Kinder in Deutschland; Teil 51: Bad News

»Erzieher soll fünf Kinder in Hamburger Kita missbraucht haben [...] Wir führen gegen einen Erzieher in einer Kindertagesstätte ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe.«

tagesspiegel.de vom 28. Oktober 2021

Wenn das stimmen und zutreffen sollte, ist das ein unsagbar schreckliches Verbrechen gegen die Kinder. Und natürlich müssen die Leitungen solche Vorwürfe ernst nehmen. Derzeit wissen wir aber nicht, ob wirklich ein Verbrechen stattgefunden hat. Auch der Tagesspiegel nicht. Scheinbar gibt es hier immer noch ein laufendes Gerichtsverfahren. Ich halte so eine Nachricht für gefährlich und schädlich. Warum macht eine Redaktion so eine Meldung? Es gibt wohl täglich dutzendfache Polizei-Meldungen, warum muss man ausgerechnet diese thematisieren? Welchen Mehrwert bringt sie?

Niemand wurde bisher strafrechtlich verurteilt. Der entsprechende Mitarbeiter wurde trotzdem schon gekündigt. Präventiv. Die Vorverurteilung kennen wir aber schon von anderen Fällen, wie beispielsweise bei Kachelmann und Gina-Lisa Lohfink. Für die Leser ist natürlich klar: der Mann ist schuldig! Völlig unerheblich welches Urteil das Gericht noch fällen wird. Bei diesem emotional aufgeheizten Thema, ist und war das Rechtsstaat-Empfinden schon immer hauchdünn: »Todesstrafe für Kinderschänder!« Die Hysterie und die Panik schaukeln sich hier sehr schnell, sehr hoch.

Auch die Bild-Auswahl beim Tagesspiegel, mit einem vermeintlich geschändeten Teddybär, spricht hier Bände. Was so eine Vorverurteilung im pädagogischen Bereich mit Männern indes anrichten kann, hat der Film »die Jagd« mit Mads Mikkelsen sehr gut aufgezeigt. Berufsverbot. Rufmord. Mobbing. Am Ende ist es völlig unerheblich, ob es ein Verbrechen gab oder nicht. Die berufliche und soziale Existenz ist dann weitestgehend vernichtet worden.

Polarisierung
Seit Jahren und Jahrzehnten gibt es politische Kampagnen sowie dutzendfache Aufrufe und Aktionen, um mehr Männer in pädagogische und soziale Berufe zu bekommen. Solche Meldungen tragen jedoch dazu bei, dass Männer weiterhin einen großen Bogen darum machen werden. Die Bezahlung ist eben nicht immer nur das Hauptargument. Männer, die in Kindertagesstätten arbeiten, werden oft schief angeschaut und sind von vielen Minen umzingelt. Ständig schwebt hier der Generalverdacht im Raum, sie seien doch nur verkappte Kinderschänder. Eine Leserin im Tagesspiegel bestätigt das ganz offen:

»Vermutlich werde ich jetzt so einigen Männern gehörig auf den Schlips treten, doch ich bin froh dass es zur Zeit meiner Kinder nur Frauen als Kindergärtnerinnen gab. Männer in einer Kita sind mir suspekt

Das es entwicklungspsychologisch extrem wichtig ist, dass Kinder, auch männliche Vorbilder haben (insbesondere bei alleinerziehenden Müttern) — geschenkt. Das Männer häufig noch andere Interessen in eine soziale Bildungseinrichtung mit einbringen und damit das Entwicklungsspektrum für alle bereichern — geschenkt. Das Männer oft noch eine andere Perspektive einnehmen — geschenkt. Das insbesondere das Teamklima viel besser ist, als wenn da nur ein weiblicher Kollegen-Hühnerhaufen im Kindergarten sitzt — geschenkt.

Emotionalisierung
Was sollen also solche Meldungen in den Massenmedien? Klären sie auf? Bringen sie den Leser irgendwie weiter? Erweitern sie den Horizont? Nein. Sie polarisieren, emotionalisieren und verstärken nur den latenten Männerhass bzw. die Vorurteile gegenüber Männern in sozialen Berufen. Da wird ständig über Diversität, Toleranz und Geschlechtergerechtigkeit philosophiert, aber gleichzeitig werden geliebte Vorurteile gehegt und gepflegt. Männer sind Täter. Männer sind Schweine. Will man auf diese Weise mehr Männer für soziale Berufe gewinnen?


»Kinder in Deutschland« ist eine ZG-Blog-Serie, die es seit Juli 2010 gibt. Eine Zusammenfassung der ersten zehn Teile der Kinderserie ist auf zeitgeistlos.de zu finden. Alle bisherigen 50 Folgen können im ZG-Blog in der Rubrik Kindheit aufgerufen werden.

Eine Auswahl bisheriger Teile:

Kinder in Deutschland; Teil 48: Maskenpflicht
Kinder in Deutschland; Teil 35: Gewalt
Kinder in Deutschland; Teil 27: Kontaktabbruch

7 Gedanken zu “Kinder in Deutschland; Teil 51: Bad News

  1. Da bin in im Großen und Ganzen bei dir wobei mir die Sache mit den Kindesmissbrauch-Skandalen in soweit bitter aufstößt das es sich doch bei den Tätern zu 99% um Männer handelt ‚das lässt sich leider nicht wegdiskutieren .
    Von Katholischer Kirche über Belgische Regierung und Englischer High Sociaty bis die zu den weiteren Geisteskranken in einem Netzwerk rund um den Globus.

