Presseblick (4)

In der Berliner Morgenpost warnen Innensenator Frank Henkel (CDU) und Berlins Verfassungsschutz-Chef Bernd Palenda vor den »gewaltbereiten Salafisten«: »...sieht der kommissarische Verfassungsschutz-Chef Palenda nun den Trend zu privaten Versammlungen. Dort werde in kleinen Gruppen noch intensiver die Ideologie verbreitet.« Während also Nazis mordend durch Deutschland ziehen (NSU) und die neoliberale Ideologie uns täglich in sämtlichen Massenmedien eingeimpft werden soll, warnen die Verfassungsschützer vor »Gewaltbereiten«, die ihre Ideologie »privat« weitergeben.

In der WAZ gibt es einen Artikel über die Umschulung zu Pflegekräften im Raum Essen. Ein typischer Artikel, der vorgaukelt, kritisch zu sein, ohne wirklich zu hinterfragen. Bemängelt wird, dass es zuwenig Pflegekräfte (warum wohl?), aber gleichzeitig vermeintlich viele Arbeitslose gäbe, die sich gern zu Altenpflegern umschulen lassen würden, die Jobcenter und Arbeitsagenturen jedoch nicht genügend Bildungsgutscheine dafür bereit stellen würden: »Es sollte im Sinn von Agentur und Jobcenter sein, weitere Leute aus dem Sozialbezug zu holen.« Naiv oder dreist? Der Sinn der Jobcenter besteht viel mehr darin, Druck auf Erwerbslose auszuüben, den Niedriglohnsektor zu fördern und vor allem Erwerbslose in Kursen, Umschulungen und Fortbildungen zu parken, um die Erwerbslosenstatistiken zu schönen. So etwas traut sich aber kein Journalist zu schreiben.

Auf zeit.de wird mithilfe einer Studie behauptet, dass Auszubildende ernst genommen werden wollen und dass ihnen das Betriebsklima wichtiger sei, als die Vergütung: »Früher ging es bei Jugendlichen eher um hohes Einkommen und Karriere. Heute scheint ihnen Spaß, Selbstverwirklichung, Wertschätzung und Abwechslung wichtiger.« Also kann man sie ruhig ausbeuten, schlecht bezahlen und im Praktikum ohne Vergütung arbeiten lassen, solange man die Jugendlichen am Ende lobt und ihnen den Kopf tätschelt, so der Tenor. Wer braucht schon Geld, um die Miete zu bezahlen?

Der Wirtschaftsredakteur Lutz Reiche schreibt auf manager-magazin.de: »Anbieter fürchten Niedrigzinsen — und ein langes Leben ihrer Kunden [...] Den Lebensversicherern jedenfalls scheint die zunehmende Langlebigkeit der Menschen in der anhaltenden Niedrigzinsphase mehr Kopfzerbrechen zu bereiten als noch vor Jahren«. Langes Leben ist schlecht fürs Geschäft, sorgen wir dafür, dass sie kürzer leben. Die Menschenverachtung der Neoliberalen kommt immer pragmatisch, sachlich und vermeintlich wertneutral daher. Der technokratisch-bürokratische Faschismus, der den Profit über den Menschen erhebt, zieht heute Anzug an, redet in Talkshows und veröffentlicht Studien.

Die DPA-Meldung »Jede zweite Rente war 2012 niedriger als Hartz IV« wurde wieder auf sämtlichen Mainstream-Medien verbreitet. Das Gerhard Schröder im Zuge der Agenda 2010 die Rentenformel geändert und sie vor allem von der Produktivität Deutschlands entkoppelt hatte, wird jedoch nicht erwähnt. Wer heute eine Rente über ALG 2 Niveau erreichen will, muss 45 Jahre durchgearbeitet und mindestens 1.700 Euro monatlich verdient haben. Die damit gezielt geschürte Angst vor der Altersarmut ist gewollt. Das treibt den privaten Lebensversicherern mehr Kunden zu. Auch wenn diese sich dann sorgen, dass ihre Kunden zu lange leben würden.

3 Gedanken zu “Presseblick (4)

  1. Die meinen wohl: Pflegehilfskräfte. Ich durfte mir gestern im Krankenhaus ansehen, wie das mit der Pflege inzwischen läuft: Examinierte Pflegekräfte machen nur noch das, was in unmittelbar ihren Zuständigkeitsbereich fällt. Alles andere, also Essen verteilen, Bettentransport zum/vom OP, alle Tätigkeiten, für die man nicht unbedingt eine Pflegeausbildung benötigt, die aber zum Dienst am Patienten gehören, sind an Mitarbeiter von Servicegesellschaften outgesourct — bei entsprechender Bezahlung, wie man annehmen darf.

  2. Nun — wenn man den Beruf der Altenpflegerin damals in der DDR gelernt hatte, wird der heute nicht mal anerkannt. D. H. die damaligen Schwestern sind seit ein paar Dekaden Hilfskräfte, wenn nicht das Unternehmen ihnen eine Weiterbildung ermöglicht. Der Rest sind (nur!) Kosten. Ich möchte lieber nicht so alt werden und bestimme das selbst durch entsprechenden Nikotinkonsum. Das sieht bei anderen anders aus. Richtig übel ist nun auch der vergleich von den Chefs, die mal reinschauen und die Angehörigen der Verstorbenen anschreiben, wenn es Not tut, zu denen die da täglich einem Niedriglohn nachgehen. Das bietet Möglichkeiten dort Drogengelder zu waschen, wie nicht zuletzt auch in Dresden zu beobachten stand. Besser als jede Disco. Zudem kann man da ja auch Endpflegefälle abfeiern (auf Kosten des Personals) und sich ein phattes Charity Banner umhängen. Fast wie im Radio: Das Besteste vom Bestesten und ich krieg ’n Rohr, wenn ich nur über uns nachdenke. Schöne neue Welt!

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