Erfolgsorientierter Verwertungszwang

marktschlau_titelWenn ich mich mit Freunden, der Familie oder mit Arbeitskollegen über Menschen wie beispielsweise Daniela Katzenberger, Dieter Bohlen oder Verona Pooth unterhalte, kommt irgendwann die Floskel, dass die alle ja doch irgendwie klug und clever seien, weil sie es schließlich geschafft hätten, irgendwie Geld zu machen. Echte Kenntnisse in Literatur, Musik, Kunst, Wissenschaft oder Kultur spielen bei der Bewertung von Menschen scheinbar nur noch insofern eine Rolle, wenn dieses Wissen irgendwie nützlich zur Geldvermehrung, im Beruf oder für den persönlichen Vorteil verwertet werden kann. Intelligent sei, wer sich oder irgendeinen Mist verkaufen kann. Ansonsten ist es per se unnützes Nerd-Wissen oder Klugscheißerei. Hierbei stelle ich mir folgende Fragen:

  • Heißt das etwa auch, schlau ist, wer clever-kriminell ist? Wer Steuern hinterzieht, kreative Buchhaltung betreibt oder mit Finanzprodukten krumme Geschäfte macht?
  • Jubelt die Bevölkerung etwa Kriminellen zu? Sind sie die neuen und/oder echten Vorbilder? Sind Uli Hoeness und Tony Soprano unsere heimlichen Helden?
  • Sind Tricksereien, Menschenfeindlichkeit und Korruption etwa die eigentlich anstrebsamen Werte? Weil man damit mehr Geld machen kann?
  • Wenn der Ehrliche der Dumme ist, ist dann der Lügner der Schlaue?
  • Ist das eine Welt, in der wir wirklich leben wollen? Und wie verlogen erziehen wir dann eigentlich unsere Kinder?

» »Marktintelligenz«
» »Nutzklugheit und Marktintelligenz«
» »Wertlose Schöpfungen«

»Jeder ist seines Krankheit Schmied!«

eigenkrank_titel

© epikur

Das neoliberale Eigenverantwortungs-Dogma hat mittlerweile jede Pore des gesellschaftlichen Lebens vergiftet. Strukturelle Bedingungen, äußere Einflüsse oder umweltbedingte Faktoren werden so systematisch ausgeblendet und ignoriert. »Vom Tellerwäscher zum Millionär!«, »Du hast nur die falsche/negative Einstellung!« oder »Du kannst alles schaffen im Leben, wenn Du es nur wirklich willst!«, sind die typischen Leitsätze, die tief verinnerlicht wurden. Gesetzliche, umweltbedingte, neofeudale und finanzielle Rahmenbedingungen werden komplett ausgeklammert.

Ähnlich verhält es sich bei dem Thema Krankheit und Gesundheit. Krankheiten werden zunehmend nur noch mit Eigenverantwortungs-Floskeln verargumentiert: zuwenig Sport, falsche Ernährung, genetisch bedingt, zuviel Stress, zuwenig Prävention und Vorsorge, zuviel Alkohol und/oder Zigaretten und so weiter. Natürlich haben diese Faktoren einen erheblichen Einfluss auf unsere Gesundheit. Aber gibt es überhaupt noch schulmedizinische Ärzte die von Lebensmittel- und Kosmetikgiften sprechen? Von Krankenhaus-Keimen? Raffinade-Zucker? Gifitger Stadtluft? Verseuchte Böden und Pestiziden? Chemischen Schadstoffen in unserer Umgebung? Von Medikamenten-Nebenwirkungen? Oder sind das nur Verschwörungstheorien von linken Stalin-Steinzeit-Kommunisten? :pfeif:

Sinn im Unsinn

sinn_titelEs kann nicht sein, was nicht sein darf. Oder: einfach mal radikal die eigene Perspektive wechseln, vielleicht erscheinen einem dann manche Ereignisse nicht nur in einem anderen Licht, sondern machen dann durchaus auch Sinn. Oder eben auch nicht. Einige verquere Gedanken.

1.) Viele Menschen ärgern sich zu Recht über Angela Merkel’s Satz »Uns geht es gut!«. Vielleicht ist mit »uns« aber auch einfach nur die reiche und vermögende Oberschicht gemeint? Denn seit wann hat unsere Bundeskanzlerin die Interessen der Bevölkerung im Blick? Weiterlesen

Vom Geld-Selbstwert

selbstwert_titelArmut und Arbeitslosigkeit machen krank und depressiv. So lautet das allgemeine Narrativ und das öffentliche Dogma. Und das heißt eben auch: wer arm und/oder krank ist, soll möglichst nicht glücklich und zufrieden sein. Denn das würde ja Stillstand und mangelnden Veränderungs‑, Ehrgeiz- und Verbesserungswillen bedeuten, so der industriell-neoliberale Habitus. Immer in Bewegung sein, unendlich viele Bedürfnisse haben und niemals mit dem Ist-Zustand zufrieden sein, erzeugt jedoch chronisches Unglücklichsein. Und nein, das bedeutet freilich nicht, politisch erzeugte Massenarmut als fatalistisches Schicksal bedingungslos und devot zu akzeptieren.

