Untotes Humankapital

»Zwar ist die Sterberate dank längerer Lebenserwartung in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gesunken, doch die Demografie wird diesen Trend ab 2020 umkehren. Ökonomisch betrachtet ein Wachstumsmarkt«.

- Artikel aus dem Stern vom 13. Juni 2009

Auch mit dem Tod von Menschen lässt sich in unserer kapitalistischen Gesellschaftsordnung glänzend was verdienen.  Beispiel eines Friedhoftarifes in Berlin-Pankow:

- Erdwahlstelle (je nach Lage) ab 1633 Euro

- Erdrasenstelle (inkl. Liegeplatte mit Name und Lebensdaten, 20 Jahre Pflege): 1447 Euro

- Urnenstelle (für 4 Urnen): 650 Euro

Versicherungen für Bestattungen und Beerdigungen, Bestattungsunternehmen und viele andere tummeln sich im Geschäft mit dem Tod. Selbst vor Abzock-Tricks mit den Hinterbliebenen schrecken Bestattungsunternehmen nicht zurück. Nicht selten werden ganze Familien in den finanziellen Ruin getrieben, weil sie sich den Tod eines geliebten Verwandten schlichtweg nicht »leisten« können. Die kapitalistische Heilslehre »Profite vor Menschen« macht auch vor dem Tod nicht halt. Brauchen wir eine neue Sterbekultur?

2 Gedanken zu “Untotes Humankapital

  1. Meiner Meinung nach liegt hier das Problem eher bei den Menschen, als am Kapitalismus selbst. Der Tod und die Trauer sind Themen, die in unserer Gesellschaft keinen Platz mehr haben. Also haben sich andere diesem Thema angenommen und »kümmern« sich um die Toten.
    Wenn jemand gestorben ist, dann wird man mit Verwaltungs-Kram und im schlimmsten Fall von Problemen (Finanzen etc) überschüttet, das man sich um den Menschen gar keine Gedanken mehr macht. Und wer unter 50 geht denn auch heut noch auf den Friedhof und kümmert sich um ein Grab?
    Ein weiterer Aspekt ist eben auch (wie du angesprochen hast), dass sich viele Menschen eine Bestattung nach ihren Wünschen nicht mehr leisten können. In diese Lücke springen z.Bsp. dann Angebote aus Polen und Tschechien — Kremation zu Billig Preisen. Man darf auch nicht vergessen, das viele Preise in Deutschland gesetzlich festgelegt sind (zumindest was Friedhöfe anbelangt).
    Ich denke diese Mischung aus Verdrängung aus der Gesellschaft und die finanzielle Not immer mehr und mehr Menschen, trägt maßgeblich dazu bei, das aus dem Tod ein Geschäft wird und Menschen damit unmenschlich umgehen.

  2. In einer Gesellschaft in der Menschen keinen mentalen Bezugspunkt zu ihren eigenen Berufsbildern mehr haben, — außer dem, wieviel Geld, Prestige, oder Profit man damit verdienen kann, — muss man sich nicht wundern wenn dies auch auf die sensibelsten aller Branchen durchschlägt.

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