ZG-Rückblick: Thilo Sarrazin

Der Profilneurotiker Thilo Sarrazin ist schon in der Vergangenheit durch menschenverachtende Äußerungen aufgefallen. Sarrazin sitzt bei der  Bundesbank im Vorstand und ist SPD-Mitglied. In seinem neuen Buch »Deutschland schafft sich ab« behauptet er, dass die muslimische Einwanderung die deutsche Gesellschaft untergraben würde. Sprüche wie: »das geringste Problem von Hartz4-Empfängern sei das Untergewicht« oder »eine große Zahl an Arabern und Türken (..) hat keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel« gehören zu seinem Sprachschatz. Wie ist mit so einem Menschen umzugehen? Warum bekommt er so eine Narrenfreiheit? Ist an seinen Aussagen was dran?

jtheripper sagt:
Also ich schalte immer weg, wenn er mir aufgezwungen wird und im Netz klicke ich nichts mit ihm an. Für mich existiert er nicht einmal. Aber ich würde ihn aus dem Vorstand schmeißen und seinen SPD-Mitgliedschaftsausweis einziehen und mit dem Stempel »CDU« entwerten. Ich denke mal, das Einzige was ihn noch retten kann, sind die drei Geister Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die haben doch auch Scrooge umgekrempelt.

epikur sagt:
Ich frage mich nach wie vor, warum der verkappte Sozialrassist Sarrazin nicht aus der SPD ausgeschlossen wird? Als Wolfgang Clement damals sagte, dass Hartz4-Empfänger Parasiten seien, wurde er nicht aus der SPD geworfen. Erst als er im Hessen-Wahlkampf offen gegen die Kandidatin der SPD, Andreas Ypsilanti, wetterte und öffentliche Lobbyarbeit für die Atomindustrie machte, wurde er aus der SPD ausgeschlossen. Zusammen mit der relativ großen Zustimmung, die viele zu Sarrazins Aussagen haben (bei Amazon hat sein Buch jetzt schon 4 von 5 Sternen), ist das für mich der eigentliche Skandal. Weshalb gibt die Presse so einem Volksverhetzer ein Forum? Heimliche Zustimmung?

Die SPD wird wohl durch die Nierenspende von Steinmeier ein paar Prozentchen bekommen haben. Nun haben alle gesehen, was für ein spendabler Menschenfreund der Steini doch ist. Während er als Architekt der Agenda 2010 gleichzeitig Millionen Menschen in die Armut getrieben hat. Während Frank-Walther seine Niere großzügig spendet, überlegen sich Hartz4-Empfänger ob sie ihre Niere aus finanzieller Not verkaufen.

todesglupsch sagt:
Zwischenzeitlich wurde Sarrazin bereits der Austritt aus der Partei nahegelegt, was er aber wohl bisher zurückwies. Unabhängig davon ist Sarrazin ein Provokateur sondergleichen. Das Problem das ich sehe ist, dass Sarrazin sich

a)  zu Dingen äußert, die nicht sein Aufgabenbereich betreffen.

b) Die Sachlage entweder ignoriert oder massiv überspitzt, sich also scheinbar rein um der Provokation willen so äußert wie er es sich eben äußert.

c) Entsprechend hat das was er sagt, in der Regel, keinen konstruktiven Wert.

d) Er mit seinen Äußerungen denen schadet die sich am wenigsten dagegen wehren können.

Es liegt die Vermutung nahe, dass er dies nur tut um öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das wäre zu verschmerzen, wenn er damit nicht anderen potentiell Schaden würde. Leider befürchte ich, es »rechnet« sich für Sarrazin so unverhohlen die Medien zu missbrauchen. Ein klassischer Fall für »Dieter Nuhr«: Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal...

