Kinder in Deutschland; Teil 10: Montessori-Pädagogik

- Gastartikel von Anja G.

Kinder lernen schöpferisch.

- Maria Montessori

Dieses Zitat besagt, dass Kinder aus ihrer Mitte schöpfen. Wenn Kinder etwas allein tun möchten, drücken sie damit aus, dass sie die Schöpfer des eigenen Ichs sind. Sie besitzen einen sog. »inneren Bauplan ihrer Seele und Entwicklung«.

Erziehung aus Sicht der Montessori-Pädagogik ist der Aufbau eines zwischenmenschlichen Prozesses, Erwachsene und Kinder beeinflussen sich gegenseitig. Die eigentliche Entwicklungsarbeit liegt beim Kind, Eltern können unterstützen und helfen. Diese Unterstützung sollte von passiver Natur sein, damit  Kinder aktiv werden können. Erwachsene sollten lernen, sich zurückzunehmen, Kindern die Chance geben, Dinge selbst herauszufinden, nach Antworten zu suchen und vermeintliche Fehler selbst zu erkennen sowie deren Lösungen eigenständig zu finden. Dafür müssen Erwachsene die Kinder intensiv beobachten und Hilfe anbieten, sofern die Kinder es fordern:

Hilf mir, es selbst zu tun.

- Leitsatz der Montessori-Pädagogik

Die Entfaltung des Kindes, liegt nach Montessori, in frei gewählter Beschäftigung. Die Erwachsenen stellen dem Kind eine sog. »vorbereitete Umgebung« mit »Lernmaterialien« zur Verfügung. Das Kind, dass sich in der jeweiligen »sensiblen Phase« befindet, kann gezielt darauf zugreifen. »Sensible Phasen« sind bestimmte Zeitfenster, in denen Kinder für bestimmte Fähigkeiten und Erkenntnisse empfänglich sind. Diese Phasen sind von vorübergehender Dauer, in denen das Kind eine hohe Sensibilität für bestimmte Lernprozesse zeigt. Spezifische Montessori-Lernmaterialien sind zum Beispiel:

Der Rosa-Turm
Einer der beliebtesten Montessori-Materialien ist der Rosa-Turm. Die Kinder sollen die 10 Kuben in der richtigen Reihenfolge übereinander stellen. Dabei werden Verhältnisse zwischen Größe und Gewicht vermittelt sowie Motorik  und Koordination geschult. Das korrekte Übereinanderstellen erfordert Geschick und stellt für die Kinder eine große Herausforderung dar.

Der Zylinderblock
Die Einsatzzylinder werden aus dem Block entnommen und gemischt, dann ist es die Aufgabe des Kindes diese in die jeweils richtige Öffnung einzusetzen. Die Einsatzzylinder passen nur in die dafür vorgesehenen Öffnungen. Dieses Montessori-Lernmaterial schult die Feinmotrik und es werden Begriffe wie dick — dünn, hoch — tief, groß — klein, und flach — hoch geübt.

Der »Lernort« sollte eine ruhige, geordnete und, wie oben erwähnte, auf die Kinder abgestimmte Umgebung sein, in der alles seinen festen Platz hat. Dies ist für die freie Entwicklung und das Lernen der Kinder unabdingbar. Denn die äußere Ordnung führt unmittelbar zur inneren Ordnung des Kindes.

1.) Inwieweit bereiten Reform-Pädagogiken, wie Montessori oder Waldorf, Kinder auf das wirkliche Leben vor?

2.) Wird die Autorität von Eltern untergraben, wenn sie die Kinder beim älter werden lediglich »begleiten« sollen?

Teile bisher:

-> Teil1: Kinderfeindlichkeit

-> Teil2: Sachzwang Kind?

-> Teil3: Erziehung

-> Teil4: Prägung

-> Teil5: Das Verschwinden der Kindheit

-> Teil6: Interview

-> Teil7: Kinderfreundlichkeit

-> Teil8: Weihnachtsmaterialismus

-> Teil9: Bedürfnisse

11 Gedanken zu “Kinder in Deutschland; Teil 10: Montessori-Pädagogik

  1. Sehr gute Arbeit. Ich liebe diese Frau und alles, was sie für die Sozialisation von Menschen und darüber hinaus der Menschheit hinterlassen hat.

    Wer darüber lästert, der findet auch Murks im Quadrat.

    Danke, Frau Gerlach :prof:

  2. @Marion Ihlas

    Da wird sich unsere Gastautorin aber freuen. Wen meinst Du mit »Frau Gerlach«?

