Presseblick (15)

In einer Pressemitteilung schreibt das statistische Bundesamt: »In 50 Jahren vom Luxus zum Standard« und vergleicht die Lebensverhältnisse in Deutschland von vor 50 Jahren (Nachkriegszeit) mit den heutigen. So kann man auch die Alters- und Kinderarmut, die sinkenden Reallöhne und die krasse Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben relativieren helfen: »Was vor 50 Jahren noch kostbarer Luxus war, ist inzwischen für die meisten Haushalte zum Standard geworden.«

Auf faz.net wird im Artikel »die Republik der Kinder« subversiv rassistisches Gedankengut verbreitet: »Die jüngste Bevölkerung der Welt hat Uganda. Schon Mädchen werden Mütter. Nur Bildung hilft dagegen.« Oder anders ausgedrückt: die dummen Schwarzen bekommen zuviele Kinder. Der Autor Peter-Philipp Schmitt meint es vermutlich nicht mal böse, schließlich schreibt er im Artikel ausführlich über die Armutsverhältnisse in Uganda. Nur den moralischen Oberlehrer-Ton des weißen Europäers (ihr dummen Schwarzen müsst euch bilden!) kann er sich sparen. Denn Afrika wurde über die Jahrhunderte bis heute (Postkolonialismus, EU-Handelsrichtlinien etc.) von den europäischen Nationen gnadenlos ausgebeutet. Wir sind somit für die heutigen Lebensbedingungen in Afrika mit verantwortlich. Davon steht freilich nichts im Artikel.

In den USA nimmt die Zustimmung zur Todesstrafe immer weiter ab, berichtet die Welt. Dennoch: »Die meisten US-Bürger – drei von fünf – befürworten sie allerdings immer noch.« In Deutschland sieht es erschreckenderweise vermutlich ähnlich aus.

Das Handelsblatt schreibt zum Weltspartag »Aus Sparern müssen Investoren werden« und will die Menschen zu Krämerseelen erziehen. Nachdem Millionen Amerikaner ihre private Altersvorsorge verloren haben, ihre Hypotheken nicht mehr bezahlen können, in Deutschland die Mieten sowie die Preise für Strom, Gas, Wasser, Nahverkehr, Kultur etc. gestiegen sind, bei gleichzeitig gesunkenen Reallöhnen, lebt die Redakteurin Katharina Schneider entweder in einer Parallelwelt oder schreibt ihrem Arbeitgeber nach dem Mund (oder beides). Weder haben die meisten Menschen noch groß Geld übrig, um überhaupt sparen (oder investieren) zu können, noch gibt es ein großes Vertrauen in die Banken, nachdem diese sich ihre Milliarden-Verluste vom einfachen Mann bezahlen lassen. Dennoch sollen wir unsere Kohle weiter den Banken und Konzernen in den Arsch schieben. Frau Schneider, you are dismissed!

Laut einer Forsa-Umfrage fühlen sich die Deutschen im Dauerstress, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Weder in der Schlagzeile, noch im Subtext wird das Wort »Arbeit« erwähnt. Ist aber sicher nur ein Zufall. Weiter im Artikel heisst es dann aber: »zu viel Arbeit, Termindruck, unfreiwillige Arbeitsunterbrechungen, Informationsflut, schlechte Arbeitsplatzbedingungen, ungenaue Anweisungen, ungerechte Bezahlung, mangelnde Anerkennung, die schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sowie die ständige Erreichbarkeit«, seien die Ursachen für den Stress, welche sieben von zehn Berufstätige empfinden. Sind sicher alles nur Weicheier, Simulanten und Nörgler. Schließlich wird uns doch täglich durch sämtliche Medienkanäle vermittelt, welcher Segen unsere Lohnarbeitswelt für alle Menschen doch ist.

2 Gedanken zu “Presseblick (15)

  1. Irgendwie muss man ja das Ressentiment des Spießbürgers am Kochen halten (»Ich kenne keinen Hartz-IV-Empfänger, der keinen Flachbildschirm und kein Handy hat. Denen gehts doch gut!«) *würg* :sick:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.