Dune

Lange bevor es die intelligenten Ränkespiele von »Game of Thrones«, die opulenten Schlachten von »Star Wars« und die fein ausgearbeiteten Charaktere von »Breaking Bad« gab — existierte Dune, Arrakis, der Wüstenplanet. Frank Herbert schuf 1965 ein detailliertes Universum, vielschichtige Figuren und eine eskapistische Wundertüte. Mit 15 Jahren las ich den rund 800 Seiten langen Schinken zum ersten Mal. Bis heute habe ich den ersten Teil drei mal und den gesamten ursprünglichen Frank Herbert-Zyklus (sechs Bände) einmal komplett durchgelesen.

Frank Herbert’s Sohn, Brian Herbert und Kevin J. Anderson haben das Wüstenplanet-Universum, nach dem Tod von Frank Herbert, bis zur Unkenntlichkeit gemolken. Sie haben unzählige weitere Action-Romane auf niedrigem literarischen Niveau veröffentlicht, zahlreiche Logiklücken hinterlassen und sie teilweise chronologisch zwischen die ursprünglichen sechs Bücher angeordnet. Damals konnte ich nicht in Worte fassen, was genau mich an der Welt des »Wüstenplaneten« so fasziniert hat. Das will ich heute nachholen.

»Das Spice erweitert das Bewusstsein.«
Frank Herbert wirft im »Wüstenplaneten« viele philosophische und existenzielle Fragen auf. Was macht gute Staatskunst aus? Inwiefern hängen Macht und Angst zusammen? Wie verändert die Abhängigkeit von Rohstoffen das Verhalten des Menschen? Inwiefern sind Religionen Fluch und Segen zugleich? Gibt es überhaupt einen freien Willen und damit wirklich freie Entscheidungen? Wie ist es möglich, das Mensch und Natur im Einklang miteinander leben können? Kann Macht korrumpieren? Wie kann man große Verantwortung tragen, ohne unter ihr zu zerbrechen? Wie überwindet man die eigene Angst vor dem Tod? Wie unabhängig können eigene Interessen sein? Was sind zivilisatorische Errungenschaften wert, wenn sie am Ende doch nur für Leid, Mord und Krieg verwendet werden?

»Die Macht und die Angst, sagte er, sind die Voraussetzungen und Werkzeuge der Staatskunst.«

Herzog Leto Atreides. »Der Wüstenplanet«. Frank Herbert. Heyne Verlag. Seite 174.

Weitere Themen die intensiv behandelt werden sind: (Neo-)Kolonialismus, Rohstoffausbeutung, Sklaverei sowie die Unterdrückung von Ureinwohnern und Indigenen, Propaganda und die Manipulation des Geistes, der Kampf für die Freiheit und vieles mehr.

Während der erste Roman ‑oberflächlich betrachtet- der Kampf gut (Atreides) gegen böse (Harkonnen) darstellt, und damit ein »erwachsenes Star Wars« zu sein scheint, verdeutlichen vor allem die restlichen 5 Romane: der Herr des Wüstenplaneten (2), die Kinder des Wüstenplaneten (3), der Gottkaiser des Wüstenplaneten (4), die Ketzer des Wüstenplaneten (5), die Ordensburg des Wüstenplaneten (6), dass dieser Vergleich dem Zyklus kaum gerecht wird. Eigentlich gibt es nur ein Universum, welches genauso detailliert und liebevoll ausgearbeitet wurde: Tolkien’s »Herr der Ringe«.

Denn gerade ab dem zweiten Roman (»Der Herr des Wüstenplaneten«) neigt sich das Empowerment von Paul Atreides dem Ende zu. Er hinterfragt seinen heiligen Djihad (bei Villeneuve heißt es »Kreuzzug«) mit Millionen von Toten durch die Fedaykin, und leidet unter der Last von Schuld und Verantwortung. Schließlich geht er aus freien Stücken in die offene Wüste und kehrt nicht wieder zurück. Diese Form der Selbstreflektion, Selbstaufgabe und Selbstgeißelung, passt so gar nicht zum Star-Wars-Universum, wo es nur Helden und Bösewichte gibt.

»Ich darf keine Angst haben. Die Angst tötet den Verstand.«
Es gibt zwar im Wüstenplanet-Universum zahlreiche kleinere und wenige große Medien-Umsetzungen, aber das Franchise wird bis heute eher stiefmütterlich behandelt und gilt als »schwieriger Stoff«. Mit Ausnahme der Harkonnen sind die Fraktionen und Figuren sehr differenziert dargestellt. Mit dem durchschlagenden Erfolg von »Game of Thrones« sollte den Studiobossen und großen Spiele-Publishern hoffentlich aufgefallen sein, dass die Zuschauer nicht nur niedrigschwellige Marvel-und-Transformer-Blockbuster zu würdigen wissen.

Im Videospiel-Bereich gilt vor allem das Echtzeitstrategie-Spiel »Dune 2« (1992) als Erstling des Genres. Davon gibt es bis heute zahlreiche kleinere und größere (»Emperor of Dune«) Ableger. Der Strategie-Adventure Mix »Dune« (ebenfalls 1992) von Cryo Interactive, glänzte mit einer, zu seiner Zeit hervorragenden Inszenierung und einem erfrischenden Soundtrack von Stephane Picq. Persönlich betrachte ich die Dune-Mod »Dune Wars Revival 1.10« aus dem Jahr 2009 für das Spiel »Civilization 4« als die bis heute beste Videospiel-Umsetzung.