    Deswegen alle Männer zu »Tätern« zu machen ist falsch, aber man sich getrost fragen was hier falsch läuft in der Gesellschaft .

  2. @Lazarus09

    Ob das jetzt wirklich 99 Prozent sind, würde ich bezweifeln. Aber ja, es sind sicher die Mehrheit Männer. Ich denke, männliche Opfer von (weiblicher) sexueller Gewalt schweigen viel öfter. Das kommt seltener an die Öffentlichkeit, weil es auch hier dem Narrativ vom »männlichen Täter« widerspricht.

    Ich möchte jetzt aber an dieser Stelle auch keine Debatte um »Schuld« oder »Zahlen« führen. Mir geht es hier primär um die Vorverurteilung und Anschuldigung sowie um dessen Folgen.

  3. Lieber Epikur, einer meiner letzten Enkel war jetzt gerade 3 Monate in Kroatien (5 Jahre alt) und da mit seinem Vater und einem großen Hund im ständigen »Kinderarbeitsmodus« unterwegs: Es wurden Weinreben geschnitten und es gab breites Männerlob von allen Seiten sobald eine Traube fachgerecht im Korb gelandet war (ich habe die Filmchen gesehen und mich gefragt, ob Frauen so loben könnten — nein, habe ich mir gesagt, wir sind gut für eine andere Art des Lobes, man könnte es grundlose Liebe und grundloses Loben nennen). Dann wurden die Maische aus der Presse mit einem gefährlich aussehenden Haken herausgeholt, dabei geächzt und gestöhnt und aus dem Hintergrund ertönten wieder diese bestätigenden tiefen Männerstimmen (alles auf kroatisch): Gut gemacht, ja weiter so, richtig, nur nicht aufgeben! Das nächste Bild zeigt den Vater mit beiden Jungens (der andere ist 2 Jahre alt) auf dem Fischerbötchen und der grössere hält die Angel ins Wasser und holt einfrig ein, mehrfach befeuert vom Vater, er solle kräftiger ziehen, sicherlich wäre ein ganz, ganz großer Fisch am Haken. Der Kleine kräht dazwischen (mit Schwimmweste), dass er auch mal ziehen will, hält sich aber so ängstlich in der Mitte seines Sitzes im schwankenden Boot, dass klar ist, dass er die Hosen voll hat, aber so tut als könne er das alles auch.

    So ähnlich habe ich das auch in Marokko erlebt: In kleinen, dunklen Kabuffs sitzen neben den silberlötenden Männern auch kleine Kinder dazwischen mit einem kleinen Lötkolben, einem kleinen Baumstumpf, auf dem eine kleine Vase »verziert« wird: Touristen aus einer Reisegruppe sammelten sich smartphone-schiessend um diese kleine Türöffnung und das einzige, was ich gehört habe war »oh wie schrecklich, Kinderarbeit«.

    Nun das Fazit: Als meine Tochter ihre Kinder frägt, ob sie sich auf den Kindergarten/die Kita freuen würden, sagt der Jüngste, ja er freue sich, der 5‑Jährige sagt ganz entschieden: »Ich freue mich nicht! Im Sandkasten spielen, Bilder malen, Knete kneten, Geschichten vorlesen, das ist mir einfach zu dumm!«.

    Und noch einmal: »Das ist mir einfach zu dumm!«.

    Zum Vorverurteilen: Klar taucht so etwas jetzt auf, das wird noch viel mehr werden — wir leben in der Zeit von Hexenjagden, es gab da doch diesen ganz schrecklichen Fall von mehrmals lebenslänglich in den USA, die von einer einzigen beleidigten Mutter ausgegangen waren und das sich zu einer Massenpsychose ausgeweitet hatte. Man war fassungslos am Fernseher gesessen und konnte es kaum glauben.

    Jetzt allerdings glaubt man doch sowieso alles und jeder hat ein Bedürfnis aufgestaut irgendwen jetzt drankriegen zu wollen für all das, was schiefgelaufen ist. LG Josi

  4. Die Lächerlichkeit des Tagesspiegels kennt wirklich keine Grenzen!
    »Nachrichten« dieser Art machen einmal mehr deutlich, in welch verzweifelter Lage sich die MSM befinden, wenn sie meinen, mit solch billigen und auch wieder schlechten Nebelkerzen ihre Glaubwürdigkeit aufpolieren zu können.

  5. @Josi

    Das kenne ich, jeder der auf dem Land groß geworden ist kennt das. Man hat nicht wirklich »gespielt« somdern mit den Großen »gearbeitet« meint man hat gelernt und hat sich gefreut wenn man es gut gemacht hat und Vater Onkel oder Großvater einen gelobt haben.

    @Epikur , sicher glaub ich nicht genau an 99% war net geschickt ausgedrückt . Der Prozentsatz der Opfer-Männer von weiblicher Gewalt sollte sich aber in sehr überschaubaren Grenzen halten ..egal , so oder so sind Verallgemeinerungen Mist. Drum, sicher da braucht man net um Zahlen hadern und Schuldzuweisungen haben noch nie wirklich was gebracht .

  6. Ich halte es für überaus wichtig »Schuldige« auch zu benennen.
    Das sollte aber nicht heißen, das es auch immer einen oder mehrere »Schuldige« gibt.

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