12 Gedanken zu “ZG-Rückblick: Thilo Sarrazin

  1. Angesichts dieser „Debatte“, die eigentlich gar keine sein dürfte, weil Sarrazin sich selbst durch seinen wirren Rassismus selbst desavouiert (wie ich zu meiner Verblüffung las, hält er seine Tirade gar für ein „wissenschaftliches“ Werk... insofern ein flagrantes Beispiel fürs Immer-dümmer-Werden hierzulande), fühle ich mich mit Grausen an Goldhagens Buch über „Hitlers willige Vollstrecker“ erinnert – der ja nachweist, welch weit offene Türen die Nazis eingerannt haben.
    Wenn die hiesigen Muslime für vogelfrei erklärt würden, zögen wohl etliche brave Büger mit Baseballschlägern, Schrotflinten und Molotowcocktails los... Habt Ihr Euch mal die Leserkommentare in der TAZ angetan? Der Tenor von gut zwei Dritteln: „Naja, mir pasönlich issa nich so sympathisch, aber sein rüpelhafter Ton ändert ja nix daran, dassa in der Sache recht hat...“
    Zu S.s kruden Eugenik-Thesen fiel mir sofort Zuckmayrs „Des Teufels General“ ein: „Stell’n Se sich doch bloß mal Ihre womögliche Ahnenreihe vor: da war ein römischer Feldherr, ein schwarzer Kerl, der hat einem blonden Mädchen Latein beigebracht. Dann kam ’n jüdischer Gewürzhändler in die Familie. Das war ’n ernster Mensch. Der ’s schon vor der Heirat Christ geworden und hat die katholische Haustradition begründet. Dann kam ’n griechischer Arzt dazu, ’n keltischer Legionär, ’n Graubündner Landskecht, ein schwedischer Reiter...und ein französischer Schauspieler. Ein...böhmischer Musikant. Und das alles hat am Rhein gelebt, gerauft, gesoffen, gesungen und...Kinder jezeugt. Hm? Und der Goethe, der kam aus demselben Topf, und der Beethoven, und der Gutenberg, und der ... Matthias Grünewald. Und so weiter, und so weiter. ... Das war’n die besten, mein Lieber... Das ist natürlicher Adel. Das is Rasse. Sei’n Sie stolz drauf, Leutnant Hartmann, und hängen Sie die Papiere Ihrer Großmutter auf den Abtritt!“

  2. Pingback: Heute um 10:05 Uhr bis 11:30 Diskussion über Sarrazins Thesen auf Deutschlandfunk

  3. Ja, das ist die Frage. Wieso führt sich ein ehemaliger Finanzsenator, wissenschaftlicher Berater der Friedrich Ebert-Stiftung, Referatsleiter im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Staatssekretär und Vorständler der Deutschen Bundesbank auf, — wie ein Schuljunge, der trotz Abitur, Thesen eines ungelernten Bauarbeiters vertritt ???? (Nix gegen Bauarbeiter).

    F.J.Strauss hat einmal den Spruch losgelassen; Willst du das Toleranzspektrum für harte Ansichten erhöhen, brauchst du einen bösen Buben, der noch schlimmeres gesellschaftsfähig macht.

  4. ich vermute, es handelt sich auch um eine art »testbalon«:
    — mal sehen wie willfährig das volk der hetze folgt
    gut, die moslems sind noch nicht fällig, hetzen wir eben morgen wieder gegen
    — arbeitslose
    — rentner
    — alleinerziehende
    — linke
    — hauptschüler
    — beliebige andere »untermenschen« in aller welt
    der grad der gleichschaltung muss ja ab und zu mal überprüft werden, um nachzujustieren.
    gleichzeitig bleibt ja auch immer was hängen bei den schlichteren gemütern und den problembewussteren »bessermenschen« (siehe taz-kommentare) sowieso.
    bei blöd-zeitungslesern wird grundhass genährt und bei taz-lesern eben eine art romantischer rassismus (~ »pflicht des weißen mannes«) implementiert.
    von einer zynischen warte aus betrachtet, fordert mir das vorgehen unserer junta schon einen gewissen respekt ab, goebbels wäre zumindest beeindruckt: man braucht nicht zu brüllen, man muss nur immer wiederholen:
    das pferd ist ein reh, das pferd ist ein reh...
    und beim nächsten reitturnier wundert man sich, wieso wegen des fehlenden geweihs nur noch ricken geritten werden. hier ein kleiner tabubruch, dort eine unterfütterung durch spezialexperten — rechtsruck leichtgemacht, »man wird ja noch sagen dürfen...«, »es darf angesichts der drohenden apokalypse keine denkverbote geben«, »wir mussten das dorf zerstören, um das dorf zu retten...«

  5. Bisher haben nur sehr wenige Personen das komplette Buch von Herrn Sarrazin gelesen, trotzdem wird er in sämtlichen Medien niedergemacht. Es gebietet die Fairness, dass nur solche Personen, die das komplette Buch gelesen haben, sich dazu äußern. Wer eine bloße Abfolge von diffamierenden Äußerungen erwartet wird überrascht sein, dies ist nicht der Fall.

