Wer anständig ist, der fliegt

»Sie spürten die Proteststimmung, weigerten sich aber, die Schwachen gegen die Schwächsten auszuspielen. Anständig, aber wenig erfolgreich.«

Spiegel Online vom 15. März 2016

Anmerkung: Das ist der Kern der Analyse von Wolf Wiedmann-Schmidt auf Spiegel Online zu den Ergebnissen der Linkspartei bei den Landtagswahlen. Wer Flüchtlinge willkommen heißt, nicht menschenverachtend ist, nicht hetzt, zündelt und nicht seinen rassistischen Schrebergarten-Biedermeier-Weltverleugnung-Habitus kultiviert, der hat derzeit politisch keine Chance. Bei dem ganzen Geschreibse über die vermeintlichen »populistischen Extreme« von links und rechts, wird vor allem vergessen, dass es die politische Mitte ist, welche die Demokratie demontiert. Die große Koalition mit Hartz-Terror, Kriegseinsätzen, verfassungswidrigen Gesetzen, Überwachungsstaat, NSU-Sumpf, BND/NSA Skandal etc. sind ebenso die Hauptverantwortlichen, wie die angebliche Mittelschicht, die ihre demokratiefeindliche und rassistische Haltung jetzt erst öffentlich auslebt, die aber schon immer vorhanden war.

Menschenverachtung ist systemimmanent

köln hbf_titelAuf dem Kölner Hauptbahnhof soll es in der Silvesternacht 2015/2016 in großer Zahl sexuelle Übergriffe auf Frauen und Diebstähle gegeben haben. Die Täter seien zu Hunderten unterwegs gewesen und würden aus dem nordafrikanischen und/oder arabischen Raum stammen, wie unter anderem Spiegel Online, Focus, Süddeutsche und Zeit berichten. Die Polizei habe rund 90 Anzeigen vorliegen, wovon ein Drittel wegen Sexualdelikten sei. Auch wenn noch nicht bewiesen ist, dass es Flüchtlinge waren und ob es nicht viel mehr um Diebstähle als um Sexverbrechen ging, so fühlen sich sofort alle »besorgten Bürger«, rund um Pegida, den typischen Mittelschichts-Spießer-Rassisten (»ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber...«) und alle verkappten sowie öffentlichen Nazis in ihrer Weltsicht bestätigt: Multikulti sei gescheitert und linke Gutmenschen seien schon immer realitätsfremde Spinner gewesen. Weiterlesen

Rassismus der Mitte

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Die bürgerlichen Massenmedien haben uns jahrzehntelang rassistische Werturteile in die Köpfe gehämmert. Und weil es typisch deutsch ist, nach unten zu treten und nach oben zu kriechen, haben wir die kleinbürgerliche Menschenverachtung, das Konkurrenz- und Wettbewerbsdenken gerne in uns aufgesogen. Pegida und die brennenden Flüchtlingsheime sind insofern die Ernte einer Saat, die lange ‑vor allem eben von der Mitte der Gesellschaft, den Kleinbürgern, den Spießern, den Schrebergärten-Besitzern, den Bürokraten und Biedermännern- gestreut wurde:

»Die Ausländer nehmen uns unsere Arbeitsplätze weg.«
»Moslems sind islamistische Terroristen.«
»Migranten wollen kein Deutsch lernen.«
»Asylanten sind Sozialschmarotzer.«
»Zigeuner betteln und klauen.«

Presseblick (43)

Die Linke in Deutschland ist gespalten. Es wird um Begriffe und Definitionen gestritten, es werden politisch Engagierte als Unpersonen erklärt (Ken Jebsen) oder zu esoterischen Spinnern (Konstantin Wecker) gemacht und es gibt eine regelrechte linke Gesinnungs- und Gedankenpolizei, die Denktabus verordnen wollen. Die Anhänger der reinen und einzig wahren Lehre. Albrecht Müller von den Nachdenkseiten hat dem Neuen Deutschland zu diesem Thema ein Interview gegeben, dass dann, wegen internen Interventionen, auch wieder zensiert wurde. Ich kann Müllers Gedanken nur unterstreichen und werde auch in Zukunft Ken Jebsen verlinken oder Interviews von ihm posten, wenn ich sie für sehenswert erachte: »Nun, ich habe mich entschlossen, mir nicht von anderen vorschreiben zu lassen, mit wem ich Kontakt haben darf, wen ich achte und zitiere und mit wem ich mit Respekt umgehe.« Die Neoliberalen reiben sich derweil die Hände, weil sich der Widerstand ganz von selbst zerfleischt. Weiterlesen

Selektive Ordnungsliebe

ordnung_titelAls ich vor einiger Zeit an einem Badesee war, beschwerte sich ein älterer Mann bei einer türkischen Familie (genauer: bei einem türkischen Mann) darüber, dass er geraucht habe. Es sei hier verboten, wegen der Waldbrand-Gefahr. Nach einer kurzen Diskussion und mit der nachdrücklichen Drohung das Ordnungsamt zu rufen, wurde das Rauchen unterlassen. Zumindest von der türkischen Familie. Aber kurze Zeit später zündete sich eine junge, blonde Frau eine Fluppe an. Sie saß in unmittelbarer Nähe bei dem älteren Mann, der sich eben noch beschwert hatte. Hier aber, sagte er nichts.

