Kritik ist positives Denken

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»Immer musst Du alles so negativ sehen!« oder: »Du hast ja an allem etwas auszusetzen!« oder: »Musst Du immer so viel kritisieren?«, sind typische Vorwurf-Sätze, die kritisch eingestellte Menschen fast täglich hören. In der Vergangenheit habe ich mich zu diesem Phänomen bereits hier, hier und hier ausführlich dazu geäußert. Leider ist die absurde Behauptung, dass kritisches Denken zwingend mit einer negativen Lebenseinstellung verbunden sei, nach wie vor fest in den Köpfen der Leute verankert. Dabei verhält es sich genau umgekehrt: wer vor Armut, Ausbeutung, Unrecht und menschenverachtender Ideologie die Augen verschließt und davon nichts wissen will, weil es doch so anstrengende Themen seien, wer denkfaul, fatalistisch und obrigkeitshörig ist, wer seinen inneren moralischen Kompass mit Geld und Konsum zum Schweigen gebracht hat, wer seinen Verstand und seine Kreativität nur noch zur ökonomischen Verwertung einsetzen will – der ist dem Leben wahrhaft negativ gegenüber eingestellt. Egal, wie viel dabei gelächelt und gelacht wird. Weiterlesen

Presseblick (46)

Wolfgang Lieb von den Nachdenkseiten hört nach 12 Jahren auf. Er sei mit der Richtung, welche die Nachdenkseiten einschlagen würden, nicht mehr einverstanden. Sie sei zu konfrontativ, einseitig und diskursunfähig geworden. Auch würden sie die USA für zu vieles verantwortlich machen. Er halte auch den »häufigen Vorwurf der medialen Gleichschaltung« für falsch. Schon deshalb weil er historisch mit der Nazizeit verknüpft sei. Auch wenn ich Wolfgang Lieb´s Texte immer gern gelesen habe, so liest sich seine Begründung wie ein Vorwurf, die Nachdenkseiten seien zu antiamerikanisch und verschwörungsteoretisch geworden.

Dabei haben Edward Snowden, Julian Assange, die gezielten Drohnenmorde der USA, Atlantikbrücke-Journalisten, der NSA-Skandal sowie die einseitige Berichterstattung beim GdL-Streik, der Ukraine, Russland/Putin, dem Syrien-Krieg und Griechenland für jeden eindeutig offen gelegt, dass die Herrschenden schon lange nicht mehr an einem demokratischen, kritischen Diskurs interessiert sind. Indessen nutzen die »linke TAZ« und die »linke Frankfurter Rundschau« den Ausstieg von Lieb, um die unliebsame Nachdenkseiten-Konkurrenz als Sammelbecken für Verschwörungstheoretiker, Antisemiten, NATO-Hasser und Antiamerikaner  zu diffamieren. Wann ist diese Keule endlich abgenudelt? Weiterlesen

Individualität ist Konformität

Wenn ich mein Profilbild auf Facebook ändere, dann, weil ich dringend Komplimente und Likes über mein Aussehen brauche. Schließlich definiere ich mich über mein Äußeres und bin sehr verunsichert, wenn mir nicht ständig jemand sagt, dass ich gut aussehen würde.

Wenn ich Fotos von meiner Familie, meinen Kindern oder meinen Haustieren (Katzen!) veröffentliche, will ich allen zeigen, dass ich ein harmoniebedürftiger Mensch bin und eine vorbildliche Familie habe.

Wenn ich die Timeline abarbeite, will ich vor allen Dingen private Fotos, interessante Bilder und lustige Videos sehen. Alles andere ist mir zu anstrengend. Besonders Postings, die mehr als drei Sätze beinhalten und Sachverhalte differenziert analysieren.

Generell will ich keine Kritik für irgendetwas von mir lesen. Nie. Niemals. Was ich will, ist Zustimmung, Bestätigung und Aufmerksamkeit in Form von gaaaaanz vielen Likes und »ist das aber toll/süß/witzig« — Kommentaren. Schließlich bin ich Individualist!

Zehn Beziehungsmythen

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© epikur

1.) These: Kinder können eine Beziehung retten.

Anmerkung: Es gibt wohl Millionen Paare in Deutschland, die wegen den Kindern zusammen bleiben, obwohl die Beziehung längst im Eimer ist. Das Sexleben ist quasi nicht mehr vorhanden, gemeinsame Unternehmungen (ohne Kind) gibt es nicht mehr (oder nur sehr selten), Konflikte sind an der Tagesordnung und auch ansonsten beschränkt sich die Partnerschaft auf Alltagstrott und auf die Inszenierung einer vorbildlichen Familie bei Freunden, Facebook und der Familie. Und das soll eine Rettung sein?

