Kinder in Deutschland; Teil 27: Kontaktabbruch

Wenn Kinder den Kontakt zu ihren Eltern abbrechen, hat das meist ernste Gründe. Ein vermeintlich kleiner Streit kann das Fass zum Überlaufen bringen. Jahrelange zwischenmenschliche Differenzen, emotionale Kälte und eine Beziehung, die nicht auf Augenhöhe basiert, kann vor allem erwachsene Kinder, dazu bewegen, den Kontakt komplett abzubrechen. Die Dunkelziffer verlassener Eltern wird in Deutschland auf über 100.000 geschätzt. Natürlich sind Eltern nicht für alles allein verantwortlich, ihre Kinder werden auch von Freunden, Erziehern, Lehrern, Liebespartnern und den Medien geprägt. Dennoch sperren sich die meisten Eltern dagegen, die Kindheit der eigenen Kinder ernsthaft zu reflektieren.

Eltern stehen über den Kindern, sind »Erziehungsberechtigte«. Sie haben sie in die Welt gesetzt, sich jahrelang um sie gekümmert, das Essen auf den Tisch gebracht, viel Geld ausgegeben, sie angekleidet, mit ihnen Hausaufgaben gemacht, sie vor den Gefahren des Lebens beschützt, ihnen Liebe gegeben und vieles mehr. Demzufolge müssen die Kinder den Eltern ein Leben lang dankbar sein. Die erwachsenen Kinder haben sich zu melden und sollen auch ihre Hilfe für die älter werdenden Eltern anbieten. Diese Einstellung ist weit verbreitet und gleicht mehr einem materialistisch-egoistischen Habitus, als einer ehrlichen Eltern-Kind-Liebe. Denn die Eltern sehen ihre Kinder hier als eine Art Investition an, die sich irgendwann, also besonders im Alter auszahlen soll. Die Qualität der Familienbeziehung hängt jedoch von vielen Faktoren ab und kann nicht einseitig eingefordert werden, weil man doch soviel »geleistet« und »investiert« habe.

Sehr viele Probleme zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern entstehen vor allem auch deshalb, weil die Eltern den Sprung von der Erziehung zur Beziehung nicht geschafft haben oder ihn bewusst nicht wollten. Erwachsene Kinder bleiben zwar rein genetisch immer die Kinder ihrer Eltern, wollen aber gleichberechtigt behandelt, also ernst genommen werden. Genau das machen Millionen von Eltern eben nicht. Sie entschuldigen sich nicht bei ihren Kindern für offensichtlich begangene Fehler (erwarten aber, dass die Kinder das tun), sie mischen sich in die Erziehung der Enkel ein, schreiben ihren erwachsenen Kindern vor, wie sie ihr Leben gestalten sollen, kommentieren jede Entscheidung, interessieren sich wenig für die Leidenschaften der Kinder und/oder üben einen permanenten beruflichen Druck aus. Das Erwachsen werden der Kinder, bedeutet auch ein Reifeprozess der Eltern. Wer als Eltern seine Kinder immer nur von oben herab behandelt, ihnen nicht zuhören, ihre Meinung, Lebensweise und Entscheidungen nicht akzeptieren (oder zumindest tolerieren) will, darf sich nicht wundern, wenn die Kinder sich irgendwann von ihnen abwenden.

Eure Kinder sind nicht eure Kinder. Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber. Sie kommen durch euch, aber nicht von euch. Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht. Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken, denn sie haben ihre eigenen Gedanken.

- Auszug aus einem Gedicht von Khalil Gibran, arabischer Dichter, 1883–1931.

Oft äußern sich tiefe seelische Wunden, die in der Kindheit zugefügt wurden, Jahre oder jahrzehntelang nicht. Kommen sie irgendwann an die Oberfläche, entweder weil die Kinder älter geworden oder weil die Kinder sogar selbst Eltern geworden sind und sich nun über das Thema mehr Gedanken machen, dann wollen die eigenen Eltern davon häufig nichts mehr wissen: »Schnee von gestern«. Sicher, jeder ist irgendwann erwachsen und sollte nicht für jede Fehlentscheidung oder alle eigenen Probleme einseitig die Eltern dafür verantwortlich machen. Sich selbst stets als Opfer zu sehen, ist bequem und entlässt einen aus der persönlichen Verantwortung. Jeder hat die Chance, seine kindheitliche Prägung zu überwinden und das eigene Leben aktiv zu gestalten. Dennoch ist die eigene Kindheit entscheidend mit dafür verantwortlich, wie das spätere Eltern-Kind-Verhältnis sich entwickelt.

Um so älter die Kinder werden, umso ernster wollen sie genommen werden. Sie entwickeln womöglich eine andere Auffassung vom Leben und ihrer beruflichen Zukunft als die Eltern. Haben andere Ziele und andere Vorstellungen was die Partnerwahl betrifft. Vielen Müttern und Vätern fällt es unheimlich schwer, ihre Kinder in ihrem So-Sein zu akzeptieren. Ständig wird versucht, sie zu beeinflussen, zu manipulieren, ihnen den eigenen Lebensstil und die eigene Meinung aufzudrücken. Die eigenen Kinder zu lieben, bedeutet eben nicht nur, sie zu umarmen und ihnen ständig zu sagen, wie lieb man sie hat oder ständig Konsumgeschenke zu machen, sondern sie so zu akzeptieren, wie sie sich entwickeln und wie sie sein wollen.

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Eine Zusammenfassung der ersten zehn Teile der Kinderserie ist auf www.zeitgeistlos.de zu finden. Alle bisherigen 26 Folgen können im ZG-Blog in der Rubrik Kindheit gefunden werden.

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UPDATE: 6. November 2014: Auf SWR2 gibt es zu dem Thema eine tolle Radiosendung (rund 25 Minuten lang) mit dem Titel „Für mich bist Du gestorben!“  Unter anderem wurde auch meine Wenigkeit interviewt. Ein kleiner Auszug: „Epikur willigt ein, wir treffen uns. Er ist 36 Jahre alt, Politologe, Redakteur und Blogger und heißt im realen Leben Markus. Markus hat nach einem großen Streit vor zwei Jahren mit seiner Mutter und ihrem Lebensgefährten keinen Kontakt mehr mit ihr.“

212 Gedanken zu “Kinder in Deutschland; Teil 27: Kontaktabbruch

  1. @flora:
    Sie schreiben:
    »Nun denn, die, die die Moral der Kontaktabbrecher in Frage stellen bzw. diese zu Empathie aufrufen haben aber vielleicht eine Idee, wie sie selbst mit empathielosen Eltern umgehen würden.«

    Nein! Leider nicht! Hätten sie eine Idee, könnte sie ja vielleicht helfen, eine Brücke zu bauen.....
    Ganz ehrlich: Haben Sie eine Idee? Sind die »empathielosen Eltern« denn die, die sich nicht einmischen oder sind das die, die die Töchter/Söhne »einengen«? Was erwartet ein/e »Kontaktabbrecher/in « denn von seinen/ihren Eltern?
    Was sollen Eltern denn tun oder eben nicht tun? Vielleicht sind diese Eltern ja ebenso »hilflos« ????
    Was wollen »Kontaktabbrecher/innen« denn für Eltern?????????
    Gibt es diese Spezie von Eltern überhaupt? Ich wüsste gerne, wie diese Eltern gestrickt sein müssten........bin ratlos ob all dieser Vorwürfe!
    anna

  2. Vielen Dank für diesen Blog.
    Mein Vater ist eine Böser Narziss, ausgeprägter Sadismus und für jeden sicht- und hörbare Freude am seelischer Quälen seiner Familienangehörigen (nur innerer Kreis) — und das tagtäglich‑, sind seine Lieblingsbeschäftigungen. Nach aussen ist er natürlich ein freundlicher und vor allen Dingen immer (aufdringlich) hilfsbereiter gutaussehender Nachbar. Er kann sich hervorragend verkaufen, und wird über seine perfekte Täuschung immer arroganter, je älter er wird. Denn niemals wird ihn irgendjemand zur Verantwortung ziehen können.
    Nur ein Onkel hat ‑ohne dass dieser wußte dass ich ihn hören konnte — mal über ihn gesagt: »H. sei der falscheste Fünfziger der ihm je begegenet sei.«
    Man kann ihm seinen Sadismus (ausser mit Videotagebuch) auch nicht nachweisen, und er streitet schon seit Jahrzehnten alles ab. Erst das Internet und die damit über die Jahre folgenden webseiten über Narzissmus usw. haben dann bei mir zum Verstehen geführt.
    Den Kontakt zu ihm und damit auch zum Rest seiner Familie habe ich vor ca. 5 Jahren beendet — schriftlich. Weil mündlich hatte ich seit 40 Jahren versucht zu reden, zu klären, zu betteln. Heute weiss ich natürlich, dass das miteinander versuchen zu Reden, oder auf irgendeine Art von gegenseitigem Vertrauen, Respekt oder Achtung zu träumen, — das Wort Liebe lass ich hier mal ganz weg — völlig idiotisch war.
    Dass der Rest seiner Familie ihm den Co. also den Masochisten macht, und brauche ich hier wahrscheinlich nicht extra zu erwähnen. Auch nicht dass so ein Mensch weiterhin stalkt.
    Nach dem Kontaktende waren bei mir anfangs bei jedem Klingeln, bei jedem Gang zum Briefkasten schwere Angstattacken dabei. Festnetz habe ich gleich mitgekündigt.
    Aber ich habe festgestellt, die Zeit heilt alle Wunden. Die Ängste sind jetzt weg, und wenn er 1x jährlich bei mir zu Hause »vorbeipatroulliert als wäre er ein V‑Mann« kann ich inzwischen sogar grinsen, weil das alles so albern ist.
    Was ich hier sagen will ist, es geht nicht um die Kindheit und was da alles mal passiert ist, sondern um die Gegenwart. Und die funktioniert mit Leuten, die zwanghaft Macht und Kontrolle über alles und jeden haben müssen eben nicht. Weder in der Familie noch am Arbeitsplatz! Wo gar kein Respekt, und so gar kein Vertrauen ist, kann auch keine Gemeinschaft funktionieren, und schon gar keine menschliche — heisst — es gibt keine Güte, keine Wärme, kein Verständnis und Liebe sowieso nicht, nur Hass und Druck für alle.
    Solche Leute wie mein Vater und auch meine Mutter (Co-Narzisstin) haben auch mit anderen Menschen Probleme, in der Regel mit dem gesamten Umfeld. Das ist eine Tatsache die hier garnicht zur Sprache kommt.
    Wir die »streikenden erwachsenen Kinder« stellen nur ein Symptom der Gesellschaft dar. Ein Symptom von vielen in einer offenbar etwas gestörten und sich im Wandel befindenden Gesellschaft.

    Und einem anderen Märchen möchte ich auch widersprechen:
    Für die Eltern meines Vaters war es schon früh ein schwerer Schlag zu erkennen ein »böses Kind« zu haben. Diese gibt es wirklich.
    Und mein Vater hatte ein sehr liebevolles und wohl auch souveränes Elternhaus (sein Vater), und beide sind nacheinander wie alle in seiner unmittelbaren Umgebung viel zu früh an Krebs gestorben. Oder abgehauen so wie ich (und sein totgeschwiegener 2ter Bruder), oder meine narzisstische rachsüchtige Mutter, denn selbst der sind die verbalen und seelischen Entgleisungen und Grausamkeiten und das »penetrante Controlling« ihres Mannes irgendwann zu viel geworden. Seine 2te sehr sehr liebvolle Frau hatte nicht so viel Glück. (Krebsausbruch nach Eintritt in die Rente und qualvoller Tod nach Chemos ohne Ende)

    Weiterhin gibt es auch sehr wohl Eltern, die ihren erwachsenen Kindern kündigen, z.B. mir meine Mutter.
    Ist schon 31 Jahre her, und für mich erledigt, aber auch Eltern kündigen.
    Warum: weil ich nein sage, weil ich nicht mehr die hörige kindliche Marionette von früher bin, die rund um die Uhr als lebende seelische Apotheke und seelischer Mülleimer zur Verfügung steht.
    Insgesamt wurde ich für mein Rückgrat 4 x von meiner Mutter angezeigt. 1x bei der örtlichen Polizei, die hat sie ausgelacht, dann ist sie zur Kripo und erst als sie dort behauptet hat ich wolle die DDR verlassen (ich war damals im letzten Studienjahr) wurde sie erhört und ich habe eine Vorladung bekommen und natürlich meinen Studienplatz erstmal verloren. Auch hier in der Demokratie darf sie munter weiter denunzieren — 2x hat sie mich beim Finanzamt denunziert — weil ich vor 15 Jahren so dumm war den Kontakt zu ihr bereinigen zu wollen, nach dem ersten nein von meiner Seite gleich wieder in die Vollen, gleich wieder Rache. Und sie will nie wieder Kontakt. Alles nicht so schlimm. Nur das Thema Mutter ist für mich gestorben. Bin selber gut zu mir. Das muss reichen.

    Es gibt in diesem Blog immer wieder Stimmen von Eltern, die offenbar voll blinder Ohnmacht und Wut sind, und ihre Einträge richten sich hier gegen jeden und alles.
    Das tut mir sehr leid. Meine Nachbarin ist eine der liebevollsten und respektvollsten Menschen, die ich kenne. Ihre Tochter hat sich einfach so verabschiedet, mit Enkel und der gesamten Tragweite, ohne Erklärungen, einfach weg.
    An ihr kann ich den Schmerz sehen, der nicht vergehen will. Amputation hat hier jemand gesagt, das trifft es wohl.
    Es gibt also zwischen schwarz und weiss, noch jede Menge grau, das sich jedem wirklichen Verständnis entzieht.
    L.G.

  3. @meike

    »Was ich hier sagen will ist, es geht nicht um die Kindheit und was da alles mal passiert ist, sondern um die Gegenwart. Und die funktioniert mit Leuten, die zwanghaft Macht und Kontrolle über alles und jeden haben müssen eben nicht. Weder in der Familie noch am Arbeitsplatz!«

    Zustimmung, mit einer Ausnahme: die (finanzielle) Abhängigkeit am Arbeitsplatz wiegt leider bedeutend schwerer als die von erwachsenen Kindern zu ihren Eltern. Aber es ist ein wichtiger Aspekt, dass Macht- und Kontrollwahn jede Beziehung kaputt machen. Ich kann Jesper Juuls Zitat auch nicht oft genug betonen, dass viele Eltern den Schritt von der Erziehung zur Beziehung (auf Augenhöhe) mit ihren Kindern nicht schaffen (wollen). Sie wollen sich mit ihren Kindern nicht auf Augenhöhe sehen, sondern blicken auch im Erwachsenenalter stets nur von oben auf sie herab. Genau das machen viele Kinder irgendwann nicht mehr mit.

