Demütigung statt Motivation

Originalfoto: Andreas Praefcke (wikimedia)

  1. Um Almosen zu betteln, ist demütigend.
  2. Sich für seine Erwerbslosigkeit zu rechtfertigen, ist demütigend.
  3. Zu einem Niedriglohnjob gezwungen zu werden, ist demütigend.
  4. Zu einer sinnlosen Maßnahme gezwungen zu werden, ist demütigend.
  5. Die Aberkennung von individuellen Abschlüssen und Berufserfahrungen, ist demütigend.
  6. In den Medien als wertloser Schmarotzer und Ballastexistenz beschimpft zu werden, ist demütigend.

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

- Grundgesetz, Artikel 1, Absatz 1

erniedrigt, gedemütigt, diskriminiert

Aus aktuellem Anlass, der tödlichen Messerattacke auf eine Jobcenter-Mitarbeiterin, ein ZG-Beitrag vom April 2011. Ergänzt werden sollte noch: »möchte menschenwürdig behandelt werden«.

Die Überflüssigen

Mann mittleren Alters, unsportlich, in einer 1 Zimmer-Wohnung lebend, kein Job, kein Geld, kein Auto, möchte respektiert und geliebt werden.

Kleinkind, neugierig auf die Welt, spricht, lacht und weint lebensfroh, tobt und spielt gerne in der Wohnung, möchte respektiert und geliebt werden. Weiterlesen

Zweisamkeit lohnt sich nicht!

Daniele Sartori von flickr

Gehören Sie zur, in Nordeutschland und in den Großstädten gar nicht so seltenen, Gattung der Sozialschmarotzer? Liegen Sie gern in der sozialen Hängematte und den anderen auf der Tasche? Müssen Sie sich ständig rechtfertigen, warum Sie denn keine Lohnarbeit hätten? Schämen Sie sich manchmal zu den gesellschaftlichen Verlierern zu gehören? Haben Sie Beziehungs- und Geldprobleme? Dann ist der folgende Ratgeber vielleicht genau das Richtige für Sie! Weiterlesen

Zwangsumsiedelung in Deutschland

»Die Jobcenter erhöhen den Druck auf Hartz-IV-Empfänger, die in zu teuren Wohnungen leben. Im vergangenen Jahr forderten sie 65.511 Berliner auf, die Kosten für Unterkunft und Heizung zu senken. Die Zahl der daraus resultierenden Umzüge stieg von 428 im Jahr 2009 auf 1313 im vergangenen Jahr. [...] So forderten die Jobcenter in Pankow 11.775 Hartz-IV-Empfänger auf, die Wohnkosten zu senken.«

- Berliner Morgenpost vom 27. Februar 2012

Anmerkung: Wie soll ein ALG 2- Empfänger seine Mietkosten mindern? Den Vermieter bedrohen? Im Winter die Heizung ausstellen und frieren? Warum werden nicht die Vermieter angeschrieben? Warum passt man die Miet-Obergrenze in den Jobcentern nicht den gegebenen Umständen an?

Wer glaubt, Zwangsumsiedelungen würden nur in totalitären oder diktatorischen Staaten veranlasst werden, der sieht sich heute getäuscht. Die Zwangsumzüge werden dafür sorgen, dass finanziell schwache Menschen gezwungen werden, in Berliner Bezirke zu ziehen, die heute schon als »Hartz 4‑Kieze« gelten (Wedding, Neukölln etc.), weil dort die Mieten den Vorgaben des Jobcenters entsprechen. Vielleicht will man ja so bestimmte Bezirke von Armut »reinigen«, hmm?

Jobbörse für Anfänger

Zunächst kommen Sie einer Einladung des Jobcenters nach, die Sie nicht ablehnen dürfen. Und wenn doch, mit Sanktionen rechnen können. Nun werden Sie mit weiteren Zwangseingeladenen in einen großen Versammlungssaal geführt. Nachdem sich der Sachbearbeiter-Dozent vorgestellt und ein tolles Lächeln aufgelegt hat, beginnt er mit einem 1×1 des Internets. Schließlich sind alle Hartzis nicht nur chronisch verfettet, faul, alkohol- und tabaksüchtig, sondern auch gestandene Web-Deppen. Dabei dürfen kreative Formulierungen wie »dann klicken Sie hier« natürlich nicht fehlen.

