ZG-Rückblick: US-Serien

ZG-RückblickAn den USA gibt es eine Menge zu kritisieren: der NSA-Überwachungsskandal, Guantanamo Bay, die Todesstrafe, der industriell-militärische Komplex, weltweite CIA — Foltergefängnisse oder die völkerrechtswidrige Ermordung von Menschen durch Drohnen. Dennoch produzieren sie derzeit eine Top-TV-Serie nach der Anderen. Game of Thrones, Breaking Bad, Homeland, Walking Dead, House of Cards – um nur einige zu nennen. Woran liegt das? Sind die Produzenten und TV-Sender in den USA mutiger, toleranter oder liberaler als die Deutschen? Oder gibt es in Deutschland einfach keine guten Drehbuch-Schreiber? Welche US-Serie könnt Ihr uneingeschränkt empfehlen und welche fandet Ihr eher enttäuschend?

epikur
Zugegeben, viele aktuelle US-Serien sind sehr erwachsen inszeniert. Während in den 80er und 90er Jahren die moralische Überlegenheit des Helden, der für die gute Sache alles und vor allem sein Leben gab, ist die Darstellung der Akteure heute, weitaus differenzierter. Die vermeintlich Guten und Bösen sind nicht mehr so eindeutig zu erkennen, verschwimmen, verschmelzen oder lösen sich komplett in moralisch schwierigen und fragwürdigen Entscheidungen und deren Konsequenzen auf. Vermutlich auch ein Grund, warum gerade diese US-Serien (Beispiel: House of Cards, Breaking Bad, Sons of Anarchy) beim deutschen Massenpublikum nicht gut ankommen. Der deutsche Massen-Zuschauer hat damit weiterhin so seine Schwierigkeiten.

Breaking Bad und Game of Thrones bleiben meine absoluten Favoriten. Die hohe erzählerische Dichte und Dramaturgie, über mehrere Staffeln hinweg, beweist starke Drehbuch-Qualitäten. Homeland, Sons of Anarchy, Walking Dead und True Blood, um nur einige zu nennen, haben meines Erachtens alle das Problem, dass sie nach der ersten Staffel deutlich schlechter werden. Man merkt diesen Serien an, dass sie zunächst nur für eine Staffel produziert und bei einem entsprechenden kommerziellen Erfolg dann fortgesetzt wurden. Die Charaktere handeln teilweise unglaubwürdiger, bestehende Handlungsstränge werden nicht fortgeführt und es macht sich ein typisches »höher, schneller, weiter« bemerkbar, ohne dass dabei etwas wirklich neues erzählt wird. Zu kritisieren wäre auch eine zunehmende »Soapisierung« in einigen US-Serien.

jtheripper
Interessante Überleitung in der Einleitung :D Ich muss ja mal Pro7Maxx loben, dass sie »House of Cards« in OmU bringen (davor hatten sie übrigens Homeland OmU in dem Timeslot). So schaue ich ja auch immer den Anfang von »Sons of Anarchy« um Ron Perlmans Stimme zu hören (War, War never changes...), aber die Serie ist nur okay und ich finde sie zu stark auf das Konzept Die-Bösen-sind-die-Guten getrimmt. Da war früher The Shield und heute Breaking Bad besser. Die Serie »Hannibal« hat mir auch gefallen, aber die Quoten waren wohl so schlecht, dass sie jetzt noch später läuft und da kann man sie dann nicht mehr genießen. Da mir Mads Mikkelsen aber so gefallen hat, werde ich sie noch auf einem anderen Medium nachholen. Ich habe ja sogar »Mad Men« drei Staffeln lang geschaut. Das ist zwar eine richtige Soap, was die Inhalte angeht, aber da sie so hochwertig produziert ist, macht es trotzdem Spaß sie zu schauen.

Drehbuchautoren gibt es in Deutschland bestimmt, die so was schreiben könnten, aber die versuchen lieber beim Tatort unter zukommen...  :sick: Dafür war der Tatortreiniger mit Bjarne Mädel recht Unterhaltsam (»Meine Arbeit fängt da an, wo andere sich vor Entsetzen übergeben« – Schotty). So etwas können sie dann wieder.    