David Lynch hat 1984 mit »Dune« ‑einen als unverfilmbar geltenden Roman- mit damaligen Mitteln ganz solide in Szene gesetzt. Der rund 800 Seiten lange Band wurde inhaltlich zwar stark gekürzt, aber die Atmosphäre wurde gut eingefangen und auch die Schauspieler machten ihre Sache ganz ordentlich. Die für das TV inszenierte Mini-Serie »Dune« (1. Roman) sowie »Children of Dune« (2. und 3. Roman) fand ich persönlich nicht so schlecht, wie sie öffentlich rezipiert wurde. Ja, die Technik und die Schauspieler-Leistungen waren höchstens durchschnittlich. Aber die Intrigen, Kulturen, Figuren, Häuser und internen Konflikte wurden deutlich detaillierter gezeichnet und kamen so den Büchern sehr viel näher, als die Verfilmung von David Lynch.

Leider selbst noch nicht getestet: das Brettspiel »Dune Imperium« aus dem Jahr 2020.

»Der Schlafende muss erwachen!«
Meine Freude auf die erneute Filmumsetzung von Denis Villeneuve ist eher durchwachsen. Ich begegne ihr inzwischen mit gemischten Gefühlen. Einerseits freue ich mich als Fan über jede Dune-Umsetzung und gerade Villeneuve hat mit »Blade Runner 2049« bewiesen, dass er Atmosphäre und Subtilität sehr gut kann. Andererseits soll die Verfilmung nur die erste Hälfte des ersten Romanes zeigen. Eine Fortsetzung soll es ‑laut Warner- nur geben, wenn der Film kommerziell erfolgreich ist. Und genau hier müssen dann wieder Abstriche zugunsten des Mainstreams gemacht werden. Oder wir beiben am Ende auf einen unfertigen Film sitzen.

Unpassend ist die Entscheidung, aus einem alten, weißen Mann (Dr. Liet Kynes) eine junge, schwarze Frau zu machen. Das macht dramaturgisch-inhaltlich absolut keinen Sinn. Ist aber ‑wieder einmal- ein Zugeständnis an die scheinbar große SJW-Fraktion in Hollywood. Dabei gibt es in »Dune« eine ganze Reihe von starken Frauenfiguren und ‑Organisationen: Jessica Atreides, Prinzessin Irulan, Chani, Gaius Helen Mohiam, die Bene Gesserit, Alia Atreides, die Fischredner, Siona Atreides, die Geehrten Matres und einige mehr. Frank Herbert war alles andere als ein Sexist. Ob die SJW-Gemeinde sich mit dem Dune-Universum wirklich auskennt, bezweifle ich allerdings. Ich befürchte daher leider, dass es noch weitere kleinere (und womöglich größere) Anbiederungen geben wird, um den kommerziellen Erfolg zu sichern.

»Was bedeutet schon Geld«, führte Kynes aus, »wenn man mit ihm doch nicht die Dienste erstehen kann, die man nötig braucht?«

Liet Kynes. »Der Wüstenplanet«. Frank Herbert. Heyne Verlag. Seite 189

Außerdem ist wohl eine Serie über die Bene Gesserit geplant: »Sisterhood«. Eine Serie über die Raumfahrergilde, die Mentaten, die Sardaukar, Haus Ix, die Bene Tleilax, die Fremen oder über die anderen eher kleineren Häuser (neben Atreides, Harkonnen und Corrino), hätte ich persönlich interessanter und mutiger gefunden. Aber was solls. Ich freue mich, dass das Dune-Franchise nach so langer Zeit wiederbelebt wird.


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7 Gedanken zu “Dune

  1. Dune, hab ich immer gemocht, war mit eines meiner ersten Videospiele....»Achtung Wurmzeichen«...lol...
    Die Mutter einer meiner Frauen war damals schon eine Bene Gesserit Hexe, einfach, weil es so gut gepasst hat...;-))

  2. Die guten Klassiker Frank Herbert, Isaac Asimov, A.E. van Vogt, C. J. Cherryh, Orson Wells, Aldos Huxley u.a. sind auch heute noch hochaktuell. Zeit meines Lebens habe ich SF gelesen, so daß vieles, was uns heute technologisch oder auch zivilisatorisch als neu angeboten wird, schon in ähnlicher Form bekannt war.

  3. Die Doku Jodorowskis Dune letztes Jahr auf Arte war ganz interessant. Ein Drehbuch aus den 70ern, das nie verfilmt wurde.

  4. Aprospos Film
    Ich habe gerade »Der Mauretanier« gesehen.
    Es ist der beste Film, den ich in den letzten 18 Monaten gesehen habe.
    Einfach anschauen...

  5. Du wirst es nicht bereuen.
    Intensiv, und endlich mal wieder eine Jodie Foster in einer Rolle, der ihr alle Ehre macht.

  6. In den neuen »Martial-Arts-Filmen« fahren die Helden jetzt mit Elektromotorrädern rum.
    Schöne neue Welt....das ist wirklich das Ende...

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