Sobald Sie einen eigenen Account in der Jobbörse angelegt haben, dürfen Sie sich über weitere Post ihres Arbeitsvermittlers freuen. Denn der Möchtegern-Dozent erzählt stolz, dass Sie sich ihren Jobbörse-Account mit ihrem Arbeitsvermittler teilen. Er hat vollen Zugriff und kann sehen, wie, wo und wann Sie sich über die Jobbörse beworben haben. Somit sparen Sie Ihrem Arbeitsvermittler wertvolle Recherche- und Arbeitszeit. Sie sind nun ein besserer Bürger und ein wertvollerer Hartzi als vorher. Herzlichen Glückwunsch!

Menschenwürdig leben

»Weder mit 359 Euro noch mit 364 Euro kann man in unserer Gesellschaft menschenwürdig leben und am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben teilhaben«

- Christoph Butterwegge, »Schwarz-Gelbes Elend« in »Blätter«/Ausgabe September 2011, Seite 70

Anmerkung: Vielleicht liegt es aber auch im Interesse der Machthaber, dass die Ärmsten in unserer Gesellschaft, nicht am Leben teilhaben, sondern nur überleben sollen? Vielleicht sollen sie als Mahnmal für alle Lohnarbeiter stehen? Denn schließlich soll nur der essen, der auch (lohn-)arbeitet, oder? (F. Müntefering)

P:S: Ich war übrigens wieder 4 Tage im Krankenhaus. Ein böser Abzess im Hals, der nach knapp 1,5 Jahren wieder gekommen ist und mir wortwörtlich fast die Kehle zugeschnürt hatte. Zum Glück waren Beiträge im voraus geplant, sodass es keine Leselücke gab. Nun bin ich aber wieder fit und froher Hoffnung, dem Halsding endgültig abgeschworen zu haben.

Neusprech: Zumutbarkeit

»Es gibt tatsächlich keine Untergrenze bei der Zumutbarkeit«

— DGB-Sprecherin Falk in der TAZ vom 18. Dezember 2004

Das SGB 2 ist die Bibel von ALG2 Sachbearbeitern. In ihr wird z.B. auch festgehalten, welche Lohnarbeit dem Erwerbslosen als zumutbar gilt und welche nicht. Die Zumutbarkeit unterliegt demnach nicht mehr der eigenen Einschätzung und Beurteilung, sondern dem Sachbearbeiter bzw. dem Gesetzgeber. In Kapitel 2 »Anspruchsvorraussetzungen«, § 10, wird die Zumutbarkeit definiert. Weiterlesen

Gesetzlich festgelegte Individualität

Die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts aller in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen bemisst sich nach der individuellen Bedürftigkeit. Die individuelle Bedürftigkeit ergibt sich aus dem gesetzlich festgelegten Bedarf, gekürzt um Einkommen und Vermögen.

- Jobcenter Berlin Spandau

Anmerkung: Das Bürokratensprech pervertiert den Begriff der Individualität in ein Oxymoron. Eine Individualität, die anhand von vorher festgelegten Kriterien bestimmt wurde, ist keine mehr. Das Individuum bestimmt  nicht mehr, was für es gut ist, sondern der Staat definiert die Bedürfnisse des Einzelnen. Die »individuelle Bedürftigkeit« wird nicht berechnet, sondern verrechnet. Wer zu individuell (und zu bedürftig) ist, dem schlagen die vollen Härten des SGB2 und SGB3 entgegen. Unterordnen, anpassen, gehorchen, mitmachen — kurz: der ALG2-Empfänger hat seiner »Mitwirkungspflicht« nachzukommen und nicht seiner Bedürfnisse.

Behinderte kosten uns zuviel

Die Leistungsträger-Ideologie zeigt ihre häßliche Fratze. Arbeitslose, Rentner, Hausfrauen und Behinderte bringen im Sinne einer profitorientierten Gesellschaft keine »Leistung«. Demzufolge ist es nur konsequent, wenn Behinderte massive Kürzungen hinnehmen müssen. Gegenhartz.de schrieb am 7. März 2011: Weiterlesen