Wiederholungen

Urlaub: Alles bleibt anders?

Letztens wurde mir in einem Gespräch vorgeworfen, meine Kritik würde sich zu oft wiederholen und das schwäche meine Argumentation. Ich entgegnete, wenn sich der Irrsinn um mich herum immer wiederholt (Orwell lässt grüßen!), dann kann sich meine Kritik daran auch nicht großartig verändern. Ich kann nicht nachvollziehen, weshalb man einerseits die ständigen Medien-Propaganda-Wiederholungen und ‑Narrative locker ertragen kann (der böse Russe, gefakte Arbeitslosenzahlen, »Wir sind die Guten« etc.), aber andererseits jedwede wiederholte Kritik daran, als unbequem und anstrengend empfindet?

Die täglich monotone Wiederholung der eigenen Lohnarbeits-Aktivitäten wird kaum thematisiert. Selbstentfremdung ist außerhalb akademischer Diskurse kaum eine Frage. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass jegliche Art von Störung der eigenen Biedermeier-Komfortzone und Mikro-Bequemlichkeitswelt (und sei es nur ein Hintergrundrauschen), als ganz persönliche Belästigung betrachtet und empfunden wird. Das eigene Denk- und Wertesystem (und sei es noch so schief, kaputt oder pathologisch), dürfe nicht angerührt werden. Wer auf den Schmutz aufmerksam macht, ist somit nicht nur schmutzig, er verursacht auch den Schmutz. :jaja:

4 Gedanken zu “Wiederholungen

  1. Die Leute fühlen sich hilflos und glauben nicht einmal an die Möglichkeit von Veränderung, weil sie überall nur Blockaden erfahren.
    Hast du ein Problem mit Migration und sprichst den Falschen an, bist du Rassist, hast du ein Problem mit Gender und sprichst den Falschen an, bist du Sexist, hast du ein Problem mit Kapitalismus und sprichst den Falschen an, bist du Antisemit, hast du ein Problem mit den Kriegen des Wertewesten und sprichst den Falschen an, bist du Antiamerikaner, hast du ein Problem mit dem Klimawandel und sprichst den Falschen an, bist du Klimaschädling, hast du ein Problem mit einem Zwang zu Kopftüchern und sprichst den Falschen an, bist du Islamophob.
    Da sich Menschen äußerst selten stundenlang mit einem Thema befassen, sondern mehrfach im Gespräch wechseln, sorgt die genannte Aufzählung effektiv für die Unterbindung von Solidarität aufgrund von verbindenden Themen.
    Und an dieser Stelle darf sich die ganze »linke« Empöria mal gepflegt fragen, wieso sie aktuell die Drecksarbeit für die sich bereits abzeichnende Meinungsregulation durch unser Führungspersonal erledigt?
    Etwa nur weil die rein zufällig Unterdrückung an Themen üben, für die es aktuell eine Mehrheit von Influencern in den sozialen Medien gibt?
    Na, das gibt aber einen heftigen Kater.

  2. Hm, ich denke, es ist eine Frage wie man es macht. Hollywood demonstriert es sehr gut: Man muss nur wissen wie man sich ständig wiederholenden Kram entsprechend inszeniert und präsentiert. Sodass es nicht langweilig wird.
    Kritisiere ich wahrscheinlich auch hin und wieder an anderen Leuten, deren Texte politischen Inhalt haben. Nicht immer plump die gleiche Nummer abziehen, sowas wird irgendwann berechenbar, sondern das, was man zum Ausdruck bringen will, aus verschiedenen Perspektiven und Nuancen tun; auch eventuell Selbstkritik am eigenen Konzept zulassen. Das wirkt zumindest besser und glaubwürdiger als das Konzept jeglicher Chefpropagandisten.
    Bringt vielleicht auch ein oder anderen dazu, aufzuspringen, obwohl er mit dem Hauptthema sonst gar nichts zu tun hat.

  3. Selbstentfremdung ist außerhalb akademischer Diskurse kaum eine Frage.

    Und außerhalb der ›Blogosphäre‹ ebenso, was wohl daran liegt, dass Leute ohne akademischen Hindergrund gemeinhin andere praktische Probleme haben, hauptsächlich nach der Art »Frau, Kinder, Auto, Haus, Garten, Urlaub und Familie kosten eben Geld«.

    Und weil nach x Krisen, Depressionen, Kriegen, Wundern, Flauten etc. in höchstem Maße umstritten ist, was ehedem mal für kurze Zeit als wissenschaftliche Erklärung des ganzen (gesellschaftlichen) Saftladens wie in Stein gemeißelt schien (inklusive der sich daraus als Notwendigkeit ergebenden praktischen Konsequenzen), wird in den Akedemien über den ganzen Kram, wenn überhaupt, nur noch orakelt, etwa nach der Art »negative Einflüsse von neofeudalen Arbeitsbedingungen auf das Individuum« vs. »Work-Life-Balance im Sinne des neoliberalen Eigenverantwortungs-Dogmas«.

    Selbstverständlich gäbe es ›Alternativen‹, bspw. Arbeitszeiten und ›Renteneintrittsalter‹, Wohnungsmieten radikal senken, Löhne erhöhen etc. pp. Und wenn wer fragt, wie sich das vereinbart mit dem Anspruch von Eigentümern, aus der Benutzung ihres Besitzes einen Gewinn rauszuschlagen, dann ließe sich an genau dieser Stelle ein Diskurs darüber beginnen, 1) ob und wie sich eben jener Anspruch mit der immerzu behaupteten Gesellschaftlichkeit von Individuen verträgt und/oder 2) ob nicht, meinetwegen ’systemimmanent‹, jener Anspruch auf Gewinn die Bedingung aller Arbeit ist (also auch der unbefriedigenden, scheinbar oder tatsächlich ’sinnentleerten‹), die in diesem Saftladen ›geleistet‹ wird.

  4. Sehr richtig. Vermutlich ist der Vorwurf selbst ein Effekt der Gewohnheit des Neuen — Pflicht zur Flexibilität auf der individuellen Ebene. Es muss doch Mal was Neues geben, es kann mich doch nicht immer das Gleiche in meine Spielräume manövrieren, so die hilflose Frage.

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