Resilienz

»Krankenkassen schlagen Alarm: Im multiplen Krisenjahr 2022 haben die Fehltage wegen psychischer Probleme zugenommen. Nun wird Resilienztraining angeboten.«

telepolis.de vom 23. März 2023

Anmerkung: Klar, wer kann schon etwas dagegen haben, die Widerstandskraft von Menschen gegen Krisen und Stress zu stärken? Sie in die Eigenverantwortung und Selbstbestimmtheit zu bringen. »Resilienztraining« ist jedoch ein Wolf im Schafspelz. »Resilienztraining« verstärkt beispielsweise den Fatalismus und die politische Ohnmacht: »Du kannst die Welt nicht verändern, Du kannst nur Dich selbst verändern!« — ist das ständige Motto, um die Ohnmacht des Einzelnen zu verfestigen. Rahmenbedingungen? Sind gottgegeben!

Viele Unternehmen, Politiker und Chefs können und wollen nichts gegen strukturelle Ungerechtigkeiten unternehmen. Warum auch? Nicht selten verdienen sie daran. Auch haben sie wenig Interesse, Strukturen oder Umgebungen zu verändern, die Menschen unglücklich machen, in den Burnout treiben, Depressionen verursachen oder sie seelisch und/oder körperlich kaputt machen. Man könnte Löhne erhöhen, schlechte Arbeitsbedingungen verbessern oder gemeinsam gegen strukturell krankmachende Regeln und Gesetze vorgehen; aber warum sich all diesen ‑meist finanziellen aufwändigen- Stress antun?

Da ist es doch viel einfacher, den Mitarbeitern weithin einzureden, sie seien immer und stets für sich selbst verantwortlich. Sie müssten regelmäßig an ihrer Resilienz arbeiten. Und wir als »Arbeitgeber« helfen natürlich. Ganz selbstlos. Eine Fortbildung hier. Ein Coaching da. Und fertig ist der Lack. Sollte der Mitarbeiter dennoch krank oder unglücklich werden, so hat er nicht genug an seiner Resilienz gearbeitet. Ist also selbst schuld.


Nun hat es mich auch erwischt. Fünf verpflichtende Fortbildungstage zum Thema »Potentialentfaltung und Resilienzbildung«. Alle auf Lohnarbeit finden das ganz toll. Zwei Tage haben wir bereits absolviert. Und ja, wie gesagt, mehr Empathie und Wertschätzung ist immer gut. Aber es gibt eben auch Nebenwirkungen. Als ich den Zwei externen Dozentinnen meine Bedenken zum Thema in einer Pause mitgeteilt habe, sahen sie mich an, als käme ich direkt vom Mars. Wie kann der es wagen, auch nur leise Kritik zu üben? »Resilienz« ist doch der absolut heiße Scheiss!


Der tägliche Lohnarbeitswahnsinn

14 Gedanken zu “Resilienz

  1. .

    »Resilienz« ist doch der absolut heiße Scheiss!

    Tja. Da trennt sich die Spreu vom Weizen: manche suhlen sich gern in dampfender Kacke, andere eben lieber nicht...
    Freu‹ Dich, lieber epikur, daß Du zu den anderen gehörst.
    :-D
    Und wenn Menschen – noch dazu welche, die Kurse geben! – keine (konstruktive) Kritik vertragen können, dann spricht auch das sehr laut für sich selbst.

    Frohes Wochenende allerseits!

  2. Ich hatte schon immer ein Problem mit diesen Coaching-Seminaren, wahlweise auch Ratgeberbüchern oder was man uns sonst so zur Selbstoptimierung vorlegt.

    Ich gebe dir auch Recht, wenn das allem voran bei diesem »Resilienz«-Framing mittlerweile nur noch darauf hinausläuft, die Wege der Macht gar nicht mehr angreifen zu wollen (zu sollen). Ändere dich halt mal, wenn´s dir nicht passt. Auch hier: es ist mal wieder zu eindimensional gedacht, weil man sich mit Machtetikett wohl gar nicht verändern muss, wenn man schon die Machtlosen dazu verdonnern kann.

