Nachdem die Sopranos die Dramaturgiekonventionen für Fernsehserien auf den Kopf stellten, wussten wir, dass Verbrecher auch nur Menschen sind. Breaking Bad schickt sich an, auch noch den Umkehrschluss zu belegen. So ist das Verbrechen in zeitgenössischen Serien häufig nicht mehr nur auf der Straße zu verorten, sondern bei uns hinter verschlossenen Türen.

Bryan Cranston, Aaron Paul, Raymond CruzSo ist Walter White (Bryan Cranston) eigentlich nur ein einfacher Familienvater um die 50, der in einem für die USA typischen Vorort irgendwo in New Mexiko versucht seine bald vierköpfige Familie durchzubringen. Die Arbeit als Lehrer an einer High School scheint weder seine fachlichen Fähigkeiten als Chemiker ernsthaft zu fordern, noch scheint sich seine Begeisterung für die Materie zu übertragen. Demütigenderweise ist die Arbeit aber auch nicht lukrativ genug, speziell wo jetzt Familienzuwachs erwartet wird, so dass Walter noch in einer Autowaschanlage aushilft. Als er unter erhöhtem Stress einen Zusammenbruch erleidet wird eine Krebserkrankung in terminalem Zustand diagnostiziert. Er hält diese Information vorerst vor seiner Familie geheim, aber er scheint dabei eine Entwicklung durchzumachen. Bisher war Walter ein eher höflicher zurückgenommener Mensch, der vermutlich nicht immer der Beste darin war seine eigenen Interessen zu wahren, aber nun scheint seine Risikobereitschaft zu steigen, er wirkt teilweise sogar aggressiv. Durch einen Zufall und den Umstand das Walters Schwager Agent bei der Drogenfahndung ist, entsteht ein Kontakt zu Walters ehemaligem Schüler Jesse Pinkman (Aaron Paul). Dieser widmet sich inzwischen einem mehr oder minder florierenden Handel mit Methamphetaminen.

Walter, konfrontiert mit enormen Behandlungskosten und einer ungewissen finanziellen Perspektive seiner Familie, bittet Jesse für ihn den Vertrieb von ihm synthetisierten Methamphetaminen zu übernehmen. Der junge Jesse willigt nur widerwillig ein, aber spätestens nachdem Walter Jesse demonstriert, welche Bedeutung chemisches Fachwissen für die Qualität des Endprodukts hat, ist seine Gier förmlich riechbar. Jesse scheint zwar ein netter Junge zu sein, aber das er seine Handelsware nicht nur verkauft sondern auch selber konsumiert, wirkt sich nicht unerheblich auf seine Zuverlässigkeit aus. Walter und Jesse bilden also von nun an ein ungleiches Geschäftspaar. Walter beginnt ein Doppelleben, wobei er nicht nur seine Familie belügt und in Gefahr bringt, sondern auch den Drogenfahnder gleich in der Familie hat.

todesglupsch sagt:
Walter White ist die vielleicht bestentwickelte Figur im zeitgenössischen Serienangebot. Trotz der beim Drama inhärenten und namensgebenden Dramatisierung, kann Walters häufig doch in letzter Konsequenz sehr drastisches Verhalten fast immer vor dem Hintergrund seines Charakters und den Umständen nachvollzogen werden. Hierbei kann man die darstellerischen Qualitäten von Bryan Cranston kaum überbewerten. Denn an sich ist die eigentliche Handlung so dramatisch, dass diese Figur bei weniger kompetenter Darstellung vermutlich schnell an Authentizität verlöre. Die Dramatik ergibt sich aber vor allem aus Walters Reaktion, den die Umstände an sich sind zwar extrem und aus persönlicher Sicht wohl das mit Schlimmste was vorstellbar ist, aber bei weitem leider kein Einzelschicksal. Die dramatische Situation, die Walter mit seiner Reaktion weiter dramatisiert, gepaart mit glaubwürdigen, eigentlich bodenständigen Figuren macht das Setting von Breaking Bad außergewöhnlich, aber wirklich interessant wird das ganze erst durch die Durchweg stimmige Produktion.

jtheripper sagt:
Bryan Cranston, Aaron PaulBryan Cranston hat schon in etlichen Serien und Filmen mitgespielt. Allerdings war es in Serien meist nur für eine Folge. Bei Seinfeld und King of Queens waren es zwar dann immerhin eine handvoll, aber der richtige Durchbruch gelang ihm im Jahre 2000 mit der US-Comedy-Serie »Malcom mittendrin« (Malcom in the Middle). Hier spielte er die Rolle des Familienvaters, Hal. Man kann von der Serie halten was man will, aber Hal war einfach ein klasse Charakter. Ich wage sogar zu behaupten, dass er einem realen Homer (Simpson) am nächsten kommt. Denn es war die Regel, dass Hal immer wieder verrückte Dinge anging und sich unheimlich in sie hineinsteigerte. Obwohl er der Familienvater war, so war die Rolle von ihm eher als fünftes Kind angelegt.

Erst jetzt, wo ich Bryan Cranston in »Breaking Bad« gesehen habe, wurde mir bewusst, wie großartig er schon in »Malcom mittendrin« war. Denn auch wenn dort alles überspitzt und übertrieben war, so hat er es trotzdem genau richtig dosiert (Zwei gute Beispiele sind die Teile, wo sich Hal der Sportart Gehen verschreibt oder wo er zu Unrecht Hausarrest mit einer elektronischen Fußfessel bekommt). In »Breaking Bad« spielt er mit Walter quasi eine tragische Variante von Hal.

epikur sagt:
»Breaking Bad« hat in den USA schon etliche Preise abgesahnt. Und das völlig zu Recht. Bryan Cranston spielt die Rolle einfach großartig, aber auch Aaaron Paul und alle anderen Nebencharaktere sind gut besetzt. Die gesamte Dramaturgie, das Drehbuch und die Dialoge sind manchmal vielleicht etwas überspitzt, aber im großen und ganzen authentisch und glaubhaft umgesetzt. Die gesamte Inszenierung wirkt wie aus einem Guss, alles passt perfekt zusammen. Man merkt der Serie an, dass die Macher ihre Serie lieben, denn jedes Detail ist stimmig. Entscheidungen der Charaktere haben oft Konsequenzen, die sich über die ganze Serie erstrecken. Diese werden knallhart belohnt oder bestraft. Dadurch entsteht eine unglaublich dichte Atmosphäre, die ich bisher nur bei »Babylon 5« und »The Shield« erlebt habe.

In Deutschland fristet die Serie eher ein Schattendasein, wird aber auch hier von Serienliebhabern sehr geschätzt. Wie so oft, scheinen deutsche Zuschauer mehrdeutige und komplexe Serien wenig zu mögen, denn sie werden in Deutschland regelmäßig mit schlechten Quoten abgestraft. »Breaking Bad« läuft in Deutschland auf dem Pay-TV-Sender AXN. Aber auch ARTE hat sich die Rechte gesichert und so soll die dritte Staffel am 11. Oktober 2011 auf ARTE starten. Natürlich gibt es die Serie auch auf DVD.

Breaking Bad - The Family


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