
»Wir sind für mehr Bildung und Gerechtigkeit!«
»Wir stehen für eine bessere Kommunikation!«
»Wir verurteilen diesen Terroranschlag!«
»Wir sind eine tolerante Gesellschaft!«
»Wir sind gegen Gewalt!«

»Wir sind für mehr Bildung und Gerechtigkeit!«
»Wir stehen für eine bessere Kommunikation!«
»Wir verurteilen diesen Terroranschlag!«
»Wir sind eine tolerante Gesellschaft!«
»Wir sind gegen Gewalt!«


Der Biedermeier-Zeitgeist, der sich von allem zurückzieht, was nicht unmittelbar das eigene Leben betrifft, ist wieder schwer angesagt. Häufig ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich selbst vermeintlich Alternative, Linksgrüne und Progressive in den heimeligen Spießer-Familien-Bunker verkriechen. Und dort hat Frieden zu herrschen! Bei Familenfeiern. Im Urlaub. Auf Fotos. Der krampfhafte Versuch, der sozialen Außenwirkung zu dienen, endet fast immer in bigotter Selbst-Heuchelei. Man wird so, wie man nie sein wollte.
Selbst wenn die ganze Welt unter brennender Lava verglühen sollte, solange man selbst auf einem kühlen Stein sitzt, kann und darf alles Lebendige elendig verrecken. Wer auf diesen weitverbreiteten, menschenverachtenden Habitus hinweist, gilt als unangenehm und anstrengend. Als Pessimist, Schwarzseher und Nörgler. Es herrschen verordnete Zwangsharmonie und devoter Zwangsoptimismus: »Uns geht es doch gut!«

Es ist dumm.
Es ist absurd.
Es ist Zeitverschwendung.
Es macht überhaupt keinen Sinn.
Wir machen es trotzdem.
Weil wir es schon immer so gemacht haben.

Die Revolution muss warten. Es ist zu heiß. :sick:
Es gibt keine politischen, strukturellen, ökonomischen, sozialen, ideologischen oder umweltbedingten Ursachen oder Erklärungen! Nur den Einzelfall und die Eigenverantwortung. »Jeder ist seines Peches Schmied!« Basta! :jaja:

Let’s rock!
Auch mit rund 40 Jahren gehe ich noch regelmäßig tanzen. Man ist schließlich so alt, wie man sich fühlt und gibt. Nur scheint meine Umgebung ebenfalls älter bzw. spießiger zu werden. Als ich vor kurzem zum ersten Mal in der »Kalkscheune« im Keller in der Abteilung »Metal/Rock« war, fing der DJ gegen 3:10 Uhr auf einmal an, unmögliche Lieder zu spielen. Ich hielt das zunächst für einen schlechten Scherz. Als jedoch die Menschen scharenweise den Floor verließen, machten sie auf einmal die Tür hinter sich zu. Von den insgesamt 4 Floors wurden gleich drei um ca. 3:20 Uhr komplett geschlossen. Bei 12 Euro Eintritt machen sie um halb vier Uhr morgens schon schlapp? :nene:
Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, da wurde bis morgens um 6 Uhr und länger Musik aufgelegt. Da war der Kunde, in diesem Fall das tanzende und trinkende Publikum, König. Da waren die Türsteher primär dafür da, Ärger fern zu halten und nicht, um die Taschen nach Getränken zu durchwühlen, damit das Partyvolk schön das teure Zeug drinnen kaufen muss. Von dem versteiften, verkrampften Publikum, die mehr rauchen, saufen und rumstehen, als sich zu amüsieren, wollen wir erst gar nicht anfangen. Zeitgeist, wohin man schaut.

» »Der rosarote Duckblick«
» »Das musst Du positiv sehen!«
» »Kritik ist positives Denken«

In der siebten Episode von »the Orville« wird in satirischer Form aufgezeigt, wohin eine Gesellschaft führen kann, die alles und jeden bewerten muss und welche Folgen die binäre Wahrnehmung hat. Dann gibt es kein grau, keine Differenzierung und vor allem auch keine Nicht-Wahl/Enthaltung mehr. Man darf, soll und muss sich zwischen gut und schlecht, zwischen down- und upvotes entscheiden. Ist man für oder gegen Flüchtlinge? Opfer oder Täter? Für Russland oder die NATO? Die Spannung aushalten, sich nicht entscheiden wollen sollen müssen oder auch ‑bei manchen Themen- beide Ansichten verstehen und nachvollziehen können, ohne sich auf eine Seite schlagen zu wollen, scheint immer weniger möglich zu sein. Oder um es mit George W. Bush zu sagen: »Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!«
Monokausale Vereinfachungen und Polarisierungen haben offenbar nicht nur den Vorteil, weniger selbst denken zu müssen, sondern auch schneller (be- und ab)werten zu können. Es ist selten eine Erklärung von »entweder oder«, als viel öfter eine Frage von »sowohl als auch«. Ambiguitätstoleranz scheint im digitalen Zeitalter kaum noch möglich zu sein.
»Lauterbach forderte daher, dass es einen Verantwortlichen geben müsse, der den Kampf gegen die Einsamkeit koordiniert. Bevorzugt solle dieser Posten im Gesundheitsministerium eingerichtet werden.«
-zeit.de vom 19. Januar 2018
Anmerkung: Ich könnte jetzt große Vorträge darüber halten, wie es so weit kommen konnte, wer bzw. wessen Zeitgeist dafür verantwortlich ist und dass man solche Zustände nur wirksam verhindern kann, wenn man die Ursachen für Einsamkeit und soziale Isolation verhindert. Aber mir bleibt bald nur noch der Zynismus. Denn Dating-Portale und Sexpuppen-Händler profitieren doch immens davon. Die »Einsamkeits-Industrie« wächst und wächst. Und nebenbei verhindern Solidarität und Gemeinsinn große Protestaktionen, Streik und Widerstand. Und dagegen haben Politiker, Unternehmer und Millionäre sicher auch nichts, oder? Soziale Atomisierung ist kein individuelles Einzelschicksal, sondern ein Herrschaftsinstrument.