Die ganz normale Ungerechtigkeit

»Denn normal, denkt man, ist es doch, oder müsste es sein, dass sich Millionen Menschen nicht durch Jahrtausende von einer Handvoll Oberschicht beherrschen, ausbeuten, enterben lassen. Normal ist, dass eine so ungeheure Mehrheit es sich nicht gefallen lässt, Verdammte dieser Erde zu sein. Statt dessen ist gerade das Erwachen dieser Mehrheit das ganz und gar Ungewöhnliche, das Seltene in der Geschichte. Auf tausend Kriege, kommen nicht zehn Revolutionen...Und selbst wo sie gelungen waren, zeigten sich in der Regel die Bedrücker mehr ausgewechselt als abgeschafft«

- Ernst Bloch, »Freiheit und Ordnung«, Frankfurt 1969, Suhrkamp Verlag

Anmerkung: Vielmehr gilt heute in Deutschland als nicht normal, wer sich aktiv oder mental weigert, die herrschenden Verhältnisse und Machthaber als Naturzustand und alternativlos zu akzeptieren. Demonstranten sind Störenfriede, Chaoten und Wichtigtuer, die den Verkehr unnötig behindern. Gewerkschafter und Betriebsräte sind Querulanten, Blockierer und Aufwiegler. Normal ist: Konsum, Habendenken und Zwangsoptimismus.

6 Gedanken zu “Die ganz normale Ungerechtigkeit

  1. Aus diesem beschriebenen Grund scheitern alle Ansätze zur Verbesserung der Gesellschaft. Der Kommunismus, die freie Marktwirtschaft, ect. sind Ideale. Die Gruppen die diese vertreten sidn überzeugt davon etwas verbessern zu können. Allerdings wird nie die Macht hinterfragt die man einer Gruppe gibt. Gerade im Kapitalismus feiern wir die Menschen die Milliarden verdienen und an der Spitze stehen. Das der Rest der Gesellschaft für diesen Überfluss blutet interessiert die meisten nicht. Sie sehen nicht, dass die meisten Probleme durch die Spitze und nicht die Basis hervorgerufen werden.

  2. Mich hat schon mal jemand gefragt, warum ich denn nach Deutschland gekommen wäre, wenn mir Deutschland, so wie es ist, nicht gefällt. Ich bin Deutsche! Ostdeutsche, die eingemeindet wurde.

  3. Unterwürfigkeit als unangenehme Normalität, ich denke , das liegt daran , daß die hierarchische Unterordnung genetisch angelegt ist und damit jederzeit abrufbar , die Auflehnung ist hingegen erlernt und muß immer wieder neu erkämpft werden, zumeist durch »learning by doing« , nicht nur in Deutschland.

    Deutschland ist durchsetzt von Duckmäusern und Denunzianten , aber es gibt auch andere Tendenzen.
    Gerade im Moment gibt es klare Mehrheiten , die die bestehenden Verhältnisse grundsätzlich in Frage stellen, leider neigt ein erheblicher Teil dazu , sein Heil eher — wie beschrieben — in der Auswechslung der Obrigkeiten zu suchen.
    Auf der anderen Seite gingen zwei der bemerkenswertesten Revolutionen der Geschichte von deutschem Boden aus.
    Die friedliche von 1989 und die von 1918 , die immerhin von der Marine und damit von militärischem Personal initiiert wurde.

  4. zu anmerkungen: die betriebsräte und gewerkschafter sind in der regel oft bis meist leider keine blockierer sondern co-manager.

    zu art vanderley
    die »revolution« von 1989 mag ganz am anfang vielleicht von einigen wenigen als weg zu einer neuen freiheit gemeint und gesehen worden sein, wurde dann aber in sturmesschnelle zu einer konterrevolution der gaucks,merkels,birthlers etc.

  5. @ landbewohner

    Stimme Ihnen zu , nach 89 folgte das »Ende der Geschichte«, die Revolution und der Klassenkampf von oben , und die sind kein Stück besser als das ‚was mit 89 beendet war.
    Das scheint leider »revolutionäre Normalität« zu sein , nach der französischen sah es kaum besser aus , und auch die arabische spült jetzt erstmal die Islamisten nach vorne.

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