4 Gedanken zu “Menschen parken

  1. wenn wir den Menschen immer mehr zum Objekt machen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Subjekte aussterben....

  2. Zonen der Subjektivität. Nachdem das 20. Jh. innig vordachte, dass das Seiende zusehends einzig im Modus eines Momentes eines technischen Systems erscheinen würde und zudem neue Seiende entdeckt würden und ihrer Entstammung gemäß ein Moment bleiben, ratterte man anscheinend frohgemut dort hinein. Das Subjekt ist nirgends anders zu verorten. An ihm wurden ja unüberschaubare Wissensbestände und Praktiken zu Tage gefördert, sodass es heute wie ein kleiner Eimer am Strand vor dem Meer angespült wird. Je nach Strömung werden andere Eimer angespült und enthalten das, was in sie eingespült wurde. Jede Regung eines Subjektes uist wiedererkennbar. Gedanken, Verhalten, Gefühl, alle möglichen Kombinationen sind bekannt. Willst du auch noch so speziell sein, man wird zur Erkennung deiner Erscheinung höchstens zwei drei Seiten weiter blättern müssen im Wissensbestand. Dort wirst du nach deinen formgebenden Eigenarten erkannt. Deine ganze Existenzspezialisierung ist bloß ein Fall von vielen registrierten Fällen. So ist der Existenzraum in seinen häufgsten Erscheinungsformen ja abgeforscht, dort wächst nichts neues mehr. Noch der mühsamste Akt der Kreativität ist letztlich homolog mit den Sinnbahnen der Gegenwart. Auch in der Kreativität wird man geparkt. Wir leben auf einem großen Parkplatz und rangeln um die Parkplätze.
    Unsere Zeit ist keine der Befreiung und des Ganges auf dem Weg der Frage nach den Sinnen unseres Daseins wie ebenso wenig des Genußes der bloßen Existenz und seiner schillernden Formenspiele. Stattdessen eine der hektischen Parkplatzsuche. Nicht nur mit dem Auto zum Feierabend suchen wir Parkplätze, wir fragen auch sonst: hast du schon einen Platz gefunden? Einen Arbeitsplatz, einen Ausbildungsplatz, einen Platz im Altersheim, einen Platz im Theater, einen Platz beim Fussballspiel, einen Platz in der Mannschaft, einen Platz im Krankenhaus, einen Platz an der Universität oder im Kindergarten, einen Platz in der Gruppe, im Vortrag, im Kino, einen Platz am Strand, einen Platz auf dem Parkplatz. In der Tat noch toter müssen die Hinterbliebenen um einen Platz anfragen. Womöglich ist alles besetzt.
    Schon als Kinder wird uns dieses Skript eingeübt: die Reise nach Jerusalem als Beispiel dazu. Wohl ein Spiel zur systematischen Verlernung der Sozialität. Eine Art Verhaltenstherapie. Spaß und Tollerei seien doch bloß der Sinn. Aber nein! Dies ist nur die kindliche Seite der Medaille. Hier werden die Formen grund gelegt, die später Formen des Wahrnehmens und des Denkens werden und eine eingängige Sinnhaftigkeit für Selektion konstitutieren, da diese einem durch die somit vorgefundenen Verständnisskripte als selbstverständlich erscheint. Viele Kinder werden im längeren Gespräch kund tun, dass dieses Spiel ihnen suspekt vorkommt, Angstmomente, Stress und eine Unsicherheit im Vertrauen zu den anderen erzeugt, häufig neu war in diesen Hinsicht auch noch dazu.
    Jedenfalls wissen wir von solchen Spielen und aus der Erfahrung dann bald, dass das meiste Leben ein Gang nach Jerusalem ist. Überall sind der Plätze zu wenig. Und wenn es auch nur Parkplätze sind, so streiten wir uns um diese Plätze. Zweifellos sind dies kaum ein Akte der Freiheit, alle zusammen nicht.

  3. Unsere Zeit ist keine der Befreiung [...] Stattdessen eine der hektischen Parkplatzsuche [...]

    Nicht nur mit dem Auto zum Feierabend suchen wir Parkplätze, wir fragen auch sonst: hast du schon einen Platz gefunden? Einen Arbeitsplatz, einen Ausbildungsplatz, einen Platz im Altersheim, einen Platz im Theater, einen Platz beim Fussballspiel, einen Platz in der Mannschaft, einen Platz im Krankenhaus, einen Platz an der Universität oder im Kindergarten, einen Platz in der Gruppe, im Vortrag, im Kino, einen Platz am Strand, einen Platz auf dem Parkplatz.

    Sehr schön. Genau das wollte ich rüberbringen.

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