  4. Mit nunmehr 48 Jahren, gelte ich wohl als Erwachsener. Doch im Umgang mit meinen Eltern, war ich lange, sehr lange noch ein Kind.
    Meine Eltern — Kriegskinder mit eigenen Verwundungen in der Kindheit — Mutter, ungewollltes Kind eines französischen Kriegsgefangenen, Vater — Sohn eines egoistischen, selbstverliebten Vaters in den Wirren und Ängsten eines Krieges aufgewachsen, fehlt es selbst an dem, was beide nicht weitergeben konnte: echte Liebe, Zuneigung, Interesse an den Kindern.
    Und die Lebensgeschichten meiner Eltern beinhalten noch mehr eigenen Schmerz und seelischen Verwundungen.
    Mein Bruder und ich, wurden versorgt — doch nicht umsorgt. Leider haben es meine Eltern nie erkannt oder geschafft eine Wende in Ihrem Leben zu vollziehen in dem es ihnen möglich war, echte Gefühle, echtes Interesse für ihre Kinder zu entwicklen und zu zeigen.
    Versorger, nicht Umsorger.
    In den Beiträgen vieler Menschen, die hier geschrieben haben, habe ich mich vielfach erkannt. Die ewige kindkliche Sehnsucht nach Liebe und elterlicher Wahrnehmung. Da wurde gearbeitet und geschafft, um wirtschaftliche und soziale Stellungen aufzubauen und zu sichern doch der emotionale Mangel der sich durch diese Familie zog, wurde die erkannt. Kinder spüren das, doch können sie es nicht einordnen. Lieblos aufzuwachsen, mit tiefer Unsicherheit dem Leben gegenüber versuchen diese Menschen, wie auch ich den Weg des Lebens anders zu gehen. Irgendwann dann, kommt die Konfrontation mit den Eltern. Der Versuch das zu gewinnen was nie gegeben wurde. Wie oft habe ich mich nach meinen Eltern und einer guten Beziehung zu ihnen gesehnt. Irgendwann sagte meine Mutter mir einmal, sie sei nicht in der Lage etwas zu geben, dass sie selber nie erfahren hat. Das glaube ich ihr bis zu einen gewissen Punkt. Das Recht der Vorwürfe habe ich nicht, aber das Recht der Entscheidung, wie ich mit meinem Mangel umgehe und meine Seele vor Verwundung schütze. Mittlerweile habe ich seit Jahren eine wunderbare Ehefrau und eine Tochter, die selbst bald hinaus in das Leben fliegen wird. Meine Familie. Derzeit bin ich ohne Kontakt zu meinen Eltern seit sechs Monaten. Natürlich denke ich darüber nach, ist es richtig so zu handeln. Doch fällt mir dazu immer wieder auch ein, warum es mir so geht. Allein bei dem Gedanken an meinen Erzeuger — Wie habe ich es vermisst mit meinem Vater als Kind einen Drachen zu bauen, die Welt zu erkunden oder Interesse zu spüren an Dingen, die mich interessierten. Für ihn war seine Welt schon fertig und in die haben wir Kinder keinen Eingang gefunden. Es gab nicht einen Anruf von meinem Erzeuger bei mir und meiner Familie — noch nie. Wenn mal das andere Ende des Telefons aktiviert wurde — und ein Telefon ist ja bekanntlich keine Einbahnstrasse, dann rief meine Mutter an. Im März habe ich erneut versucht Erklärungen für Verhalten zu finden und einen kurzen Moment, fielen die Vorhänge und ließen auf eigene Verletzung und tiefsitzende Traumatsierung blicken. Doch bin ich kein Therapeut — bedarf vielmehr selbst einer Therapie oder wie mein Frau sagt, den Entschluss die Situation so anzunehmen wie sie ist.
    Des Menschen Leid ist manchem Untergang — doch ebenso des einen Grund genug sich abzuwenden, dem Leid zu entsagen — das graue Kleider der Trauer abzulegen.

    Ich hoffe das gelingt den Menschen, die Ihre Seele hier offen legen.

  5. Ich kenne beide Seiten der Geschichte. Also das Verlassen werden vom Kind als auch das Verlassen der Eltern.
    Die Gründe sind vielfältig und auf den ersten Blick nicht zu durchschauen.
    Allgemein kann man dazu sagen. Wenn man auf die Welt kommt hat man im Gepäck ein leeres Fass, welches im Laufe des Lebens gefüllt wird. Jeder von uns weiß, dass so ein Fass irgendwann voll ist und überläuft. damit es nicht soweit kommt, muss man aus dem Fass einen Teil des Inhaltes entfernen. Übertragen kann man sagen, es muss aufgearbeitet werden und genau das ist innerhalb einer Eltern-Kind-Beziehung sehr schwer. Eltern erwarten Respekt, Eltern erwarten, dass Kinder ihre Lebenserfahrung akzeptieren und Lehren annehmen. Oft vergessen Eltern, dass ihre Kinder eigene Erfahrungen gemacht haben, die sich mit denen der Eltern nicht unbedingt decken müssen. Damit wird eine Kommunikation auf Augenhöhe sehr schwer oder unterbleibt sogar ganz.
    Dann kommt der Moment des letzten Tropfens, der das Fass überlaufen lässt.
    Jeder denkt dann, dass dieser letzte Tropfen die Ursache war und vergisst die vielen kleinen Tropfen, die das Fass vorher gefüllt haben.
    Es gibt nie eine Ursache! Es ist immer die Summe vieler Ereignisse.
    Diese aufzuarbeiten wird immer viel Zeit (und die muss man noch haben) brauchen und beide Seiten müssen sich darauf einlassen. Blockt eine Seite wird es nie zur Aufarbeitung kommen.
    Und das Verlassen tut genauso weh, wie das verlassen werden.

  6. @Elke

    Jeder denkt dann, dass dieser letzte Tropfen die Ursache war und vergisst die vielen kleinen Tropfen, die das Fass vorher gefüllt haben. Es gibt nie eine Ursache! Es ist immer die Summe vieler Ereignisse.

    Sehr schön ausgedrückt! Danke.

  7. @ Elke und andere Verlasser und Verlassenen:
    »Und das Verlassen tut genauso weh, wie das verlassen werden.«

    Bestimmt wird auch das Verlassen als ein schmerzhafter Schritt empfunden. Aber derjenige, der geht, hat die Gewissheit, das Heft in der Hand zu halten. Und wenn er / sie ehrlich ist: Er/Sie hat damit auch die Macht über die Beziehung in der eigenen Hand. Mal ehrlich: Was Ist das ein für ein Gefühl? Wenn ich schon die Überzeugung habe, nicht genügend oder nicht richtig geliebt worden zu sein (?), dann kann ich machen, dass andere richtig leiden?
    Das muss man fragen dürfen. Wer vor sich selbst eigene negative Verhaltensweisen nicht zugibt, hat vielleicht noch nicht einmal angefangen, mit sich und seinem eigenen Anteil an dem Dilemma ins Reine zu kommen! Der ist verhaftet darin, anderen eine allumfassende Schuld zuzuschieben und Macht auszuüben.

    Was ist das unendlich Wichtige an dieser Macht? Den anderen abgrundtief verletzen? Der Schrei: Sehr her, was du/ihr in der Vergangenheit gemacht hast/habt — ich bin aber noch böser, schlimmer, brutaler zu dir/euch? Ich setze dich/euch in die dunkle Ecke, da müsst ihr bleiben, bis ich euch wieder hole? Und ich bin diejenige, die länger aushält, weil ich voraussichtlich länger lebe?
    Krank sein ist schlimm, das Gefühl, krank gemacht worden zu sein ist bestimmt schlimmer. Aber: andere krank machen und ihnen keine Genesung zuzubilligen toppt das noch. Gebt doch den Eltern eine Chance!
    Vielleicht eine provokante These: Die Volkskrankheit Depression greift um sich, vielleicht ist das Verlassen eine Form davon, bei der man die Krankheitssymptome besser verdrängen kann, weil man diese anderen Menschen zuschieben kann.

  8. »Diejenige/ Derjenige die/ der geht hat die Gewißheit, das Heft in der Hand zu halten« und die Macht ob und wann sie/ er es zuläßt den Kontakt wieder aufzunehmen, spätestens dann, wenns ihnen wiedermal schlecht geht, ist das fair? Die Eltern in eine Schublade zu stecken, und bei Bedarf wieder rausholen, ist das fair? Sie mit Missachtung zu bestrafen, so wie einen Hund. Sicherlich ist nicht alles i.O.was Eltern sagen und tun, aber ist denn alles i.O.was die Kindern sagen und tun, genau sowenig. Ich bin auch eine verlassene Mutter, ich wollte natürlich auch nur das Beste für meine Tochter, ich habe ihr n u r beigestanden, als ihr Mann sie hochschwanger verlassen hat. Sie bei der Zahlung der Miete, bei der Anschaffung der Babyausstattung unterstützt, sie immer wieder seelisch aufgebaut, als sie nicht mehr wollte, sie in den Arm genommen und ihr gesagt, das wird schon alles wieder gut...dann wurde das Baby gesund geboren, selbst da habe ich ihr beigestanden. Dann begann die Wandlung, mein Schwiegersohn entwickelte Vatergefühle und hatte wieder Interesse an seiner Frau, meiner Tochter. Er zog dann wieder zu ihr, sie hat dann den Kontakt zu mir und meiner Familie komplett abgebrochen. Bei einem Versuch mit ihr zu sprechen, meinte sie nur, sie habe sich für Ihren Mann entschieden und da sei kein Platz für mich. Nun warte ich seit fast einem Jahr in »der Schublade«, bin ohnmächtig, sehe meinen Enkel nicht aufwachsen,fair ist das nicht, ich habe ihr doch nur geholfen, wie es jede Mutter tun würde.

  9. @ Erika:
    »Nun warte ich seit fast einem Jahr in »der Schublade«, bin ohnmächtig, sehe meinen Enkel nicht aufwachsen,fair ist das nicht,...«

    Liebe Erika, ganz sicher ist das unfair! Das ist obendrein dumm, egoistisch und brutal auf Seiten der Tochter. !!!
    Und dennoch überlegt man sich, wenn man in der Schublade steckt, immer und immer wieder: Was hätte ich denn anders machen sollen oder können? Was habe ich falsch gemacht? Nein, für so eine Verhaltensweise sind nicht wir Eltern verantwortlich, die wir im Notfall einspringen und Hilfestellung geben in allen Lebenslagen der Töchter und Söhne, die diese bereits verbockt haben. Auch meine Tochter hatte eine Trennung und anschließende Scheidung hingelegt. Mühselig habe ich / haben wir viel praktische und finanzielle Nothilfe geleistet. Haben unser »Geländer« stückweise zurückgenommen, als sie wieder auf eigenen Beinen stehen konnte. Sie fasste Fuß — so dachten wir. Aber dann sind auch wir ganz tief in die Schublade gesteckt worden (»Ich brauche Abstand... ich will mich selbst finden .. ich habe Freunde, die mir helfen... ich muss meine eigenen Fehler machen dürfen .. ihr engt mich ein....kapiert ihr es endlich?!«).

    In der dunklen Schublade, ohne jeglichen Kontakt, stecken wir seit mehr als 2,5 Jahren und haben — gefühlt — keine Aussicht auf Änderung.
    Nein, solche Töchter haben wir nicht aufgezogen! Das haben die erst hinbekommen, als sie schon lange für ihr eigenes Leben verantwortlich waren.

  10. Anna, danke für deine Worte, ich befasse mich mit diesem Thema erst seit kurzem im Net und bin derart überrascht, wie oft das vorkommt, daß Kinder den Kontakt für immer abbrechen. Ich kenn das aus meinem Freundes — und Bekanntenkreis nicht. Mir ist schon klar, daß es für das Kind bestimmt auch nicht leicht ist, diesen Schritt zu gehen. A b e r wieso geht es ihn dann. Es gibt doch für jedes Problem eine Lösung, so meine Meinung. Sich einfach aus dem Staubzumachen, ohne dem Gegenüber zu sagen w a r u m, ist das nicht feige. Sicherlich gibt es Konstellationen, bei denen das miteinander reden nicht mehr funktioniert, bzw. nicht mehr hilft, wo aneinander vorbei geredet wird, wo Gewalt vorherscht, physisch oder psychisch, in solchen Fällen kann ich dann nachvollziehen, daß es zum Bruch kommt. Aber in meinem Fall oder auch deinem Fall, wo man nur heholfen hat.....Ich habe meine Kindern immer schon Freiräume gelassen, sicher gab es auch Grenzen, die gibt es aber überall. Ob das im Kindergarten, Schule, Beruf oder eben in der Familie ist, überall wo Menschen zusammen leben, sind Grenzen, Gesetze.....selbst in der Tierwelt gibt es eine Hierarchie. Ein weiser, älterer Mann sagte mir einmal,« wir können unseren Kinder alles geben, n u r Erfahrungen müssen sie selber machen. Anscheinend müssen unsere Töchter, eben diese Erfahrung diesen Reifeprozess noch machen, alleine.....vielleicht merkt sie ja in einigen Jahren, wenn ihr Sohn mal älter ist, was es heißt, ein Kind zu erziehen, nämlich eine Gratwanderung zwischen fordern und eingrenzen, zwischen lieben und in Liebe ersticken, zwischen loslassen und festhalten. Und das alles immer zum richtigen Zeitpunkt genau erkennen, was zu tun ist, bis es selbst dazu in der Lage ist....liebe Anna , ich wünsche dir und deinem Mann, daß Eure Tochter euch wieder aus « der Schublade« holt....

  11. @ Anna

    Ich weiß, es mag provokativ sein, wenn ich sage du hast recht!
    Derjenige, der den Kontakt abbricht, hat die Fäden in der Hand und kann bestimmen ob jemals wieder ein Kontakt zu stande kommt.
    Eins kannst du mir glauben. Keiner wird den Kontakt ohne langes Überlegen abbrechen. Jeder Abbrecher ( auch wenns keiner zugeben will) denkt nach dem Abbruch noch an seine Eltern, fragt sich was wäre wenn.
    Eins muss aber respektiert werden. Wer abbricht, fühlt sich zu tiefst verletzt und hat oft auch die Angst im Nacken, dass bei einer Kontaktaufnahme es wieder zu Verletzungen kommt. Genau diese Angst hält wohl die meisten davon ab den Kontakt wieder zu suchen. Verhalten, dass sich jahrelang eingeschliffen hat, kann keiner in Sekunden ablegen und das trifft auf den Verlasser genauso zu wie auf den Verlassenen.
    Und wie ich es in meinem ersten Beitrag schon sagte: BEIDE SEITEN MÜSSEN WOLLEN! Das braucht Zeit! Manchmal auch viel zu viel Zeit, die man nicht immer hat.
    Ob ich noch die Zeit habe mit meinen Eltern das so zuregeln, dass wir alle damit leben können, weiß ich nicht.
    Ich habe den Kontakt vor 2 Monaten (nach 35 Jahren Ausgrenzungen aus der Familie) abgebrochen und da ich 60 bin, kann sich jeder ausrechnen wie alt meine Eltern sein müssten.

  12. @Elke

    »Derjenige, der den Kontakt abbricht, hat die Fäden in der Hand und kann bestimmen ob jemals wieder ein Kontakt zu stande kommt.«

    Fäden, Macht, Einfluss, Kontrolle — diese Begriffe finde ich bei diesem Problem eher unpassend. Jeder kann doch den Versuch einer Kontaktaufnahme starten, eine Problemlösung anbieten. Wo steht denn geschrieben, dass die Verlassenen sich in ihr Schicksal fügen müssen? Vielleicht wollen sie womöglich selbst auch gar nicht mehr?

    Das Problem ist meines Erachtens, wie es ein Kommentar schon einmal treffend gesagt hat, dass für eine Konfliktlösung eine ernsthafte Selbstreflexion seitens der Eltern erforderlich ist. Und hätte es diese auch vorher schon gegeben, hätte es höchstwahrscheinlich auch keinen Kontaktabbuch der Kinder gegeben.

    Mich freut es zwar, dass der Artikel so viel Nachfrage erzeugt, ich merke aber, dass sich die Kommentare letztlich nur im Kreis drehen. Hier wird die Schuld/Verantwortung, wie beim schwarzen Peter und der Reise nach Jerusalem immer wieder hin und her geschoben: Eltern, Kinder, Eltern, Kinder, Eltern, Kinder...Das hilft niemandem. Und ist auch nicht der Kern der Lösung.

