Erfolgsorientierter Verwertungszwang

marktschlau_titelWenn ich mich mit Freunden, der Familie oder mit Arbeitskollegen über Menschen wie beispielsweise Daniela Katzenberger, Dieter Bohlen oder Verona Pooth unterhalte, kommt irgendwann die Floskel, dass die alle ja doch irgendwie klug und clever seien, weil sie es schließlich geschafft hätten, irgendwie Geld zu machen. Echte Kenntnisse in Literatur, Musik, Kunst, Wissenschaft oder Kultur spielen bei der Bewertung von Menschen scheinbar nur noch insofern eine Rolle, wenn dieses Wissen irgendwie nützlich zur Geldvermehrung, im Beruf oder für den persönlichen Vorteil verwertet werden kann. Intelligent sei, wer sich oder irgendeinen Mist verkaufen kann. Ansonsten ist es per se unnützes Nerd-Wissen oder Klugscheißerei. Hierbei stelle ich mir folgende Fragen:

  • Heißt das etwa auch, schlau ist, wer clever-kriminell ist? Wer Steuern hinterzieht, kreative Buchhaltung betreibt oder mit Finanzprodukten krumme Geschäfte macht?
  • Jubelt die Bevölkerung etwa Kriminellen zu? Sind sie die neuen und/oder echten Vorbilder? Sind Uli Hoeness und Tony Soprano unsere heimlichen Helden?
  • Sind Tricksereien, Menschenfeindlichkeit und Korruption etwa die eigentlich anstrebsamen Werte? Weil man damit mehr Geld machen kann?
  • Wenn der Ehrliche der Dumme ist, ist dann der Lügner der Schlaue?
  • Ist das eine Welt, in der wir wirklich leben wollen? Und wie verlogen erziehen wir dann eigentlich unsere Kinder?

» »Marktintelligenz«
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7 Gedanken zu “Erfolgsorientierter Verwertungszwang

  1. Hallo Epikur,
    es sieht so aus, als ob eine deutliche Mehrheit, die Fragen 1 — 4 bereits seit Jahrzehnten mit »Ja« beantwortet.

    Durch ihr Wahlverhalten dazu die gesellschaftlichen und gesetzlichen Grundlagen schaffen lässt.

    Vor allem durch ihr Alltagsverhalten.

    Aber die meisten werden sich eher scheuen ihr »Ja« öffentlich auszusprechen, im Gegensatz zu Typen wie Lindner, Kubicki, Özdemir, die Göre Eckardt, ein Schröder, eine Nahles, eine Merkel, ein Schäuble, ein Spahn, Dobrindt usvm aus Politik, Wirtschaft, Medien, Lehr- und Lernbetrieben es tun.

    Frage 5a werden diejenigen, die im Strom nur mittreiben, aber niemals das erreichen werden, was u.a. Madonna, Bono, oder der verstorbene Curt Engelhorn (Paradise Papers) erreichten, vermutlich mit »Nein« beantworten.
    Trotz des »Nein« wissen sie nicht (und wollen es auch gar nicht wissen), was sie anders machen sollten und könnten.

    Frage 5b wird mit dem (für alle Eltern ein verständlicher) Wunsch beantwortet mit: »Meine Kinder sollen es einmal besser haben, als wir es hatten!« Gemeint ist damit fast immer eine lebenslange monetäre Absicherung.

    Die Erziehungsbemühungen laufen dann praktisch von alleine in die Richtung Egoismus, Empathieunfähigkeit und sozialem Desinteresse.

    Catch 22!

  2. Vor ein paar Jahren gab es doch dieses Buch, das Charakterzüge von Psychopathen über den grünen Klee gelobt hat, weil sie auch »im Gerichtssaal, in der Wirtschaft oder im OP« nützlich sind. »Unerschrocken, risikofreudig, können harte Entscheidungen treffen« — ja, das sind die anstrebsamen Werte, das ist die Welt, in der wir leben wollen!

  3. @Alles Nur Satire

    Der Teufelskreis aka Catch 22 ist besonders in der Pädagogik völlig absurd. Da wird den Kindern Empathie, Solidarität, Verständnis, Rücksichtnahme, Fairness usw. beigebracht, nur um ihnen das wieder spätestens mit dem Eintritt ins Berufsleben brutal abzutrainieren. Denn Solidarität im Betrieb ist Kommunismus und somit Teufelszeug!

  4. Es gibt einen Unterschied, ob eine gewisse Aufrichtigkeit für Schwäche gehalten und ausgenutzt wird, wie es in unserer teilkriminellen Lebensrealität häufig der Fall ist und oft sogar noch bewundert wird.
    Oder ob jemand die selbstgerechte Dummheit vieler Zeitgenossen spiegelt und damit ordentlich Schotter macht.
    Pooth, Katzenberger oder Paris Hilton geben jedem die Chance, mit wenig Aufwand die heiße Luft zu erkennen, die sie verkaufen, und das sogar mit unübersehbarem Augenzwinkern.
    Abzocken tun die nur diejenigen, die ums Verrecken über irgendwelche blonden Dummchen lachen wollen, nicht erkennend, daß sie selber die Vollidioten sind. Solche Leute sind keine Opfer und müssen nicht verteidigt werden.

  5. Katzenberger und Pooth sind von Bohlen klar zu unterscheiden. Deine richtigen Ausführungen beziehen sich imho nur auf letzteren.
    Erstere sind nur »sex sells« in Kombo mit zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen + kompetenter Manager dahinter.

  6. »An eight-pound baby is worth, at birth, $362 a pound. That is a child’s value as a potential wealth-producer. If he lives out the normal term of years, he can produce $2,900 more wealth than it costs to rear him and maintain him as an adult.«

    New York Times, 30. Januar 1910

    Ökonomie ist eine, in Mathematik gepackte, Form der Religion. Wenn ein Dollar (oder was auch immer) nicht definiert ist, kann man nur glauben. Das sollte man seinen Kindern mit auf den Weg geben.

  7. Die Regeln werden von Psychopathen und Workoholics gemacht. Das sind die Leute, die es — normalerweise — in Führungspositionen schaffen. Egal ob in Politik, Medien oder Wirtschaft.
    Das es andere Lebensphilosophien gibt, ist nicht erwünscht. Ich seh uns in einer evulotionären Phase, nach der die Welt großteils von empathielosen, »erfolgsorientierten« Psycho- und Soziopathen bevölkert wird. Die anderen, wenigen »Gesunden«, dienen dann nur mehr als Nutz- bzw. Arbeitsvieh.

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