Der pädagogische Happen (68)

-Ehrfurcht vor der Natur-

Viele Kinder haben leider keinerlei Respekt und Achtung vor Tieren und Pflanzen. Da werden Insekten mutwillig getötet, Pflanzen rausgerissen, Äste abgebrochen oder Vögel verjagt. Der Klassiker ist, dass Kinder eine freilebende Katze, ein Eichhörnchen oder einen Hund sehen und sich dann wild gestikulierend und brüllend auf es stürzen.

Ich frage die Kinder jedesmal, ob sie wirklich glauben, dass das Tier ruhig stehen bleibt oder sich womöglich noch streicheln lässt, wenn da eine Horde Kinder schreiend auf es zurennen? »Stell Dir vor, Du wärst hier das Tier. Wie würdest Du Dich dabei fühlen?« Erst dann beginnt es im Kopf zu arbeiten. Vom selbstverständlichen Pflanzen, Blüten, Blättern und Ästen rausreißen, will ich gar nicht erst anfangen.

Ich mache den Kindern hier keinen Vorwurf. Es ist die fehlende Natur-Werte-Erziehung der Eltern, die hier ganz offensichtlich zum Vorschein kommt. Das Bewusstsein, das wir von Leben umgeben sind, das es zu schützen, zu achten und zu respektieren gilt. Das wir nicht der Mittelpunkt des Universums, sondern ein Teil von ihm sind. Stattdessen wird hier vielfach, in völlig überzogener Narzissmus-Manier, Kindern beigebracht, dass die Welt und alles, was darin lebt, ihnen gehört und sie selbstverständlich darüber verfügen können.

Pädagogen, Lehrer, Erzieher und Schularbeiter erleben diesen mangelnden Respekt und die kaum vorhandene Achtung vor Tier, Pflanze und Natur tagtäglich. Mit Workshops, Ausflügen und Projekten, können sie hier punktuell zum Nachdenken anregen, damit ein Bewusstsein zur Achtung und Wahrung der Verschiedenartigkeit des Lebens entstehen kann. Und dennoch bleibt es ein Tropfen auf den heißen Stein der elterlichen Ignoranz, die hier ganz offensichtlich keine Notwendigkeit sehen, ihren Kindern ein Bewußtsein für Tiere, Pflanzen und Natur beizubringen.


Kinder in Deutschland
Der pädagogische Happen

8 Gedanken zu „Der pädagogische Happen (68)

  1. Schon fast witzig, wie Übereltern ihre moralisch überhöhten Ansprüche und Floskeln verkünden und die Kids dann im Grunde als Erziehungsergebnis das genaue Gegenteil projizieren. Ich könnte mir vorstellen, dass das auch mit der falschen Vermittlung via Spielzeug oder Games zu tun hat, die ja ein sehr verzerrtes Weltbild wiedergeben, was dann auch bei den Kindern hängen bleibt.

  2. @Sascha

    Es ist ein weiterer Beweis dafür, wie Hybris und Moral als Monstranz und Etikette vor sich hergetragen werden, ohne sie wirklich zu leben. Die Kinder sind hier das Spiegelbild der Gesellschaft und eben der Eltern.

  3. Wir sind auch ›Natur‹, aber ›Ehrfurcht‹ wäre mir dabei nicht in den Sinn gekommen. Staunen über das was ist oder Bewunderung/Fragen über die Gesetzmäßigkeiten, das ist zumindest bei mir der Fall.

    Ok, aber mein Eindruck darüber, dass »Viele Kinder leider keinerlei Respekt und Achtung vor Tieren und Pflanzen haben«, kann ich nicht bestätigen. Es ist meistens so, dass die Kinder neugierig sind, beobachten und Fragen stellen.

    Aber da Sie es anders erleben, mag/kann es auch an dem Leben in der Großstadt liegen und dann auch noch, welchen Stadtteil es betrifft.

  4. @Paul

    Das mit der »Großstadt« ist sicher ein valides Argument. Hier sind Tiere und Pflanzen meist noch etwas seltener und daher etwas »besonderes«. Der kindliche Umgang damit, lässt aber eben immer öfter zu wünschen übrig.

  5. Albert Schweitzer machte den Ausdruck »Ehrfurcht vor dem Leben« populär, auch wenn anderen Quellen zufolge Magnus Schwantje den Begriff schon 1902 prägte.

    Gab mal irgendwo die Studie eines Biologen bei der die Kinder mehr Pokemons kannten als Tiere. Symptomatisch für die Entfremdung von der Natur. Das war 2002 wohl schon so. //Naturentfremdung Pokémon statt echter Tiere//

  6. @orinocco
    »Ehrfurcht«

    Albert Schweizer dürfte den Begriff aus seinem religiösen christlichen Hintergrund übertragen haben, auch wenn er nicht zu den traditionellen Christen zählt.

    und daher auch:

    Schweizer verwendet den Begriff ›Schöpfer‹ oft im Kontext einer ethischen und existenziellen Verantwortung des Menschen, sich seinem Willen anzupassen und den moralischen Gesetzen zu folgen. Der Schöpfer ist dabei immer eine kraftvolle, lebensbejahende Präsenz, die den Menschen zu einem höheren ethischen Bewusstsein führen (kann).

    »Ehrfurcht« ist für mich insoweit religiös belastet und setzt etwas voraus, was ich anders als Schweizer nicht unter ›Mystik‹, sondern unter Mythen einordnen würde.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Ehrfurcht

  7. Städte sind nicht entstanden, weil der Mensch besonders gern in oder mit der Natur lebt. Daraus folgt: Der Mensch kann nur ohne Natur gut leben.
    Und jetzt bitte keine Verweise auf Schrebergärten anbringen. Hier hängt das Round Up am Toreingang, der rasen ist mit der Nagelschere getrimmt und die Plastiksamentüten an jedem Beet sind von Bayer, Respektive Monsanto. Das mag zwar Bestandteil der menschlichen Kultur sein, aber eines ist das eben nicht: Natur.
    Auf dem Dorf herrscht ein höherer Zwang zum Konformismus. Du kannst nicht einfach losgehen und Tiere quälen (sofern es nicht der Nahrungsmittelwirtschaft dient). Wenn das rauskommt, kann man sich ein anderes Dorf zum Leben suchen. Das hat mit Respekt lediglich in 2. Instanz zu tun. Es ist lediglich ein Regelwerk, dass beachtet wird.

    Dem Planeten (vulgo der Natur) helfen nur weniger Menschen. An diesem Ziel arbeiten ja auch schon einige. Allerdings mit ebenfalls sehr schlechten Ergebnissen für die Natur.

    Respekt der geheuchelt wird, weil er dem GUI dient, kann man sich auch schenken.

    Frohes Schaffen!

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