- Elfenbeinturm -
Zwischen Theorie und Praxis klafft häufig eine sehr große Lücke. Das wird kaum so deutlich, wie in der Bildung und in der Pädagogik. Ob (Fach-)Schulen, Dozenten, Journalisten, selbsternannte Experten, Freiberufler, Reformpädagogen, Kultusministerien, Wissenschaftler, Politiker oder Buchautoren: sie alle haben ganz viele und ganz tolle Ideen, Konzepte, Theorien und Maßnahmen im Gepäck, damit es in der pädagogischen Bildungslandschaft in Deutschland angeblich wieder vorangeht.
Sie alle berücksichtigen die realexistierenden Zustände in Schulen und Kindergärten kaum bis gar nicht. Personal- und Fachkräftemangel, Burnout, klagewütige Helikopter-Eltern, sozial-emotional schwierige, unselbständige Kinder, chronische Unterfinanzierung, immer mehr bürokratische Auflagen für Lehrer, ein explodierender Rahmenlehrplan, marode Ausstattung sowie das zunehmende Auslagern von elterlicher (Erziehungs-)Verantwortung an Kindergärten, Horten und Schulen.
Typische Themen der Elfenbeinturm-Pädagogen sind hier das Verhalten der Kinder und wie man sie zu eigenverantwortlichen, selbstbestimmten und resilienten Individuen erziehen kann. Sanktionsfreie Didaktiken im Alltag und im Unterricht. Die Förderung der intrinsischen Motivation von Kindern. Sprachförderung und Integrations- sowie Inklusionsarbeit. Der Umgang mit Hausaufgaben. Oder die Moderation von Konflikten.
»Wünsch Dir was!«
Die Bildungseinrichtungen werden mittlerweile zu magischen Zauberhütten verklärt, die das wieder »reparieren« sollen, was Eltern und Gesellschaft (oft mutwillig oder fahrlässig) kaputt gemacht haben. Sie nennen es »Inklusion«, »Integration« und »Bildungsarbeit«. Was hier die jeweiligen Fachkräfte leisten sollen, ist oft utopisch. Dabei können sie nur scheitern. Deshalb ist es auch bequemer Zeitgeist, auf Lehrer, Schulen, Kindergärten und Erzieher zu schimpfen. Das lenkt von den eigentlichen Ursachen und Zuständen wunderbar ab.
Beiträge, wie die von Andrea Albers mit dem Titel »Anders arbeiten in Zeiten des Lehrkräftemangels« sind leider eine eher seltene Erscheinung. Gerade in den Fachschulen und Universitäten überbieten sich Dozenten regelrecht mit den tollsten reformpädagogischen Ideen und Konzepten. Die dann in der alltäglichen Arbeit, abseits von vereinzelten Projekten und idealistischen Einzelkämpfern, kaum umgesetzt werden können. Weil es einfach an allem fehlt.
Sehr viele leben hier in ihren pädagogischen Elfenbeintürmen und würden keinen einzigen Arbeitstag in einer Regelschule oder in einem Kindergarten mental, geistig oder emotional überleben. Aber in ihren warmen Sesseln sitzen und von der Kanzel tolle Ratschläge geben und dabei Bücher verkaufen: das können sie alle.
»Trotz Aussicht auf einen sicheren Job, gutes Gehalt und eine Verbeamtung auf Lebenszeit, hat der Lehrerberuf dramatisch an Attraktivität verloren.«
- tagesspiegel.de vom 8. April 2025
Na, woran das wohl liegt?
Schopenhauer sagt zurecht, dass wenn eine Theorie in der Praxis nichts taugt, dann ist die Theorie falsch.
So ist das auch hier. Wer Theorien aufstellt ohne die wirklichen Umstände zu berücksichtigen ist überflüssig.
Will man bessere Bildung in Deutschland, so muss man die Ressourcen schaffen, von der Infrastruktur bis zum Personal. So wie Finnland und das Vereinigte Königreich in den neunziger Jahren gehandelt haben. Da wurde pro Schüler bis zu zwanzig mal mehr ausgegeben als hier in Deutschland. (Die Länder standen auf Platz 1 und 2 der ersten (fragwürdigen) PISA Studie) Nun haben die Länder gespart oder privatisiert und sind im Mittelfeld verschwunden.
Hätte man die Ressource könnte man sogar wieder anfangen in der Schüle den Schülern sinnvolle Sachen beizubringen, aber das ist natürlich reines Wunschdenken.
Lieber Epikur,
ich erinnere an die Zeit ab März 2020 als die »Pädagogen« in meinen Augen jede Legitimation für diesen anspruchsvollen und schönen Beruf verloren haben!
Anstatt die Kinder vor diesen übergriffigen faschistischen Staat zu schützen, Eltern zu unterstützen, die die Verantwortung für ihre Kinder mutig gegen den Staat durchsetzen wollten, waren gerade sie es, die noch härtere Maßnahmen forderten.
Sorry Epikur, ich habe noch vor der Plandemie in mehreren Schulen gearbeitet und mit der maßlosen Dummheit und dem Kinderhass der meisten Pädagogen täglich kämpfen müssen, um dann frustriert aufgeben zu müssen, da ich als Einzelkämpferin keine Chance hatte.
Sie hätten mich ab 2020 Lügen strafen können, aber erfüllten meine dunkelsten Erwartungen um Längen.
