Gewollte Altersarmut

In der Süddeutschen Zeitung vom 5. Juli 2007 schreibt Thomas Öchsner über das Phänomen der zunehmenden Altersarmut in Deutschland. Wie er richtig schreibt, haben Rentner in den letzten zehn Jahren, nach Abzug der Inflation, reale Verluste hinnehmen müssen. Er vergleicht das mit jüngeren Arbeitnehmern, die ja auch Reallohnverluste hinnehmen mussten. Mir fehlen in dem Artikel aber zwei entscheidende Sachverhalte, warum wir in den nächsten Jahrzehnten eine massive Ausweitung der Altersarmut in Deutschland haben werden: die Rente mit 67 und die Rentenformel.

Mit der Agenda 2010 wurde eine neue Rentenformel eingeführt. Die Rürup-Kommission unter der Schröder-Regierung ist dafür verantwortlich, dass heute die Rentenanpassungen nicht mehr an der Produktivität Deutschlands, also des BIP gemessen werden, sondern an sozialversicherungspflichtigen Einkommen, also an den Löhnen der Arbeitnehmer. Bezahlen Unternehmen ihre Mitarbeiter schlecht, so kriegen auch die Rentner weniger Rente vom Staat. Schröder und Rürup nannten das damals euphemistisch den »Nachhaltigkeitsfaktor«. Diese Änderung kam leise und ohne großes Aufsehen, ist aber an Ungerechtigkeit nicht zu überbieten. Die Lebensleistung von Rentnern, ihren jahrzehntelangen Beitrag zur Produktivität Deutschlands, war von nun an der Lohnpolitik von Unternehmen ausgesetzt.

Im Jahre 2007 wurde die Rente mit 67 beschlossen. Demnach sollen Erwerbstätige jedes Jahr einen Monat länger arbeiten, bis das Renteneintrittsalter von 67 im Jahre 2035 vollständig umgesetzt wird. Im Dezember 2007 bekräftigte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dass nur knapp 5 Prozent aller 64jährigen Männer erwerbstätig waren und bei Frauen die Erwerbsquote nur bei rund 3 Prozent lag. De Faktisch bewirkt die Rente mit 67 also nichts anderes als eine reale Rentenkürzung, da man für jedes Jahr, den man vor dem gesetzlichen Renteneintrttsalter in Rente geht, drastische Abschläge bei der Rente bekommt. Der Verdacht liegt also nahe, dass es nicht um das unsägliche Demografie-Geschwafel geht, sondern darum, Geld bei den Rentnern zu sparen. Zudem ist eine »Mindestversicherungszeit« eingeführt worden, die besagt, dass nur der abschlagsfrei in Rente gehen kann, der mindestens 45 Jahre Pflichtbeiträge nachweisen kann. In Zeiten von geforderter Flexibilität, Leiharbeit, Minijobs, Praktikas usw. ein Hohn an der Realität.

Beide Sachverhalte haben entschieden mit zum Phänomen der Altersarmut beigetragen. Sie sind weder Schicksal, noch unvorhersehbar gewesen, sondern gewollte, von Menschenhand gemachte Politik, um bestimmte Interessen zu bedienen. Die Nachdenkseiten haben vielfach nachgewiesen, dass es darum geht, die staatlichen Renten gering zu halten und zu diffamieren, um der Privatvorsorge Tür und Tor zu öffnen. In dem besagten SZ-Artikel steht dann am Ende:

Die Koalition arbeitet derzeit an neuen Gesetzen gegen die Altersarmut.

Vermutlich wird die Koalition die Altersarmut gesetzlich verbieten lassen. Oder beser: einen Weg finden, sie statistisch runter zu rechnen.

3 Gedanken zu “Gewollte Altersarmut

  1. Fast schon Standard. Erst mit produzieren, dann sich mit Gesetzen gegen das Resultat profilieren, welche es letztendlich noch weiter verschlimmern. Diese geschichtliche Kurzsichtigkeit wäre eigentlich amüsant, wenn es nicht so traurig wäre.

    Und immer wieder interessant, wie sich neben Koalition und Opposition auch die Weisen und die Geschäftsleute, so gegenseitig die
    Bälle zu werfen.

    Wie heißt es so schön in der Bananenrepublik ?
    Bei uns tragen die Bananen,
    ... Schlips und Kragen.

  2. »Rürup nannten das damals euphemistisch den »Nachhaltigkeitsfaktor««

    Allein die Logik erschließt sich mir nicht. Renten sollten in jedem Fall ans BIP gekoppelt sein. Hätte man nur noch Roboter die produzieren, dann würden wir in Konsumartikeln versinken aber keiner hat mehr Geld sie zu kaufen. Die Gesellschaft versorgt diejenigen die sich nicht versorgen können, wie Kinder und Rentner. Die Gesellschaft besteht doch aber nicht nur aus sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern. Sie besteht aus allen, auch aus den Arbeitgebern. Rürup hatte im Blick, dass die Löhne sinken und wollte so die Steuern niedrig halten. Sinkende Renten verschafften der AWD und seinem Kumpel Maischmeyer Milliarden an neuen Versicherungen. Eine hat er ja auch nach sich benannt. Da wäre ich nicht Stolz drauf.

  3. ....Maschmeyer, Rürup und Konsorten...das sind Verbrecher am deutschen Volk und die gehören vor ein Volksgericht....

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