Medienkompetenz (2)

- Quellen -

»Im Journalismus ist ein kritischer Umgang mit Quellen angezeigt. Ob eine Information stimmt, muss überprüft werden, so gut dies möglich ist. Relevant ist zudem die Frage, ob eine Quelle nur einen bestimmten Ausschnitt eines Sachverhalts berichtet bzw. unter welchem Blickwinkel sie dies tut. Dabei spielt eine Rolle, welche Interessen Personen und Institutionen haben, wenn sie Journalisten Auskunft geben.«

- Journalistikon

Der journalistische Umgang mit Quellen ist mittlerweile eine absolute Katastrophe. Agentur-Meldungen werden in der Regel unkritisch übernommen, selbst wenn sie in ihrer Aussage tendenziös oder wertend sind. Pressemeldungen von großen Unternehmen und Konzernen werden als redaktionelle Beiträge ausgegeben. Ebenso wie Werbeartikel, Advertorials, Sponsoring Post und so weiter. Zitate und Aussagen von Mitgliedern der Bundesregierung, oder von staatlichen Behörden, werden nicht unabhängig überprüft. Auszüge von Studien, Statistiken, Gerichtsurteilen oder Umfragen werden interpretiert, ohne zum Original zu verlinken.

Und dann gibt es noch diese legendären »Quellen-Angaben« ohne Link oder Namensnennung:

Experten sagen...
Berichten zufolge...
Kritiker befürchten...
Im Internet finden sich...
Eine Studie behauptet...
Fachleute sprechen von...
Geheimdienstexperten gehen davon aus...
Auf Twitter wird behauptet...

Welche Studie? Welcher Experte? Welche Kritiker? Welche Fachleute? Welcher Twitter-Kanal genau? Name? Link? Quelle? Wird sehr oft nicht gesagt. Ob dieser schlampige und fahrlässige Umgang mit Quellen, immer mit  »mangelnder Zeit« zu rechtfertigen ist, da habe ich meine Zweifel. Nicht selten stellt sich nämlich heraus (wenn man manuell danach sucht), dass besagte Studien und Umfragen, oder auch Zitate, verzerrt dargestellt oder aus dem Zusammenhang gerissen werden. Immer so, wie es gerade zum Beitrag oder zum Narrativ passt.


»Zu den wichtigsten journalistischen Quellen zählen die Aussagen von Informanten oder Augenzeugen, Interviews, Dokumente und offizielle Berichte.«

- Bundeszentrale für politische Bildung

Bei Seymour Hersh gilt das aber nicht? Also einen Informanten als Quelle zu verwenden, weil es ja »nur eine Quelle« sei? Und dann gab es ja noch den Vorwurf, warum er seine Quelle denn nicht nennen würde?

»Siehe auch Zeugnisverweigerungsrecht: Der grundgesetzlich garantierte Quellen- oder Informantenschutz gesteht Journalisten das Recht zu, Zeugnis gegen ihre Informanten zu verweigern. Für die journalistische Praxis bedeutet das, Personen, die sich durch ihre Aussage gegenüber dem Berichterstatter selbst gefährden könnten, nicht namentlich zu nennen

- deutschejournalistenakademie.de

Ganz offensichtlich haben sämtliche Redakteure und Journalisten von ARD/ZDF, WELT, SPIEGEL, ZEIT, FAZ, TAZ, SZ, FOCUS usw. keine Ahnung mehr von ihren journalistischen Standards.


Medienkompetenz (1): Überschriften

5 Gedanken zu “Medienkompetenz (2)

  1. Eigentlich ist es ganz einfach, wenn man für das Narrativ des Mainstreams schreibt, braucht man keine Belege oder Quellen da man die Wahrheit wiederholt. Merke:

    Die herrschende Meinung ist auch immer die Meinung der Herrschenden.

    (Uwe Wesel)
    Wer glaubt die Propaganda »Die Partei hat immer recht« sei von gestern, sollte die darauffolgende Zeile beachten:

    Denn wer kämpft für das Recht, der hat immer recht.

    Könnte von Annalena stammen, ist aber von Ernst Busch. »Real existierender Sozialismus« heißt jetzt »regelbasierte Ordnung« sonst ändert sich nix.
    Will man gegen den Mainstream anschreiben, braucht man Quellen, Belege und sonst noch einiges, die dann natürlich nicht anerkannt werden (siehe Zitat).
    Im Westen konnte man sich — solange ich mich erinnern kann — schon immer nur in einem definierten Meinungskorridor bewegen, aber es scheint mir, der zulässige Bereich wird immer enger. Gestern noch eine achtspurige Autobahn, heute ein Feldweg.

  2. Pingback: Isolation, Annalena Dummbock & Capitol-Fake: Die Alternativmedienschau -

  3. Ergänzung:

    Auch ein beliebter Klassiker:

    »einem Medienbericht zufolge...« (beispielsweise hier)

    Ja, welchen denn? Weshalb wird das nicht präzise genannt? Will man keine Werbung für die Konkurrenz machen? Warum gibt es keinen Link zur Quelle?

    Keine Transparenz. Keine exakte Quellenangabe. Lernt man das so in den Journalistenschulen oder im Volontariat?

  4. Ergänzung:

    »Gerüchten zufolge ist der russische Präsident Wladimir Putin schwer krank...«

    tagesspiegel.de vom 8. Mai 2023

    Sind »Gerüchte« jetzt schon eine Quelle? Ist das noch »Journalismus oder kann das weg?

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