The Shield

todesglupsch:
Michael Chiklis (Vic Mackey) Während deutsche Krimiserien die neunziger Jahre recht unbeeinflusst überstanden haben, sollten deren US-Pendants in selbigen eine recht deutliche Entwicklung durchmachen. Spätestens »NYPD Blue« (1993-2005) ist mindestens genauso Drama, wie es Krimiserie ist. Die Ausarbeitung und Entwicklung von Charakteren hat den gleichen Stellenwert wie die Handlung. Das neue Zauberwort heißt (Pseudo-)Authentizität. Nicht nur das die Charaktere nun glaubhafter und mit mehr oder weniger Schwächen dargestellt werden, auch die Handkamera kommt ausgiebig zum Einsatz und die bewusst semiprofessionell wirkende Kameraführung soll dokumentarischen Charakter und Dynamik vermitteln.

Im neuen Jahrtausend bringt eine Serie dieses Konzept der Action-/Drama-/Krimiserie auf die (bisherige) Spitze. »The Shield« zeigt den für Normalsterbliche wenig alltäglichen Alltag in einem Los Angeles Police Department, vor allem aus der Sicht des Protagonisten Vic Mackey und dessen Task Force. Nicht nur ist die Vorgehensweise von Vic und seinen Jungs dabei äußerst rabiat, auch die Interessen die dabei verfolgt werden sind oft recht persönlicher Natur, ganz zu schweigen davon das Vorschriften weitestgehend nur dann Anwendung finden, wenn man Gefahr läuft beim Umgehen selbiger erwischt zu werden. Üblich für moderne US-Serien entwickeln sich dabei im Laufe der Serie diverse Handlungsstränge, die so dramatisch inszeniert sind und sich über viele Folgen erstrecken, dass die Spannung kaum abreist. Hinzu kommt, das diese parallel erzählt werden und die Handlung sehr gerafft, geradezu überladen wirkt, so dass die Erzählweise sehr dynamisch, geradezu aggressiv wirkt.

Ob eine solche Serie jedermanns Geschmack trifft sei dahingestellt, vermutlich muss sie sich auch den Vorwurf gefallen lassen, dass der pseudoauthentische Anstrich gepaart mit einer doch wohl recht am Polizeialltag vorbei gestrickten Dramaturgie effekthascherisch wirkt. Wenn dabei aber ein so spannendes Produkt heraus kommt, kann ich damit gut leben. Ich persönlich habe nur die im deutschen Free-TV ausgestrahlte erste Staffel sehen dürfen und kann mir vorstellen, das dieses Format es auf dem doch recht konservativ ausgerichteten deutschen Serienmarkt schwer haben könnte sich durchzusetzen, doch ein Sendeplatz mitten in der Woche um 12 Uhr nachts lässt dem deutschen Publikum auch wenig Chancen Interesse an Neuem zu beweisen (man Vergleiche die Vermarktung von Serien wie »24«).

epikur:
The Shield - Cast An dem Punkt der Vermarktung kann ich gleich ansetzen. Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, wie die erste Staffel auf Pro7 vermarktet wurde: »Shield – Gesetz der Gewalt«. Um den selbst erfundenen und völlig sinnentstellten Untertitel gerecht zu werden, wurden im Trailer ausschließlich knallharte Action Szenen gezeigt. Mir drängte sich damals der Verdacht auf, es handele sich hierbei um eine stumpfe Polizei Action Serie. Erst nach ausgiebiger Mundpropaganda seitens todesglupsch und jtheripper schaute ich mir ein paar Folgen an und war positiv überrascht. Pro7 wechselte im Herbst 2004 mehrmals den Sendeplatz und nach der ersten Staffel war dann auch Schluss. Ob das deutsche Publikum für diese – zugegebenermaßen nicht leicht verdauliche – Serie bereit ist, wird man jedoch erst bei einer angemessenen Vermarktungspolitik erfahren. In den USA ist die Serie zumindest sehr erfolgreich und inzwischen bei Staffel 6 angelangt.

