Bankokratie 2500

Tim Gage (wikimedia)

In der fernen Zukunft herrscht der Geldadel auf der Welt. Ganz offen und direkt. Ackermann Nr. XV, Vorsitzender der »internationalen Bankenvereinigung« (IBV), herrscht mit eisiger Hand über die Welt. Wahlen finden nicht statt. Oppositionelle Bewegungen, alternative Meinungen und Gesellschaftsentwürfe werden mit dem privaten Sicherheitsdienst der IBV, der sog. »Peace Security Force« (PSF), gnadenlos unterdrückt und niedergeschlagen. Die PSF stellt über 500 Millionen Soldaten weltweit. Die IBV besitzt in jedem Land eine Wolkenkratzer-Zentrale und in jeder Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern einen Außenposten. Fast täglich wird die Todesstrafe durch die PSF vollstreckt.

Die hundert reichsten Menschen sind in der IBV organisiert und beschließen Gesetze und Richtlinien, nach der sich die Weltbevölkerung zu richten hat. Fast vier Milliarden der Weltbevölkerung leben in bitterer Armut und von weniger als einem Euro pro Monat. Alle anderen sind direkt oder indirekt bei den Geldinstituten angestellt. Jeder Bürger muss 40 Prozent seines Bruttolohngehaltes an die IBV abführen.

In Kindergärten ist es Pflicht, jeden Morgen ein Loblied auf Ackermann Nr. XV zu halten. In Schulbüchern steht geschrieben, dass es der Verdienst der Geldverleiher war, für weltweiten Frieden, soziale  Sicherheit und Wohlstand gesorgt zu haben. In den Universitäten wird nach neuen Wegen geforscht, Menschen, Produkte, Dienstleistungen und Ideen immer effektiver banken- und geldtauglich verwerten zu können.

Güter wie Strom, Gas, Wasser, Lebensmittel und so weiter sind komplett in der Hand der IBV. Preis‑, Produkt‑, Marketing- und Vertriebspolitik unterliegen den Vorgaben einer bestmöglichen Profitmaximierung. Post, Telefon und Internet werden durch die PSF streng zensiert und überwacht. Eine Absicherung von persönlichen Lebensrisiken, wie Krankheit, Armut oder Alter gibt es nur für Angestellte der IBV.

Sport, Kultur und Medien sind im Besitz der Stiftung wertschöpfender Banken (SwB). Einer Einrichtung, die im Sinne der IBV agiert und von ihr finanziert wird. Alle großen Sportereignisse, wie Olympia oder die Fussball-WM werden von der SwB gesponsert. Die größten Stadien der Welt, Universitäten und Hauptstrassen sind nach Bankern, Spekulanten und Aktionären benannt. Der weltweit erfolgreichste Film »von hedgefonds verweht« läuft seit Jahrzehnten im Kino.

Wer nicht fähig oder willens ist, für die IBV zu arbeiten, darf sein Dasein in einem von weltweit mehreren hundert Mega-Ghettos fristen. Diese tödlichen Zonen sind von einer 20 Meter hohen Mauer umgeben, auf denen automatische Maschinengewehre und Posten der PSF stationiert sind. Es gibt kein Entkommen. Wenn man, als nutzlose Ballastexistenz, der Gesellschaft einen Gefallen erweisen möchte, kann man sich vom Arzt seines Vertrauens, eine sozialverträgliche Ablebensspritze verabreichen lassen.

Wer jedoch der internationalen Bankenvereinigung (IBV) mindestens 50 Jahre gedient hat, wird nach seinem Tod zu Münz- und Papiergeld verarbeitet und so dem Kreislauf der Macht wieder hinzugefügt werden.

22 Gedanken zu “Bankokratie 2500

  1. @zoran:
    Schau aus dem Fenster WIR sind die gottgegebenen Herrscher !
    Der Gott »Markt™« hat UNS auserkoren ...

  2. »In Schulbüchern steht geschrieben, dass es der Verdienst der Geldverleiher war, für weltweiten Frieden, soziale Sicherheit und Wohlstand gesorgt zu haben.«

    Es steht nicht nur schon heute, sondern seit jeher geschrieben, dass es der »liebe Gott« war, der den Menschen das Paradies erschuf — und dass es die Menschen waren, die daraus vertrieben wurden, weil sie sich nicht an die Vorschriften hielten.

    Heute muss man darum nicht nur sprichwörtlich sondern tatsächlich bei Adam und Eva anfangen, um den Vertriebenen die Marktwirtschaft zu erklären:

    http://opium-des-volkes.blogspot.de/2011/07/die-ruckkehr-ins-paradies.html

  3. Power, like a desolating pestilence,
    Pollutes whate’er it touches; and obedience,
    Bane of all genius, virtue, freedom, truth,
    Makes slaves of men, and of the human frame
    A mechanized automaton.

