Es gibt kaum einen Eltern-Stammtisch, bei dem nicht irgendwann das Vereins-Thema angesprochen wird. Für viele Mütter und Väter scheint es heutzutage essentiell zu sein, dass ihr Kind ein vorzeigbares Hobby hat. Ein pädagogisch-wertvolles, berufsvorbereitendes und sozial geachtetes Interesse, welches mit Disziplin, Sorgfalt und Regelmäßigkeit betrieben wird. Hier sollen schon früh die marktwirtschaftlich relevanten Skills ausgebildet werden: Eigenverantwortung, Teamfähigkeit, Disziplin, Belastbarkeit und Gewissenhaftigkeit. Wenn Kinder eine selbstbestimmte Leidenschaft entwickeln, ist das auch durchaus begrüßenswert. Sehr viel häufiger wird es ihnen jedoch aufgeschwatzt und aufgezwungen. Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Kindheit
Erziehung zur Menschenverachtung
Vor einiger Zeit saß ich im Wartezimmer eines Kinderarztes und las die Elternbriefe. Eine Initiative der katholischen Kirche, die nach eigener Aussage: »dazu beitragen (wollen), dass das Leben in Ehe und Familie gelingt. [...] Erarbeitet werden die Briefe von einem Team von Fachleuten: Erziehungsberatern, Ärztinnen, Theologen, Journalisten.« Klingt auf den ersten Blick unverfänglich und nobel. Als ich jedoch im Elternbrief Nr. 35 die Experten-Vorschläge gelesen habe, wie man als Eltern auf die Frage des Kindes »Warum sitzt der Mann auf dem Bürgersteig« reagieren sollte, kam mir die Galle hoch. Weiterlesen
Kinder in Deutschland; Teil 37: Die Übermutti
Definiert sich selbst und ihr Leben primär über und durch den eigenen Nachwuchs. Stellt die Bedürfnisse und Interessen der eigenen Kinder immer, generell und überall an erster Stelle. Interessiert sich in der Regel wenig an (Gesprächs-)Themen, die nicht konkret mit der eigenen Familiensituation zu tun haben. Will die eigene kleine Mikrokosmos-Umwelt nach eigenen Pädagogik-Vorstellungen (um-)gestalten und (um-)erziehen. Besonders Männer und Väter sollen sich dem beugen. Kann absolut nicht nachvollziehen, wenn jemand nicht die gleiche euphorisch-infantile Begeisterung für die eigenen Kinder aufbringen will, wie man selbst. Außerdem wird jede Form von, auch nur angedeuteter, Kritik am Nachwuchs als ein kinderfeindlicher Akt gewertet. Weiterlesen
Der rosarote Duckblick
Vor einiger Zeit war ich auf einer Eltern-Kind-Reise im nahegelegenen brandenburgischen Wald bei Wandlitz mit vielen anderen Kindern und Eltern unterwegs. Alles in allem war das eine durchaus nette und klassische Angelegenheit mit Lagerfeuer und Stockbrot, im See schwimmen, einen Pferdehof besuchen und so weiter. Es gab weder große Probleme, noch Konflikte (außer einer Horde Mücken :sick: ). Was mir allerdings extrem aufgefallen ist, war das oft völlig übertriebene Positiv-Gequatsche der Eltern. Offensichtliche Dinge, wie beispielsweise das wirklich schäbige Essen der Jugendherberge mit zerkochten Nudeln, Kartoffel-Püree-Pampe, halbgaren Fischstäbchen sowie einer Resteverwertung vom Vortag, wurden nicht kritisch erwähnt, sondern sogar gelobt: »Echt leckeres Essen hier, das muss man schon sagen!« Weiterlesen
Kinder in Deutschland; Teil 36: Instrumentalisierung
Wie ist es möglich, dass in einer Kosten-Nutzen-orientierten Gesellschaft Kinder existieren? Schließlich kostet der Nachwuchs doch viel Geld, verursacht Dreck und Lärm, belastet die eigenen Nerven, erfordert eine Menge Zeit und Geduld. Sie bringen also viele persönliche Nachteile mit sich. Die Antwort darauf ist meist: der Fortpflanzungstrieb, die Instinkte und die Emotionen sind dafür verantwortlich. Es ist halt Liebe. Die gängige Antwort von infantilen Gefühlsamöben, für die Emotionen stets auch Argumente sind. Ich behaupte dagegen: Kinder werden häufiger aus ganz anderen Gründen ‑und eher selten aus uneigennütziger und romantisch verklärter Liebe- in die Welt gesetzt, als Mann und Frau ehrlich zugeben wollen. Weiterlesen
»Ist das alles?«

© epikur
Ich bin 26 Jahre jung, habe einen exzellenten Uni-Abschluss in Maschinenbau gemacht und auch sofort einen sehr gut bezahlten Arbeitsplatz bei BMW bekommen. Unbefristet mit etlichen Zulagen. Dort arbeite ich jetzt seit gut einem Jahr. Ich bin verheiratet, wir erwarten unser erstes Kind im Sommer und zahlen gerade unser Haus am See ab, in dem wir vor einem Monat eingezogen sind. Wir besitzen zwei Autos und können uns finanziell alles leisten was wir wollen. Und dennoch: ich bin unglücklich. Weiterlesen
Kinder in Deutschland; Teil 35: Gewalt

Flammen der Zerstörung: ein Osterfeuer.