Eine Chance für diesen Berufsstand sehe ich nur, indem sie vor die Öffentlichkeit treten und sich bei den Kindern und Eltern für ihr Verhalten demütig entschuldigen.
Das wäre ein Anfang und ohne Entschuldigung wird sich zwischen den Protagonisten nichts ändern, auch keine finanzielle Verbesserung.
Ohne menschliches Vertrauen geht gar nichts!
@Ruby
»Eltern zu unterstützen, die die Verantwortung für ihre Kinder mutig gegen den Staat durchsetzen wollten«
Liebe Ruby,
die musste man genauso mit der Lupe suchen, wie Erzieher oder Pädagogen, die sich auch nur subversiv gegen die C‑Maßnahmen gestellt haben. (fast) Alle haben mitgemacht. Auch und gerade Eltern. Wer nicht mitgemacht hat bzw. versucht hat, das System zu sabotieren, wurde regelrecht fertig gemacht. Von allen. Ich habe das selbst erlebt und oft genug thematisiert.
C ist aber ausnahmsweise mal kein Thema in diesem Beitrag. Es geht um die Erwartungen, Ansprüche und Forderungen an Schulen, Kindergärten und das dortige Personal, bei gleichzeitiger völliger Überfrachtung (»Willkommensklassen«, Rahmenlehrplan etc.), Fachkräftemangel, Spar- und Kürzungsorgien und vielem mehr.
Es war mir wichtig, dass auch hier mal zu betonen, weil es leider viele »Elfenbeinturm-Pädagogen« (auch Blog-Kommentatoren^^) gibt, die hier Wunder und Magie erwarten und wenn diese ausbleibt, aus dem Schimpfen nicht mehr rauskommen.
Mein Eindruck ist, daß bei Politikern die »Bildung« nur ein hohles toll klingendes Lippenbekenntnis ist und sie viel eher an einer robusten Un- oder sogar Verbildung interessiert sind.
Schlau genug um arbeiten zu gehen und steuern zahlen zu können, aber dumm genug, jeden noch so volksfeindlichen Dreck der Regierung zu glauben. SO wollen sie ihre Untertanen.
Einem klugen und gebildeten Volk könnte man nicht erzählen, daß Corona-ungeimpfte oder Friedensanhänger Nazis sind.
Von daher ist das Bildungssystem doch schon auf einen guten politisch genehmen Weg.
Irgendwann kommt noch heraus, daß Bildung auch Nazi ist. Lange kann es nicht mehr dauern.
eine weddinger kita, mit der ich jobmäßig zu tun habe, hat nicht allein anlässlich staatlicher feiertage geschlossen.
hinzu kamen und kommen schließtage anlässlich:
zuckerfest (plus anschließender weiterbildung) und opferfest.
die mitarbeiterin eines kita-trägers berichtete mir, sie wisse von einer kita in prenzlauer berg, in welcher auf leitungsebene darüber diskutiert wird, aus respekt vor anderen kulturen auf das dekorieren mit (und auch das beschenken mit schoko-) osterhasen bzw. weihnachtsmännern künftig zu verzichten.
in diesem zusammenhang fiel mir folgendes, dystopisches buch ein:
https://www.dumont-buchverlag.de/buch/michel-houellebecq-unterwerfung-9783832197957-t-4524
Ich darf noch mal auf den Vortrag von Bruce D. Perry hinweisen (youtube ab 48m:28s) wo er erklärt warum die ganze Rechnung nicht aufgehen kann, wenn es so weiter geht. Das war vor 10 Jahren und geändert hat sich nichts. Es ist eher schlimmer geworden. Der Vortrag ist in Gänze äußerst lehrreich. Ich beziehe mich in meinem Buch auch immer wieder auf ihn, als Bruce D. Perry, der einer der ersten war, die die Bedeutung frühkindlicher Hirnentwicklung naturwissenschaftlich — evolutiv-biologisch — erkannt hat.
frage an den profi
@epikur, mich interessiert, was du davon hältst und bitte dich um eine kurze einschätzung, wenn du dazu die zeit findest:
»Toben und Brüllen machen wir nicht mehr“: Ist die Schule der Zukunft in Ost-Berlin?«
@mo
Interessantes Konzept. Sieht aber aus, als wären sie gut finanziert, mit ausreichend Personal und viel Platz. Genau das, was der Mehrheit aller Schulen in Deutschland fehlt.
Ich habe eine »Compartmentschule« noch nicht live erlebt. Es gibt viele pädagogische Ideen und Konzepte, die auch gut funktionieren. Und noch viel mehr, die auf dem Papier ganz toll klingen oder dann, wenn Medien-Besuch da ist. ;-)
vielen dank erstmal!
würde gern mal näher dazu mit dir reden.
vielleicht passt es ja irgendwann mal.
Für mich der Alptraum einer Schule.
Ruhig gestellte Kinder nach einem hierarchischen System eingeteilt in drei Kategorien.
Und das bei einem phantastischen Lehrer Schülerverhältnis von 1:8.
jau, @PeVau...ähnliches hatte ich auch im kopf...und ein gewisses unwohlsein in der magengegend.
aber um das projekt fair beurteilen zu können, müsste man sich damit eingehender befassen.
es gleich, ohne echte kenntnis in bausch und bogen zu verurteilen, kanns ja auch nicht sein...
allerhand skepsis hab ich da aber schon erstmal.
interessiert mich jedenfalls sehr, das thema.