Mord bleibt Mord

Gibt es in Deutschland einen Amoklauf oder macht ein prominenter Selbstmord, wie der Fussballer Robert Enke, dann gibt es Betroffenheitsmienen, politische Kundgebungen oder sogar groß inszenierte Open-Air Trauer mit Eventcharakter.  Für Opfer von rechtsextremen Straftaten gilt dies nicht. In Deutschland sind seit der Wiedervereinigung im Jahre 1990, nach Recherchen von »tagesspiegel« und »Zeit«, 137 Menschen durch rechtsextreme Gewalttäter brutal ermordet worden. Nach Angaben der Polizei gab es aber »nur« 47 rechtsmotivierte Morde. Im folgenden einige Beispiele aus der Recherche von »Zeit« und »tagesspiegel«.

Der Angolaner Amadeu Antonio Kiowa wird in der Nacht zum 25. November 1990 in Eberswalde (Brandenburg) zu Tode geprügelt. Ungefähr 60 Rechtsextremisten fallen mit Knüppeln und Messern über den Afrikaner her.

Drei Skinheads schlagen in der Nacht zum 11.Dezember 1990 in einer Wohnung in Berlin-Lichtenberg derart brutal auf den 24-jährigen Klaus-Dieter R. ein, dass dieser sich in Panik aus einem Zimmerfenster zehn Stockwerke tief in den Tod stürzt.

Der 17 Jahre alte Kurde Nihad Yusufoglu wird am 28.Dezember 1990 in der Kleinstadt Hachenburg (Rheinland-Pfalz) von einem gleich alten Skinhead durch einen gezielten Messerstich ins Herz getötet.

Der Obdachlose Horst Pulter wird in der Nacht zum 5. Februar 1995 im Stadtpark von Velbert (Nordrhein-Westfalen) erstochen. Eine siebenköpfige Gruppe von 16- bis 24-jährigen Rechtsextremisten will »Penner klatschen« und stößt auf den 65-Jährigen, der auf einer Parkbank schläft.

In der Nacht zum 25. März 2001 wird der 38-jährige Willi Worg in Milzau (Sachsen-Anhalt) von fünf jungen Männern zusammengeschlagen. Drei Tage später stirbt er an seinen schweren Verletzungen. Fast alle Organe im Bauch sind gerissen. Die Staatsanwaltschaft Halle zählt die Täter zur rechten Szene und spricht von »unglaublicher Brutalität«.

In der Nacht zum 9. August 2001 wird in Dahlewitz (Brandenburg) der Obdachlose Dieter Manzke von fünf jungen Männern in einem leer stehenden Gartenbungalow erschlagen. Vorher misshandeln sie den 61-Jährigen, drücken Zigaretten in seinem Gesicht aus und brechen ihm 16 Rippen. Bei ihrer Festnahme geben die Täter an, sie hätten sich von dem stadtbekannten Obdachlosen »gestört gefühlt« und »Ordnung schaffen« wollen.

Am 1. Juli 2009 ersticht der NPD-Sympathisant Alex W. (28) im Dresdner Landgericht die schwangere Ägypterin Marwa el-Sherbini (31) und verletzt ihren Ehemann Elwy Okaz schwer. Die Tat geschieht während einer Berufungsverhandlung gegen den Russlanddeutschen. Alex W. hatte die Frau im August 2008 auf einem Spielplatz grundlos als »Islamistin« und »Terroristin« beschimpft. Dafür erhielt er eine Geldstrafe. Da W. sie nicht akzeptierte, war die Verhandlung notwendig. Im Gerichtssaal beleidigt W. die Ägypterin, dann sticht er überraschend und insgesamt 16-mal auf die Frau ein.

In der Nacht zum 1. August 2008 schlagen und treten die alkoholisierten Rechtsextremisten Sebastian K. (23) und Thomas F. (34) in einem Park in Dessau den geistig behinderten Hans-Joachim Sbrzesny (50) tot.

Und so weiter und so fort...und so weiter und so fort...

Mord bleibt Mord. Für mich ist auch nur einer solcher Fälle ein Skandal. Für unsere Regierung scheinbar nicht. Stattdessen werden seit Jahrzehnten die Mordfälle statistisch schöngefärbt. Deutschland braucht mehr solcher investigativer Recherchen. Als ich das gelesen habe, überkam mich eine tiefe Traurigkeit. Wie kann man nur solch einen Hass in sich haben und so menschenverachtend sein? Ich begreife es nicht.

5 Gedanken zu “Mord bleibt Mord

  1. Ich frag mich schon, was die Menschen so erwarten. Genau aus diese rechten Kreisen bediente man sich doch für die Stay Behind Nummer, vielleicht heute immer noch. Und jetzt erwarten die Menschen doch nicht wirklich, das die Herren da die Deckung heben ... Das geht mal garnicht. Und so wird geliefert wie bestellt, äh gewählt.

  2. Und warum genau sollte Opfern von rechtsextremer Gewalt gegenüber anderen Opfern (nicht Promis, nicht Amoklauf) diese Sonderbehandlung zustehen? Sie propagieren für genauso menschenverachtende Opferklassen...

  3. @Violet Luxemburg

    Ich weiß nicht, ob Sie den Begriff »Sonderbehandlung« zufällig oder bewusst gewählt haben? Im Nationalsozialismus war der Terminus ein Euphemismus für gezielte Ermordung.

