Wer über politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Veränderungen spricht, und dabei halbwegs ernst genommen werden will, der muss Zahlen und Fakten vorlegen, wirtschaftspolitische Modelle oder Theorien besprechen, die Finanzmarktindustrie ernst nehmen oder ökonomisch argumentieren. Der herrschende Ökonomie-Diskurs, lässt eine offene und konstruktive Wertedebatte, in welcher der Mensch im Mittelpunkt allen politischen und wirtschaftlichen Handelns steht, nicht zu. Ganz im Gegenteil, wer primär normativ argumentiert, gilt wahlweise als Sozialromantiker, Träumer, Esoteriker, realitätsfremd, Spinner, regierungsunfähig oder als wirtschaftspolitisch nicht tragbar.
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Realitätsverleugnung
»Es ist stets einfacher, die Realität zu leugnen, als das eigene Weltbild zu hinterfragen. Diese Feststellung galt für starrsinnige Stalinisten auf dem Höhepunkt der sowjetischen Säuberungen ebenso, wie sie heute für libertäre Leugner des Klimawandels gilt. Wenn mächtige Ideologien durch Tatsachen in Frage gestellt werden, sterben sie nur selten aus. Stattdessen nehmen sie für Randgruppen Kultcharakter an.«
- Naomi Klein, »Der neue Antihumanismus«, in »Blätter«, Ausgabe Februar 2012, S. 112
Anmerkung: Die marktradikalen Anhänger des Neoliberalismus sind durch die Weltwirtschaftskrise vielleicht etwas leiser geworden, geläutert sind sie jedoch keinesfalls. Selbst wenn alles vor ihren Füßen zusammenbrechen sollte, dann war eben die USA, die Bevölkerung oder der Staat schuld. Sozialabbau, Privatisierungen öffentlicher Infrastrukturen, Liberalisierung und Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Lohn- und Rentenkürzungen usw. sind jedenfalls nicht für Massenarmut verantwortlich. Komme was wolle!
Das Mach-Mit-System
Liebes Rädchen im Getriebe,
ich spreche in einer ernsten Angelegenheit heute zu Dir. Kinder haben Träume, Jugendliche haben Wünsche, Erwachsene haben Bedürfnisse — und wir wollen unseren Profit! Renne keinen Illusionen von einer gerechten Welt hinterher, weigere Dich nicht mit zu machen, wehre Dich nicht! Gerechtigkeit in der sozialen Marktwirtschaft bedeutet, ein Auto zu haben. Frieden bedeutet, fürs Alter vorzusorgen. Sicherheit bedeutet, stets einen vollen Kühlschrank sein Eigen nennen zu dürfen. Geld, Vermögen und Konsum ist der Zweck und der Sinn Deines Daseins! Mach mit und Du wirst glücklich sein! Versprochen!
(Früher oder später kriegen wir Dich eh! Mit Druck, Zwang und Gewalt!)
Herzlichst,
Dein System
Es hat sich ausgemarktet!
Feynsinn, Antiferengi, Klaus Baum und viele andere Blogs haben schon auf den weltweiten Aktions- und Protesttag am Samstag, den 15. Oktober hingewiesen. Nun möchte ich an dieser Stelle auch einige Worte dazu verlieren, zumal jthripper schon den Verdacht hegte, ob ich nun konservativ geworden wäre, weil ich noch nichts dazu geschrieben habe. Weiterlesen
Der Neonationaliberalismus
Der Neoliberalismus spricht mit einer schrecklichen Einheitlichkeit aus all seinen Lebensäußerungen und Hinterlassenschaften [...]. Was irgendwie von der einen zugelassenen Form abwich, drang nicht an die Öffentlichkeit; Buch, Zeitung, Behördenschrift und Formulare — alles schwamm in derselben neoliberalen Soße [...]. Der Neoliberalismus glitt in Fleisch und Blut der Menge über durch Einzelworte, die Redewendungen, die Satzformen, die er ihr in millionenfachen Wiederholungen aufzwang und die mechanisch und unbewusst übernommen wurden.
Anmerkung: Die Zitate wurden aus Victor Klemperers Buch »LTI« (lingua tertii imperii — die Sprache des Dritten Reiches), Stuttgart 1975, Reclam Verlag, übernommen und die Begriffe Nationalsozialismus bzw. Drittes Reich mit Neoliberalismus ersetzt.
Unperson Arnulf Baring
Das INSM-Mietmaul Arnulf Baring sitzt schon seit längerer Zeit in sämtlichen TV-Politshows und gibt gerne neoliberale Kampfparolen von sich. Baring ist Träger des Verdienstkreuzes 1. Klasse der BRD sowie Träger des europäischen Kulturpreises für Politik. Bei Anne Will vom 10. Juli 2011 zum Thema »Leopard-Panzer-Lieferung an Saudi-Arabien« bewies sich Baring endgültig als Unperson. Nachdem der Autor und Kriegsgegner Jürgen Todenhöfer die Demokratiebewegungen im Nahen Osten lobte, Monarchen, Könige und Panzer als Relikte einer alten Zeit bezeichnete, flippte Baring aus: »Ihr seid ja alle simpel«. Seine Antwort auf Frau Will, warum Deutschlands Sicherheit davon abhänge, dass Saudi-Arabien deutsche Kampfpanzer haben müsse, war, dass man mit den Panzern Stabilität und Sicherheit in Saudi-Arabien herstellen würde. Als er abermals alle Gäste cholerisch als »simpel« beschimpfte und Frau Will ihn zu einer Entschuldigung aufforderte, sagte er:
Was soll denn das, wollen Sie jetzt Sprachkritik üben?