  6. @Emil
    Muss ich dann auch noch »Mein Kampf« lesen? Soviel ich weiß, ist der Neudruck und Einfuhr dieses Buches verboten. So werd ich wohl nie in den Genuss kommen, zu wissen was Hitler so alles verbrochen hat. (Hat es davon eigentlich auch vorher Vorabdrucke gegeben?) Mir hat man aber erzählt, das stehen auch keine direkten Diffamierungen drin. Nur viel Weltanschauungen, ein bisschen was Genetik, und viel »Rassenkampf statt Klassenkampf« ...zum Zwecke der Gewinnung des Arbeitervolkes.

  7. Die eigentliche Tragödie dieser Angelegenheit besteht darin, dass außer Parteimitgliedern und Aparatschicks, die Mehrheit der Bevölkerung offensichtlich auf der Seite von Herrn Sarrazin steht.
    Siehe hierzu NTV-Ted.
    Bezeichnend für unser Staatssystem !?

  8. @Peiler
    Du meinst sicher Contra-Sarrazin?
    Es hat wahrscheinlich nichts mit dir zu tun, aber das ist es, was mich eigentlich generell stört. Was ist an meinen Äußerungen krasser, als die welche unser Held der harten Sprache so von sich lässt? Ich finde dies auch eigentümlich in meinem Bekanntenumfeld. Das da einer, nur weil er unpopulär-populär ist, die härteste Gangart überhaupt einlegt, offen von niederer Intelligenz und genetischen Markern von Migranten spricht (übr. wortwörtlich Himmler, bis auf das »Migranten«), Langzeitarbeitslose fast gleich in das Spektrum Untermenschen demagogisiert, aber alle anderen sollen bitte schön political-correct gewohnte Rhetorik einhalten. Manche bemitleiden den Kerl sogar noch, weil man ihn in die rechte Ecke stellt. Wie heißt es so schön. Man spricht mit den Leuten in der Sprache, die sie auch verstehen. Wer keine Sensibilität hat, oder fehlende schön redet, braucht sie auch nicht zu erwarten.
    Ich denke doch, das dieses politisch korrekte Drumherumschleichen, genau dass ist, was solchen Figuren auch den Nährboden bereitet.

  9. @antiferengi

    Was ist an meinen Äußerungen krasser, als die welche unser Held der harten Sprache so von sich lässt?

    Als Anlass, um vielleicht etwas grundsätzlicher darüber zu diskutieren, und weil epikur oben fragte, weshalb [...] die Presse so einem Volksverhetzer ein Forum [gibt]?

    Demokratie lebt von Kritik und Argument, und einer Öffentlichkeit die sich beider bedient. In der Sache streiten wir, die Form versuchen wir zu wahren, denn wenn sie in Scherben geht, zerbricht auch der Diskurs — in der Öffentlichkeit noch viel schneller, als im privaten Kreis (von dem größeren Wirkungsrahmen einmal abgesehen).

    Das bedeutet für mich immer auf der Seite des Arguments zu stehen, denn wenn ich mich von dort wegbegebe, höhle ich meine eigene Grundlage aus. Scharfe Worte können geboten sein, aber niemals ohne Begründung: Empörungsrhetorik, egal von wem zerstört jede Verhaldlungsmöglichkeit, und bekämpft das, wogegen sie sich wendet mit eben den Mitteln, die man verabscheut (Populismus mit Populismus, zum Beispiel). Ich sehe da keinen sinnvollen Weg.

    Weswegen muss man Sarrazin trotzdem »ein Forum« bieten? Er hat zweifelsohne gegen das, was wir Höflichkeit nennen verstoßen, hat es an Respekt mangeln lassen; andererseits aber argumentiert er, man kann ihn widerlegen, und die angestoßene Integrationsdebatte ist von Bedeutung.
    Es darf nicht sein, was nicht sein soll — genau das ist Demokratie eben nicht, deshalb würde ich ihn »gewähren« lassen, ihm schlägt ohnehin eine Menge Widerspruch ins Gesicht. Und eine Gefahr für »unsere« Demokratie kann ich auch nicht ausmachen.
    Allerdings wird es gut sein, wenn man ihn daran erinnert, wie man sich in der Öffentlichkeit äußert.

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