    Wo haben Sie gelesen, dass ich für »menschenverachtende Opferklassen« einstehe? Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass diese Morde in der Öffentlichkeit völlig untergehen und dass Polizei und Politik, die Statistiken schönfärben.

  4. Irgendwas muss man schon zum Vergleich heranziehen. Anhand der Vergleiche ist erkennbar, welche mediale und gesellschaftliche Strömung herrscht. Will meinen, — welcher Art von Opfern man bereit ist Popularität zu verschaffen. Oder noch gehässiger; Mit welchen man besonders viele Schlagzeilen machen kann. Mit Opfern sexueller Gewalt z.B. kann man besonders viele gestalten, wenn sie jung und knackig sind. Das geht bis tief ins Instinktverhalten hinein. Obdachlose und Ausländer, fallen dagegen unter die Public-Relation-Rubrik der grenzfälligen Wahrnehmung. Schon durch die mediale Bewertungsstrategie der letzten Jahre, welche eindeutig in diese Richtung konditioniert hat. Und auch der unbewusste Grund für angepasste Statistiken ist.

    Ich denke @Violet Luxemburg meinte einen generellen gesellschaftlichen Hang zur bedarfsorientierten Klassifizierung von Gewalt im allgemeinen, — obwohl »Mord, Mord bleibt«. Auch ich sehe eines der Hauptprobleme darin, unterschiedliche Wertigkeiten vorzunehmen, und dem Grundgefühl Separationen und unterschiedliche Bewertungen zuzulassen. Nichts ist abgründiger und ein Teil der schwarzen Menschenseele, als die Möglichkeiten gefällig aufzuweichen. Das eine sensationell zu behandeln, und das andere einfach zu ignorieren. Psychologen, würden dies eine sinnvolle Filterfunktion zum geistigen Eigenschutz nennen. Aber es ist und bleibt auch, — nicht entschuldbare grausige Strategie und Bewertung.

    Ohne die, man trotzdem nicht leben kann. Denn i.M. bleibt nichts anderes übrig, als ein Beispiel mit einem quantitativ höherem zu vergleichen. Weshalb ich den Vergleich mit den hier genannten Opfern absolut sinnvoll finde. Andernfalls, müsste man eine komplett anonyme Masse von Opfern mit medialen Popularitäten vergleichen. Was bei keinem, irgendwas bewirken würde. Die Mentalität dieser Gesellschaft und ihrer Medien, ist auf Bewertung und Klassifizierung ausgelegt, leider nicht auf Behandlung humanitär-rudimentärer Grundsatzprobleme die alle betreffen.

  5. Um die Straftaten der rechten Täter zu verstehen, muss man den Rechten als Opfer sehen können. Opfer einer gewaltsamen Selbstentfremdung, voller Hass auf das Emotionale, das Weiche, zwischenmenschliche. Gerade weil genau das die menschliche Seite am Rechtsschläger ist, die er vom Selbst abgespalten hat, gerade das motiviert ihn zu solchem Hass auf eben jene Bedürfnisse, die ihm nun fehlen.
    Hinzu kommt das konsequente Fehlen von Mitgefühl gegenüber anderen und der unbedingte Wille zu beherrschen. Sich selbst, in der Suche nach Stärke und angeblicher Unverwundbarkeit, aber auch das anhimmeln von Autorität und Herrschaftsstruktur.

    Der Rechtsradikale ist in dieser reinen Form das genaue Gegenteil zum linken Rebellen, der aufsteht und seine Bedürfnisse erstreitet. Der Rechte verneint seine eigenen menschlichen Bedürfnisse und ist nicht imstande anderen diese zuzugestehen, nein, er bekämpft sie förmlich in sich selbst und in anderen. Für den Rechten ist jede Form von Verständniss und Mitgefühl reine Schwäche, die sie verachten. Dem liegt das eigene Trauma der Hilflosigkeit zu Grunde.

    Will man einem Rechtsradikalen helfen, kann man das nur indem man ihn bricht. Er kann als Mensch nur dann wieder lebendig werden, wenn er von seinem Illusorischen Selbstbild abläßt.
    Erst wenn er sich selbst wieder seine authentischen menschlichen Bedürfnisse nach Liebe, Geborgenheit, Wärme und Zuneigung offen fühlt, wenn er von dem Selbstbetrug abläßt, der ihm als Zuflucht in eigener Bedrängniss diente, erst dann kann er wieder »normal« werden.

    Dieses Störungsmuster geht fast immer einher mit Rechtsradikaler Gesinnungsstruktur, ist aber allgemein etwas abgeschwächter sehr verbreitet.

    Fritz Riemann und Arno Gruen sind hier afaik maßgebliche Autoren, die diese Zusammenhänge aufzeigen.

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    Der endlose Disput mit Rechten ist so sinnlos wie eine Diskussion mit einer Wand.
    Politische Gespräche, drängen auf Fairness oder auch nur höfliches Nachhaken in irgendeinem Sinne, Verständniss oder selbst rudimentärste Denkanregungen werden abgeschmettert und produzieren nichts als Wut beim Rechten. Einsicht ist so gut wie nicht möglich. Mit Rechten sollte man nicht reden, man muss sie beherrschen. Anders kommt man ihnen kaum bei, wenn man nicht Menschenrechte verletzen will bei einer Zwangstherapie.

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