  13. @ epikur:
    »Jeder kann doch den Versuch einer Kontaktaufnahme starten, eine Problemlösung anbieten. Wo steht denn geschrieben, dass die Verlassenen sich in ihr Schicksal fügen müssen?«

    Wenn es nicht so traurig wäre, wäre dieser Beitrag fast komisch! Die Verlassenen, die ich kenne — mich eingeschlossen — haben viele Versuche unternommen, den Kontakt wieder herzustellen. Aber als Antwort auf vorsichtige, freundliche, offen gehaltene Angebote (egal ob Anruf, Brief, Karte, E‑Mail, SMS, Besuchsversuch.....) wenn es denn überhaupt eine Reaktion gab/gibt, erfolgt diese nur in Form einer noch heftigeren Zurückweisung.
    Und die Versuche — die ich gestartet habe/kenne/mitbekommen habe waren zuvor überlegt. Immer wieder freundlich, ohne Vorwürfe, ohne Schuldzuweisung, ohne Jammern oder Betteln. Alles, damit kein (Gefühls-)Porzellan zu Bruch gehen braucht und die Verlasserin unbedingt das Gesicht wahren kann....
    Lieber epikur, schlag doch bitte eine Möglichkeit vor, da bin ich ganz offen!
    Bisher sehe ich diese Macht, den Kontakt aufzunehmen oder zuzulassen ausschließlich bei den Verlassern! Was ich aber höre ist, dass du selbst offenbar einer Annäherung von der anderen Seite nicht abgeneigt wärst. Gehe deinen Eltern (?) entgegen, denn die wissen wahrscheinlich nicht, dass du jetzt dazu bereit bist!

  14. Will mich nicht zu sehr in das Thema einmischen, aber, ich denke, ich kann für Sache folgendes hinterlassen:

    Manchmal ist dort lediglich so viel Entfremdung, dass — wenn das eine Ehe wäre, dass es für alle Beteiligten die am wenigsten schmerzvolle Lösung ist, wenn es einfach die Scheidung gibt.

  15. Mir sagte mal jemand, dass streiten gelernt sein will. Sein Rat war folgender: Sprich immer über deine eigenen Gefühle, denn die kann dir niemand absprechen. Mache keine Schuldzuweisungen, die rufen nur den Unmut deines Gegenübers hervor und führen zu neuen Auseinandersetzungen und auch zu neuen Verletzungen von Gefühlen.
    Diesen Rat zubefolgen, ist sehr schwer, da wir (und mit wir sind wir alle gemeint ausnahmslos) dazu neigen doch Sätze zu benutzen, die wie folgt beginnen: Du tust immer ..... Du hörst mir immer nicht zu. usw
    Zu dem Rat gehörte auch noch ein Hinweis. Sage nie,dass das was der andere sagt, nicht wahr sei, wenn dein Gegenüber über seine Gefühle spricht.
    Was der eine wegsteckt, kann einen anderen bis ins Mark verletzen.
    Vielleicht sollte man einen Kontaktversuch damit starten mal nur darüber zu philosophieren, was man selber falsch gemacht haben könnte und zu fragen ob man richtig liegt sich zu entschuldigen und zu sagen, man wolle sich mit Hilfe des anderen ändern. Vielleicht auch einzugestehen, dass es ein steiniger und sehr harter Weg wird.
    Dazu gehört dann auch, Kritik einstecken zu müssen, die nicht immer angenehm ist und wenns weh tut auch mal um Zeit zu bitten, das zu verarbeiten.
    Das gilt dann für beide Seiten.
    Ich könnte mir gut vorstellen, dass die ersten vorsichtigen Kontakte Anrufe zu Feiertagen und Geburtstagen sind.
    Und ich bin zu diesem Schritt noch nicht bereit. Ich setze mich nur mit dem Thema auseinander, weil mir meine Mutter leid tut, die immer um des lieben Familienfriedens Willen, mir was vorgemacht hat und dabei nie bedachte, wie es bei mir ankommen könnte. Ihretwegen habe ich mir das 35 Jahre gefallen lassen. Leider war jetzt doch ein Punkt erreicht, wo ich nicht mehr konnte und was die Zukunft bringt, kann keiner wissen.

  16. @Elke: Ja, Streit ist eine Auseinandersetzung mit dem anderen und wirklich wichtig, und Streiten will gelernt sein. Aber wer kann mit sich allein streiten? Wer verlässt, nimmt sich selbst und vor allem dem anderen jede Möglichkeit, diese Form der »Auseinandersetzung« zu erproben, zu lernen, zu üben und vielleicht zu einem Kompromiss zu kommen oder eventuell gemeinsam zu erkennen, welche Sichtweisen eben nicht übereinstimmen und wo die Fettnäpfe aufgebaut sind. Wer aber geht und sagt, er könne nicht streiten, der nimmt dem anderen jegliche Möglichkeiten. Das ist schon in besonderer Weise unfair und eine Machtausübung, die einer (familiären) Verbindung mit Höhen und Tiefen diametral entgegen steht.
    Ich bleibe dabei: Die Verlassenen haben keinerlei Möglichkeit, etwas zu verändern, weil ihnen jegliche Möglichkeit genommen wird, etwas zu klären!!! Ja, sie können nicht einmal Kritik »annehmen«, weil es nicht einmal inhaltliche Kritik gibt. Tagtäglich sinniere ich, was falsch gelaufen ist und was ich falsch gemacht habe. Eine Antwort bekomme ich aber nicht. Eigene Fehler mag ich erkennen, aber wie soll ich ermessen, was der andere so unannehmbar findet? Und vor allem: Wie soll ich mangels gelebter Beziehung etwas daran ändern können?

    Und zu sagen, man habe es ja so lange aushalten und schlucken müssen....bitte, was denn? Haben die Verlasser denn vorher überhaupt gesagt, was das Problem ist? Haben sie jemals die Dramatik ihres späteren Handelns erkennen lassen? Oder haben sie immer nur etwas abgenickt oder vorgespielt und sind deshalb sauer auf sich selbst? Der Verlassene konnte/musste zuvor vielleicht denken, es sei alles in Ordnung!?
    Die Verlasser müssen sich schon fragen, ob sie vorher nicht vielleicht sehr unehrlich waren.... womit wir wieder beim Punkt Fairness sind....

  17. @ Anna Du schreibst keiner hat hier genau gesagt, warum er den Schritt ging und den Kontakt abbrach.
    Das ist so persönlich, dass es viele als unangemessen betrachten, es öffentlich zu machen.
    Ich werde dir nur 3 Punkte nennen, die gravierend waren und die sich durch mein Leben zogen.
    Ich wurde von meinen Eltern als Hure und Nutte bezeichnet und das nur weil ich als Volljährige eine Nacht nicht zu Hause war.
    Auf diversen Familienfeiern hieß es: Du bleibst hier und darfst nicht in diesen oder jenen Raum, weil der der Familie vorbehalten ist.
    Und es ist auch sowas von egal, was ich tue, es ist und bleibt aus Sicht meiner Familie falsch. Habe ich mal um Rat gefragt, dann hieß es im Vorfeld immer nur, ich müsse es alleine wissen.
    Und das sind nur 3 Dinge.
    Da meine Familie weiter weg wohnt und wir uns auch nicht jeden Tag oder jede Woche sehen können, ist es schwierig eine Diskussion zu führen. Am Telefon hört man sich, aber man sieht sich nicht.
    Was aus meiner Sicht dazu kommt, je älter wir werden um so schwieriger ist es sich Fehler einzugestehen und nachzugeben. Viele Psychlogen nennen das dann Altersstarrsinn.
    Und meine Eltern haben die 80 überschritten.
    Und nun soll ich mich fragen, ob ich unehrlich war?
    Ist es fair sein Kind zu beleidigen? Ihm einen Rat zu verweigern und hinterher über die Entscheidung, die es traf zu maulen? Ist es fair jemanden aus der Familie auszuschließen?
    Fehler machen wir alle!!!!!!!
    Fehler sich selber einzugestehen, ist schwer.
    Mein Fehler war der, dass ich mein Leben führen wollte, den Beruf erlernen, der mir Spaß macht.
    Und eben der, dass ich meinen Mund gehalten habe um des lieben Familienfriedens Willen.
    Vieles was mich ins herz traf, ist für den rest der Familie irrelevant, weil ich eben schwieg, und längst vergessen und kommen diese Dinge zur Sprache, heißt es nur: NEIN das ist alles nicht wahr.
    Nur über Gefühle kann man nicht streiten

  18. Hallo, ich bin heute zum 1. Mal hier in diesem Forum und es ist äußerst interessant, all die Dinge zu lesen, von beiden Seiten. Ich/wir bin/sind auch verlassene Mutter/Eltern, deren 2. Sohn ohne jegliche Möglichkeit für uns als Eltern den Kontakt abbrach, und zwar schon 2009, also vor 6 Jahren! und auch erst seit seiner neuen Beziehung/Freundin, die uns gar nicht kennt. Jegliche Versuche unsererseits scheiterten, im Gegenteil, es wird mal besser und momentan wieder schlimmer, leider! Ich würde mich Anna anschließen, wenn wir als Eltern mehrfach unsere Bereitschaft signalisieren, Fehler, die wir aus Sicht des 2. Sohnes machten (unser 1. Sohn hat sehr!!!! guten Kontakt zu uns und kein Problem mit uns, obwohl er die gleiche Erziehung genoss!!!), hören und gern aufklären wöllten, immer wieder scheitern. All unsere Versuche, den Kontaktabbruch nachvollziehen zu können, zu verstehen, verlaufen im Sande und gären somit umso mehr. Belastend wird dies, weil der Sohn bereits eine Tochter hat und auch diese unter dieser Situation leidet. Er wurde mit 17 Jahren Vater (Kindesmutter 15,5 Jahre!), sodass die Großeltern (also wir und die der Kindesmutter) den Großteil anfangs übernahmen, damit beide ihre Lehre beenden konnten und somit beide in ihrer Elternrolle unterstützten und begleiteten, ist es für uns umso unverständlicher und nicht nachvollziehbar, dass zu uns ohne Erklärungen der Kontakt durch ihn abgebrochen wurde. Es ist traurig, dass heutezutage manche Kinder so leichtsinnig mit Beziehungen umgehen, nicht nur den Eltern gegenüber, auch mit ihren Partnern. Wie oft werden heutzutage Beziehungen beendet, obwohl Kinder in die Welt gesetzt wurden, ohne zu kämpfen/zu klären, worunter auch wieder diese Kinder leiden müssen. Vielleicht machen es sich manche auch zu einfach, wenn bei Unstimmigkeiten, die nun mal unter mehreren Erwachsenen vorkommen, sobald auch die Kinder erwachsen sind, voreilig und zu schnell die »Flinte ins Korn geworfen wird«. Wir haben gelernt, respektvoll ! mit unserem Gegenüber umzugehen und auch deren Meinung zu hören, um im besten Fall gemeinsam zu einer Lösung zu gelangen, mit denen beide Seiten leben können.

  19. @Anna und Elke

    Es kommt immer darauf an, WARUM Kinder ihre Eltern verlassen. In eurem Beispiel ist das natürlich nicht ganz fair gelaufen, das tut mir auch leid für euch. Aber das heißt nicht, dass man alle Kinder über einen Kamm scheren kann.
    Ich werde sehr wahrscheinlich auch bald den Kontakt zu meinen Eltern einschränken. Wenn man die ganze Kindheit über ständig das Gefühl vermittelt bekommt, nie gewollt worden zu sein, immer nur als Fußabtreter für die elterlichen Launen benutzt wurde und nie, aber auch wirklich nie was recht machen konnte und teilweise sogar als Schlampe beleidigt wird, sagt mir, wo hätte ich da nicht das Recht den Kontakt zu mindern, wenn nicht sogar ganz einzustellen? Jegliche Versuche in Ruhe miteinander zu reden sind gescheitert, weil einem eh nicht zugehört wird geschweige denn, dass man ausreden darf. Statt Interesse an den Gefühlen des Kindes zu zeigen, werden lieber Schuldzuweisungen gemacht und ein schlechtes Gewissen eingeredet. Mit Sicherheit gibt es viele Kinder, die quasi grundlos den Kontakt abbrechen, aber es gibt auch die, die wirklich keine schöne Kindheit hatten. Warum soll ich mit jemanden noch weiter Kontakt pflegen, wenn er sich sowieso nie für mich interessiert hat und die Fehler nur bei mir sucht und sich selbst immer in die Opferrolle stellt, sobald auch nur ein klitzekleiner Hauch von Kritik in der Luft liegt? Sogar die ganze Familie inklusive damaliger Freunde hat sich abgewandt...Das hat seine Gründe!

    Es sind meine Eltern und natürlich hadere ich auch noch mit mir. Aber ich merke selber, dass ich mit den beiden einfach nicht auf einen grünen Zweig komme. Es macht in meinen Augen einfach keinen Sinn, immer wieder ein ruhiges erwachsenes Gespräch mit jemanden zu suchen, der nicht mal im Ansatz dazu bereit ist, mich zu Wort kommen zu lassen, mir zuzuhören und mich erst zu nehmen.

  20. @ Susi:
    Offenbar bist du noch in der Phase, in der du den Weggang/ die Trennung noch nicht vollzogen hast. Dann bist du vielleicht ja noch offen für Denkanstöße oder Nachfragen:
    Deine eigenen Befindlichkeiten kannst (nur) du selbst gut überblicken, die mit der Weiterführung der Beziehung verbundenen Schmerzen (?) kann niemand außer dir empfinden.
    Aber du bist diejenige, die derzeit den anderen das Verschulden, die Verantwortlichkeit für die Situation zuschiebst. (Wie sieht die andere »Seite« das, wenn sie wüsste, um was es geht? )
    Und was glaubst du, wird der Weggang bewirken im Hinblick auf alle Beteiligten? Soll hier eventuell Gleiches mit Gleichem vergolten werden? Sollen die anderen spüren, was du glaubst, erlitten zu haben? Warum soll der Schritt des aktiven »Verlassers« der gute, richtige sein? Ladt nicht (genauso) ein Verlasser Schuld auf sich?

    Mir kommt die Sichtweise, nur in sich allein hineinzuhorchen, sehr isoliert vor.
    Das alte indianische Sprichwort, dass man zunächst eine Zeit in den Mokassins des anderen gewandert sein müsse, bevor man über ihn urteile, hat auch für Verlasser sicher eine Botschaft. (Okay, gilt auch für mich hinsichtlich deines Verhaltens; aber ich (ver-)urteile nicht, sondern bemühe mich, etwas zu retten was hoffentlich noch zu retten ist!)
    Und schließlich gibt es das noch immer geltende Sprichwort für gutes Handeln: Was du nicht willst was man dir tut,das füg auch keinem anderen zu. (Eine Grundregel, mit man jungen Menschen auch die jeweils andere Sichtweise nahebringen will).
    Und ganz vielleicht hält die Sache ja auch noch völlig andere Perspektiven bereit...... Ich drücke die Daumen!