  3. die große mehrheit (nicht nur!) gehalts- und kassenabhängiger psychiater, psychologen, seelsorger oder »mentalcoaches« sind protagonisten, stabilisatoren und schlicht erfüllungsgehilfen des kapitalfaschistischen systems.

    aller-allerspätetens mit beginn des c‑wahns haben die sich als (oft besonders) fanatische befürworter, aktive täter, billigende hinnehmer, willfährige geschehenlasser und mindestens zustimmende schweiger (nicht selten auch wider besseren wissens / restgewissens) regimetreu, hochmütig und zynisch die schandmasken vor ihrer bigotten seelenheil-schwurbelfresse hertragend entgültig entlarvt.

    die haben ihnen anvertraute notleidende kalt lächelnd verraten, sie verhöhnt, zusätzlich erniedrigt, ihnen weiteren schaden zugefügt.

    mein besonderer abscheu gilt sogenannten kinderpsychologen, die mitgemacht haben...da könnte ich schreien vor ekel, wut und schmerz!

    ick muss kotzen!

  4. mein letzter kommentar bezüglich der »seelenklempnerei-experten« war polemisch und scharf kritisch, jedoch nicht völlig unangemessen...
    zumal hier ja gottseidank auf pseudocorrectness und verlogene grünweichwokerei bewusst keinen wert gelegt wird, oder?

    ...warum also hat der »pöööses-posting-filter« meinen letzten beitrag geschluckt?

  5. @epikur

    ah ja...dann war akismet, die/der/das wachsame ohrenauge, sich zwischenzeitlich wohl knurrend, aber letztlich nachsichtig und großmütig toleranz gewährend die ohren auswaschen, wa? ;-)

    wobei:
    leicht hats son spamfilter ooch nich...»kotzen« u.ä. schlucken...omg...

    na dann, @all:

    ...so een drecks-scheiß-pisswetter da draußen, also:
    schönen sonntach! :-)

    WIR fordern freiheit, demokratie, frieden und frühling!

    eisern!

  6. @ all

    ich mein‹, es passt unmittelbar zum thema...

    es mag absehbar gewesen sein, auch notsignale wurden immer wieder gesandt:

    es ist bedrückend, besorgniserregend und traurig, dass hier eine kantige, unbestechliche, hellwache, enorm mutige, grundehrliche — im umgang mit kritikern manchmal nach außen (auch sehr) harsche, im innern jedoch mit sicherheit zutiefst warmherzige — persönlichkeit resigniert, tief verzweifelt scheint, gar...

    https://www.ds-pektiven.de/

    @ZG-»gemeinde«:

    können / möchten wir uns solidarisch zeigen mit einem menschen, der viel riskiert hat, der immer wieder nach rückschlägen aufstand, um offenen visiers gegen unerbittlich zersetzend mahlende systemmühlen und eine ignorant-selbstzufriedene bräsigkeitsgesellschaft anrennend verzweifelnd versuchte, zu mahnen und wachzurütteln?

    WAS können wir tun?
    @epikur...bitte übernehmen. ;-)

  7. Leute, die daran glauben, systemimmanent etwas verändern zu können, werden immer scheitern.
    Diesen Weg haben die 68er damals schon versucht und man sieht ja, was daraus geworden ist.
    Daniel Cohn-Bendit ist das beste Beispiel.
    Viele meiner damaligen Mitstreiter, hat das System aufgesogen. Am Ende blieb von der ganzen teilweise auch naiven Idealismus nichts mehr übrig.

  8. Hoffnungslosigkeit ist wie Abgrund
    aus dem dich niemand rettet,
    es sei denn du kletterst selber heraus
    — Selek Bai

    @mo

    Da ich besagte Person persönlich kennenlernen durfte, habe ich nach kurzer Zeit das von ihm gleichermaßen beanspruchte Prinzip sich von Menschen mit ungutem Einfluß auf die eigene Person »kalt« zu trennen, ebenfalls hinsichtlich seiner Person in Anspruch genommen. Ich habe das sogar dann doch noch öffentlich begründet. In einem der letzten Kommentar in seinem Blog wurde auch die Frage aufgeworfen, warum es Menschen, die eigentlich Verbündete sein sollten, so schwer fällt mit der Solidarität. Meine Antwort: solange wir uns im direkten Miteinander selbst so benehmen wie das was wir an »denen da oben« kritisieren, wird sich daran nichts ändern. Und: nein, die Verletzungen und Traumatisierungen, die wir selbst erlitten haben, sind kein Grund es anderen gleich zu tun. Im Gegenteil: es sollte Ansporn sein es besser zu machen. Aber es beruht eben alles auf Gegenseitigkeit.

