Mit zweierlei Maß

Die Unruhen und Proteste im Iran beherrschen seit längerer Zeit die Presse. Der moralische Zeigefinger und die Verärgerung des Westens über eine erneute Amtszeit Ahmadinedschads ist nicht zu überlesen. Allerdings wird sich auch, ohne jede Rücksicht auf die staatliche Souveränität des Iran, eingemischt und Stimmung gemacht. Wenn das Handelsblatt vom »Polizeistaat« schreibt oder die Welt betont, der »Iran schotte sich von der Welt ab«, frage ich mich wieviel Heuchelei und Verlogenheit der Mainstream-Presse eigentlich noch ertragbar ist? Weiterlesen

Über die Volksverblödung

»Dünn hungern mit Heidi Klum, Dreck fressen mit Dirk Bach, kleine Mädchen fertig machen mit Dieter Bohlen«, so konstatiert Georg Schramm in gewohnt intelligent-satirischer Art die derzeitige Volksverdummung. Schramm fragt sich, ob diese systematische Verblödung nicht doch gewollt ist? Steckt vielleicht ein tiefer Sinn hinter der Bildungsmisere?

Demobericht: Bildungsstreik

Die große Bildungsstreik — Demonstration in Berlin am 17. Juni hat mich sehr beeindruckt. Es waren schiere Massen unterwegs, friedlich aber doch kämpferisch. Man spürte förmlich, wie alle beteiligten Gruppen: Schüler, Studenten, Azubis, Antifa-Gruppen, linke Bewegungen, Gewerkschafter usw. die Nase gestrichen voll hatten. Ein Gewerkschafter von ver.di äußerte mir gegenüber sogar die Hoffnung, dass dies eine neue 68er Bewegung sein könnte. Wie üblich verfolgten die bürgerlichen Mainstream-Medien die gängigen Taktiken: ignorieren, verleugnen, verschweigen, als Krawall diskreditieren, damit die Botschaft nicht ankommt, die Teilnehmer-Zahlen runterspielen und Demonstrationen generell als »Störung« diffamieren. Beispiele hierfür findet ihr bei SpiegelOnline, der FAZ oder bei Bild. Die Polizei rechnete, wie üblich bei Demonstrationen, die Teilnehmerzahlen herunter und die Veranstalter herauf. In den bürgerlichen Medien waren Teilnehmer-Zahlen zwischen 10.000 und 30.000 zu lesen. Ich kann nur sagen, es war wirklich riesig und hat einen förmlich mitgerissen. Bleibt nur zu hoffen, dass dies keine Eintagsfliege war.

Neusprech: Bedarfsgemeinschaft

»Erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen«

- SGB2 vom 24. Dezember 2003, §2 »Grundsatz des Forderns«, Seite 3

Mit der Neuregelung des ALG 2 zum 1. Januar 2005 (auch Hartz 4 genannt) wurde der Begriff »Bedarfsgemeinschaft« neu geprägt. Im technisch-funktionalen Bürokratendeutsch verschwindet der Mensch aus der Formulierung. Freunde, Ehepaare, Liebende, Geschwister — sie alle werden als eine »Gemeinschaft« klassifiziert, die sich nicht durch Individualität, Charakter oder Werte auszeichnet, sondern die schlichtweg einen finanziellen »Bedarf« hat. Der Mensch und sein soziales Umfeld als Kosten — Nutzen Rechnung. Weiterlesen

Schluss mit Humankapital!

Vom 15. — 19. Juni finden in ganz Deutschland Demonstrationen gegen Studiengebühren, Bologna-Prozess und marktradikales Denken im Bildungswesen statt. Ein breites Bündnis von gesellschaftlichen Gruppierungen, sozialen Bewegungen und Gewerkschaften nimmt es nicht länger hin, dass die Schulen und Hochschulen nur noch eine Verwurstungsanstalt für Unternehmen und Wirtschaft sein sollen. Die genauen Termine und Standorte findet ihr hier. Sofern es euch möglich ist, nehmt daran teil. Denn nur wer mobilisiert, kann auch etwas verändern!

Nachtrag: Treffpunkt und Route für Berlin sind hier zu finden!

»Wirtschaft ohne Moral«

Durch einen Kommentar von Michel bin ich auf eine sehr gute 60minütige Dokumentation von arte, mit dem Titel »Wirtschaft ohne Moral«, gestoßen. Die Doku analysiert das Gebaren von Konzernen und Managern, die sich nur der kurzfristigen Rendite hingeben und dabei keine Rücksicht auf ihre Mitarbeiter nehmen. Interessant sind z.B. die entlarvenden Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden der Continental AG, Manfred Wennemer.

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Schuldenbremse verabschiedet

»Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sprach von einem Beschluss mit wegweisender Bedeutung. Die Schuldengrenze sei auch ein Signal an die Bürger, dass der Staat nach dieser ungewöhnlichen Krise mit disziplinierenden Regeln wieder zur Konsolidierung der Staatskassen zurückkehren werde.«

- Meldung aus der TAZ vom 12. Juni 2009

Anmerkung: In Zeiten, wo man Milliarden an Banken verschenkt hat, die ihre Kohle selbstverschuldet verzockt haben, von »Konsolidierung des Haushaltes« zu sprechen, ist an Absurdität kaum zu überbieten. Und was bitte meint Herr Steinbrück mit »disziplinierenden Regeln«?

Des Unpolitischen heimelige Weltverleugnung

Nächsten Monat kaufe ich mir ein neues Auto. Abwrackprämie sei Dank! Ach, mal wieder schick essen gehen wäre schön. Meine Wohnung habe ich mir nach den Konturen meiner Individualität eingerichtet. Zumindest bin ich davon überzeugt, dass niemand seine Wohnung so eingerichtet hat, wie ich. Auch mein Handy-Klingelton bildet meine Individualität perfekt ab. Die Geborgenheit, Nähe und Liebe, die ich in meiner Partnerschaft genieße, ist wie ein Schutzschild nach außen. Ein Versteck vor den Problemen in der Welt.  Warum soll ich mich auch unnötig damit belasten? Der Fernseher und der PC laufen auch den halben Tag.  Bilder erklären die Welt eben am besten. Kaufen macht mich auch glücklich. Außerdem soll mir das Leben ja Spass machen. Diese verdammten Weltverbesserer und Nörgler sind ja nur neidisch auf mich. Die sollen mal lieber anständig arbeiten gehen und nicht soviel kritisieren. Das Leben in Deutschland ist doch toll. Die sollten froh sein, nicht in Afrika zu leben.