  21. Danke, ich nehme auch immer wieder teil an euren Geschichten. Aber ich denke auch, man sollte doch unter Erwachsenen so fair miteinander umgehen, dass man sich über Probleme, Sichtweise etc. austauschen kann. Denn wenn die Kinder nicht wissen/fragen, warum die Eltern zu dieser oder jener Zeit diese oder jene Entscheidung trafen, können auch die Eltern darauf keine Antworten geben, wodurch jeder immer in seinen eigenen Ansichten verharrt, andere dann ggf. entsprechend (falsch) aus seiner Sicht informiert und diese sich wiederum ihre Meinungen usw. über diese Ansichten äußern. Und so bleibt es immer wieder ein Kreislauf — ähnlich Hamsterrad — und keiner klärt den anderen auf bzw. spricht mit seinem Gegenüber, um den es geht usw. Und das ist und bleibt für mich das Problem. Ich selbst kann auch hin und her spekulieren, ich komme auf keinen grünen Zweig, weil ich nicht weiß, warum mein Sohn den Kontakt zu mir, anfänglich, und inzwischen auch zu mehreren anderen in der Familie abgebrochen hat (z.B. Bruder, Tante, Cousine, Großeltern, ehem. Freunde), und das ist eben sehr schade. Hinzu kommt, dass man sich sehr schnell auseinander lebt, also die Distanz so groß wird, dass man nur noch schwer Zugang oder Verständnis findet und das wiederum verstärkt die Trennung, untergräbt einen Neuanfang usw. Fragt man nach, wie es dem Sohn geht, wird dies als Einmischung empfunden/definiert, abgewehrt, dabei möchte man es ja wirklich wissen, wie es dem eigenen Kind geht, fragt man nicht, wird einem ggf. vorgehalten, man interessiere sich nicht für die Kinder/deren Bedürfnisse/Leben usw. Und wie schon gesagt, auch ich war keine perfekte Mutter/perfekte Eltern, aber wir haben immer alles im Sinne unserer Kinder getan, ihnen zur Seite gestanden, uns für sie interessiert und trotzdem sind eben auch uns einige Dinge durch die Lappen gegangen, also wurde nicht bedacht oder beachtet, obwohl man dies nicht wollte. Aber das passiert überall, in jeder Familie, niemand ist fehlerfrei und perfekt. Und ich denke, dass mein Sohn dies nun selbst auch spürt, in der Erziehung seiner Tochter, die täglich neue Entscheidungen von ihm und der Kindesmutter fordert, und je größer und älter die Kinder werden, desto schwieriger wird es, ihnen die erforderliche und passende Hilfe zu geben. Auch unter diesem Gesichtspunkt sollten sich beide Seiten nach wie vor bemühen, auf Augenhöhe und mit Respekt aufeinander zuzugehen und die Probleme offen an- und besprechen. Es ist schade um jeden Tag, den man sich voneinander entfernt. Ich hatte mit 13 Jahren meinen 15-jährigen Bruder verloren, also war selbst noch Kind, konnte nichts daran ändern und ich würde sonst was dafür geben, dass er noch da wäre. Und das Leben mit seinen täglichen Herausforderungen ist auch eh schon schwer genug, um es sich mit solchen Dingen noch schwerer zu machen. Wie gesagt, in meinem Fall, da gab es keine Schlägereien, keine Misshandlungen usw., was ich dann auch noch eher nachvollziehen könnte, wenn es dann zu einem Abbruch käme ... Liebe Grüße Sabine

  22. +++ ANNA schrieb: Was erwartet ein/e »Kontaktabbrecher/in « denn von seinen/ihren Eltern?
    Was sollen Eltern denn tun oder eben nicht tun? Vielleicht sind diese Eltern ja ebenso »hilflos« ????
    Was wollen »Kontaktabbrecher/innen« denn für Eltern?????????
    Gibt es diese Spezie von Eltern überhaupt? Ich wüsste gerne, wie diese Eltern gestrickt sein müssten« +++

    Ich für meinen Teil möchte von meinen Eltern, dass sie die Trennung unserer Leben akzeptieren und ihren persönlichen Schmerz darüber mit sich ausmachen.

    Am Anfang des Abbruchs war es einfach tiefster, wunder Schmerz für mich. Heute ist es eine genervte Müdigkeit. Kommt das Thema auf, so wie jetzt bei der Geburt meines Kindes, sagt mein Bauch ganz banal: »Ich habe echt keinen Bock!« Darauf höre ich.
    In all den Jahren des Abbruchs habe ich mich von meinem Leben mit Ihnen gut erholt. Ich schlafe wieder gut und träume nicht mehr jede Nacht, wie meine Mutter mich anschreit und schrecke nicht in marktiefer Angst zusammen, wenn mal eine Tür zu knallt. Ich habe tiefe Beziehungen aufbauen können und empfinde Gefühle wie Zufriedenheit und Glück. Es ist wirklich ein schönes Leben, eines was ich vorher nicht kannte. Was soll ich also vermissen? Sie brauchen nichts mehr tun!

    Und ja klar, mein kindliches Ich hat sich schon immer eine liebende Mama gewünscht. Bei jeder meiner Freunde machte ich den Neue-Mami-Test: »Wäre Sie nicht passender für meinen Vater?« Mit knapp 13 wollte ich sie auch mal umbringen, um Platz für eine neue Mama zu schaffen, »...die Nachbarin war einfach immer so freundlich und hätte uns sicher adoptiert...« Es blieben aber »nur« Gedanken eines Kindes, was sich Eltern wünschte, die es unterstützen und schützen. Es nicht nieder und lächerlich machen, es klein halten. Gerne hätte ich auch noch viel Fröhlichkeit und Lust am Leben dazu gehabt, das kam mir in anderen Familien sehr spaßig vor.

    Nun ja gestern wie heute, mein Vater ist mit seiner Depression beschäftigt und meine Mutter führt den narzisstischen Familienzirkus an. Und wenn sie nicht gestorben sind....

  23. @ Felie:
    »Ich für meinen Teil möchte von meinen Eltern, dass sie die Trennung unserer Leben akzeptieren und ihren persönlichen Schmerz darüber mit sich ausmachen.«
    Das klingt in meinen Ohren ziemlich gruselig. Und wofür wird deine Tochter/dein Sohn dich später hassen? Für die Gefühlskälte gegenüber nahen Angehörigen? Für das Vorenthalten von Großeltern? Für das Wissen oder Ahnen um den Schmerz, den die eigene Mutter anderen sehenden Auges bereitet?

    All das aber war leider keine Antwort auf die Frage, wie denn Eltern sein sollen. Dass es bei den anderen Familien immer so schön aussieht (nach außen) ist eine kindliche Sichtweise, die m.E. unreflektiert und eben kindlich ist. Und kindliche Gedanken (»hoffentlich bin ich ja adoptiert«) überwindet man doch, wenn man erwachsen wird und erkennen muss, dass niemand vollkommen ist und auch, dass man selbst ein gerütteltes Maß an Fehlern hat. Manche der eigenen Fehler sind vielleicht lässlich, andere liebenswert und andere eben auch weniger schön....Keiner von uns ist vollkommen (Gott sei Dank!).

    Aber hat denn jemand, der über den eigenen Vater (der ja in der Kindheit offenbar ein »Guter« war) ganz kalt sagt: »Der ist jetzt mit seiner Depression (die ich ihm beschert habe??) beschäftigt!« denn überhaupt das moralische/soziale Level dieser Eltern verlassen haben?
    Wenn ich meine Eltern nicht liebe oder zumindest respektiere und »achte«, wie kann ich dann darauf bauen, selbst geliebter Elternteil zu werden/zu sein/zu bleiben?
    Ich verstehe nicht, was wirklich dahinter steckt!

  24. @Anna: Ich versuche mal, so gut es geht und so fern es mir zusteht, auf deine Frage »Ich verstehe nicht, was wirklich dahinter steckt!« zu antworten. Ich verfolge die Beiträge in diesem Blog schon etwas länger und fasse deine Beiträge oft so auf, dass du nicht begreifst, wie man als Kind den Kontakt zu den Eltern/einem Elternteil komplett abbrechen kann.
    Ich bin selber gerade in der Phase den Kontakt zu meiner Mutter — zumindest fürs Erste — abzubrechen. Ich kann mir auch vorstellen, dass das für viele Menschen erstmal komplett falsch klingt. Aber du musst auch bedenken, dass man nie weiß was genau in einer Familie vorgefallen ist! Und was der tatsächle/ausschlaggebende Grund für den Kontaktabbruch ist. Und hier möchte ich auch noch vorher sagen, dass die meisten, die den Kontakt abbrechen, sich dies sehr gut überlegen und das nicht »einfach so mal« machen. Es gibt bestimmt auch vereinzelt Situationen, in denen die Kinder zu unrecht dies durchziehen. Aber ich schätze, das ist eher die Ausnahme...was jetzt aber nur meine persönliche Meinung ist.

    In meinem Falle ist der Kontaktabbruch zu meiner Mutter reiner Selbstschutz! Meine Mutter ist eine manipulative und integrante Person. Zudem hat sie seit ca. 30 Jahren ein Alkoholproblem — es gibt Zeiten, in denen läuft es gut. und dann wieder Zeiten in denen es schlecht/ richtig schlecht läuft. Alle paar Jahre macht sie einen Entzug und dann geht es wieder von vorne los. Und der Rest der Familie muss »eben damit klarkommen«. Es wurde zudem nie darüber gesprochen. Sobald ich mal probiert habe das Thema anzusprechen, wurde dies unterbunden. Überhaupt — gefragt, wie es MIR dabei geht/ging, wurde ich noch nie in meinem ganzen Leben!
    Zudem behandelt mich meine Mutter anders als meine 3 Geschwister. Ich wurde schon immer benachteiligt. Ich habe lange versucht mir einzureden, dass dem nicht so ist, aber es stimmt. Aufgrund von Situationen, die geschehen sind, kann mir niemand mehr sagen, dass ich mir das »nur einbilde«. Selbst mein Vater und meine jüngste Schwester sehen das auch so. Mein Vater versucht seit Jahren von meiner Mutter zu erfahren, was genau sie denn gegen mich hat. Bis heute hat er keine Antwort darauf bekommen.
    Ich muss mir seit meiner Kindheit nur anhören, dass meine Geschwister ja sowieso besser seien als ich. Ich kann machen oder erreichen was ich will, — es ist nie genug und die anderen sind immer besser. Ich habe letztes Jahr mein Studium mit einer sehr guten Note abgeschlossen. Mir wurde zwar dazu gratuliert (ich denke auch »nur« weil selbst meine Mutter bei einem Einserschnitt nicht viel meckern konnte, es kam halt ein »Gut gemacht. Gratuliere« über ihre Lippen), später aber baffte sie mich an, dass ich »ja dann sowieso keine Arbeit finden werde. Und wenn ich dann vom Arbeitslosengeld lebe, müsse ich schon dort bleiben wo ich jetzt wohne, denn zu uns [also zu ihr & meinem Vater] könne ich ja eh nicht zurückkomen«.

    Und glaub mir, es sind sehr viele solcher Vorfälle passiert! Dazu auch noch miese Psychospielchen, sie versucht u.a. mich gegen meine Geschwister auszuspielen und andersum. Und wehren kann ich mich nicht (mehr). Mir wurde seit meiner Kindheit eingebläut, immer schön meine Klappe zu halten. Und wenn ich mal nur erwähnte, ich fühle mich ungerecht behandelt, wurde/wird meine Mutter aggressiv. Also verbal aggressiv und ich musste mir da schon echt krasse Sachen anhören.
    Sie ist da wie eine Mauer. Ich weiß noch wie ich einmal weinend vor ihr stand und sie anflehte mir zu sagen, was denn los sei! Sie hat mich nur eiskalt angeguckt und gemeint »dass wisse ich schon« Mehr nicht!
    Und ich weiß bis heute nicht was sie gegen mich hat. Ich denke, ich werde es auch nie erfahren.
    Und bevor ich daran noch mehr kaputt gehe, ziehe ich jetzt die Grenze für mich.

    Und auch noch zu deiner anderen Frage, Anna: »Für das Vorenthalten von Großeltern? « Ich habe mir darüber auch schon Gedanken gemacht. Jetzt habe ich noch keine Kinder, aber wenn/falls ich mal welche habe, weiß ich nicht, ob ich möchte, dass meine Kinder »so eine Großmutter« haben. Es ist bestimt nicht gut, dass man den Kindern die Großmutter »vorenthält« aber hier denke ich mir: Was ist das kleinere Übel?
    Klingt vielleicht irgendwo emotionskalt von mir, aber es ist nun so wie es ist. Die Situation habe ich mir ja auch nicht ausgesucht und ich habe wirklich jahrelang probiert die Beziehung zu meiner Mutter irgendwie einigermaßen gerade zu rücken. Es fühlt sie aber so an, als würde ich nur geben und geben — und nichts zurückbekommen bzw. nur wieder aufs neue enttäuscht werden.
    Und das ist auch nicht gesund. Meine Mutter hat mir deutlich gezeigt, wie wenig ich ihr bedeute. Es kann gut sein, dass dies auch irgendwie mit ihrem Alkoholproblem zusammenhängt, aber solange sie das nicht in den Griff bekommt/bekommen will, kämpfe ich sozusagen gegen eine Krankheit. Und das kann ich nicht gewinnen! Da schütze ich mich lieber selber, auch wenn der Kontaktabbruch an sich auch weh tut.

  25. Ich sagte ja schon, dass ich mich von meinen Eltern losgesagt habe. Meine erwachsenen Kindern habe ich den Umgang mit ihren Großeltern nie verboten. Was ich mit meinen Eltern habe, ist die eine Seite. Was meine Kinder haben eine andere.
    Selbst nach meiner Scheidung durften meine Kinder auch zu den Eltern meines geschiedenen Mannes und der jüngste war da noch ein Kind von 9 Jahren.
    Bei mir kann man also nicht vom Vorenthalten reden.
    Ich habe mich zu diesem Schritt entschieden, um selber mal zur Ruhe zukommen und um auch mal herauszubekommen, ob sich für mich was ändert.
    Es tut schon weh, wenn man hören muss, dass der eigene Vater nur von der Schwester (selbst ihr Sohn wird verschwiegen) und ihrer Tochter und deren Kindern spricht. Das Gefühl, ich würde gar nicht existieren, ist nicht angenehm.
    Jahrelang habe ich den Kontakt nur wegen der Mutter aufrecht gehalten. Wohl wissend, dass ich belogen werde, wenn es um die Familie geht.
    Wie wohl und willkommen fühlt man sich in der Familie, wenn man bei jeder Gelegenheit geschnitten und ausgegrenzt wird und sich wie auf einem Abstellgleis fühlt und das nicht nur von den Eltern sondern auch von der Schwester und ihren Kindern.
    So ein Verhalten ist auch ein Signal, dass der Betroffene dann so versteht: Wir wollen dich nicht.
    OK ihr wollt mich nicht?
    OK dann muss ich auch nicht!
    Folge: Kontaktabbruch
    Ich lebe seitdem ruhiger, bin ausgeglichener und muss mir keine Heucheleien mehr anhören oder selber heucheln.

  26. Die Lösung solcher Probleme ist eindeutig die Selbstreflexion der Eltern. In den meisten Fällen sind die Eltern so eingeschränkt, dass sie nur ihre (vermeintliche) Wahrnehmung der Vergangenheit sehen können oder wollen, vielleicht sogar müssen, da sonst ihr Kartenhäuschen, das sie sich mühsam zusammengeschustert haben zusammenkracht. Einfach mal Überlegungen anstellen wie »War ich wirklich glücklich? Habe ich Emotionen unbewusst übertragen? Hatte ich das Leben das ich mir gewünscht hätte? Kann ich wirklich bedingungslos lieben? War ich immer aufrichtig und authentisch? Habe ich auf mein Kind herabgesehen? Habe ich mein Kind als mein Projekt gesehen und projiziert?«...