»Wenn man seinen Kindern Action-Spiele verbietet, wird ihnen psychische Gewalt angetan!« So eine (zugegeben provokante) These in den Raum geworfen und Mann kann sich sicher sein, dass die Besser-Esser-Bio-Öko-Eltern, die Helikopter-Mamis und die vermeintlich politisch überkorrekten Emo-Glucken-Mütter ihren rhetorisch-pädagogischen Würgegriff einsetzen werden. Ob Schwertkämpfe mit Holzstöcken, oder mit Star Wars Laser-Plastik-Schwertern, Wasserpistolen-Spiele oder Playmobil-Cowboys, die mit Gewehren ausgerüstet sind – wer das bei seinem Kind zulässt, erzieht einen Gewalttäter heran, so die Hobbyerzieherinnen. Einen verhaltensauffälligen Aggressor und Soziopathen, der bald zum Kinderpsychologen oder zur Ergotherapie geschickt werden muss. Weiterlesen
Über Sinti und Roma
Sinti und Roma werden in Europa seit Jahrhunderten verfolgt und verachtet. Die Kinder-Sendung »Willy Wills Wissen« nähert sich Kultur und Geschichte dieser Volksgruppen ‑die oft abwertend als »Zigeuner« (ziehende Gauner) diffamiert werden- mit einer kindlichen Neugier und ohne Vorurteile. Sehenswert!
Schmerzbefreite Dekadenz
Nach einer wahren Begebenheit in einem Bus der öffentlichen Nahverkehrsbetriebe in Berlin Steglitz im März 2015. Vor mir saßen zwei Jugendliche, nicht älter als 15 Jahre, die sich über folgendes unterhielten:
Junge: Ich war gestern mit meinen Eltern Sushi essen, hat zwar ganz gut geschmeckt, aber die Bedienung war voll unfreundlich. Hat nicht einmal gelächelt. Den Laden habe ich dann auf yelp.de auch voll schlecht bewertet. Danach waren wir noch Bowling spielen, aber das war mir irgendwie zu laut dort. Und was hast Du gestern gemacht?
Mädchen: Ach, wir waren auf einem Indoor-Kletterpark. War zwar total teuer, aber meine Eltern haben ja bezahlt, hihi.
Junge: Hat es wenigstens Spaß gemacht?
Mädchen: Nö, überhaupt nicht. Hab mich voll gelangweilt. Da gab’s einen, der uns alles erklärt hat, der war voll häßlich. Danach waren wir noch indisch essen, in so einem Nobel-Schuppen.
Junge: Und wie hat es Dir geschmeckt?
Mädchen: War irgendwie nicht cool.
Laut dem Kinderschutzbund lebt jedes dritte Kind in Berlin unterhalb der Armutsgrenze. Und einige wenige existieren offenbar in einem Glasbunker-Paralleluniversum, ohne einen Funken von Demut.
Anerzogene Unmündigkeit
Kind: (abends) Du Mami, warum ist die Erde eigentlich rund?
Mutter: Musste mal googlen. Kann ich Dir jetzt nicht sagen.
Kind: Und warum leuchten die Sterne in der Nacht?
Mutter: (leicht genervt) Ich glaube, das hat irgendwas mit der Sonne zu tun. Frag mal Deine Lehrerin. Wo wir gerade dabei sind, hast Du heute Deine Hausaufgaben gemacht?
Kind: Nein.
Mutter: (gereizt) Und wieso nicht?
Kind: Habe ich vergessen, weil ich gerade an den Weltraum denke.
Mutter: Das kannst Du später immer noch machen. Nun aber ran an Deine Hausaufgaben!
Die Faulheit des Selbstdenkens, der Verlust der Neugier sowie der Unbeschwertheit und die Abneigung gegen vermeintlich uneigennütziges Wissen, kennzeichnet den modernen Erwachsenen.