Menschen, Macht und Spiele (Teil 2)

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Geschicklichkeitspiele sind es die durch den Rechner als Plattform wohl die größte Entwicklung durchgemacht haben. Der Name ist an sich selbsterklärend, aber sie fordern den Spieler vor allem auf der Reaktions- und Wahrnehmungsebene. Hier ist vor allem das schnelle und präzise Verarbeiten von Informationen und die präzise Steuerung gefragt. Die Macht kann meist durch konzentriertes Training relativ gut gesteigert werden (Luke Skywalker lässt grüßen), wobei gerade hier, das persönliche Potenzial relevant ist.

Die viel geschmähten (Multiplayer-)Egoshooter können wenn sie keine Rollenspiel- oder Adventureelemente enthalten dazugezählt werden. Ich denke die vielen Vorurteile gegenüber diesem Spieletyp rühren wie bei Vorurteilen üblich, von fehlender Einsicht her. Ähnlich wie bei sportlichen Betätigungen fordern Geschicklichkeitspiele Fähigkeiten die vor allem durch häufiges wiederholen verbessert werden und es sind sogar gewisse physische Vorraussetzungen erforderlich (nicht umsonst sind sie sehr beliebt in der eSports-Szene). Es erfordert als Aussenstehender ohne Grundlage ein gewisses Maß an Behaarlichkeit um überhaupt sinnvoll mitspielen zu können und sich somit ein Bild zu machen woher die Motivation für ein solches Spiel rührt. Aufgrund der physischen Voraussetzungen kann der Einstieg mit höherem Alter zusätzlich erschwert werden, wenngleich dies lange nicht bedeutet, dass es keinen Spass machen sollte. Womöglich ist aber ein erfoglreicher eSportler in gehobenem Alter, zumindest bei Egoshootern, nicht nur aus Interessensgründen, eher unwahrscheinlich. Umgekehrt ist das was »durchtrainierte« eSportler zeigen ähnlich beeindruckend wie das was tatsächliche durchtrainierte Sportler vermögen (den enormen Unterschied der Reaktionszeit eines Rennfahrers und eines untrainierten konnte ich einem Bericht entnehmen, mich würde der zwischen Rennfahrer und eSportler interessieren).  Wobei ich die körperlichen Folgen einer eSportlerkarriere lieber nicht erfahren möchte (wobei die realer Sportler häufig auch nicht besser sein werden).

Die von epikur erwähnte Macht in Bezug auf Egoshooter scheint sich auf eine Form der entweder sardistischen Machtausübung zu beziehen oder dem Aufwerten des eigenen Egos durch das Abwerten anderer Spieler (somit Menschen). Das ist vermute ich, auch wenn ich kein Psychologe bin, wohl eine pathologische Form von Machtausübung. Spiele bieten sich zugegebenermaßen als Möglichkeit für Menschen an die sich im Leben als machtlos empfinden um ein Machtgefühl zu erleben, da Spiele eben als Machtsimulationen funktionieren. Allerdings bedeutet dies, das der Spieler das Spiel als Mittel für eine Form des Eskapismus (Realitätsflucht) nutzt. Dies bedeutet, dass der Spieler das Spiel schon aus der falschen Motivation heraus spielt und vermutlich ein vorgelagertes Problem vorliegt. Er ist also im eigentlichen Sinne dann gar kein Spieler, da er das Spiel als solches gar nicht wahrnimmt. Die eigentlich relevante Frage ist also inwiefern Spiele krankhaftes Verhalten auslösen können. Ich vermute wenn man Spiele als Machtsimulation betrachtet kann man nicht abstreiten, dass diese Einfluß auf den Spieler ausüben. Allerdings ist die Frage, ob dieser Einfluß bei gesunden Menschen vergleichbar ist mit dem realer Macht, da diese vermutlich noch unterscheiden. Hinzukommt das reale Macht die Reaktionen der Umwelt deutlich verändert und somit ein weniger gefestigte Psyche dieser Macht quasi indirekt erliegen kann. Dies ist bei Spielen an sich nicht der Fall, wobei man bei MassiveMultiplayer-Spielen hier diesen Effekt möglicherweise auch noch teilweise erreicht. Dieses Thema Bedarf aber an sich einer eigenständigen Erläuterung, nur soviel, ich denke das Gefahrenpotential ist zumindest in der Breite viel höher als bei dem was als klassische Gewaltspiele betrachtet wird, da ich vermute das hier die Menschen weniger pathologisch vorbelastet sein (gar nicht?) müssen um einer starken Beeinflussung der Psyche zu unterliegen. Die folgen mögen nicht so spektakulär sein und deshalb weniger medial im Rampenlicht, aber in der Masse denke ich ist das ein größeres Problem.