    Und mein Ratschlag : wie wäre es zur Abwechslung mal mit schonungsloser Ehrlichkeit. Und dann geht zu euren Kindern und sagt so ehrlich, so verletzlich, so echt wie ihr nur sein könnt.... »ich war damals unsicher weil... Ich habe meine Aggressionen an dir ausgelassen... Ich habe dich mit meinen Problemen belastet.... Ich dachte damals wirklich ich müsste dich davon abhalten / etwas aus dir machen... Ich steckte in einer Krise und konnte zum damaligen Zeitpunkt das ganze leider aus keiner anderen Perspektive sehen.... « usw. Und dann vielleicht mal eine dementsprechende Entschuldigung und Anerkennung der Gefühle des Anderen.
    Zusammen weinen. Zusammen loslassen. Zusammen einen neuen Anfang erschaffen. Fragen wie« wie oft wollen wir uns für den Anfang treffen? Was wünscht du dir? Wie stellst du dir eine Beziehung mit mir vor? »...
    Ich hoffe ich konnte dem einen oder anderen einen Denkanstoß geben.
    Liebe Grüße,
    Ally

  27. @Ally,
    tolle Anstöße, setzen aber die Bereitschaft des Kontaktabbrechers voraus, eine Annäherung zuzulassen, einen Kontakt für ein Gespräch zu ermöglichen.
    »Und dann geht zu euren Kindern und sagt so ehrlich, so verletzlich, so echt wie ihr nur sein könnt....«
    Klingt schön und super, und einfach.... aber wer sagt den Kontaktabbrechern, dass die Eltern kommen dürfen und eine solche Chance der Offenheit bekommen?

    Und wer sagt dir, dass diese Selbstkasteiung (»Was habe ich falsch gemacht? Was hätte ich besser wie anders gemacht? was möchte ich gern ändern?«) bei den verlassenen Eltern nicht schon lange deren tägliches Brot ist? (Es vergeht bei den meisten verlassenen Müttern / Eltern wahrscheinlich kein Tag, an dem man sich das nicht fragt.) Ja, und dann? Wie steht man da mit all den Selbstzweifeln, Selbstvorwürfen, Hoffnungen, Ideen, Wünschen?

    Totalabbrecher sind nicht so nett und fair und lassen irgendetwas zu!
    Und sie geben auch nicht unbedingt irgendeinen Anstoß, was denn so schrecklich und furchtbar und unakzeptabel war. Die reden nicht! Zumindest nicht mit denen, die sie verlassen haben.
    Denkanstöße sind die Hinweise sicher, aber sie können sich nur umsetzen lassen, wenn beide Parteien wollen!

  28. @ Anna
    Das ist es, was ich einem Post weiter oben sagte. Der Verlasser hat es in der Hand, ob je wieder ein Kontakt zu stande kommt.
    Briefe werden gar nicht erst geöffnet. Telefonate abgewürgt und klingeln an der Wohnungstür? Bumms fliegt die Tür zu.
    Es könnte nur eine Chance geben je wieder auf irgendeine Art miteinander zu reden. Dazu wird man sich wohl eines unbeteiligten Dritten bedienen müssen. Zum Beispiel eines Mediators.
    Mit einen kleinen Quentchen Glück erfährt man dann etwas über die wahren Gründe und kann mit Hilfe des Mediators ins Gespräch kommen. Dieser Schritt ist auch eine Frage des Geldes ( umsonst macht er es nicht) und auch in wie weit will der Verlasser seinen Frust los werden.
    Nur in den seltensten Fällen wird der Verlasser den Kontakt suchen. Dann muss er die Hoffnung haben, dass er doch noch irgendwie das bekommt, was er sich wünscht und sei es nur teilweise oder ansatzweise. Dann und nur dann war das Verlassen als sogenannter Schuss vor den BUG zu verstehen.
    Leider ist es so, dass das Verlassen oft als letzter Ausweg gesehen wird und weil man keine Chance sieht, dass irgendwie ein sinnvolles Gespräch möglich ist und/ oder sich was ändert. Kein Gespräch der Welt hat einen Nutzen, wenn alles beim Alten bleibt.

  29. @Ally x–x

    »Die Lösung solcher Probleme ist eindeutig die Selbstreflexion der Eltern.«

    Genau so ist es! Hätte es die vorher auch schon gegeben, wäre es mit ziemlicher Sicherheit gar nicht erst zu einem Kontaktabbruch gekommen!

    @Anna

    »Totalabbrecher sind nicht so nett und fair und lassen irgendetwas zu!«

    Niemand bricht einfach so mal ab, aus heiterem Himmel: Das hat IMMER eine lange und große Vorgeschichte. Den schwarzen Peter einseitig ständig zum Kontaktabbrecher zu schieben, ist das Gegenteil von Selbstreflexion. In der Regel wird es vorher Gespräche oder Gesprächsversuche vom Kontaktabbrecher gegeben haben. Der Kontaktabbruch ist nicht der erste, sondern der letzte Schritt! Wer aber ständig abblockt, andere Meinungen nicht hören/gelten lassen will, seine Kinder nur von oben herab behandelt und sieht, keinerlei eigene Fehler sehen will, aber Forderungen stellt — der muss sich auch nicht wundern, wenn die Kinder davon irgendwann genug haben.

  30. @ epikur: »Die Lösung solcher Probleme ist eindeutig die Selbstreflexion der Eltern. Genau so ist es! Hätte es die vorher auch schon gegeben, wäre es mit ziemlicher Sicherheit gar nicht erst zu einem Kontaktabbruch gekommen! «

    Da spätestens beißt sich die Katze in den Schwanz: Wenn der Kontaktabbrecher keinen Kontakt zulässt, ist doch eine Änderung nicht möglich. Die Schuld in die Vergangenheit zu schieben und damit unverrückbar zu machen ist menschlich, aber damit noch nicht (nur) richtig! Vor allem aber ist das eine Zementierung der alten Situation! Eine Änderung / Besserung ist nur für die Gegenwart und die Zukunft möglich. Wer das nicht zulässt verhält sich brutal, auch wenn er in der (unabänderlichen) Vergangenheit ein »Opfer« (im weiteren allgemeinen Sinne) war. Jetzt macht er seine Eltern zu mindestens ebensolchen »Opfern«! Diese gegenwärtigen »Opfer« können aber nicht nicht an einer Änderung arbeiten — ich kann mich zwar selbst jeden Tag ganz furchtbar geißeln, mein Gesprächsverhalten ändern, meine Toleranz üben, ..... aber der Kontaktabbrecher verbietet jegliche Erprobung einer neuen Form des Miteinander. Noch einmal: Eine »Schuld« in die Vergangenheit zu schieben entlastet die Kontaktabbrecher nicht von der »Schuld«, die sie jetzt zu verantworten haben!
    Wie gerne würde ich die aktuelle »Schuld« des Kontaktabbrechers einfach unter den Teppich fallen lassen, den Kontaktabbrechern willkommen heißen wie den sprichwörtlichen »verlorenen Sohn« aus der Bibel, mein eigenes Verhalten tagtäglich hinterfragen und hinterfragen lassen und unendlich an der Beziehung arbeiten, egal ob mit oder ohne Mediator — ABER ICH KANN ES NICHT ERPROBEN, WEIL DER KONTAKTABBRECHER NICHTS ZULÄSST!
    P.S. : Es klingt wie Hohn, wenn der Vorschlag kommt, man solle hingehen und um Verzeihung bitten und nach Vorschlägen/ Wünschen für ein besseres Miteinander fragen: Mit einer geschlossenen Tür oder einem zerrissenen oder zurückgeschickten Brief kann wohl niemand einen Kontakt aufbauen, auch kein Mediator......

  31. @Anna: Klar, wenn der Kontaktabbrecher jegliche Kontaktaufnahme abblockt, hat der/die Verlassene keine Chance sich zu erklären. Da stimme ich dir schon zu.

    Aber es kann ja auch sein, dass der/die Verlassene in der Vergangenheit einfach zu viel und zu oft etwas verbockt hat. Und wenn ein gewisses Maß überschritten ist, ist es irgendwann auch einleuchtend, wenn der Kontaktabbrecher »die Flinte ins Korn wirft« und für sich sagt, dass die Grenze des für ihn Ertragbaren erreicht ist und nun als Schlussmaßnahme den Kontakt komplett abbricht. Wann diese Grenze überschritten ist, ist jedoch wirklich Abwägungssache des Einzelnen.

    Aber ich denke, solange der Kontaktabbrecher in der Vergangenheit aufrichtig versucht hat, die Sache zu klären und dem/der Verlassenen genug Möglichkeiten zur Aussprache angeboten hat, jedoch einfach zu oft enttäuscht worden ist, ist es doch sein/ihr gutes Recht irgendwann zu beschließen, dass der/die Verlassene jetzt keine weiteren Chancen mehr »verdient«. Irgendwann muss man auch auf sein eigenes Wohl achten!
    Und ehrlich gesagt, würde ich mich als Kontaktabbrecher lieber als egoistisch »beschimpfen« lassen, als dass ich an dem Ganzen kaputt gehe. Denn wenn man immer wieder auf neue von den Eltern/einem Elternteil enttäuscht und verletzt wird, ist das auch nicht gut für das eigene Wohlbefinden.

  32. Nach langer Zeit habe ich nun doch noch einmal wieder hier hereingeschaut.
    Anmerkung: Einige Wörter habe ich komplett in Großbuchstaben geschrieben und einige habe ich mit einem (!) versehen. Warum? Diese in Großbuchstaben geschriebenen oder mit (!) versehenen Wörter stehen von mir als Ersatz für Fettschrift. Sie sind also nicht als Schreien und auch nicht als Unhöflichkeit gemeint.
    Und: Mein Kommentar ist sachlich gemeint und nicht polemisch.

    @ Anna — und auch @ Tooticki und Epikur

    Hallo Anna — und auch Hallo an Tooticki sowie Epikur,

    der Kommentar von Tooticki hätte fast wortgetreu auch von mir sein können. Dem stimme ich voll zu — ebenso wie dem Kommentar von Epikur vom 23. Januar 2016 um 14:16 Uhr.

    Ergänzen möchte ich lediglich (auch wenn es im Artikel von Epikur nebst seinen Kommentaren selbst sowie auch in vielen Kommentaren seitens der erwachsenen Kinder zwischen den Zeilen durchklingt), dass durch die lange Vorgeschichte und das Nicht-Möglichsein-des-Klärens, das Vertrauen der erwachsenen Kinder in deren Eltern völlig zerstört ist.

    Anna, für Sie mag es unverständlich sein, aber es ist nun mal so: Genug ist ab einem Zeitpunkt der Erkenntnis (seitens der erwachsenen Kinder) schlicht und einfach genug.
    Wie lange soll ein erwachsenes Kind sich denn seinen Eltern gegenüber noch erklären?
    Sicher, viele Eltern sehen das anders, und sie sprechen ihren erwachsenen Kindern deren Wahrnehmung ab, stellen ihre erwachsenen Kinder als Lügner hin, damit sie — die Eltern — in einem glänzenden Licht als die Edlen und die Guten dastehen, die ja immer nur die allerbesten Absichten hatten — aus ihrer (!) Sicht.
    Seitens verlassener Eltern dürfen sich deren erwachsene Kinder auf keinen Fall von ihnen abgrenzen, ihnen keine Grenzen — im Sinne von: Bis hier hin, aber keinen Millimeter weiter. Dies ist mein ganz persönlicher Bereich, der nur mir gehört — setzen. Unterstützt werden verlassene Eltern dabei häufig durch die Gesellschaft (und auch die Politik?) sowie durch zahlreiche Psychologen, Therapeuten und Psychoanalytiker, die größtenteils unbarmherzig Elternschonung und somit Täterschutz betreiben (im Sinne von: »Ja, Sie als erwachsenes Kind müssen (!) verschmerzen, dass Ihre Eltern (aus diesen und jenen Gründen) nicht anders konnten — völlig egal, was Sie als erwachsenes Kind von Kindesbeinen bis in leicht gesetztere Erwachsenenalter mit Ihren Eltern erlebt haben.« — Und im flehenden Ton wendet sich so ein Elternschoner- bzw. Täterschützer-Psychologe, ‑Therapeut oder ‑Psychoanalytiker an das erwachsene Kind: »Haben Sie doch bitte, bitte, bitte Verständnis für Ihre traumatisierten Eltern, sehen Sie ihren Eltern aufgrund deren schlimmen Traumatisierung deren Verhalten nach und brechen Sie den Kontakt zu ihnen niemals ab.«)
    Gut, das ist das Eine. Das Andere ist aber das Naturrecht (dieses steht ÜBER (!) allen anderen Rechten) auf Selbstbestimmung. (Erwachsene und ja, auch minderjährige) Kinder gehören ihren Eltern NICHT!
    Als erwachsene Kinder bzw. Menschen DÜRFEN ! sie sich ihre Kontakte SELBST — OHNE Bevormundung seitens ihrer Eltern — auswählen. Diese FREIHEIT haben sie! Das sind sie sich ihrer UNANTASTBAREN WÜRDE und ihrem PSYCHOSOZIALEM WOHLBEFINDEN schuldig.
    NIEMAND (auch erwachsene Kinder NICHT) muss sich von anderen — auch den eigenen Eltern NICHT — von oben herab behandeln, demütigen, lächerlich machen und bevormunden lassen. JEDE und JEDER hat die UNANTASTBARE FREIHEIT (!) zu gehen/den Kontakt abzubrechen. JEDE und JEDER darf sich für schlechte Behandlung aufgrund ihrer/seiner UNANTASTBAREN WÜRDE ZU SCHADE sein. Das ist LEGITIM. Da gibt es NICHTS dran zu rütteln.

    Anna, auch wenn Sie es nicht verstehen können oder nicht verstehen wollen: Erwachsene Kinder sind weder gesetzlich noch moralisch zu einem Kontakt mit ihren Eltern verpflichtet.

    Und Anna: Vielleicht möchten Sie ja schildern, warum aus Ihrer (!) Sicht erwachsene Kinder unbedingt (!) Kontakt zu ihren Eltern — egal, was die Eltern ihren Kindern von Kindesbeinen an bis ins Erwachsenenalter angetan haben — aufrecht erhalten MÜSSEN (!)?
    Und: Würden Sie, Anna, zu Ihren Eltern oder zu anderen Menschen den Kontakt aufrechterhalten, wenn diese Sie schlecht behandelt haben, Ihre unantastbare Würde, Ihr unantastbares Naturrecht auf Selbstbestimmung verletzt haben?

    Sorry, Anna, aber ich habe den Eindruck, dass erwachsene Kinder Ihnen schreiben oder erklären können, was sie wollen, jedoch kommt bei Ihnen anscheinend nichts davon an, prallt anscheinend bei Ihnen wie Wasserperlen auf einem imprägnierten Regenmantel ab. Und Empathie und Mitgefühl für von deren Eltern gedemütigte erwachsene Kinder besitzen Sie anscheinend auch nicht. Nein, Sie fordern Empathie anscheinend ausschließlich für verlassene Eltern ein.

  33. Schade, es scheint schwer zu sein, zwischen den »Seiten« Verständnis zu zeigen. Was ich hier beobachte, ist leider eine sehr rigorose Zurückweisung von Seiten der Kontaktabbrecher, keine (?) Bereitschaft zur Klärung. Den Verlassenen (wie mir) wird dagegen vorgeworfen, alles sei unsere Schuld.
    Mit Verlaub: Das ist das Niveau: Der hat zuerst angefangen! Mit dem spiele ich nicht mehr!
    Eigene Schuld (bei den verlassenen Eltern) wird doch nicht in Abrede gestellt! Aber die Art der Beschimpfung hier zeigt — zumindest bei einigen Schreibern — eher eine individuelle persönliche Verletzung bei gleichzeitiger Unfähigkeit (Unwilligkeit?), etwas zu verändern und / oder sich selbst zu hinterfragen!
    Wir (die Verlassenen) möchten etwas ändern. Eine solche Bereitschaft dazu spüre ich auf der »anderen« Seite leider nicht.