    Zur zweiten Frage kann ich nur sagen, dass das Zurücknehmen der Erwachsenenautorität keinesfalls einen Verlust selbiger zur Folge hat. Ganz im Gegenteil: wer die Bedürfnisse, die Grenzen und den Charakter der Kinder ernst nimmt und ihnen Raum zur Entfaltung lässt, wird ganz besonders von den Kindern respektiert werden.

    Was natürlich trotzdem heisst, hin und wieder Grenzen aufzuzeigen, wenn es angebracht ist ;)

  3. Vergessen wir nicht, dass das eine katholische Schule ist. Also ich würde mein Kind NICHT in eine konfessionelle Schule schicken wollen.

  4. @ pewi

    Weshalb kommst Du darauf, dass Montessori katholisch ist?

    Die Montessori-Pädagogik rechnet sich zu der Reformpädagogik und hat mit dem Katholizismus wenig zu tun.

  5. Jo, Digger, und auf die Lernmaterialien gibt’s Patente. Ich hab mal in einer Montessorischule gearbeitet und da gab’s ’ne Kinderwerkbank, die so teuer war wie meine komplette Arbeitstelle für ein Jahr :)

  6. Ich habe vor Urzeiten meinen Zivildienst bei der Frühförderung der Lebenshilfe gemacht — da kamen auch Montessori-Utensilien zum Einsatz. Ich konnte über rund 16 Monate mitverfolgen, wie wichtig derlei Ansätze sind bei geistig behinderten Kindern, von denen nicht wenige zusätzlich körperliche Beeinträchtigungen hatten. Ein gutes, ein hilfreiches Konzept.

  7. @epikur, das ist wie immer im Leben, wo Licht da auch Schatten....
    PeWi hat nicht die Methode kritisiert die ist durchaus zu gebrauchen, sondern die heutige daran klebende Heuchelei ... weil ebend die Trägerverine durchaus oft sehr nahe an den Kirchlichen Dogmen gebaut sind, sei es direkt oder indirekt über das Personal. Vom Umgang mit dem ganzen Kram ganz zu schweigen...

  8. Und wenn schon. Nicht alles an religiösen Sichtweisen ist schlecht. Manches davon ist sogar menschlicher, als dass was wir heute haben. Der Unterschied liegt nur in denen, die es ehrlich leben, und in denen die es steuern. Dem Satz, dass Kinder schöpferisch lernen, kann ich mich jedenfalls von so was von reinem Herzen anschließen, dass es weh tut, sich die restliche Realität anzuschauen.

  9. »Nicht alles an religiösen Sichtweisen ist schlecht.« aber einiges. Die meisten staatlichen »Erziehungseinrichtungen« sind leider aber auch christlich, v.a. in Süddeutschland, da hat man oft gar nciht die Wahl seinen Kinder nicht auf eine konfessionelle Schule zu schicken, wenn man nicht enorme Kosten auf sich nehmen will oder kann.
    Ganz nebenbei finde ich den Montessori-Ansatz sehr gut gerade im Gegensatz zu den meisten staatlichen Einrichtungen.

  10. Ein toller Artikel — er beläßt einem unglaublich viel gedanklichen Spielraum.

    1.) Inwieweit bereiten Reform-Pädagogiken, wie Montessori oder Waldorf, Kinder auf das wirkliche Leben vor?

    Das »wirkliche« Leben? Interessante Unterstellung, daß es DAS wirkliche Leben überhaupt gibt. Es geht hier wohl eher um eine Wertefrage und damit Werteerziehung, und darum, daß Montessori und/oder Waldorf bemüht sind, eine andere Welt als die vorherrschende zu bereiten, frei nach dem Motto: Der Gestaltungsspielraum des Menschen ist immens. Toleranz und Neugierde schlißeen Grenzeinhaltungen und Friedlichkeit nicht aus.

    2.) Wird die Autorität von Eltern untergraben, wenn sie die Kinder beim älter werden lediglich »begleiten« sollen?

    Autorität wird wohl zweifellos eher untergraben, wenn das Kind geschunden, vor den Fernseher gesetzt oder früh der Existenzangst ausgeliefert wird. Autorität ist dort, wo es keine Leine gibt, an der das Kind geführt wird. Eine rationale Unterordnung ist früh erlernbar.
    Unterstützend hierzu der letzte Satz im Artikel: »Denn die äußere Ordnung führt unmittelbar zur inneren Ordnung des Kindes.«

    Nochmals vielen Dank für diesen Artikel!

  11. Sehr Interessanter Post zu dieser Thematik. Wer Interesse an Montessori hat, sollte auch mal auf meinem Blog vorbeischauen. Aktuelle Themen über Montessori werden sofort behandelt und wichtige Infos stehen bereit.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.