Meiner Einer denkt nicht den ganzen Tag ausschließlich nur über die katastrophalen Zustände in Politik, Medien und Wirtschaft nach. Da würde ich ja verrückt werden (wenn ich das nicht sowieso schon bin). Auch wenn solche ZG-Blog-Themen hier sehr dominant sind, so habe ich auch andere Dinge im Kopf. Zudem benötige auch ich ‑ganz im Sinne von Brot und Spiele- manchmal Unterhaltung. Anregungen. Inspirationen. Ablenkung. Deshalb gibt es heute zur Abwechslung ein paar ganz persönliche Medien-Empfehlungen.
Fangen wir mit PC-Spielen an. Die großen AAA-Titel reißen mich schon lange nicht mehr vom Hocker. Große bombastische Grafikblender mit versteckten Abzockmethoden, ohne Seele und Liebe zum Detail. »Witcher 3« ist hier die große Ausnahme. Zwei Indie-Spiele haben mich in den letzten Monaten sehr gefesselt:
RimWorld
Bei dieser Weltraum-Kolonisierungs-Aufbau-Simulation landen ein paar Kolonisten auf einem fremden Planeten und die Aufgabe des Spielers ist es, eine funktionierende Basis zu errichten. Im Gegensatz zu anderen Vertretern dieses Genres wird dem Spieler bei RimWorld komplett freie Hand gelassen. Es gibt zwar spielinterne Methoden und Mechaniken, die besser und effektiver funktionieren als andere, aber dennoch kann man sich bei diesem Minecraft-Sandbox-Kasten völlig frei austoben. Wie bei vielen Indie-Produktionen ist die Einstiegshürde etwas höher. Man muss sich darauf einlassen, dass man hier keine Blockbuster-Grafik erhält und das man nicht ständig wie ein Kleinknd an die Hand genommen wird. Wer jedoch dieses Hindernis meistert, wird viele Stunden Spaß haben.
Darkest Dungeon
Viele bezeichnen Darkest Dungeon als einen rundenbasierten Rogue-Like-Dark-Souls-Dungeoncrawler und das könnte man auch so stehen lassen. Für mich ist dieses bockschwere Spiel ein saftiger Knochen, an dem ich mich verbissen habe, auch wenn mich manchmal ein paar Knochensplitter am Gaumen kratzen. Helden sind hier Ressourcen, die man benutzt, die Stress oder auch einen Herzinfarkt erleiden können. Das Setting ist düster und die Atmossphäre bewusst in einem H.P.Lovecraft-Cthulhu-Szenario gehalten. Das Austüfteln von Charakter-Kombinationen und Strategien macht für mich hier einen großen Reiz des Spieles aus.
Machen wir mit zwei Serien weiter, die ich ausdrücklich empfehlen kann.
Narcos
Die Netflix-Serie über die Drogenbarone von Lateinamerika ist mittlerweile bei der dritten Staffel angekommen. Während Staffel 1 und 2 Pablo Escobar und das Medellin-Kartell thematisiert haben, so geht es in Staffel 3 um das Cali-Kartell. Die Befürchtung, ohne die großartigen Schauspielkünste eines Wagner Moura, der Pablo Escobar verkörperte, könnte die Serie an Qualität verlieren, haben sich für mich absolut nicht erfüllt. Ganz im Gegenteil hat mich die dritte Staffel fast noch am meisten beeindruckt, weil man sich nun voll und ganz auf das Thema, die Strukturen, die Mechanismen, die Rolle der Geheimdienste und der Politik konzentriert hat.
Oz
Einige Jahre bevor die »Sopranos« den US-Sender HBO zum Qualitätsmerkmal machten, gab es da eine kleine, aber eben auch umstrittene Serie auf HBO, die leider nicht den großen internationalen Erfolg mit sich brachte. Die Rede ist von »Oz« — einer schonungslos realitätsnahen Gefängnisserie, die jegliche romantisierend-verklärende Vorstellungen von US-Knästen konterkariert. Die Darstellung von Gewalt und Brutalität ist nicht immer leicht zu verdauen, zeigt aber gut auf, in was für einer Hölle rund 2,5 Millionen Amerikaner leben.
Mein spontaner Gedanke beim Lesen des Titels.
Brot und Spiele zur zwangsgebührenfinanzierten Prime-Time:
25.11.2017 von jeweils 20.15 bis 23.00 Uhr auf NDR, MDR, HR und rbb »Die Schlager des Jahres« moderiert von Florian Silbereisen. Marktanteil 11,9 %, 450.000 Zuschauer allein im Sendegebiet des MDR. Daneben im WDR zur selben Zeit (leider nur 90 Min.) »Schlagerköniginnen« von Marlene Dietrich über Ross Antony (?) bis Helene Fischer.
Silbereisen legt aber morgen Abend nach mit der Sendung »Das Adventsfest der 100.000 Lichter« von 20.15 Uhr bis 23.30 Uhr. Mit der Kelly-Family und Andrea Berg (bekannt vom radikalfeministischen Blog »fuckermother«).
Das alles ätzt einem doch die Synapsen weg.
Ruin has come to our family...
Darkest Dungeon habe ich extrem gesuchtet. Ein herrlich tiefschwarzer Brecher von einem Spiel. :-)
Narcos ist auch eine schöne Realitätsflucht. Vor allem die ersten beiden Staffeln. ;-)
Rogue-Like-Dark-Souls-Dungeoncrawler...
Minecraft-Sandbox-Kasten ...
Zugegeben, bei de Sternguckers gibts auch so was wie eine Geheimsprache, aber die ist echt leichter zu verstehen. Gibt’s da so was wie ein Glossar?
@eb
Zockersprache. Auch die wollen sich mittlerweile abgrenzen mit vermeintlichen Fachbegriffen oder Wortschöpfungen: Ubisoft-Formel, Bethesda-Deal, Open World, Grinding und so weiter. Ich denke aber, dass hat auch viel mit Spielejournalismus zu tun. Auch die wollen gerne Schubladen erzeugen und Narrative konstruieren. Wäre auch mal einen Artikel wert. Hmm.