  34. @ Anna
    Welche Schuld trifft ein KIND?
    Und hier meine ich nicht die erwachsenen Kinder sondern die Kleinen, welche schon erleben wie es ist, wenn man nicht das darf, was die Geschwister dürfen und und und.
    Da beginnt es oft schon und summiert sich.
    Du sagst, der Verlasser lässt ja nichts zu!
    Würdest du Kontakt zu jemandem aufnehmen, der dir in einer E‑Mail nur einen Satz um die Ohren kloppt? Folgenden Satz: Stimmt es, das du uns abgeschrieben hast? Ohne Anrede; ohne Gruß; ohne Interresse an den Gründen?
    Solche E‑Mails von Exfreunden, würdest du auch nur als unwürdig empfinden und nicht antworten. Aber wenn sie von einem Elternteil kommt, ist das normal und ich muss darauf antworten?
    Man sagt doch nicht umsonst: So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.
    Und nenne mir mal einen Grund, warum ich bei meinen Eltern Dinge durchgehen lassen muss, die sich Freunde nicht leisten dürfen?
    Gegenseitige Achtung sollte da das Stichwort sein. Wenn die nicht da ist, dann muss man sich auch nicht wundern.

  35. Hallo Anna, ich lese hier schon längere Zeit die Kommentare.Eigentlich bin ich keine die sich hier im Internet austauscht, aber ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, dass von der anderen Seite keine Bereitschaft besteht und das alle Verlassenen etwas ändern möchten. Ist wohl von Fall zu Fall unterschiedlich. Es wird Abbrecher geben sowie Verlassene die keine Bereitschaft zeigen.
    Auch ich bin eine « Abbrecherin«, ich kann versichern, dass ich alles versucht habe bevor ich den Kontakt zu meinen Eltern abgebrochen habe, im Gegenteil ich habe meine Beweggründe dargelegt zuerst mündlich, dann schriftlich in einem Brief und das über Jahre !!!!!! Also meine Eltern wissen ganz genau was Sache ist. Reaktion (als Bestrafung und Macht) elterlicher Seite , ignorieren ihrer Tochter, da sie sie ja nicht mehr alle hat. Sie wüssten ja was bei mir im Kopf los sei und ich ja nicht ganz normal sei (das habe ich mir schon mein ganzes leben lang anhören müssen),das ist noch harmlos , was ich mir sonst anhören musste. Es kamen keine Einladungen mehr zu Familienfesten , keine Karten für Anlässe etc. und schon gar keine Kontaktaufnahme bzw. Bereitschaft dazu etwas zu ändern. Wie Sie sehen, gibt es tatsächlich Eltern die wirklich keine Interesse an ihren Kindern haben, zumindest nicht mehr dann, wenn sie unbequem werden . Noch zum Schluss, ich habe vor zwei Jahren , da mein Vater krank war und man nicht wusste ob er diese Krankheit überleben wird, wieder von meiner Seite aus Kontakt aufgenommen, war fast täglich im Krankenhaus , auch nach seiner Entlassung besuchte ich ihn zu Hause. Nach wenigen Wochen, nur wieder Vorwürfe und Angriffe, ich sei eine schlechte Tochter, die Schwiegertöchter toll usw. Da Frage ich jetzt Sie, muss man als Kind an solchen Eltern festhalten ???, die mir nicht gut tun, weil alles was ich mache nie gut genug ist, nie richtig ist, nie ihren Erwartungen entspricht. Ich habe mich entschlossen dies nicht mehr zu tun und werde auch von meiner Seite aus keinen Kontakt mehr aufnehmen. Verletzungen hatte ich schon zu viele !! Wenn die Hand von der »anderen« Seite irgendwann kommen sollte, werde ich sie nicht ausschlagen.

  36. Hallo Zusammen,

    die Gesprächskultur hier gefällt mir gut und deshalb möchte ich auch etwas beitragen.
    Ich bin 50J alt, seit 26J in einer sehr dynamischen, spannenden Beziehung und wir haben zwei Kinder in der Pubertät.

    Den Kontakt zu meiner Mutter habe ich vor 15 Jahren, den zu meinem Vater (zum zweiten und letzten mal) vor drei Jahren abgebrochen und betrachte dies gewissermaßen als Notwehrmaßnahme.

    Meist ist es aus meiner Sicht gar nicht so eindeutig zu definieren, wer Verlasser und wer Verlassener ist.
    Das wird hier ja eher an den äußeren Gegebenheiten festgemacht, man kann aber beides sein, obwohl man sich regelmäßig sieht.

    Das ist nach meinen Erfahrungen als Sohn viel schlimmer und ich vermute, es gibt viele Kinder wie mich, die mit dem Kontaktabbruch nur das Äußere mit dem Inneren in Einklang bringen wollen.

    Auch glaube ich, dass Kontaktabbrüche ohne Angabe von Gründen sehr sehr selten sind.
    In den meisten Fällen dürften die Gründe in der Vorgeschichte schon sehr oft vergeblich kommuniziert worden sein, auch wenn es dann keine formelle Begründung (Ich verlasse Dich/euch weil...) gibt.

    Warum auch ein und dasselbe zum X‑ten mal wiederholen?

    Ich habe allerdings trotzdem Briefe geschrieben, weil ich meinen Eltern keine Möglichkeit geben wollte, sich selbst etwas vorzulügen und eine bequeme Opferrolle einzunehmen.

    Viele Grüße
    Rainer

  37. @ Anna
    Ich sagte ja mal, ich kenne beide Seiten.
    Ich habe für mich die Notbremse gezogen, weil ich keine Lust mehr auf Notarztbesuche und co hatte.
    Das ist nämlich die Seite, die hier noch nie beleuchtet wurde.
    Und nun mal zum Verlassen werden. Anna seien Sie froh, dass ihr Kind NUR ein Kontaktabbrecher ist. So können Sie immer noch die Hoffnung haben, dass ihr Kind eines Tages vielleicht mal wieder Kontakt haben möchte.
    Mein Kind hat den Kontakt auch abgebrochen! Aber auf eine Art und Weise, die mir alle Hoffnung genommen hat. Mein Kind war sehr stolz. Seiner Mutter in dem Punkt sehr ähnlich. Sein Stolz und die Gesetze dieses Staates haben es ihm, aus seiner Sicht, wohl unmöglich gemacht NUR den Kontakt abzubrechen. Mein Kind hat für sich nur noch einen Ausweg gesehen. SUIZID
    Anna, seien Sie dankbar, dass ihr Kind noch lebt.

  38. Hallo Anna,

    Zitat von Anna: »Noch einmal: Eine »Schuld« in die Vergangenheit zu schieben entlastet die Kontaktabbrecher nicht von der »Schuld«, die sie jetzt zu verantworten haben!«

    Die Frage, wer Schuld hat, ist meiner Meinung nach sinnlos, weil sie zu nichts führt.
    Angenommen, Du würdest Dich selbst für schuldig halten, was würde das bringen? Oder wenn sich Dein Kind für schuldig hält, was durchaus sein kann.

    Es geht doch um eure Beziehung und die habt ihr immer noch, selbst wenn das jetzt seltsam klingt.
    Dein Kind wird mit Sicherheit nicht weniger oft an Dich denken, wie Du an es.

    Du beklagst ja, durch die Kontaktverweigerung an einer Änderung des Verhältnisses nicht mehr arbeiten zu können.
    Das ist aus meiner Sicht ein wenig zu kurz gedacht, denn das würde ja bedeuten, Du glaubst Dich für Dein Kind verändern zu können.

    Das hat noch nie geklappt, glaube ich.

    Im Grunde hat doch jeder erst mal die Aufgabe, mit sich selbst, zumindest so weit wie möglich, ins Reine zu kommen.
    Normalerweise verbessert das dann auch das Zusammenleben mit den Mitmenschen, zu denen ja auch die Kinder gehören.

    Bevor ich mich dazu entschlossen habe, selber Vater zu werden, hatte ich drei Threapien hinter mir, weil ich meine persönliche Bürde auf keinen Fall an diese und damit in die nächste Generation weitergeben wollte.

    Klar mache ich sicher trotzdem jede Menge falsch, aber ich gebe mein Bestes. ;)

    An Deiner Stelle würde ich jetzt erst mal auf mich selber schauen.
    Vielleicht leidest Du ja auch an seelischen Verletzungen aus Deiner Kindheit, die Du mit Dir rum trägst und die sich jetzt auf Deine eigene Mutterschaft auswirken.

    Wenn Du etwas ändern möchtest, tu es erst mal für Dich und verstehe das jetzt bitte nicht oberlehrerhaft. So ist es wirklich nicht gemeint.

    Ich habe übrigens mit meiner Jüngsten mehr Schwierigkeiten, als mit der Älteren.
    Wir sind uns in manchem ähnlich und so spiegelt sie manchmal in ihrem Verhalten Eigenschaften, die ich an mir selbst nicht mag.
    Das hat Sprengkraft, vor allem, wenn man 13J ist. ;)

    Viele Grüße
    Rainer

  39. Hallo Zusammen,

    hoffentlich habe ich niemanden mit meinen Beiträgen verletzt und es ist deshalb hier Funkstille. :(
    Das täte mir sehr leid.

    Meine Erfahrung mit dem Thema hat mich nun mal gelehrt, dass Eltern auch Kinder sind und Kinder oft Eltern werden.

    Es geht für Eltern aus meiner Sicht darum, seine eigenen Verletzungen nicht in die nächste Generation weiter zu geben.
    Meintwegen kann man gerne auch an der seelischen Gesundheit der Übernächsten mitwirken. ;)

    Also sitzen Kinder und Eltern (zwischen 25J und ??) in einem Boot.
    Die einen tun es für die Kinder, die anderen für die Enkel.

    Bei mir hat es leider nicht geklappt, aber vielleicht ist das auch zu viel verlangt, wenn man noch das Ende des letzten Weltkrieges als Kind erlebt hat.
    Gefühle waren in meiner Familie negativ besetzt...

    Viele Grüße
    Rainer

  40. Hallo,

    Rainer, das was du über die Verletzungen die in die nächste Generation weitergetragen werden, gesagt hast, hat mich (mal wieder) über vieles Nachdenken lassen und auch vieles wieder in Erinnerung gerufen. Ich denke, dass diese »Nicht-Verarbeitung« von Problemen in vorherigen Generationen in der nächsten Generation immer wieder zu neuem Leid führt (bzw. führen kann).

    Ich selbst habe den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen. Sie hat seit Jahren ein Alkoholproblem und zudem muss ich mir ständig anhören, dass ich ja eh eine Versagerin bin und meine Geschwister sowieso in allem besser sind.

    Ich habe mich in letzter Zeit viel mit dem Begriff »Co-Abhängigkeit« auseinandergesetzt und gemerkt, dass viele dieser Symptome auch auf mich zutreffen. Zudem war mir viel zu lange nicht bewusst, dass ich in einem Verhaltensmuster feststecke, dass ich mir in meiner Kindheit unbewusst aufgebaut habe, um mich vor all dem, was passiert ist zu schützen.

    Wenn ich das Gesamtbild meiner Familie ansehe, sehe ich, dass meine Mutter, geboren in den 50ern, auch keine leichte Kindheit hatte. Das wenige was ich von Erzählungen weiß, war es eine »kalte« Kindheit und meine Großeltern hatten mit den Folgen von Kriegserlebnissen umzugehen. Bzw. damals nach dem Krieg wurde ja alles totgeschwiegen.
    Diese emotionale Kälte hat vermutlich auch auf meine Mutter abgefärbt und sie gibt dies nun unbewusst weiter.

    Rainer, du hast geschrieben »Gefühle waren in meiner Familie oft negativ besetzt...«
    So ist das auch in meiner Familie immer gewesen. Mir wurde zwar nie direkt gesagt, ich darf keine Gefühle zeigen, aber wenn ich es mal tat, wurde ich nicht ernst genommen oder meine Gefühle ins Lächerliche gezogen. Als ich als Kind (ca. 5 Jahre) zB Angst vor einer bevorstehenden Operation hatte, hieß es »stell dich nicht so an« oder »sei doch nicht so ein Angsthase«.Ich habe einfach gelernt, nichts zu sagen, wenn es mir schlecht ging, weil es eh niemanden interessierte oder verleugnet wurde.

    Bei meinen Recherchen bin ich immer wieder darauf gestoßen, dass diese Art von Dysfunktion in einer Familie oft über lange Zeit nicht erkannt wird und in die nächste Generation weitergetragen wird. Es muss auch nicht zwingend Alkohol im Spiel sein. Eine andere Sucht oder Krankheit führt oft zu den selben Symptomen bei betroffenen (Erwachsenen) Kindern.
    In meinem Fall habe ich jetzt mit 27 Jahren langsam begonnen, zu verstehen, was schief läuft.
    Und um daraus zu kommen, muss ich nun vorerst Abstand zu meiner Familie gewinnen. Darüber reden geht ja nicht, weil das ja wieder Emotionen sind, die meine Familie nicht nachvollziehen kann bzw. erst gar nicht hören will.
    Ich weiß, dass ich meiner Mutter nicht die alleinige Schuld für alles geben kann. Aber solange sie das Problem in der Familie nicht sieht (was auch meine Geschwister und mein Vater nicht sehen, weil sie, so wie ich das auffasse, tief in dieser Co-Abhängigkeit gefangen sind), kann ich dagegen nichts unternehmen. Ich kann mich aber erstmal selbst aus dem Sumpf rausziehen und dann, wenn/falls ich es geschafft habe, mir Gedanken machen ob/wie ich helfen kann.

    Grüße,
    Tooticki

    P.S.: Für alle, die sich vielleicht auch mit dem Thema Co-Abhängigkeit auseinandersetzten möchten, kann ich die youtube-Videos von »Lisa A. Romano« (ich hoffe, ich darf das hier so schreiben...) empfehlen, die sich viel mit diesem Thema beschäftigt. Mir persönlich gefallen ihre Videos sehr gut und ich habe dadurch einiges erst definieren können was in meiner Familie eigentlich passiert. Sachen, die ich zuvor schon tief im Inneren gefühlt habe, aber einfach nicht benennen konnte. Vielleicht können diese Videos auch jemanden von euch, die hier schon kommentiert haben, weiterhelfen

  41. Hallo,
    ich habe einen Teil der Kommentare hier gelesen, und bin erschreckt darüber, wie Anna anscheinend alle Verlasser über einen Kamm schert. Vielleicht bezieht sie sich aber auch nur auf ihre eigene Situation mit ihren Kommentaren.

    Ich für meinen Teil habe meine Eltern verlassen. Seitdem quälen mich ständig die Gedanken an die Schuld, die ich damit auf mich geladen habe. Schließlich hatte ich eine schöne Kindheit, und alles ist doch nur gut gemeint. Was ich hätte anders machen können. Ob ich nicht irgendwie doch einen Weg gefunden haben müsste zu ihnen durchzudringen. Jedoch sind meine Gespräche an meinen Eltern immer abgeprallt. Meine Eltern wollten bis ins Erwachsenenalter Respekt von mir, wobei dieser Respekt eher als absoluter Gehorsam definiert werden muss. War ich nicht gehorsam und handelte nicht nach ihren »Ratschlägen«, bekam ich zu hören, dass ich sie nicht liebe, respektlos bin, und immer ein schlechtes Gewissen gemacht. Zeigte ich Gefühle, wurde ich nicht mehr ernst genommen. Versuchte ich konstruktiv mit ihnen zu reden, was sie sich wünschen, wie wir eine gute Beziehung haben können, bekam ich nur zurück »das weißt du doch wohl« und ähnliches. Und meine Meinung zählte nicht. Meine Leistungen wurden nicht gewürdigt sondern zunichte gemacht. Stattdessen bekam ich zu hören ich würde zu viel arbeiten. Gleichzeitig, ich würde irgendwann tot in der Gosse landen. Das ist jetzt nicht wertend gemeint, sondern sind nur Fakten.

