Vor gut einer Woche hat der glorreiche FDP-Politiker Henner Schmidt, seines Zeichens ein echter Menschenfreund und nebenbei eben Mitglied des Abgeordnetenhauses in Berlin, einen revolutionären Vorschlag gemacht: Hartz 4 Empfänger in Berlin sollten auf Rattenjagd gehen und pro erlegter Ratte einen ganzen Euro erhalten. Nun hat der arme Herr Schmidt von allen Seiten Kritik bekommen, nicht zuletzt auch von uns Blogbetreibern! Jetzt hab ich etwas Zeit und Ruhe gefunden, um euch diese Idee (im wahrsten Sinne des Wortes) etwas schmackhafter zu machen! Weiterlesen
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Gedankenfetzen eines Gedankenlosen
Arbeiten, arbeiten, arbeiten und glücklich dabei werden. Irgendwie halt. Konsumieren. Sich fügen. Nicht aufbegehren. Wer nein sagt, wird belächelt. Als Idealist, Träumer oder Kindgebliebener. Wer sein Seelenheil nicht im Arbeitswahn sucht, wird nicht ernst genommen: »Der wird schon früher oder später dazu gezwungen werden, sich der Arbeitswelt zu unterwerfen«, werden so einige über den Querulanten sagen oder denken. Anpassen. Sich unterwerfen lautet die Devise. Es gibt Unrecht in der Welt? Und auch vor meiner Haustür? Menschen verhungern? Leiden? Kommen qualvoll zu Tode? Das soll — nein — das muss mir egal sein. Hauptsache mir geht es gut. »Man kann ja eh nix ändern«, lautet die typische Rechtfertigung. Also kann die Welt ruhig verbrennen. Solange ich im Kristallbunker lebe, ist mir ja alles egal.
Die systemgewordene Paranoia
Weil mich zurzeit (wieder einmal) dieser Arbeitsfetischismus vieler Menschen, gepaart mit Resignation, Egoismus und einer Ignoranz, die Welt zum besseren verändern oder gestalten zu wollen, ankotzt und traurig macht, suche ich Kraft bei ein paar Gedankenhäppchen:
»Wer widersteht muss es sich heute und wohl noch eine ganze Weile gefallen lassen, als Träumer diffamiert zu werden, als jemand, der, vielleicht ja von guten Absichten geleitet, eine Flucht aus der Wirklichkeit angetreten habe. Doch das ist nicht wahr. Der Begriff Wirklichkeit wird, wie kein anderer, falsch gebraucht. Wir müssen erst aus der systemgewordenen Paranoia unserer Alltagswelten in die Wirklichkeit fliehen.«
- Peter Sloterdijk aus seiner »Kritik der zynischen Vernunft«, Band 2, S. 420
»Es ist daher kein Wunder, dass die sozialen Kontrollen in den fortgeschrittensten Bereichen dieser Zivilisation derart introjiziert worden sind, dass selbst individueller Protest in seinen Wurzeln beeinträchtigt wird. Die geistige und gefühlsmäßige Weigerung »mitzumachen« erscheint als neurotisch und ohnmächtig.«
- Herbert Marcuse, Schriften 7: Der eindimensionale Mensch, S. 29