!

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