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Mut zur Stille

stille_titelEs wird geplappert, gechattet und gelabert was das Zeug hält. Hunderte Millionen E‑Mails, SMS, WhatsApp- und Facebook-Nachrichten werden täglich in Deutschland verschickt. Geschreibsel ohne Ende. Ganz nach Gottfried Ben lautet heute die Devise:

»Kommt reden wir zusammen. Wer redet ist nicht tot.«

Nur was heute alles als Kommunikation bezeichnet wird, grenzt teilweise schon an Körperverletzung. Quasselstrippen, Labertaschen und Ruhe-Vernichter ergießen sich im selbstreferentiellen Marketing- und Inszenierungssprech, lechzen nach Bestätigung und Aufmerksamkeit und ergötzen sich an ihrem nervtötenden Dramaqueen- und Soap-Gesabbel. Die Kultur des Schweigens geht heute vielen Menschen völlig ab. Dabei ist die Angst vor der Stille, letztlich nur die Furcht vor sich selbst.

Smalltalk? Ich kann nicht mehr!

smalltalk_titelAls smalltalk bezeichnet man (laut Wikipedia) eine »beiläufige Konversation ohne Tiefgang« Wenn man Menschen neu kennenlernt, ist es durchaus nachvollziehbar und verständlich, sich zunächst einmal über eher belanglose und oberflächliche Themen zu unterhalten: das Wetter, die Lohnarbeit, der Wohnort, Verwandtschaftsverhältnisse. Leider erlebe ich es in den letzten Monaten und Jahren immer wieder, dass –selbst wenn man Menschen schon länger kennt und sich schon öfters getroffen hat- die Gespräche auf einem unverfänglichen und eher unverbindlichen Niveau bleiben. Weiterlesen

Notizen einer Eidechse

Gesammelte Gesprächsfetzen in Bus und Bahn (Berlin) vom Juni 2015:

  1. (weiblich, ca. 40 Jahre) Ick hab morjen frei.
  2. (männlich, ca. 45 Jahre) Weeste, wie scheiße dit is? Dat Schjobcenter will mich in ne Maßnahme stecken!
  3. (männlich, unter 20 Jahre, am Telefon) Du Hurensohn, ich ficke Deine Mutter!
  4. (weiblich, ca. 35) Wenn ick wat verbockt hab, dann sach isch dit ooch und mach da nich son heckmeck draus.
  5. (weiblich, unter 20 Jahre) Und dann meinte er so, ich sei ja voll häßlich und so, dabei wolln grad drei Typen wat von mir. Aber ich will keinen, die sind ja alle voll die Opfer (lacht).

Erwartungshaltung

ErwartungPassiv sein. Abwarten. Sitzen. Fordern. Kaum etwas ist so energieraubend, wie Menschen, die nicht sagen können (oder wollen), was sie wirklich möchten. Die auf das Glück und ihr Leben warten, statt es anzupacken. Gleichzeitig sind sie aber sofort mit Vorwürfen zur Stelle, wenn man nicht das sagt oder macht, was sie sich von einem erhoffen. Selbst bei einer direkten (Nach-)Frage wird häufig nicht mit der Sprache rausgerückt. Dennoch wird gejammert, gemosert und genörgelt, ohne einen ehrlichen Willen dahinter, den Status Quo zu verlassen oder seinen Horizont zu erweitern. Weiterlesen

Draußen ist Wetter

Wetter_titel...und zwar das ganze Jahr über! Für viele ist es das Dauer-Jammer-Pseudo-Kommunikations-Thema schlechthin. Schließlich sind wir den Launen des unberechenbaren Wetters schutzlos ausgeliefert. Und es ist etwas, dass wir (noch) nicht kontrollieren können. Und das nervt uns.

  1. Schon wieder ist es so verdammt hundekalt. Man, ich frier mir hier echt alles ab. Und dann ist es auch noch so glatt auf den Straßen. Und ständig muss ich den Frost von meinem Autofenster abkratzen. Zum Kotzen!
  2. Boah, seit Tagen ist es nur am Regnen. Egal wo man hintritt, nur Riesenpfützen und meine Socken sind dauernd durchnässt. Was soll ich da nur anziehen?
  3. Dieser starke Wind zerstört ständig meine Frisur. Und der Straßenstaub bläst mir so stark ins Gesicht. Ätzend!
  4. Uff. Diese Bullenhitze. Ich schwitze wie ein Tier. Und dann noch diese schwüle Luft. Ist ja echt unerträglich.
  5. Jetzt schmilzt der Schnee schon wieder und die Straßen sind voller Matsch. Da muss man ja echt aufpassen, wo man hintritt. Verdammtes Scheiss-Wetter!

Vorwürfe rechtfertigen

Typische Euphemismen um sich selbst eine Legitimation zu schaffen, um vorwurfsvoll sein zu dürfen, ohne jedoch der/die »Böse« zu sein, weil man den Gesprächspartner doch darauf vorbereitet habe, sind:

  1. Du darfst das jetzt bitte nicht persönlich nehmen, aber...
  2. Bitte nicht falsch verstehen...
  3. Das ist jetzt nicht böse gemeint...

Wenn man einen Satz so beginnt, kann man mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass danach Schuldzuweisungen, Vorwürfe, Kritik, Verurteilungen, Tadel, Rügen, Maßregelungen und Beanstandungen folgen. Der Versuch, die Kritik präventiv rosarot zu färben, heißt noch lange nicht, dass sie zwingend angemessen ist.