  9. @PV

    »Leute, die daran glauben, systemimmanent etwas verändern zu können, werden immer scheitern.«

    Ich weiß nicht, ob Du den Beitrag oben überhaupt gelesen hast oder ob ich mich missverständlich ausgedrückt habe?

    Die Resilienz-Coacher gehen noch einen Schritt zurück und trichtern Dir eben ein, dass Du absolut gar nichts ‑außer Dich selbst- verändern kannst. Von »Systemsturz« ist da noch gar keine Rede. Diese Einstellung ist sehr bequem für alle Mächtigen und Reichen. So gibt es weder Systemkritik, noch die Eigentumsfrage. Die sind halt gottgegeben und unveränderbar.

  10. Resilienz bedeutet ja gerade Umstände ertragen zu lernen und nicht zu verändern. Wer Veränderung will, ist halt zu schwach (die Umstände zu ertragen). Uraltes Konzept, da im Moment Religionen und Priester in unserer Gesellschaft nicht so überzeugend sind, braucht man halt »Coacher«.
    Auch die »Alles oder nichts« Haltung von PV dient hervorragend als Legitimation, die Umstände nicht ändern zu müssen. Ich bringe mal den Gegenspruch:

    Wer alles oder nichts fordert, wird in der Regel nichts erhalten.

    Bar jeglichen Zusammenhangs:
    Unterstützt bitte alle den Streik (ist ja fast ein Schritt in Richtung Generalstreik)

  11. @Kakapo3

    »Bar jeglichen Zusammenhangs: Unterstützt bitte alle den Streik«

    Das gehört sogar sehr gut hier rein! Denn der Streik zeigt auf, dass man eben doch etwas verändern kann. Scheiß auf die »Resilienz« in Deiner Komfortzone, zeig den Ausbeutern Deinen Stinkefinger!

    Auch in Frankreich und Israel haben die Menschen die Schnauze voll und gehen auf die Straße. Logisch, dass die Staatsmedien dagegen hetzen oder es kleingehalten wird. Aber wir sind eben nicht ohnmächtig!

  12. Eben, weil immer nur an den Symptomen herumgedoktert wird, anstatt das eigentliche Problem überhaupt auch nur zu benennen.
    Solange das eben auch so bleibt wird sich auch »nichts« ändern.
    Ich sage das seit 1974 und ich hatte immer Recht, und darauf kommt es mir halt auch an, weil ich genau weiß, dass sich mittlerweile niemand mehr hier auch nur ein anderes System vorstellen kann.
    Ich möchte oder erhebe auch nicht den Anspruch(moralisch) (lächel) besser zu sein, als die herrschende Klasse, was man mir dann immer, wegen gerade meinen Forderungen der Umsetzung vorwirft.
    Ich habe immer schon die Analyse gemacht und die ist stimmig und was meine Art der Umsetzung betrifft ist halt eher persönlich, aber in jedem Fall besser, als zu versuchen innerhalb der bestehenden Verhältnisse irgendetwas zu verändern.
    Einfach, weil es nicht geht...nie gehen wird...so ist es nun mal!
    Innerhalb dieses barbarischen Systems kann man nur ewiglich Schadensbegrenzung betreiben und wohin das führt kann man ja sehr schön seit jetzt über 3 Jahren feststellen.

    P.S. Und... vergesst nicht, »DIE WOLLEN UNS TÖTEN«!

  13. @ orinoco

    »Und: nein, die Verletzungen und Traumatisierungen, die wir selbst erlitten haben, sind kein Grund es anderen gleich zu tun. Im Gegenteil: es sollte Ansporn sein es besser zu machen. Aber es beruht eben alles auf Gegenseitigkeit.«

    DAS unterschreibe ich buchstabengetreu!

    denn ich weiß aus eigenen, vielfältigen und auch sehr schmerzvollen erfahrungen, dass dies ganz unbedingt richtig ist.

    denn behandele deine mitmenschen immer genau so, wie du auch von ihnen behandelt werden willst...
    von denjenigen, welche das auch verstehen oder beherzigen (lernen), wirst du verdammt viel gutes erfahren.

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