todesglupsch
Ich komme gegenwärtig leider aus diversen Gründen nur sehr begrenzt dazu Filme und Serien zu schauen. Ich muss zwar grundlegend feststellen, das die Serie von US-Sendern in ihrem Potenzial zwar im Vergleich zu deutschen Produktionen sehr viel weiter ausgereizt ist, aber  erste Versuche ordentliche deutsche Kriminalserien zu produzieren nicht angenommen wurden. KDD (Kriminaldauerdienst) hat gezeigt, dass es möglich ist, aber vermutlich liegt das Problem in Deutschland auch in der Vermarktung. Das klassische Publikum des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ist eher nicht die rechte Zielgruppe und der Name der Serie ist zwar sehr zweckmäßig aber unter Marketingaspekten womöglich nicht optimal gewählt. Wenn das öffeltich-rechtliche also Ernsthaft etwas ändern wollte müsste es mehr Durchhaltevermögen zeigen, was bei der Finanzierung eigentlich möglich sein sollte.
Im Vergleich haben US-Serien zwar seit »Sopranos« einen Quantensprung in der Erzählstruktur gemacht und haben auch seitdem immer mehr an dramaturgischer Dichte gewonnen, haben aber jetzt ein wenig das Problem das sie ein wenig auf hohem Niveau stagnieren. Es drängt sich das Gefühl auf, das eine Inflation im Verdichten der Dramaturgie entsteht, welche zu so starker Überzeichnung von Charakteren führt, dass die gewonne Authentizität in progressiven US-Serien teilweise wieder verloren geht. Das Identifikationspotenzial lässt für mich teilweise nach. Aber im Zweifel muss man wohl Fiktion Fiktion sein lassen und Unterhaltung Unterhaltung.

4 Gedanken zu “ZG-Rückblick: US-Serien

  1. Die amerikanische Filmkultur war schon immer besser als die amerikanische Politik es vermuten ließ.

    »ist die Darstellung der Akteure heute, weitaus differenzierter. «

    Die Europäer werden hier zu Unrecht gescholten , diese »differenziertere« Entwicklung kam aus Europa , mit Krimireihen vor allem aus Skandinavien und Großbritannien ‚wie Beck ‚Lynley,
    Tony Hill oder dem grandiosen »Für alle Fälle Fitz«.

  2. Die Serienkultur in den USA bietet sicherlich einige hervorragende Serien, aber auch drüben lässt das Gesamtniveau zu wünschen übrig. Der X‑te Aufguss eines Themas wird eben nicht besser, nur weil man einen etwas anderen Blickwinkel wählt. Gefühlte 250 Cop- oder fast so viele Vampir-Serien, von denen eine nach der anderen nach der ersten oder zweiten Staffel eingestampft wird, zeigt deutlich die weit verbreitete Ideenlosigkeit.
    Ebenfalls sehr angesagt sind Teen- und Twen-Serien, in denen es im wesentlichen um billige Verschwörungen und Intrigen geht. Dazu gehören z.B. Shows wie Pretty Little Liars und dessen Ableger Ravenswood, The Lying Game, Twisted oder Revenge.

    Shows, die thematisch anders angelegt sind, oder zumindest mit originellen, etwas anderen Charakteren daherkommen, stechen leichter heraus. Hast Du dann das Glück auch noch gute Schauspieler in passenden Rollen anzutreffen, kommt am Ende auch richtig gutes Material bei raus. Sons Of Anarchy gehört für mich dazu, eben weil es auf insgesamt 6 Staffeln angelegt und auch entsprechend aufgebaut ist. Momentan auch sehr gut ist The Good Wife. The Mentalist ist für mich ein Dauerbrenner, ebenso wie Dexter. Neu im Rennen der richtig guten Serien sind Revolution, Person Of Interest (schon in der 3. Staffel), Grimm, Haven, Falling Skies oder z.B. als ganz neues Projekt Almost Human.

    Tolle Serien, die es nicht über die erste Staffel hinaus geschafft haben, gibt es auch wie Sand am Meer, z.B. Terriers, The Americans oder The Gates.

    Auch drüben gibt es jede Menge Mist, jede Menge Material für Teens und Twens und zwischendurch immer wieder echte Perlen. Aufgrund der schieren Masse der TV Produktionen ist die Zahl der Treffer jedoch insgesamt erfreulich hoch.

  3. Genau, noch ein bisschen unsere kleine Farm, Bonanza und natürlich 2 Engel auf Erden, night rider, Airwolf etc. pp.. Es wäre schon befremdlich, wenn ein großes Land der Erde weniger Output hat, als ein Kleines, sowohl positiv, wie auch negativ.

  4. Paul Herzog ich kann dir zustimmen. Natürlich gibt es regelmäßigen Mist auch aus den USA was Serien betrifft, aber ich denke das ist normal.
    Widersprechen muss ich dir jedoch bei »The Americans«. Mir Gefällt die Serie sehr gut und die zweite Staffel wird ab ende Februar in den USA ausgestrahlt. Derzeit schau ich sie wieder im INternet bei seiten wie bei myvideo und halt im tv bei prosieben maxx. ich finde die serie is sehr gelungen.

    natürlich muss sich jeder selbst ein bild davon machen :kicher:
    ich pack euch mal den link hier rein, dann könnt ihr euch davon überzeugen ob das format was für euch ist oder nicht. :prof:

    http://www.myvideo.de/channel/the-americans

    LG — Angel

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