    In der Zeit habe ich, Studentin, mir Eigenständigkeit erkämpft. Ich habe mich eine Zeit lang in der Opferrolle gesehen. Aber damit habe ich schon lange aufgehört. Bin finanziell unabhängig geworden, ausgezogen, bin selbstständig geworden. Etwas, das meine Eltern von mir nicht wollten und mir nie zugestanden haben. Ich habe dann irgendwann den Kontakt aus Selbstschutz abgebrochen. Nicht mal eben so, sondern nach langem Nachdenken und Versuchen, eine Beziehung (im Gegensatz zur lediglichen Erziehung) zu meinen Eltern aufzubauen.

    Seitdem habe ich kein Wort von meinen Eltern gehört. Wenn sie mir eine Hand reichen würden — ich würde sie bereitwillig nehmen. Denn das hieße für mich, dass auch sie reflektiert haben und eine Beziehung auf Augenhöhe wollen. Und auch wenn das nicht so scheint, auch Verlassene gestehen sich ihre Fehler ein. Ich hätte vor meinen Eltern nicht immer ducken dürfen. Mit mehr Nachdruck für meine Meinung einstehen. Nicht einknicken sobald sie mir versuchen ein schlechtes Gewissen zu machen. Daran arbeite ich, an meinem Selbstbewusstsein und will dann gerne wieder Kontakt. Aber ich weiß selber, dass das nur funktioniert, wenn ich vor meinen Eltern ohne Angst für mich einstehen kann. Und bis ich soweit bin, werde ich selber keinen Kontaktversuch unternehmen.

    Eine gute Freundin sagte einmal, Eltern müssen einem Kind Wurzeln und Flügel geben. Probleme gibt es, wenn es an (mindestens) einem der beiden fehlt.

  42. @Anna:
    Ich habe jetzt Stunden damit zugebracht, hier alles zu lesen. Ich bin bei meiner Suche im Internet, in dem ich nach »Gründen« dafür gesucht habe, warum »Kinder« ihre Eltern verlassen, auf diesen Blog gestoßen.
    Auch ich kenne beide Seiten. Ich selbst hatte (sehr junge) Eltern, die meistens so gelebt haben, als hätten sie gar keine Kinder. Ich habe oft rebelliert und um Aufmerksamkeit gerungen. Meine Mutter hat mal zu mir gesagt: »Du kannst mich nicht zwingen, dich zu lieben.«
    Mein Schlüsselerlebnis war, als ich mit Ende 20 — da war ich selbst Mutter von drei kleinen Kindern und litt unter Panikattacken — eine Psychotherapie (jaja, Analyse mit Kindheitsaufarbeitung und so...) machte und die Therapeutin zu mir sagte: « Ihre Mutter hat ziemlich viel verbockt, aber Sie müssen begreifen, dass sich Ihre Mutter nicht mehr ändern kann. Sie sind jetzt erwachsen und Sie haben noch alle Chancen, Ihr Leben zu leben.«
    Damals habe ich damit aufgehört, um die Liebe meiner Mutter zu ringen — und es ging mir besser ;-)))
    Mal gab es Kontakt mit meinen Eltern, mal gab es keinen — ich habe es genommen, wie es kam, es hat mich nicht mehr verletzen können. Ich hatte meine eigene Familie und habe versucht, alles anders und besser zu machen. Noch vor etwas über einem Jahr hätte ich im Brustton der Überzeugung gesagt, dass mir das auch gelungen ist. Nun sage ich das nicht mehr! Die Gründe kann ich nur erahnen, und ich bin ein ausgesprochen selbstreflektierter Mensch.
    Ist die Krankheit unseres ältesten Sohnes vielleicht der Anlass? Er erkrankte vor sechs Jahren — damals 27 — an Leukämie und nach einer Knochenmarktransplantation hatte er so krasse Nebenwirkungen und Folgeerkrankungen, dass er drei Jahre lang Pflegestufe 2 hatte. Ich musste mit 51 plötzlich wieder fulltime Mutter werden. Nicht mein Lebenstraum — meine Kinder waren seit einem Jahr alle aus dem Haus, und wir (mein Mann und Vater der Kinder) fanden das völlig okay. Wir verbrachten Zeit miteinander, bekamen viel, aber nicht mehr alles mit, sie waren alle selbst verantwortlich und unabhängig von uns. Das änderte sich natürlich mit der Krankheit unseres Sohnes. Aber auch das bekamen wir — natürlich — hin. Es gab mal Reibereien — ja, trotz oder gerade wegen der Krankheit — weil diese natürlich einen Verlust der Privatsphäre für beide Seiten bedeutete. Aber mit unserem (kranken) Sohn ist das alles überhaupt kein Problem. Wir giften uns mal gegenseitig an, aber wir sind uns nie dauerhaft böse. Anders mit unseren anderen beiden Kindern (heute 30 und 31), die übrigens auch an der Krankheit ihres Bruders nicht gerade regen Anteil nahmen. Gut, sie leben IHR Leben, das haben wir ihnen nicht zum Vorwurf gemacht. Im Gegenteil, wir haben mit ihnen geredet und sie um Verständnis dafür gebeten, dass wir ihnen nicht die gleiche emotionelle (und auch finanzielle) Aufmerksamkeit widmen könnten wie ihrem kranken Bruder. Das sei kein Problem, meinten sie.
    Nun seit über einem Jahr haben sie den Kontakt abgebrochen. Auf nichts wird reagiert, ich kann da die Worte von Anna sehr gut nachvollziehen. Alles probiert. Die gesamte Geschichte ist zu lang. Ich bin übrigens überzeugt davon, dass es die Partner meiner Kinder sind, nicht die Kids selbst, ändert indes nichts am Ergebnis.
    Ich frage mich nun nur noch, wie ich damit umgehen soll. Ist mein Leben mit 50 zu Ende gewesen? Erst die Krankheit des Sohnes, jetzt könnte alles gut sein und nun der Schmerz, die Trauer und auch diese Wut — über so viel blöde, vertane, sinnlose Zeit des Streites.
    Verdrängung? Das kann es doch nicht sein! Wir sind gesprächsbereit — aber die beiden regieren auf nichts, erklären kurz an der Tür (der Partner unserer Tochter) dass sie keinen Kontakt wünschen.

  43. Ich bin ebenfalls eine, bei der es zu einem Kontaktabbruch zu den Eltern kam. Meine Eltern sind auch traumatisierte Kriegskinder mit einer schlimmen Kindheit, worüber sie aber eigentlich nie groß geredet haben. Mein Vater (heute 79) hat nie viel geredet, konnte auch nie seine Gefühle zeigen, hat es aber beruflich weit gebracht. Die Erziehung der Kinder war Sache der Mutter, wenn diese an ihre Grenzen stieß, kam mein Vater zum Zug und brachte uns mit strengem Blick und harter Ansage wieder in die Spur. Diskutiert wurde nie, das Wort der Eltern war Gesetz. Meine Eltern schwammen mit in der Flut des Wirtschaftswunders, kauften sich ein Reihenhäuschen und sahen auf jeden hinab, der sich finanziell übernommen hatte und das Haus wieder verkaufen musste. Mein Vater verließ in aller Frühe das Haus, kam erst in den Abendstunden zurück, meine Mutter fuhr zum Einkaufen mit dem Fahrrad in die 3 km entfernte Stadt, nahm noch eine Halbtagsstelle als Verkaeuferin an und versorgte ihre 3 Kinder und den Haushalt. Abends und am Wochenende wurde kräftig dem Alkohol zugesprochen. Als ich 13 war, wuchs meiner Mutter alles über den Kopf und sie fing schon morgens an zu trinken. Wenn wir mittags von der Schule kamen, lag sie volltrunken im Bett und wir Kinder schlichen still umher, erledigten unsere Aufgaben und sprachen noch nicht mal untereinander über unsere Situation. Mein Vater sprach auch nicht mit uns darüber, trug mir mehr Hausarbeit auf und brachte meine Mutter nach 2 Wochen ins Krankenhaus. Dort blieb sie 3 Wochen und schaffte es tatsaechlich, im Gegensatz zu meinem Vater, vom Alkohol loszukommen. Sie war schon immer hochempfindlich gegenüber Kritik, flippte regelrecht aus, wenn man diese wagte, worauf die gesamte Familie dazu überging, ihr einfach in allem recht zu geben. Meine Eltern waren uns Kindern niemals von Herzen zugewandt, wir wurden nebenbei groß, selbst die Berufsfindung ihrer Sprösslinge interessierte sie nicht. Meine Tante besorgte mir eine kaufmännische Ausbildungsstelle, die mir sogar Spass machte. Ich lernte meinen Mann kennen, einen einfachen Handwerker mit Realschulabschluss, und zog mit 19 Jahren mit ihm zusammen. Sowohl mein Mann als auch die Partnerinnen meiner Brüder wurden von meinen Eltern nie richtig akzeptiert. Auch nach meinem Auszug versorgte ich besonders meine Mutter weiterhin emotional, machte es eher unbewusst, weil ich es so gewohnt war. Wir telefonierten täglich miteinander, sie bekam alle Hochs und Tiefs meiner Ehe mit und sparte nicht mit Kommentaren. Wenn sie dagegen Streit mit meinem Vater hatte, rief sie mich in seinem Beisein an und weinte und tobte sich bei mir aus und erwartete natürlich, dass ich mich auf ihre Seite stellte. Mein älterer Bruder zog weit weg, weil er meinen Eltern nach ein paar Jahren der Orientierungslosigkeit versprochen hatte, zu studieren und verschwand aus dem Blickfeld. Er tat sich schwer mit dem Studium, vertraute sich meinen Eltern aber nicht an, begann zu trinken, arbeitete als Hilfsarbeiter in einer Baufirma, erkrankte an Bauchspeicheldruesenkrebs, was er niemandem erzählte und wurde im Alter von 35 Jahren tot und verwest in seiner Wohnung gefunden. Meine Eltern haben natürlich getrauert, aber den Grund seines Todes niemals erzählt. Ich habe mich ab diesem Zeitpunkt noch intensiver um sie gekuemmert, mein anderer Bruder lebte damals im Ausland.
    Bei meinem Mann wurde eine chronische Darmerkrankung festgestellt, die immer wieder in heftigen Schüben auftrat und ihm körperlich und psychisch sehr zu schaffen machte. Ich wurde mit 20 zum ersten Mal am Unterleib operiert, im nächste Jahr erneut (eierstockentfernung wegen Zysten), woraufhin ich enorm an Gewicht zunahm. Bald kam noch eine Schilddruesenerkrankung hinzu und im Alter von 35 Jahren wurde die Gebärmutter entfernt. Unter der Zunahme habe ich sehr gelitten, nur durch extrem viel Sport habe ich es geschafft, meinen Körper fit und straff zu halten. Ich bin zwar stark übergewichtig, aber gut proportioniert. Anstatt in dieser Situation an meiner Seite zu sein, machte vor allem meine Mutter aus ihrer dicken Tochter ein Riesenthema. Ich bekam mit, wie sie belustigt hinter meinem Rücken tuschelte, wie komisch es aussieht, wenn ich Hand in Hand mit meinem sehr schlanken Mann spazieren gehe. Sie empfahl mir eine Magenverkleinerung, obwohl ich fit und gesund war. Neben meinem Mann haette sie im Auto mehr Platz als neben mir, usw.. Dazu sei gesagt, dass meine Mutter selber gut 30 kg zuviel auf die Waage bringt. Ich habe nichts dazu gesagt, da ich es vor Jahren mal gewagt hatte, mich gegen ihre Sticheleien zu wehren, worauf sie völlig ausflippte. Sie ließe sich von mir in ihrem Haus nicht das Wort verbieten und ich hatte den Wohnungsschlüssel abzugeben. Daraufhin hatten wir 7 Monate keinen Kontakt, worunter ich gelitten habe, wie ein Hund. Dann starb die Mutter eines Bekannten, woraufhin ich Panik bekam und meinen Eltern einen Brief schrieb, dass ich gerne wieder mit ihnen versöhnen würde. Wir trafen uns in einer Kneipe und meine Mutter saß mit beleidigtem Gesicht da und beharrte darauf, dass sie als Mutter sowas sagen dürfe.
    Von da an hielt ich wieder still. Als ich beruflich einmal fix und fertig war, mich krank schreiben ließ und meinen Eltern mitteilte, dass ich mir einen neuen Job suchen werde, mahnte meine Mutter, dass ich mir das mal nicht so einfach vorstellen solle. Chefs wollen schließlich schlanke Sekretärinnen.
    Nach 6 Bewerbungen hatte ich meinen Traumjob als Chefsekretärin, den ich heute noch ausübe.
    Zum Bruch kam es, als bei mir eine Vorstufe von Brustkrebs festgestellt wurde. Als ich meiner Mutter am Telefon mitteilte (sie waren in Urlaub), rief sie nur: Brust ab-weg damit! Ich erklärte erschrocken, dass das ja erstmal nicht nötig sei und mir die Aerzte schon sagen würden, was unternommen werden müsse. Sie erkundigte sich, ob sie ihren Urlaub abbrechen sollten, was ich verneinte, worauf sie zu bedenken gab, was die Leute dann reden würden.
    Sie brachen ihren Urlaub 2 Tage vor der Zeit ab und erschienen im Krankenhaus. Ich war fix und fertig und wartete auf die Berichte des onkologischen Labors, wie weit die Vorstufe schon fortgeschritten war. Zu dieser Zeit musste ich viel weinen. Dies verleitete meine Mutter zu dem Kommentar, dass sie damals, als der Darmpolyp bei ihr entfernt wurde, der auch tendenziell boesartig war, nicht geweint habe. Und diese Aussage von ihr war es dann, die mein Fass zum Ueberlaufen brachte. Am selben Tag wurde mir im Beisein meiner Eltern mitgeteilt, dass die Krebsvorstufe so großflächig in der Brust ausgedehnt sei, dass man mir empfehle, die Brust abzunehmen. Die Athmosphaere im Krankenzimmer war gruselig. Ich saß im Bett und kämpfte mit den Tränen, die Ärztin sah mich mitfühlend an, meine Eltern blieben in ihren Stühlen sitzen und schwiegen. Die Ärztin meinte nach kurzer Zeit, dass ich ruhig weinen könne, es sei doch eine schlimme Nachricht, die sie mir da gerade überbracht habe. Ich fing an zu weinen und meine Mutter begann mit der Ärztin zu diskutieren, dass es aber zum Glück noch kein richtiger Krebs sei. Ich rief meinen Mann an, dass er bitte sofort kommen solle und bat meine Eltern zu gehen. Sie umarmten mich kurz und gingen. Abends rief meine Mutter an und erkundigte sich, wie es mir ginge. Ich sagte, dass es mir schlecht gehe und dass ich mich über ihre Bemerkung mit dem nicht weinen sehr geärgert hätte. Und dann ging es los. Sie wurde völlig hysterisch, dass alle immer nur an ihr rummeckern. Ich solle mich an gefaelligst an Leute halte, die es gut mit mir meinten, so wie sie usw. usw. Ich legte einfach den Hörer auf. Mein Mann rief später nochmal bei ihr an, um die Wogen zu glätten, doch sie keifte gleich wieder los, dass sie sich nie wieder bei mir melden würde, nie wieder! Und er hätte vor zig Jahren auch mal was gesagt, was sie geärgert hätte. Und das wars dann. Alle Aerzte und die Psychologin rieten mir, meine Eltern erstmal außen vor zu lassen, da ich mich nur auf mich selber konzentrieren solle. Ich war so traurig und habe nur noch geweint. Mein Vater rief an und wollte wissen, wie es mir geht. Ich erklärte ihm, dass es mir sehr schlecht gehe und ich noch ein paar Operationen vor mir hätte, die für mich nicht leicht seien. Und wenn ich meiner Mutter nicht in ruhigem Ton sagen dürfe, dass ich mich über sie geaergert habe, ohne dass sie schon wieder ein Riesenfass aufmache, dann könne ich sie zurzeit nicht gebrauchen. Ich bat ihn um Verständnis, dass ich diese OPs zusammen mit meinem Mann durchstehen wolle und meine Eltern mich bitte erstmal in Ruhe lassen sollen. Sie sollen bitte nicht beleidigt sein und könnten mich ja vielleicht nach der groesseren OP besuchen kommen. Mein Vater sicherte mir zu, dass sie nicht beleidigt seien und wünschte mir alles Gute. Doch er hatte die Rechnung ohne meine Mutter gemacht.
    Als ich zwei Wochen später aus dem Krankenhaus entlassen wurde und Zuhause ankam, sah ich den Wagen meiner Eltern vorm Haus stehen. Ich parkte und mein Vater kam von unserer Terrasse zurueck zu seinem Auto, sah mich, stieg aber ein und ließ die Seitenscheibe runter. Ich gruesste ihn und er erklärte mir, dass er mir noch meine Wäsche vorbeigebracht habe. Ich dankte ihm und bat ihn mit reinzukommen. Er winkte ab, er sei auf der Durchreise schloss das Fenster und fuhr. Ich stand vor dem Haus und sah ihm fassungslos hinterher. Mein Mann übernahm auf Anraten der Psychologin die Aufgabe, meine Eltern nach den erfolgten Operationen kurz über meinen Zustand zu berichten. Er erzaehlte ihnen auch, dass bei mir inzwischen eine mittelschwere Depression diagnostiziert worden sei. Das ließ sie völlig kalt, und schließlich haette ich die Kontaktsperre erteilt und daran hielten sie sich. Ich schrieb ihnen einen Brief, in dem ich ihnen erklärte, was mich an ihrem Verhalten so verletzt habe. Daraufhin erschienen sie unvermittelt über die Terrasse in meinem Wohnzimmer, wo meine Mutter wie eine Furie auf mich los ging. Sie wedelte mit dem Brief herum und keifte, dass es sich dabei um eine Aneinanderreihung von Luegen halte. Wir sollen unser Leben führen und sie würden ihr Leben führen. Und weg waren sie. Zwei Monate später rief mich mein Vater nochmal an (das Telefon ist bei ihnen immer auf laut gestellt, damit Mutter mithören kann) und erkundigte sich, wie es mir gehe. Ich freute mich und erzählte bereitwillig über die gut überstandene letzte OP und fragte nach, wie es ihnen geht. Es gehe ihnen gut, aber er wolle mir noch mitteilen, dass er und meine Mutter beim Notar waren und die Vorsorgevollmacht geändert haben. Ich sei nicht mehr fuer sie zuständig.
    Seitdem ist tatsächlich absolute Funkstille.
    Und ich Idiot leide wieder wie ein Hund, habe sogar ein Wahnsinns-schechtes Gewissen, weil ich der Ausloeser dieses Streites bin. Die Krebsvorstufe kam in der entleerten Brust tatsächlich zurück. Es waren wohl noch ein paar Restzellen vorhanden, worauf ich erneut 2 mal operiert worden bin. Mein Mann hatte einen Herzinfarkt, den er nur dank seines gut trainierten Körpers gut überstanden hat. Und ich bin innerlich tieftraurig und wünsche mir Eltern, die sich bei mir melden, sich entschuldigen und ihr Verhalten mal reflektiert haben. Gleichzeitig sitzt bei mir die Angst im Nacken, dass sie sich melden und das Hauen und Stechen von vorne los geht.