    Macht, gleich verheerender Pestilenz,
    beschmutzt, was sie touchiert.
    Und Gehorsam ist des Genius Ruin, so sehr,
    wie der der Kunst, der Freiheit und der Wahrheit.
    So werden Menschen zu Sklaven und die menschliche Gestalt,
    zum technisierten Automat.

    Percy Bysshe Shelley, 1813, Königin Mab.

    Übrigens, — keine Begrifflichkeit liegt so nahe am Begriff der absoluten Macht, wie der der Weisheit letzter Schluss. Merkwürdig, — dass diese Kette nie wirklich durchbrochen wird. Liegt da Absicht dahinter? Immer die gleiche?

    @epikur, — (klasse man kann wieder editieren).
    Super-Extrapolation!!!

  4. @Stefan Wehmeier
    Das könnte durchaus sein. Allerdings fühle ich mich nicht zur endgültigen Weisheit berufen. Und solange dies Leute tun, — wird es auch Macht geben. Das ist der Witz an der Geschichte.
    Denn bedenke, — diese Bankokratie, hat sich aus genau diesem Gedanken, der als Weisheit (mit merkwürdiger Fixierung auf einen Markt), — verkauft wurde, — entwickelt. Im Moment, gibt es für mich nur eine Weisheit letzter Schluss, — die ich verstehen könnte. Die Gurus, — werden die letzten sein, — die aussterben.
    Theorie und Praxis. Noch Fragen?

  5. »Allerdings fühle ich mich nicht zur endgültigen Weisheit berufen. Und solange dies Leute tun, — wird es auch Macht geben.«

    Sie sollten sich nicht zu sehr in Widersprüche verstricken. »Der Weisheit letzter Schluss« (den ich nicht gefunden, sondern nur wiedergefunden habe — die Ehre gebührt Jesus von Nazareth und Silvio Gesell) besteht ja gerade darin, wie die Machtstrukturen abgeschafft werden können. Wenn Sie sich also »nicht zur endgültigen Weisheit berufen« fühlen, haben Sie offenbar ein Interesse daran, die (noch) bestehenden Machtstrukturen aufrechtzuerhalten.

    http://opium-des-volkes.blogspot.de/2011/09/verantwortung.html

  6. @Stefan Wehmeier
    Komm einfach wieder auf den Teppich zurück. Sonst lieferst du die absolut beste Steilvorlage, für genau diese ideologische Esoterik, was die Neolibs immer ausmacht hat, — die es je gegeben hat. Glaubst du im Ernst, das das Zeug jemand ernst nimmt? Zur Not, schreib ich dir ganze Seiten voll, in denen ich König Bilgamesh zum Erfinder der sozialen Marktwirtschaft verklickere. Eine Frage der Interpretation, — und was ich selber darin sehen möchte. Du hast ein Problem mit dem geschichtlichen Spiegel.

  7. @Stefan Wehmeier
    Ich weiß. Jeder ist der schönste, tollste, klügste, — und der der weiß, ...... was Wissen ist. Adam und Eva zum Konzept für marktwirtschaftliche Anarchie zu erklären, — ist nur ein Teil davon. So Zeugs, haben wir schon in den 80igern durchgekaut. Ich mag Ideen, — keine Ideologen. Das wird langsam erschreckend müde. Könnten wir uns mal ums Eingemachte kümmern? Um die Menschen? Möglicherweise, — waren sogar Adam und Eva, — Menschen? Also, — nicht nur Marktteilnehmer? Versuch es mal mit Bescheidenheit. Du.... bist nicht Gott. Oder glaubst du im Ernst, dass sich dein Zeugs, auch nur ansatzweise von irgendeiner Religion unterscheidet???? Deiner Religion?? Was glaubst du wohl, warum hier das Wort »Markt-Leviathan« fällt.?

  8. Sehr eindringlicher Artikel auf was wir zusteuern und vom Gefühl her schon haben, wie z.B. allherrschende Profitmaximierung unter allen Umständen. Das neue System beruht jedoch nicht nur auf eine einfach negative und unachtsame Entwicklung, in der vermeintlich einfach nur das Gegensteuern gefehlt hat- sondern auf eine geziehlte Agenda eines militärisch industriellen Komplexes http://de.wikipedia.org/wiki/Milit%C3%A4risch-industrieller_Komplex welches finanzmächtige Instanzen und antidemokratische Bünde durchdrücken wie u.a. Bilderberger, Trilaterale Kommission, Council on Foreign Relations, Federal Reserve Bank, JP Morgen, Goldman Sach. Das Ziel ist die sogenannte »neue Weltordnung«- die vereinte (westliche) Weltregierung. Dies ist nur ein Hinweis meine Freunde! Sich informieren ist Selbstverantwortung um durch das Dickicht der täglichen Medienlügen durchzublicken.

  9. Ein klasse Artikel !

    Bei genauer Betrachtung sind die Strukturen, die hier antizipiert wurden schon vorhanden. (Todesspritze NL, Ghettos in den Megastädten, Rating Agenturen, etc.) Nur heute läuft das alles noch unter dem Deckmäntelchen »Pluralismus«.
    Bis dahin wird wohl auch noch der letzte Rest aller (Mit)Menschlichkeit eliminiert sein. (Wer Worte, wie Sympathie, Empathie oder gar Liebe öffentlich verbreitet oder auch nur benutzt, kann mit dem Tode bestraft werden.) :-(

  10. Und nun die Preisfrage für Schnellmerker ....

    Wer hätte die Zustände durch nichthandeln in dem Fall soweit kommen lassen ..?
    Wer arangiert sich mit jedem vermeindlich kalulierbaren Elend ehe er den Arsch hoch bekommt , solange noch Hansa-Pils im Fridge und Billigkippen neben der Remote Contr. zum einschaften der UEFA Champions League am Flachbild ‑TV ...

    ...der Pfostenmichel als Ligitimator ;-)

  11. Unsere aktuelle Dystopie wird es wohl kaum bis ins
    Jahr 2500 schaffen – bis dann sind sowohl ihr als
    auch sämtlichen lebenswerten Alternativen die Überlebens-
    grundlagen entzogen (Kollaps der Biosphäre, unkontrollierbare
    Kriege, …)

    Fällt mir abschließend der alte Spontispruch aus den 80ern
    ein: Wer will, dass die Welt bleibt wie sie ist, der will nicht
    dass sie bleibt. Trifft haarscharf auf den Neoliberalismus zu,
    der am Liebsten die Welt anhalten möchte, um sie umso
    besser (also schneller) aus‑, abzuschlachten.

    Der eigentliche Grund, seinen Exekutiven in den Arm zu fallen,
    bloß wie?

  12. Fällt mir abschließend der alte Spontispruch aus den 80ern
    ein: Wer will, dass die Welt bleibt wie sie ist, der will nicht
    dass sie bleibt.

    Ich glaube, das ist auch ein Zitat vom Dichter Erich Fried.

  13. Erschreckend. Es hängt davon ab, ob genug Menschen zu einer magnanimitalen Demokratie fähig sind oder nicht. Da der menschliche Sinnraum in der Tat hinabgestutzt wird auf einen ärmlich beschämenden Vollzugsmodus wird die Zeit bereitet, neuen Sinnraum für verstaubte Existenzpartikel und Sinnsequenzen zu finden. Die anstrengende Hineingehaltenheit in den ärmlichen Existenzmodus läßt Staub fallen auf andere Sinnpartikel, läßt sie unbeobachtet ihre Position wechseln, sich drehen neigen und wenn unser Blick dann zufällig auf sie wieder fällt, dann sehen wir sie in einer neuen Perspektive. Die Hochherzigkeit ist in der Tat keine politische Kategorie der Gegenwart. Der Sozialstaat wäre vielleicht eine Institutionalsierung der Hochherzigkeit geworden, wäre er nicht am düsteren Operaismus hängen geblieben und dann ohnehin zur Demontage frei gegeben worden. Wie die Erben alter Bauernhöfe in gebirglichen Gegenden, verscherbelten die Nachkommen zusehends das Erbe für einen genehmen Lebenswandel. Mal hier ein Stück Wiese, mal dort ein Stück Wald. Der letzte Erbe bekam nichts mehr und wurde Lohnabhängig. Derart gaben die Erben der Arbeiterbewegung, in der sich nich Arbeiter bewegten, Stück um Stück ab und entlassen uns heute in die Vereinzelung bar kollektiver Sicherungssysteme. In der magnanimitalen Demokratie wird immer mehr gegeben. Die Bedarfsgerechtigkeit ist hier eine Ungerechtigkeit. Der sich in die meisten milliarden Existenzhandlungen einnistende Geist ist zur Hochherzigkeit hin geneigt. Immer ein bisschen mehr geben. Nimm dies auch noch dazu für alle Fälle oder nur so. Aber nicht nur geben. Auch das Anerkennen. Hochherziges anerkennen ist das der notwendigen Individualität entsprechende Anerkennen. Nicht das präzise Anerkennen wird der Individualität gerecht, nur das hochherzige. Der Minderleister wäre getilgt, nicht weil er, in der alten Optik, nun mehr leistete, nein, weil er, in der neuen Optik, immer schon genug leistet. Wir, geübte Kleinmütige, müssen die Hochherzigkeit üben und danach trachten, sie zur politschen Kategorie zu machen. Auch Kampf muss hochherzig sein.

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