Ein lupenreiner Geschäftspartner

Am Freitag reist Klaus Wowereit mit einer Delegation aus Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft nach Saudi-Arabien [...] Im Zentrum steht indes nicht etwa der Austausch über Bürgerrechte und Demokratie [...] sondern es geht um den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen von Berliner Unternehmen in die Region.

- tagesspiegel.de vom 24. Februar 2011

Der Iran ist böse, denn er will Atombomben bauen und damit Israel in die Luft jagen. Der Irak war böse, denn sein Diktator Saddam Hussein war ein Tyrann. Gadaffi war böse, denn er hat auf seine eigene Bevölkerung geschossen. Assad in Syrien ist böse, denn er ist ein grausamer Tyrann. Das Königreich Saudi-Arabien jedoch ist gut. Dort haben Frauen keine Rechte, sie unterliegen einer männlichen Vormundschaft und müssen in der Öffentlichkeit verschleiert sein. Ehebrecherinnen werden gesteinigt, Dieben werden die Hände abgehackt und Verurteilte werden öffentlich geköpft. Die Todesstrafe wird bei »Hexerei«, Homosexualität oder auch bei sexueller Belästigung angewandt. Dennoch machen viele westliche Staaten, vor allem USA und Deutschland, Geschäfte mit einer der grausamsten Diktaturen der Welt.

Laut Amnesty International schert sich Saudi-Arabien wenig um Menschenrechte:

  1. Inhaftierungen ohne Anklage und Gerichtsverfahren sowie unfaire Gerichtsverfahren. Gerichtsverfahren in Saudi-Arabien entsprechen in keiner Weise den international festgelegten Mindeststandards für faire Verfahren. Prozesse finden meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
  2. Folter und Misshandlungen in Haft sind weit verbreitet.
  3. Die Todesstrafe wird für eine Reihe von Vergehen verhängt, z.B. für Mord, Ehebruch, Vergewaltigung, bewaffneten Raubüberfall, Sabotage, Verschwörung, »Hexerei«, sowie für Abfall vom islamischen Glauben.
  4. Keine Religions- oder Pressefreiheit.
  5. Frauen sind in Saudi-Arabien Menschen zweiter Klasse. Sie dürfen nicht alleine Auto fahren, müssen einen männlichen Vormund haben und stets verschleiert sein.

Auf der Rangliste der weltweiten Pressefreheit, von Reporter ohne Grenzen, liegt Saudi-Arabien auf Platz 158 von insgesamt 179 Plätzen.

Seit einigen Wochen berichten die Massenmedien zudem von vermeintlich agressiven Salafisten, die in Deutschland kostenlos den Koran verteilen oder für ihre Präsenz in der Öffentlichkeit für Aufregung sorgen. Wikipedia sagt uns zum Salafismus:

Die Bezeichnung »Salafisten« wird des Weiteren speziell für nicht-saudische Wahhabiten gebraucht.

Also quasi für Exil-Saudis. Mit dem wahabitischen Islam, der in Saudi-Arabien Staatsreligion ist, macht Deutschland jedoch Milliarden-Geschäfte. Bigotter gehts kaum noch: die Salafisten in Deutschland kritisieren, aber mit Saudi-Arabien Geschäfte machen?

Die EU und Deutschland werden nicht müde, sich für ihre Menschenrechte, ihre Demokratie, ihre Freiheit und ihre Rechtsstaatlichkeit selbst zu loben. EU-Politiker reisen um die Welt und mahnen Nationen an, freie Wahlen abzuhalten und die Demokratie als die einzig wahre und beste Staatsform anzunehmen (Zuletzt: Guido Westerwelle in Myanmar). Der moralische Zeigefinger westlicher Politiker wird in regelmäßigen Abständen erhoben: Iran, Nordkorea, Libyen, Syrien, Afghanistan, Ukraine, Russland usw. Saudi-Arabien wird nicht erwähnt. Deutschland und die EU, und vor allem die moralisch erbosten Politiker, machen sich hierbei regelmäßig unglaubwürdig, wenn nicht gar lächerlich. Wenn die EU eine Wertegemeinschaft sein will, wie sei es immer propagiert, dann darf sie auch mit Tyrannen keine Geschäfte machen.

9 Gedanken zu “Ein lupenreiner Geschäftspartner

  1. »[...] Deutschland und die EU, und vor allem die moralisch erbosten Politiker, machen sich hierbei regelmäßig unglaubwürdig, wenn nicht gar lächerlich. Wenn die EU eine Wertegemeinschaft sein will, wie sei es immer propagiert, dann darf sie auch mit Tyrannen keine Geschäfte machen[...]«

    Stimmt, aber das gilt nicht nur für islamische Terrorstaaten wie z.B. Saudi Arabien — Schon vergessen? Deutschland hat in Südamerika — mit Honduras — einen rechtsgerichteten Putsch, über die Friedrich-Naumann-Stiftung der FDP, unterstützt, und ist auch jetzt mit dabei den Antineoliberalismus einiger Staaten dort mit allen Mitteln (ja auch Militärischen) zu zerschlagen.