Später schob er noch nach:
Wenn man allein moralisch argumentiert, ist man ein Simpel.
Zum Glück für Baring war dies die letzte Anne Will Sendung, bevor Günther Jauch übernimmt. Denn Will hätte den senilen Geldgeier hoffentlich nicht mehr eingeladen. TV-Zuschauer können nur hoffen, dass der neoliberale Kasper endgültig von der TV-Bildfläche verschwindet.
»Verdacht auf versuchte Vergewaltigung«
»Von der Luxussuite in die Einzelzelle. IWF-Chef Strauss-Kahn ist auf die Gefängnisinsel Rikers Island gebracht worden. Der wegen des Verdachts auf versuchte Vergewaltigung festgenommene Franzose soll dort mindestens bis Freitag bleiben.«
- SpiegelOnline vom 17. Mai 2011
Anmerkung: Es liegt ein Verdacht vor und die Vergewaltigung war »versucht«. Das ist doppelt unklar und schwammig. Beim Spiegelfechter gibt es dazu einen guten Beitrag und die These, dass Strauss-Kahn, ähnlich wie Julian Assange, den Neoliberalen ein Dorn im Auge war und ausgeschaltet werden sollte. Der Vergewaltigungsvorwurf klappt da immer. Denn selbst, wenn der »Versuch« und der »Verdacht« ausgeräumt werden können, es wird ihm immer nachhängen. Bevor die Untersuchungen nicht abgeschlossen sind, will ich hier aber auch nichts behaupten. Die Formulierung »Verdacht auf einen Versuch« klingt indessen für mich sehr verdächtig.
Die gespaltene Gesellschaft
Raucher gegen Nichtraucher, Frauen gegen Männer, Reiche gegen Arme, Gesunde gegen Alte, Arte gegen RTL2, Eltern gegen Erzieher, Vegetarier gegen Fleischesser, Deutsche gegen Ausländer, Autofahrer gegen Autofahrer, Erwerbstätige gegen Erwerbslose, Großkonzerne gegen Mittelstandsunternehmen, Studenten gegen Hauptschüler, Christen gegen Moslems, Lehrer gegen Schüler, Popstars gegen DSDS, Saturn gegen Media Markt, Burger King gegen McDonalds, Nachbar gegen Nachbar, Blogger gegen Printmedien — und umgekehrt!
Ein Riss geht quer durch alle Gesellschaftsschichten. Die deutsche Gesellschaft ist so gespalten wie nie zuvor. Gelebt werden Konkurrenz und Wettbewerb. Jeder ist mit seinen ganz privaten Kleinkriegen so sehr beschäftigt, dass er den Blick für das große Ganze verliert. Harmonie und Solidarität werden belächelt, als utopisch abgestempelt. Spalten heisst die Devise. Eine Gemeinschaft, die auf Freiheit und Gerechtigkeit aufgebaut werden soll, muss zunächst Spaltungstendenzen entschärfen und überwinden. In Deutschland passiert seit Jahren das glatte Gegenteil.
Spitzt die Ellenbogen!
Aufgepasst!
Der neue Ellenbogen-Anspitzer X7M300 ist da! Sind Sie es leid, dass ihre Ellenbogen zu weich sind? Denken Sie zuviel an andere Menschen? Haben Sie ein Herz für die Gerechtigkeit? Das hat nun ein Ende! Mit dem neuen Ellenbogen-Anspitzer X7M300 schärfen und spitzen Sie Ihre Ellenbogen in Minuten! Damit sind Sie nicht nur für den Wettbewerb und Ihren ganz persönlichen Egoismus bestens gerüstet, sondern Sie verfügen auch über einen überall einsetzbaren Eigennutz. Ihre Mitmenschen werden Sie um Ihre messerscharfen Ellenbogen beneiden!
Und so funktioniert der X7M300: einfach Ihren Ellenbogen in die dafür vorgesehene Öffnung stecken und den Anspitzer ein paar mal drehen. Anschließend können Sie damit loslegen, die Welt der Gutmütigkeit, der Solidarität und der Warmherzigkeit zu zerschneiden.
Noch heute zugreifen! Solange der Vorrat reicht!
Wir zahlen nicht für eure Krise!
Am Samstag den 12. Juni 2010 gibt es einen bundesweiten Aufmarsch gegen das Kürzungspaket der Bundesregierung. Interessant ist, dass diese Demonstration schon lange vor der Bekanntmachung der radikalen Kürzungen angekündigt wurde. Viele wussten, dass für die Milliarden, die man den Banken großzügig geschenkt hatte, nach der NRW-Wahl die einfachen Leute bluten müssen. Die genauen Standorte und wann es losgeht erfahrt ihr auf Kapitalismuskrise.org.