9 Gedanken zu “Gefühlsfremd

  1. Mein Hund, Dackelhündin, mit Namen Sälli, versteht jedes Wort......

    Sie kann nicht nur Worte verstehen, sie ist intelligenter als wir Menschen.....sie kann Gefühle lesen....
    nur das Schnurren kann ich ihr nicht beibringen, es klappt einfach nicht......

    apropos; sie ist kein kläffer....ich würde sagen, sie ist eine verwunschene Katze...sie liebt die Sonne.....und das Licht........

    ansonsten ein eher trauriges Gedicht......

  2. Eine Art Alexithymie, wie sie generell grassiert wie eine Plage. Es ist wahrlich für einen Menschen mit hohem emotionalem Intelligenzquotienten (ja, den gibt es nämlich auch) schwierig sich in Situationen zu bewegen, an denen noch andere, teilweise alexithymische Subjekte beteiligt sind. Als schickte man einen Akademiker in den Kindergarten. Nicht, weil Kinder blöd wären, emotional schon gar nicht, aber weil sie schlicht noch nicht den Lernpfad durchschritten haben und entwicklungstechnisch noch anders sind.
    So sieht der Emotionale wo der Alexithymische blind ist. Wie, ich soll ihn jetzt nich aus der Gruppe werfen, dieses Deppn da? Wie? — Nein, welches Gefühl hast du denn, dass du das so fest willst? — Wie? Was welches Gefühl? Was solln das? Der Depp soll raus.
    Alexithymiker geht durch eine Welt, mit graduell gröberer Körnung. Der Dumme hat das Glück, hahaha? — Aber schau mal, du hast deine Kollegin gerade brüskiert, wahrscheinlich verletzt. Was denkst du dazu? — Was soll ich dazu denken. Das warn Scherz! Ich hab ja nur gesacht: der Dumme hat das Glück. Also wenn man gar nichts sagen darf. Na, da, die lachen ja alle, hahaha. Wie ein grobes Schleifpapier eine grobe Oberfläche gibt, so ist der Alexithymiker eine grober Zugriff auf die Seele eines anderen. Sein Sensorium fasst nur bestimmte Wellenlängen. Der Thymiker hingegen hat in vielen Situationen einen Nachteil: er nimmt mehr wahr, ihm wird die Situation dadurch komplizierter, er hat Verarbeitungsstau gewissermaßen und prozessiert langsamer vor sich hin, muß ambivalenzen integrieren und dergleichen. Dies hat der Alexithymiker nicht: hier geht es recht grobmaschig vor sich hin, hoher Durchfluss. Dies strahlt in alle Existenzformen hinein. In Identifizierungsprozesse, in Handlungsprozesse, in Beurteilungen und Anschauungen, in Wahrnehmungsräume, Zusammenhänge, usw. Er schaut aber Handlungstüchtiger aus, er springt, um es bildlich zu formulieren, von Gipfel zu Gipfel, während der Thymiker die Hänge ins Tal runter und wieder rauf geht, mal rasten muß, dabei vielerlei sieht und oft auch gesehen wird.

  3. @flavo

    Ich wusste jetzt nicht, was ein »Alexithymiker« ist. Wiki sagt:

    Alexithymie ist ein Konzept in der psychosomatischen Krankheitslehre. Der Begriff wurde 1973 von den US-amerikanischen Psychiatern John Case Nemiah (1918–2009) und Peter Emanuel Sifneos (1920–2008) gebildet und benennt die Unfähigkeit ihrer Patienten mit somatisierten Beschwerden, die eigenen Gefühle wahrzunehmen und sie in Worten zu beschreiben. Im Interview erschienen die Betroffenen phantasiearm und funktional, hielten ihre Beschwerden für rein körperlich und schwiegen zu seelischen Fragen.

    Ahja. Sehe ich ähnlich. Die Fähigkeit zur Empathie und der Wahrnehmung der eigenen Gefühle, stirbt durch funktionales Denken und funktionales Leben langsam ab.

    Generell finde ich Deine Kommentare immer sehr eindringlich, manchmal fast poetisch, wenn auch nicht immer leicht zu verstehen. Und ein paar mehr Absätze wären nicht schlecht ;)

  4. Besser kann man’s nicht auf den Punkt bringen :)

    Und jetzt kenn ich auch den Fachbegriff. Danke, Flavo!

    Wenns nicht so unsagbar traurig wäre, könnte man schon fast wieder drüber lachen — über diese Unfähigkeit Gefühle als Gefühle wahr zu nehmen, sie nur noch in Ersatzwelten zu registrieren. Aber diese sind wichtig, damit man sich einbilden kann, sie existierten und man sei normal und Mensch.

    Was hat das mit leben zu tun?

    Ich habe einmal ein Gedicht mit ähnlicher Problematik geschrieben:

    Hör‹ auf zu schlagen, Herz!
    Und du, mein Hirn, beende die Gedanken!
    Du musst erfrier’n sonst oder in Umnachtung enden.
    Doch ohne Herzschlag kann ein Mensch nicht leben
    Und tot gilt, dessen Hirn man nicht mehr misst.
    Drum lebe weiter, Tote unter Toten,
    Und red dir ein wie sie,
    Dass du am Leben bist.

    Der Titel: Überlebensstrategie

  5. @Frau Lehmann

    das Gedicht ist echt ein Hammer:

    »Hör‹ auf zu schlagen, Herz!
    Und du, mein Hirn, beende die Gedanken!
    Du musst erfrier’n sonst oder in Umnachtung enden.
    Doch ohne Herzschlag kann ein Mensch nicht leben
    Und tot gilt, dessen Hirn man nicht mehr misst.
    Drum lebe weiter, Tote unter Toten,
    Und red dir ein wie sie,
    Dass du am Leben bist.«

    Ich nehm das mal mit in meinen Schlaf....

  6. sehr zu empfehlen hierzu:
    Greco, Monica — Homo Vacuus. Alexithymie und das neoliberale Gebot des Selbstseins, in: Bröckling...

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.