Die eigene innere Zufriedenheit und das Selbstwertgefühl sollen an eine Lohnarbeit-Selbstverwertung und an den eigenen Kontostand gebunden sein. So will es der moderne Zeitgeist. Und so wollen es die Eliten aus Politik und Wirtschaft. Sie produzieren damit ‑neben ökonomischen und strukturellen Abhängigkeiten- auch eine mental-emotionale Hörigkeit. Ich halte es für elementar, das Selbstwertgefühl eben nicht an vergängliche Konsumgüter, an das eigene Aussehen oder an die eigenen Finanzen zu knüpfen. Das erzeugt langfristig nur Depressionen.

Und ja, ich höre schon die Einwände: natürlich sollten elementare Grundbedürfnisse, wie Wohnen, Essen oder auch mal Urlaub, stets gedeckt sein. Es ist für das eigene, langfristige Wohlbefinden jedoch deutlich gesünder, seine innere Zufriedenheit aus den eigenen Leidenschaften, Interessen und kreativen Ideen ‑jenseits von monetärer Verwertung- zu ziehen.

Wohlfühlthemen

Quelle: pixabay.com

Sport: heute kaum noch Selbstzweck oder Spaß, sondern Selbstoptimierung und Selbstinszenierung. (Bildquelle: pixabay.com)

Zwangsoptimismus, Weltverleugnung und Fassadenharmonie sind nicht nur die Leitmotive kleinbürgerlicher Biedermeier-Besitzstandswahrer, sondern auch effektive Herrschaftsinstrumente. Das Ausblenden von Reizthemen, wie beispielsweise die Flüchtlingskrise, neofeudalen Arbeitsbedingungen, Banken-und-Konzern-Skandale, Sozialabbau und Massenarmut oder Überwachungs- und Zensurgesetze wird nicht nur von vielen Menschen im Alltag subtil gefordert, sondern auch sozial kultiviert. Wer es dennoch wagen sollte, die mentale Bequemlichkeitszone zu überschreiten, muss mit sozialer Isolierung und/oder Stigmatisierung rechnen: Querulant. Störenfried. Pessimist. Schwarzseher. Klugscheißer. Lieber unterhält man sich ausgiebig über folgende Themen: Weiterlesen

Geistige Wohlstandsverwahrlosung

wohlstand_titelWir haben zwar immer mehr Massenarmut und Massenobdachlosigkeit, aber gleichzeitig auch eine radikale Mitte, die unbedingt in spätrömischer Biedermeier-Pseudo-Dekadenz verwöhnt werden will. Wer einmal das Glück hatte, in einem Urlaubsort zu sein und/oder länger in einer Touristengegend war, weiß, dass die »Idiocracy« eine ganz reale Dystopie ist. In Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen tummeln sich Horden von spaßbefreiten Urlaubern, die oft einfach gar nichts tun, außer vor sich hin zu schimmeln. Sie bezahlen fast jeden Preis (»ist ja schließlich Urlaub!«), murren und meckern aber gleichzeitig über jeden Fliegenschiss:

  • »Das Essen heute war eigentlich ganz okay. Auch wenn die Nudeln etwas zu weich waren!«
  • »Ständig muss man hier auf den Fahrstuhl warten! Können die nicht mal einen zweiten installieren?«
  • »Wieso muss es heute wieder zu (wahlweise) kalt, warm, trocken, windig, nass oder heiß sein?«
  • »Die Frau an der Rezeption hätte ruhig mal lächeln können!«

Während überall auf der Welt Menschen elendig krepieren, verhungern oder erschossen werden, diskutiert der teutsche Touristen-Michel realitätsfremd und pseudo-dekadent, über Essen, Wetter und Urlaub. Schließlich habe man das ganze Jahr über für den Profit der Reichen hart geschuftet. Und nun möchte man einmal selbst irgendwie Chef spielen. Wenn auch nur für einige Wochen. :jaja:

Zeitgemäße Romantik

romantik_titelEine attraktive Frau steht an einem menschenleeren Strand. Die Sonne geht gerade unter. Der Wind umspielt ihr Haar. Der Sand streichelt ihre Haut. Aber es interessiert sie nicht. Absolut nicht. Ein smartphone glitzert in der Sonne. Mehrfaches Knipsen. Selfies werden gemacht. Auf Facebook und WhatsApp hochgeladen. Als Profilbild eingestellt. Mit dem Satz »genießt den Sonnenuntergang.« Dann geht sie.

Neulich bei meiner Ärztin

ärztin_teaser»Trinken Sie? Rauchen Sie? Wie sieht Ihr Blutdruck aus? Moment, wir messen ihn gleich mal...ok, gut! Haben Sie Blutzucker? Allergien? Sonstige Beschwerden? Nein? Erkrankungen in der Familie? Gibt es Auffälligkeiten beim Wasser lassen oder beim Stuhlgang? Treiben Sie regelmäßig Sport? Ja? Gut! Okay, sie scheinen gesund zu sein! [...] Ach so, sind Sie bei den Impfungen auf dem aktuellen Stand?«

Ohne nun eine Diskussion von Impfgegnern vs. Impfbefürwortern loszutreten, so mutete die letzte Frage sehr verkaufsfördernd an. Weshalb brauche ich jetzt eine Impfung? Weiß die Ärztin etwa mehr als ich? Kommende Seuchen? Grippe-Epidemien? Ein einfaches »Nein, ich brauche keine Impfungen«, kippte dann auch sofort die gute Stimmung. Beim Hinausgehen fielen mir dann auch zum ersten Mal die vielen Impf-Plakate im Flur sowie die entsprechenden Info-Broschüren im Wartezimmer auf. :wtf: