Keine Sklaven. Nirgends.

(22 Sekunden Realitätsverdrängung und Realsatire)

»In Katar baut eine riesige Arbeiterarmee an sechs von sieben Wochentagen, winters wie sommers, bei Temperaturen von bis zu 50 Grad, die Stadien für die Fußballweltmeisterschaft 2022. Während ihres Aufenthalts in Katar sind die ausländischen Arbeiter praktisch rechtlos: ihr Lohn wird sehr spät oder gar nicht ausgezahlt, ihre Wohnheime sind baufällig und unhygienisch, sie dürfen ohne Zustimmung des Arbeitgebers nicht den Job wechseln und ihr Pass wird eingezogen. [...] Bis zum ersten Anpfiff der WM ist mit dem Tod von über 7.000 Wanderarbeitskräften zu rechnen.«

David Garcia. »Die Leibeigenen von Katar«. Le Monde Diplomatique. Ausgabe Juni 2016. S. 16

6 Gedanken zu “Keine Sklaven. Nirgends.

  1. Reiche sehen auch nirgendwo Sklaven — weil sie sie schlichtweg einfach nicht zu sehen bekommen. Und über ihre Bediensteten glauben sie, was sie lustig sind.

  2. Die Sache ist ja jetzt aber schon uralt — und passt auch nur, weil grade EM ist. ;) Bei den Brot-und-Spiele-Events im alten Rom war es dem johlenden Pöbel aber auch schon egal, wer unter welchen Bedingungen die Arenen errichtet hat. Oder wer darin kämpfte...

    @matrixmann: Die Ironie ist: Auch Sklaven sehen keine Sklaven — selbst, wenn sie morgens in den Spiegel schauen...! Wir sind im Grunde doch alle Sklaven; weil wir unfrei sind! In der westlichen Welt hat man halt eine Matrix erschaffen, um den Menschen die Illusion zu geben, »unabhängig« und (durch ein wenig Lohnarbeit) Schmied des eigenen »Glückes« zu sein. Letzten Endes wird aber einfach nur eine große Masse von Menschen systematisch »bewirtschaftet«, durch Ausbeutung von Arbeitskraft und Lebenszeit. Auch den Sklaven muss man ja zumindest so weit am Leben erhalten, damit er weiter seine Sklavendienste verrichten kann. Das Bewusstsein darüber unterscheidet den »echten« Sklaven vom Lohnarbeitssklaven.

    »Glückliche Sklaven (mit Smartphone in der Hand und EM in der Glotze...) sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.«

  3. @Dennis82

    »Die Sache ist ja jetzt aber schon uralt — und passt auch nur, weil grade EM ist.«

    Richtig! Aber gerade jetzt, wo sich so viele weltvergessen und gemütlich mit Bier und Chips auf dem Sofa lümmeln und »ihrer« Mannschaft zu jubeln, sollte man mal wieder darauf hinweisen, unter welchen Bedingungen da gerade in Katar für die WM 2022 geschuftet wird. Die Stadien werden sprichwörtlich mit Blut gebaut.

  4. Ein Witz! Ausgerechnet bei den Scheichs, die sich goldene Kloschüsseln kaufen und jedes Mal wenn der Aschenbecher voll ist ne neue Luxuskarosse. Ausgerechnet DIE lassen ihre Arbeiter sich zu Tode schuften für NIX!

    Man könnte fast meinen die seien Protestanten :nene:

  5. Ich begreife nicht warum niemand deutlich sagt dass die Welt an sich und für sich bösartig und schlecht ist.

    Stattdessen wird mit dem Finger auf Symptome gezeigt, Symptome die nur die logische Folge bilden dass die Welt eben extrem unzulänglich ist.

    Im übertragenen Sinn: Man mustert hier und und da einzelne Bäume weil sie von Borkenkäfern oder schädlichen Pilzen befallen sind, während in Wahrheit der ganze Wald verseucht ist, aber die Förster mit Tunnelblick vorgehen und so nicht erkennen wie vergeblich ihre Müh ist.
    Das sag nicht ich, das sagt die mittlerweile 10.000 Jahre alte Menschheitsgeschichte und der Blick auf die Tierwelt die täglich um uns gebiert, kämpft und meist auf elendige Weise stirbt, genau wie der Mensch.

  6. @ Dennis82
    Kann ich dir sagen, warum sie keine Sklaven sehen.
    Weil sie auch nur ihre bisherige Rolle kennen — und der Herr, dem sie dienen, wurde ihnen gesagt, ist heilig. Ist was besseres als sie, dürfen sie nicht anfassen. Dürfen nicht aufbegehren. Dürfen auch nicht widersprechen.

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