Inhaltlich lebt »The Shield« eindeutig von der Dynamik der Erzählweise, von den exzellent gezeichneten Charakteren, den vielfach vorhandenen Handlungssträngen sowie einer konsequenten Storyline. Wer bei »The Shield« auch nur eine Folge verpasst, kann schnell den Anschluss verlieren, so dicht ist die Erzählweise. Im Gegensatz zu anderen Serien, welche keine durchgängige Geschichte, sondern eher abgeschlossene Episoden anbieten, kommt niemals Langeweile auf. Nur was die Serie zu etwas einzigartigem und besonderem macht, sind die mutigen Charakterzeichnungen. Jeder Charakter, auch sei er auf den ersten Blick die Identifikationsfigur Nummer eins, wie z.B. der vorbildliche Detektiv Dutch mit Hochschulabschluss, hat eine unangenehme Seite. Klischees sowie Erklärungsversuche werden häufig vermieden.
Es gibt weder einen moralischen noch einen Unterhaltungsanspruch, welcher vorgegeben ist. Man merkt der Serie einfach an, dass die Zeichnung der Charaktere und deren vermittelte Authentizität oberste Priorität hat. Der krampfhafte Versuch des Zuschauers, z.B., Vic Mackeys Methoden als moralisch verwerflich oder als den Umständen angemessen und somit als gerechtfertigt zu betrachten, wird mit jeder Episode neu entschieden. Sich mit keiner Figur identifizieren zu können, für oft gezeigte zwischenmenschliche Probleme keine einfachen Lösungen anzubieten, sowie für mitunter sehr harte gezeigte Szenen– machen die Serie zu einer nicht leicht verdaulichen Kost. Es verleiht ihr jedoch eine Eigendynamik und Spannung, welche in gängigen Serien mittlerweile gänzlich fehlt (ich nenne mal lieber keine Namen). In »The Shield« sterben auch mal wichtige Nebencharaktere, unvorhergesehene dramatische Wendungen sowie unberechenbares Verhalten der Charaktere sind an der Tagesordnung.

jtheripper:
The Shield - Gore Warum so schüchtern Kollege. Als erstes sind da mal alle deutschen TV-Serien zu nennen. Denn deutsche Produzenten wollen oder können nicht eine Serie entwerfen, wo ein Handlungsstrang über 13 Folgen geht. (Entschuldigt, mein Fehler, sie können es doch, jedoch erst, wenn die Folgenanzahl bei ca. 500 liegt. Aber gut, anderes Genre ;)
Denn mehr haben die ersten Staffeln von »The Shield« nicht. Im Gegensatz zu dem sonst üblichem Format von amerikanischen Serien, wo es sonst ca. 20 Folgen pro Staffel sind. Was der Qualität der Serie wohl eher entgegen kommt. Denn so bleibt die Geschichte sehr kompakt und es kommt nicht zu den sog. »Lückenfüllern«, wo Zeit und Geld überbrückt werden muss.

Und Geld scheinen die Produzenten zu haben, denn sie gönnen sich Hollywoodstars wie Glen Close (Staffel 4), Forest Whitaker (Staffel 5) und auch Michael Chiklis (Vic Mackey) dürfte jede Staffel etwas teurer werden. Aber die Serie und ihre Schauspieler bekommen auch jedes Jahr die Anerkennung mit Preisen und Nominierungen. Und dennoch würde ich die Serie nicht ohne weiteres empfehlen, denn wie schon erwähnt, sind so manche Szenen sehr extrem und irgendwie scheinen die Drehbuchautoren den normalen Spannungsbogen weg zu lassen und halten ihn einfach die ganze Zeit am Limit. Somit ist es schon ein ganzes Stück angenehmer, wenn man dank eines DVD-Player selbst bestimmen kann, wann man eine Folge schauen möchte. Deswegen glaube ich auch nicht, dass die Serie noch eine besonders gute Chance im deutschen Fernsehen bekommt, aber wer die Serie in Scheibenform bekommen kann, sollte mal einen Blick wagen. Eigentlich reicht auch schon der erste Teil, um zu sehen, ob man die Serie interessant findet. Denn dort sieht man schon die »Kerntat« von Vic Mackey und das Spiel mit dem Zuschauer beginnt. Denn so passiert es, dass immer wieder Teile kommen oder auch sogar eine ganze Staffel, wo ich auf Vics Seite bin und mit ihm mitfieber. Bis ich daran erinnert werde, was er getan hat oder wozu er in der Lage ist. So geschieht es eigentlich mit allen Charakteren in stärkerer oder schwächerer Form. Ab einem bestimmt Punkt baut man doch recht schnell Symapthien mit einigen Charakteren auf. Vielleicht auch weil man ihre Schwächen und Geheimnisse kennt.

Aber zum Schluss nochmal die Warnung: Auch wenn man in der Serie weniger Blut sieht, als in so manchen Genrefilmen, so ist die »gefühlte Brutalität« für meinen Geschmack deutlich höher. (Vielleicht aber auch weil ich warm dusche ;)



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