  44. @Faithful

    Danke für Deinen ausführlichen Kommentar und die Beschreibung Deiner Familiensituation. Manchmal kann eine Trennung von den Eltern sehr heilsam sein. Da wir jedoch alle harmoniebedürftig sind und uns via Hollywood, Fernsehen und über kulturellen Traditionen vermittelt wird, dass wir gefälligst zur Familie stehen sollen bzw. eine »vorzeigbare« Bilderbuchfamilie sein sollen, fällt es uns so schwer, uns selbst bei großen emotionalen Konflikten von ihr zu lösen.

    Ich kann nur sagen, dass ein Kontaktabbruch, also ein Schweigen, manchmal heilsamer sein kann, als das ewige gegeneinander Reden, Streiten, Vorwürfe machen. Ich habe nach Jahren wieder Kontakt zu meiner Mutter und das Verhältnis zueinander ist nun deutlich respektvoller.

  45. Hallo alle hier beisammen. Auch ich habe mit regem Interesse die Kommentare zu diesem Blog gelesen und auch ich haben angefangen mich zu schützen. Die Worte meines Therapeuten waren: »... formulieren Sie es mal anders. Sie haben den Kontakt nicht böswillig abgebrochen. Sie haben angefangen sich zu schützen.«

    Ich finde es schon sehr schlimm, dass ich mich so entscheiden musste, aber ich hatte keine Wahl. Jetzt bin ich bereit mich dem zu stellen was kommen wird. Die Interventionen aus der Verwandtschaft haben bereits begonnen. Selbst Menschen denen ich vertraut habe versuchen mich zu manipulieren. Dabei möchte ich einfach die Zeit finden mich zu ordnen und mich neu zu finden.

    Und diese Schuldgefühle, die mich plagen, weil es genau so Leute gibt, die das pauschal abstempeln und ihre Schlüsse ziehen. Und diese Leute finden sich dann auch noch hier in einem Blog wieder und versuchen mir und anderen, die genau so mutig sind ins Gewissen zu reden.

    Wenn man sich einfach mal von dem Gedanken trennt, dass es sich um Eltern oder Kinder handelt und sich vorstellt: Zwei Personen haben Kontakt, merken bei jedem Aufeinandertreffen, dass die Sichtweisen anders sind, ist es dann nicht besser, es einfach sein zu lassen? Eigentlich ganz einfach, losgelöst von alten Weisheiten...

    Und dieser Kontaktabbruch ist für BEIDE Parteien schon ein Kompromiss. Das ist nicht mein Wunsch, aber wenn ich nicht gehört werde, dann habe ich keine Wahl. Und dann habe ich auch keine Eltern, bin entwurzelt und allein, leide auch an meinen Schuldgefühlen und muss damit umgehen lernen... Wenn ich aber akzeptiere, dass ich entwurzelt bin, kann ich Stück für Stück endlich meine Persönlichkeit formen und frei werden. Und der erste Schritt ist mich in dieser Form zu schützen.

    @Anna. Hier gab es einige Eltern, die aus ihrer Sicht geschrieben haben und ich fand die Beiträge interessant. Deine Beiträge fand ich allerdings sehr abwertend und pauschal. Und wenn du wissen möchtest, warum du verlassen wurdest, dann lese dir deine Kommentare noch einmal durch. Das klingt alles sehr verbittert. Und ich finde es Schade, dass du die Kraft aus der Verbitterung dazu nutzt anderen hier im Blog ein schlechtes Gewissen zu machen, anstatt zu reflektieren.
    Du möchtest wissen, was so ein Kind von den Eltern will?
    Akzeptiere die Grenze deines Kindes. Das wäre der erste Schritt. Anscheinend möchte dein Kind keine Aussprache und auch das ist ein Recht, dass wir alle haben. Löse dich erstmal davon, dass du in absehbarer Zeit eine Chance bekommst und lasse diesen Schmerz zu. Hol dir professionelle Hilfe, irgendwann wird es besser. Alle Parteien leiden in so einer Situation. Auch die, die sich schützen müssen...

    Der Weg ist für uns alle steinig und schwer. Aber es lohnt sich, wenn beide Seiten anfangen los zu lassen...

    LG
    FX

  46. So, nun ist es passiert. Seit 2,5 Jahren hatte ich nach einem großen Streit keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern. Das war eine sehr schwere Zeit, weil sie mir trotz allem gefehlt haben. Aber ich habe erkannt, dass ich mich vor den verbalen Angriffen vor allem von meiner Mutter schützen muss. Und ich wusste insgeheim auch, dass jeder Versuch, ein ruhiges Gespräch zu führen, zum Scheitern verurteilt ist, da meine Mutter schon nach kurzer Zeit völlig ausflippt, alles abstreitet und mich ununterbrochen beschuldigt, oder meine verletzten Gefühle als überempfindlich und streitsüchtig darstellt.

    Mein 50. Geburtstag nahte, und ich hatte im Gefühl, dass seitens meiner Eltern Unheil droht. 3 Wochen vor dem Geburtstag war ich täglich mehr angespannt und nervös; die Folge war eine schwere Gürtelrose vom Rücken bis zum Bauchnabel.

    Und tatsächlich fand ich abends einen von den Eltern persönlich eingeworfenen Briefumschlag mit einer Grußkarte und einem Geldschein im Briefkasten. Der Text von meinem Vater war auch nett und ohne Vorwürfe formuliert. Daher beschloss ich, nach kurzer Überlegung, bei ihnen anzurufen, um mich zu bedanken.

    Meine Mutter nahm das Gespräch entgegen und ich bemerkte sofort ihren beleidigten Tonfall. Ich bedankte mich bei ihr und sagte ihr, dass ich mich über die Karte sehr gefreut hätte.

    Sie antwortete, dass sie bis heute nicht verstehen könne, warum ich diesen Streit vom Zaun gebrochen habe. Ich erklärte ihr, dass ich ihr in einer für mich sehr schwierigen Situation einfach nur sagen wollte, dass mich ein paar Äußerungen von ihr sehr verletzt hätten. Tja, und dann ging es wieder los. Sie beschuldigte mich, schrie, weinte und beendete das »Gespräch« mit den Worten, dass ich die größte Intrigantin der Familie sei.

    Am nächsten Morgen rief sie bereits um 6:00h (!) an. Sie weinte und rief vorwurfsvoll, dass sie die ganze Nacht kaum geschlafen habe und nun alte Grußkarten von mir gefunden habe, wo ich ihr geschrieben habe, dass sie eine liebe Mutter ist, und ich froh bin, dass ich sie habe. Und bevor ich dazu etwas sagen konnte, wurde sie wieder hysterisch und schrie, dass ich die verlogenste Heuchlerin sei. Da legte ich auf.

    Meine Mutter tut mir wirklich leid. Aber ich habe inzwischen wirklich keine Kraft mehr, mich mit ihr auseinander zu setzen. Ich bin mal wieder fix und fertig, nehme wieder Antidepressiva, um wenigstens meiner Arbeit nachgehen zu können. Das kann es doch nicht sein...

  47. Du sprichst mir echt aus der Seele. Sowas hätte auch bei mir in dieser Form passieren können bzw. passiert so ähnlich... Es tut sehr weh und am schlimmsten empfinde ich immer diese Hoffnung, die ich bei jedem Aufeinandertreffen hatte. Und danach war ich wieder nix Wert. Musste mich wieder aufbauen, um überlebensfähig zu sein. Es ist eh schon hart genug trotz solcher Wunden, die nur langsam heilen seinen Weg zu gehen. Wenn aber diese Wunden immer wieder aufgrissen werden und Chancen nur dazu missbraucht werden mich nieder zu machen, dann sehe ich da keine andere Wahl.

    Ja ich habe eine schlechte Kindheit gehabt, aber hier geht es gar nicht darum, darauf rumzureiten, sondern aus diesem Teufelskreis raus zu kommen, »Nein« zu sagen. Wenn ich nämlich genau das nicht tue, unterdrücke ich meine Aggressionen und meine Wut (an dieser Stelle angemessen, wenn man nieder gemacht wird) und gebe sie an die nächste Generation oder an die Menschen in meiner Umgebung weiter... Das möchte ich nicht. Ich möchte einfach für mich verarbeiten und damit klar kommen, dass ich jetzt ganz alleine bin. Ich verarbeite diesen Schmerz mit mir und ich renne nicht zu meinen Eltern schreie sie an und mache Vorwürfe... Frage auch nicht nach einem Warum... Das ist alles passiert. Nur ICH muss jetzt einen Weg finden, damit klar zu kommen.

    Meine Eltern machen mich für alle Leiden verantwortlich, die sie jetzt selbst haben. Auch sie haben aber die Wahl es zu verarbeiten. So wie ich. Jeder muss das mit sich selbst ausmachen. Und das geht nur mit Abstand für beide...

  48. Ich persönlich habe in dieser Hinsicht auch irgendwann die Einsicht gewonnen, dass in familiären Dingen Schweigen Gold sein kann... Und es »funktioniert« sogar einigermaßen. Vielleicht liegt es auch daran, dass bei mir als Mann das Redebedürfnis ja generell schon genetisch deutlich schwächer ausgeprägt ist...!? ;) Auf jeden Fall stumpft man in all den Jahren ab, man nimmt es sich nicht mehr wirklich zu Herzen. Man wird gleichgültig. Und ich denke mal, dass das auch eine legitime Form ist, damit umzugehen. Das Zitat von FX‹ Therapeuten passt da ganz gut.

    Für die hier geschilderten Einblicke in den Abgrund »Deutscher Familien« bin ich den Schreibern jedenfalls sehr dankbar. Zeigt einem auch, dass man selbst nicht allein ist; mit seinen Problemen mit psychisch schwer gestörten Eltern, Geschwistern, Großeltern und sonstigen Vertretern aus der buckligen Verwandtschaft... Ich glaube in dem Zusammenhang auch zunehmend die giftigen Früchte zu sehen, die die neoliberale Umgestaltung der Gesellschaft in eine Ansammlung von Egoisten halt so mit sich bringt...

    Ich denke mal, die Krux liegt hauptsächlich am Dogma, dass man als Familie eben »immer miteinander reden« solle... Das ist aber leider: totaler Quatsch. Man kann nichts erzwingen! Vor allem dann, wenn (was ja in Sachen Familie in gewisser Weise eine Grundvoraussetzung ist) Emotionen im Spiel sind, haut man ja auch recht oft unüberlegte Dinger raus, die einen ein ganzes Leben lang nachlaufen — oder nachgetragen werden können. Reden kann mehr zerstören als jahrelanges Schweigen. Überhaupt — nach Kindheit und Jugend hat man doch im Prinzip alles schon tausend Mal durchgekaut — was für eine neue Erkenntnis erwartet man denn? Der Volksmund sagt: »Menschen ändern sich nicht« — stimmt im Kern auch!

  49. »Ich glaube in dem Zusammenhang auch zunehmend die giftigen Früchte zu sehen, die die neoliberale Umgestaltung der Gesellschaft in eine Ansammlung von Egoisten halt so mit sich bringt...

    Wichtiger Hinweis! Denn auch wenn die hier geschilderten familiären Konflikte und Probleme jeweils individuell empfunden werden, so tauchen sie ‑mit leichten Abwandlungen- doch in tausenden Familien in Deutschland auf. Das lässt nur den Schluss zu, dass es eben keine »Einzelfälle« sind, sondern das viele Eltern einem bestimmten Glaubens- und Denkmuster folgen.

    Wie im Artikel beschrieben, sind das Haben- und Besitzdenken (»Mein Kind«) und vor allem das krampfhafte Festhalten an der Eltern-Kind-Hierarchie. Mit seinem »Besitz« kann man schließlich machen was man will. Und wenn man sich auch noch dem Kind »überlegen« fühlt, also eben keine gleichberechtigte Beziehung zueinander hat und/oder haben will, dann braucht man sich weder selbst zu reflektieren, das Kind ernst nehmen, noch sich für vergangene Fehler entschuldigen. Das Ergebnis sehen wir dann hier, in den vielen geschilderten Erfahrungen.

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