Über Sinti und Roma

Sinti und Roma werden in Europa seit Jahrhunderten verfolgt und verachtet. Die Kinder-Sendung »Willy Wills Wissen« nähert sich Kultur und Geschichte dieser Volksgruppen ‑die oft abwertend als »Zigeuner« (ziehende Gauner) diffamiert werden- mit einer kindlichen Neugier und ohne Vorurteile. Sehenswert!

Was halten Sie von Ausländern?

ausländer_titelIm Auftrag des Sachsensumpf sächsischen Innenministeriums hat Infratest Dimap eine repräsentative Umfrage zum Thema »Multi-Kulti in Deutschland« herausgegeben. Teilgenommen haben 5.000 Deutsch-Deutsche Ureinwohner. Die Ergebnisse will man zunächst eingehend überprüfen, bevor man sie veröffentlichen wird, so der Sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU). Eine Auswahl der Fragen:

Finden Sie auch, dass in Deutschland zu viele Ausländer leben, wir zu viele Flüchtlinge aufnehmen und dass gegen kriminelle Ausländer zu wenig vorgegangen wird?

  1. Auf jeden Fall.
  2. Alle abschieben.
  3. Ja.

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»Doch, Du bist ein Nazi!«

nsu4_teaserAntwort auf: »Ich bin doch kein Nazi!«

Auch wenn Du nicht die NPD wählst und keine Hakenkreuze an Häuserwände kritzelst: wer im großen Stil Sympathien für rechte Ideen hat, kann ruhig auch mal als Nazi bezeichnet werden. Die PEGIDA mag nur ein kurzweiliges Mitläufer-Massenphänomen ohne große Substanz sein, wer aber Thilo Sarrazin´s Rassentheorien, die Pro-Bewegung, die AFD und den PI-Blog gut findet, und gleichzeitig eine große Abneigung gegen den Islam, Migranten und Flüchtlinge im Allgemeinen aufweist, möchte seine kultivierte Menschenverachtung hinter einer bigotten Kleinbürgerlichkeit verstecken. Faschistisches Gedankengut ist darüber hinaus keine Meinung, die man doch mal sagen dürfen könne, sondern ein Verbrechen. Wer gerade aus der deutschen Geschichte nichts gelernt hat, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen. Weiterlesen

»Ich bin doch kein Nazi!«

nsu6_teaserNur weil ich letztens auf einer »Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« (PEGIDA) — Demonstration war? Sogar mit Ausländern (mehr als 600 Likes, 500 Shares, 100 Comments). Oder weil ich finde, dass Thilo Sarrazin mit der Behauptung in seinem Buch »Deutschland schafft sich ab« Recht hat, dass Türken und Araber eigentlich nur für den Obst- und Gemüsehandel in Deutschland wichtig sind? Ich bin auch der Meinung, dass die Erbanlagen der Ausländer viel schlechter sind, als von uns Deutschen. Außerdem gibt es einfach viel zu viele Türken, Russen, Zigeuner, Polen und andere Migranten in Deutschland. Ich habe auch nichts generell gegen Ausländer, solange sie sich in Deutschland anständig benehmen. Und wenn Moslems bei uns leben wollen, sollen sie ihre Frauen auch nicht mit einem Schleier unterdrücken. Wir leben schließlich in einer Demokratie. Mit Meinungsfreiheit. Dass muss man doch mal sagen dürfen, oder? Weiterlesen

Martin Luther King

»Kings wahre Botschaft ist heute politisch höchst brisant. Denn Martin Luther King sprach sich nicht gegen ein garantiertes Mindesteinkommen aus, sondern dafür; er redete nicht bloß Konzerninteressen das Wort, sondern unterstützte offen gewerkschaftliche Kämpfe. King wollte keinen untätigen Nachtwächterstaat, der, seine sozialen Verpflichtungen abstreifend, nur den Reichen nützt, sondern forderte massive sozialstaatliche Programme gegen die Armut.«

- Albert Scharenberg, »der unvollendete Traum«, Blätter, Ausgabe August 2013, S. 116

Anmerkung: Am 28. August 2013 ist der 50. Jahrestag des March on Washington. Das gesamte Wirken des schwarzen Bürgerrechtlers wird in vielen Medien auf seine »I have a dream« – Rede reduziert werden. Ganz so, als sei er ein verträumter Romantiker gewesen, der einfach nur wollte, dass sich alle Menschen wieder lieb haben. Dabei hat King auch die wirtschaftliche und soziale Benachteiligung der Afroamerikaner kritisiert und den Vietnamkrieg verurteilt. Er galt den Herrschenden als Störenfried, er wurde vom FBI überwacht und man versuchte mit einer breit angelegten Schmutzkampagne seine Autorität zu untergraben. Am 4. April 1968 wurde er schließlich erschossen. Und jetzt, da wir einen schwarzen US-Präsidenten haben, wird die Geschichtsklittung einen neuen Höhepunkt erreichen.