    Hier ein Beispiel — von vielen:

    »[...]Deutschland baut Venezuelas Opposition auf[...]«

    Quelle und ganzer Text:

    http://amerika21.de/nachrichten/2012/05/52119/deutschland-oposition-venezuel

    ....hier wie es in Honduras heute zugeht, wie gesagt ein Staat, der den antineoliberalen Kurs der anderen Staaten Lateinamerikas befolgen wollte, und der mit dt. Hilfe in Richtung Markttaliban zurückgeputscht wurde....

    »[...]Gewalt und Chaos regiert im Norden von Honduras[...]«

    Quelle und kompletter Text:

    http://amerika21.de/nachrichten/2012/05/52102/opidha

    ...oder wie Deutschland Kubas Reformkurs in Richtung Soziale Marktwirtschaft sabotiert....

    »[...]Eigene Kuba-Politik wird EU zur Last[...]«

    Quelle und kompletter Text:

    http://amerika21.de/nachrichten/2012/05/52165/eu-kuba-politik

    ....die Beispiele lassen sich aber x‑beliebig auf jeden anderen antineoliberalen Staat Lateinamerikas ausdehnen wo dt. Stiftungen (Adenauer und Friedrich-Naumann-Stiftung) dafür sorgen, dass der neoliberale Kurs weiterverfolgt werden soll, und zwar mit allen Mitteln gegen Antineoliberale.....

    Übrigens einer der treuesten dt. Wirtschaftsverbündeten ist eine totalitäre Diktatur, die sich ein Janusgesicht gegeben hat (marktwirtschaftlich = Freiheit; politisch = autoritär-diktatorikscher Staatskommunismus) — die Volksrepublik China.

    Wundern würde es mich daher auch nicht, wenn nordkoreanische Sklavenarbeiter über den Umweg China auch für dt. Unternehmen arbeiten würden....

    ...man merkt, der dt. Kapitalismus neoliberaler Prägung hat bei mir sowas von verschissen.....aber hallo....

    Amüsierter Gruß
    Bernie

    PS: Apropo China, die von dir beschriebene Vorgehensweise der Doppelmoral im Umgang mit Saudi Arabien gilt sicher auch für chinesische Staatsbürger in Deutschland, und den Umgang mit der Volksrepulik China.....oder jede andere totaliär kommunistische Staatsform dieser Welt....Ist nicht der Autokrat in Usbekistan Kommunist der an Stalin erinnert, und wird — wegen der Drehscheibe Usbekistan für dt. Militärs — von Merkel/Rösler hofiert bzw. Rösler ist ja von Geburt Vietnamese, und wie ist sein Land heute bei Amnesty International bekannt — Ist es nicht eine autoritär-kommunistische Diktatur, die aber von Merkel und Rösler kürzlich beglückwünscht wurde, während man sich ähnliches bei Kuba durch die Linkspartei verbat? Doppelmoral eben, die neoliberale Ideologien wie eine zweite Haut an sich tragen.....

  2. die würden doch für einen deal ihre großmutter verkaufen...
    alle in einen sack und knüppel druff.

    das ist zwar stammtisch-niveau, aber na und

  3. Saudi-Arabien hat keine Elitefrauen in ihren Knästen, die nicht nur blond sind, sondern auch noch Rückenbeschwerden haben. Wo soll da der meschenrechtliche Handlungsbedarf sein?

  4. Erst kommt das Geschäft — dann die Moral (vielleicht).
    Egal, ob Libyen, Syrien, Iran — es geht doch nicht um Moral und Demokratie, sondern um Erdöl und andere Bodenschätze. Und es geht darum, den Iran zu destabilisieren, damit man endlich an dessen Öl kommt.
    Mit Saudi-Arabien ist das alles kein Problem. Die Saudis pumpen auf Geheiß Washingtons so viel oder so wenig Erdöl, wie gefordert wird. Da interessiert doch niemanden, welche Form der Herrschaft und Unterdrückung dort herrschen. US-Unternehmen, die sich moralisch verhalten und dann vielleicht nicht den maximal möglichen Gewinn erzielen, können per Gericht von ihren Shareholder gezwungen werden, sich amoralisch zu verhalten. Das ist Kapitalismus, da interessiert Moral überhaupt nicht.

  5. @willi Bitte keine Denunziationen von Leuten mit Rückenbeschwerden. Da fühl ich mich angesprochen. Im Ernst, das tut höllisch weh, — auch den unelitären, . überall auf der Welt ;-)

  6. @eb Da hast du mein Mitgefühl und ich distanziere mich in aller Form von einem ebenso möglicher- wie fälschicherweise entstanden Eindruck, dass ich Leuten mit Rückenbeschwerden ‑ich hatte die auch schon mal- die Menschenrechte absprechen wollte ;-)

  7. Ich denke mittlerweile sogar, dass wenn es um große Geschäfte und wichtige Ressourcen geht, ist es den USA sogar lieber mit einer Diktatur zu verhandeln, als mit einer Demokratie. In der Vergangenheit haben die USA mit vielen Diktaturen dieser Welt Geschäfte gemacht oder sie gleich ganz geschaffen (CIA-Putsch im Iran, Pinochet in Argentinien etc. etc.). Die haben wenigstens nicht so lästige Einrichtungen, wie Gewerkschaften, Betriebsräte, Streik-Möglichkeiten, eine freie Presse und dergleichen. Wer da aufmuckt, wird eingesperrt oder gleich erschossen.

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