Nun aber zu dem meiner Meinung klassischen Machtgenre, das Strategiespiel. Hier ist die Macht das Ziel Spiels. Das verbessern der eigenen Machtposition innerhalb der Parameter des Spiels ist die Vorgabe für den Spieler. Wie der Name schon impliziert ist hier langfristige Planung gefordert. Die klassischste Form ist hier das rundenbasierte Strategiespiel. Ein Strategiespiel funktioniert wie ein (einfaches) wissenschaftliches Modell oder eine mehr oder minder komplexe Maschine. Je besser das Verständnis der Spielparameter durch den Spieler desto effektiver kann er diese manipulieren, was meist zu mehr Interaktion, in Form von mehr Möglichkeiten führt, z.B. besseren(=mächtigeren) Einheiten oder Strukturen. Am Ende des Spiels steht meist die Hegemonie, bzw. Dominanz einer Partei und das formale Beenden entfällt häufig durch Aufgabe des Gegners (so denhttp://www.flickr.com/photos/lifeontheedge/363572994/n es einen gibt, es soll ja auch Spiele ohne geben). Das klasssische Strategiespiel ist an sich nicht wirklich auf das digitale Medium angewiesen, profitiert aber dadurch das der Rechner große Mengen an Spielparametern verwalten kann und Gegner simuliert (z.B. ist Civilization sowohl ein Brett- als auch ein Computerspiel, wobei vermutlich unterschiedlich komplex). Ich habe mich schon häufig gefragt, warum dieser Spieletyp weniger in der öffentlichen Kritik steht. So ist Civilization ein relativ komplexes Spiel, insoweit dass es angeblich sogar zu Lehrzwecken genutzt wird um gesellschaftliche Zusammenhänge zu verdeutlichen. Dabei ist das zugrundeliegende Modell ein sehr materialistisches und technokratisches, möglicherweise der Einfachheit halber, aber eher vermute ich, weil Spiele vor allem die Freiheit des Spielers als oberste Prämisse haben. Man sollte also nicht den Fehler machen und von Spielen erwarten das sie sich durch ethische Wertigkeit auszeichnen. Spiele definieren innerhalb des Spiels durch ihre Parameter was richtig oder falsch ist und ethische Erwägungen als Grundlage laufen meist der spielerischen Freiheit zuwider. Hierbei sollte man immer beachten das dies sich auf »einfache« Spiele bezieht, also ohne Elemente aus anderen Kunstformen. So können bei Spielen die Elemente aus Literatur in Form einer komplexeren Geschichte beeinhalten natürlich im Rahmen dieser auch ethische Fragen behandelt werden. Auch progressivere Indieentwickler wie Jason Rohrer versuchen diese Konventionen zu brechen, auch ohne Entlehnung aus anderen Kunstformen, und somit die Vielfalt von Computerspielen zu zeigen und die Berechtigung als Kunstform zu legitimieren.

Ähnlich wie beim Film gilt aber das viele Titel kommerziellen Überlegungen unterliegen und sich deshalb meist den üblichen Konventionen unterordnen und auch ihr Produkt durch Gewaltdarstellung »aufpeppen«. Die Gewaltdarstellung ist häufig nicht sonderlich sinnvoll, aber es lässt sich kaum leugnen, dass die Darstellung von Gewalt auf den Menschen ein gewisse Faszination ausübt, speziell auf die klassische Zielgruppe für diese Spiele, männliche Jugendliche, bzw. junge Männer. Wenn man sich die Entwicklung des Marktes der letzten Jahre anschaut, in der andere Zielgruppen inzwischen durchaus von Relevanz sind, wird man feststellen, das sich inzwischen entsprechend viele Spiele ohne Gewaltinhalte durchsetzen. Auch die Independentszene würde ich mal behaupten, hat deutlich weniger Blut an den Händen.

Kommt ein Spiel ohne Geschichte aus, wie in einem klassischen Deathmatchshooter wirkt das was die Spieler treiben oft sehr martialisch und recht sinnfrei. Da diese Spiele auch oft im direkten Vergleich mit anderen Spielern bertrieben werden kommt noch ein wenig Konkurrenzverhalten hinzu. Als Beobachter sollte man sich aber bewusst sein, dass Spielen ein menschliches Bedürfniss darstellt und das Verhalten des Spielers in aller Regel nicht als aggressiv beschrieben werden kann. Der Sinn ist gleich allen konventionellen Spielen, das Verstehen der Spielparameter und sich durch trainieren der erforderlichen Fähigkeiten zu verbessern.

Die eigentliche Frage warum wir Spielen ist damit aber eigentlich nur angeschnitten und ist abhängig vom Typ von Spieler. Sollte daran noch Interesse bestehen würde ich mein Verständnis in einem weiteren (hoffentlich kürzeren) Beitrag erläutern.

2 Gedanken zu “Menschen, Macht und Spiele (Teil 2)

  1. Also, wegen mir, kanns ruhig mehr davon geben. Ich finde das ausgesprochen interessant. Wobei man sich hoffentlich nicht daran stört, dass ich den marktorientierten Fatalismus auch weiterhin in Frage stelle. Der letztendlich das anbietet, was die meisten Verkaufszahlen bringt. Und dies deckt lediglich den einseitigen Rahmen aller Möglichkeiten ab, die hier (wirklich gut) beschrieben werden. Dieser Rahmen bewegt sich aber hauptsächlich im mehr destruktiv angelegtem Bereich. Macht, Ego, Erfolgsvermehrung ... etc. Die wirklich vielfältigen Trainingsmöglichkeiten durch Spiele, sind dabei nicht mal andeutungsweise angekratzt. Was ich mit Fatalismus meine, ist die stille Akzeptanz, das beim Käufer polarisiert wird obwohl dem nichts anderes übrig bleibt als auf Angebote zu reagieren. Und dann werden bei ihm die Resultate bewertet. Dabei verschwimmt der Zustand, dass einfach nur die nötige Vielfalt fehlt. Nur ein klitzekleines und sehr banales Beispiel. Kennt jemand ein PC-Samariterspiel? Ganz simpel als Möchtegernhelfer Verletzte aufsammeln und sie versorgen. Wenn man was falsch macht, — stirbt der Proband. Kann man auch mit Reaktionsverhalten und Strategie verbinden. Und wenn es dies schon gäbe. Hätte es Erfolg? Wäre es geschmackloser als andere? Alberne Idee, — nicht wahr? Warum wohl?

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