Propaganda 2.0
15.09.2008

Als Propaganda bezeichnet man die gezielte Verbreitung bestimmter politischer, religiöser, wirtschaftlicher, aber auch künstlerischer oder humanitärer Ideen, insbesondere durch die Medien. Führende Wissenschaftler, Politiker und Journalisten in Deutschland singen seit Jahren ein Loblied des propagandafreien Deutschlands. Schließlich besagt Artikel 5 unseres Grundgesetzes, dass Meinungs- Informations- und Pressefreiheit in Deutschland herrschen. Auch finde keine Zensur statt und Deutschland halte ja, durch ein duales Rundfunksystem von öffentlich-rechtlichen sowie privaten Fernsehsendern, die Pressefreiheit besonders hoch, so wird in der Öffentlichkeit oft phrasiert. Stimmt das wirklich? Gibt es keine Propaganda in Deutschland? Wem dienen und wem nützen die Medien? Welche Interessen werden verfolgt? Im folgenden ein kurzer Einstieg.

Politisierung, Mediatisierung oder Vierte Gewalt?
Als erstes stellt sich natürlich die Frage nach der Rolle der Medien in Deutschland. Sind sie lediglich Sprachrohr der herrschenden Politik oder beeinflussen sie die Politik mittels Agenda Setting? Sind sie Vierte Gewalt in Deutschland oder nur Soma fürs Volk? Viele wissenschaftliche Untersuchungen haben sich daran abgearbeitet, wobei meist eines dieser Theorien, nach der Rolle der Medien, dem Vorzug gegeben wird. Ich denke, je nach Einfluss, Macht, Ressourcen und Kompetenz der jeweiligen Medien trifft mal mehr das eine und mal mehr das andere zu. Das Verhältnis von Medien und Politik ist häufig ein symbiotisches, sprich sich gegenseitig ausnutzendes Verhältnis. Fest steht jedoch, dass die modernen Massenmedien, der Filter sind, mit dem wir die Welt wahrnehmen. Mehr noch, sie sind nicht nur das gefilterte Fenster zur Welt, sondern sie konstruieren sie zugleich. Frei nach der Theorie des Konstruktivismus – nach der es keine objektive Realität geben kann, da jedes Individuum die Welt in seinem Kopf erstehen lässt – sind die Medien entscheidende Akteure der individuell wahrnehmbaren Welt. Auch werden den Medien in der Demokratie, die Funktion der Informations- und Meinungsbildung sowie der Kontrolle und Kritik gesellschaftlicher und politischer Kräfteverhältnisse zugesprochen. Da die Medien selbst jedoch in bestimmten Macht-Wissen Kräfteverhältnissen stehen, sind sie selten außen vor – als objektiver, kritischer Beobachter einer konstruktivistisch nicht existenten neutralen Welt – sondern sie sind häufig eingebunden in spezifischen Machtstrukturen.

Interessen der Medien
Bertelsmann – media worldwide Mit Ausnahme der öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland befinden sich fast alle Medien in der Hand von privaten Unternehmen und Konzernen. Zu nennen wären hier: die RTL Group, Europas größter Betreiber von werbefinanzierten Privatfernsehen und Privatradio mit europaweit 42 Fernseh- und 32 Radiosendern und einem jährlichen Umsatz von ca. 5 Mrd. Euro. Die RTL Group wiederum befindet sich im Besitz des Bertelsmann Konzerns, zudem auch die Random House Gruppe sowie der Gruner+Jahr Zeitschriftenverlag gehören. Der Bertelsmann Konzern hat einen jährlichen Umsatz von geschätzten 18 Mrd. Euro. Deutschlands größter Zeitungsverlag, der Axel-Springer-Verlag, hat einen geschätzten jährlichen Umsatz von ca. 2,5 Mrd. Euro und veröffentlicht die BILD-Zeitung, welche täglich ca. 17% der deutschen Gesamtbevölkerung erreichen. Weltweit beherrschen 6 große Medienkonzerne einen Großteil aller Medienerzeugnisse und sorgen so für eine zunehmende Medienkonzentration: Vivendi Universal, Time Warner, Bertelsmann, Viacom, News Corporation und die Walt Disney Gruppe. Insofern ist es immer wieder wichtig daran zu erinnern, dass hinter jedem journalistischen Pathos, des »objektiven, kritischen Journalisten« und der grundgesetzlich verankerten Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland, ein Milliardengeschäft großer Konzerne mit ihren jeweiligen finanziellen Interessen steht. Diesbezüglich richten sich große Presseerzeugnisse vor allem an den Wünschen der Anzeigenkunden und an ihrem eigenen finanziellen Fortbestehen aus. Der amerikanische Linksintellektuelle Noam Chomsky trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er sagt, dass »die Medien den Interessen staatlicher und unternehmerischer Macht dienen und ihre Berichterstattung und Analyse auf eine Weise gestalten, welche die etablierten Privilegien unterstützt und dementsprechend Diskussion und Debatte einschränken«.

Methoden der Manipulation

Fazit
Skandalisierung, Personalisierung, Entertainisierung, einseitige Parteinahme sowie Agenda Setting der Medien in Deutschland machen es schwer, zu behaupten, die Medien würden aufklären und keine Propaganda betreiben. Auch wenn es keine gezielt gelenkte staatliche Propaganda ist, so kommt auch bei den privaten bürgerlichen Medien die herrschende Ideologie des neoliberalen Credos nicht zu kurz. Auch der Hurra-Patriotismus hat seinen Platz – spätestens bei der Fußball WM oder der einseitigen Berichterstattung, wenn Deutschland sich im Krieg befindet, wie derzeit beim Afghanistan Krieg gut zu beobachten ist. Die zunehmende Entertainisierung der Medien ist ein Zeichen dafür, wie sehr sich die Medien wirtschaftlichen Interessen unterwerfen. Der Informationsanspruch kommt häufig erst an zweiter oder dritter Stelle, wenn überhaupt. Selbstzensur, Kampagnenjournalismus und die zunehmende Verquickung von Journalismus und PR sind ein weiteres Indiz dafür, dass die bürgerlichen Medien sich dem wirtschaftlichen Zeitgeist unterordnen und in erster Linie eigene Interessen verfolgen. Insofern ist die Presse nur für den frei, dem sie gehört.

» Beispiele für die Gleichschaltung der Medien im ZG-Blog

Alternative Medienberichterstattung:
» Indymedia
» JungeWelt

by epikur



Startseite