Der pädagogische Happen (36)

(Wahres Ereignis an einer Berliner Schule.)

Elternvertreterin: »Fast alle Eltern sind sich einig, dass sie den autobiografischen Roman »Crazy« von Benjamin Lebert als nicht geeignet für eine achte Klasse empfinden. Sie wünschen sich daher, dass Sie bitte eine andere Lektüre zur Buchbesprechung auswählen!

Deutsch-Lehrer: »Weshalb lehnen Sie ein sehr authentisches und zärtlich geschriebenes Werk ab, dass typische Jugend-Probleme und ‑Themen behandelt?«

Elternvertreterin: »Es werden in dem Buch explizite sexuelle Handlungen geschildert!«

Deutsch-Lehrer: »Ja, der halbseitig gelähmte Benjamin Lebert schildert, unter anderem, seinen ersten Geschlechtsverkehr. Auch das gehört zum Erwachsenwerden dazu und das kann man mit 14-jährigen Jugendlichen durchaus thematisieren.«

Elternvertreterin: »Bitte respektieren Sie unseren Wunsch oder wir müssen das Gespräch mit dem Schuldirektor suchen!«


Übrigens: Luftfilteranlagen, Tests und Masken waren offenbar teurer als gedacht. Nun: »Berliner Schulen bekommen kein Geld mehr – SPD verhängt Haushaltssperre.« Man muss wohl Prioritäten setzen. Die Kinder können ja im nahegelegenen Park auf Toilette gehen, wenn das Schulklo nicht saniert wird. Und vielleicht wollen auch mal Eltern unterrichten, weil man keine neuen Lehrer mehr einstellt? Bildung? Das kann weg.


Kinder in Deutschland
Der pädagogische Happen (1−35)

11 Gedanken zu “Der pädagogische Happen (36)

  1. Explizite sexuelle Handlungen!
    Die natürlich kein einziges 14-jähriges Kind/Jugendliches jemals im Internet gesehen hat.
    Böse, ganz ganz böse!

    Übrigens: für wichtige Dinge war noch nie Geld da, für unnötige schon immer. Egal, ob es um Schulen oder anderes geht.

  2. Angesichts der Jungenkrise und dem Fakt, dass Jungen besonders im Lesen hinterherhinken, sollte diese Elternvertreterin ihr Amt abgeben. Denn nicht nur mit Piraten und Dinosauriern begeistert man Jungs zum Lesen sondern auch mit Sex — das ist eines der Themen, das sie fesselt. Was man ihnen sonst so vorsetzt — auf Mädcheninteressen abgestimmte Blümchenwiesen — vergrault sie wie nichts.

  3. @uepsilonniks

    Jungenkrise. Ja. Frag eine beliebige Pädagogin oder irgendeinen Pädagogen, der an einer Schule arbeitet. Kinder mit Integrationsstatus. Mit Lernschwächen. Sozial-emotionalen Schwierigkeiten. Wahrnehmungsproblemen. Kognitiven Defiziten. Und. Und. Und. Sind fast alles Jungen.

    Und was macht die Politik? Mädchen-Förderprogramme ohne Ende. Gezielte Förderung von Jungen-Interessen-und-Bedürfnissen kommen nicht vor.

    Jungen (Männer) sind eben Täter und Mädchen (Frauen) Opfer. Dieses Denken steckt auch in den Köpfen von weiblichen Sozialarbeitern, Lehrern und Pädagogen, die immer noch die Sozial- und Bildungsbranche dominieren. Aber so ist das eben mit Ideologien: sie richten sich nicht danach, was ist, sondern was sein soll.

    Nachtrag: genau deshalb haben wir männlichen Kollegen, unter anderem, zwei regelmäßige Nachmittagsangebote für Jungen etabliert: Raufen nach Regeln und toben mit Batakas (Schul-Gladiator). Und die rennen uns die Bude ein.

  4. Lasst erst mal »Die Grünen« dran dann wird man das mit 6‑jährigen Erstklässern thematisieren. Das Augenmass geht hier komplett verloren ... aber Gott sei Dank haben wir keine echten Probleme.

  5. .. zwei regelmäßige Nachmittagsangebote für Jungen etabliert: Raufen nach Regeln und toben mit Batakas (Schul-Gladiator). Und die rennen uns die Bude ein.

    Aber Vereine klagen wegen Nachwuchs .. Hier ( UK )ist es so das es Nachwuchssorgen bei Fussball Rugby Kampfsport etc gibt . Es ist eine Verweichlung der »Jungen« zu erkennen . Ich mache u.A. auch Kung Fu mit den Kleinen , waehrend die Knirpse es habwegs wegstecken wenn sie sich mal weh tun ist Mutti ( bei den Kleinen oft dabei ) mehr als überbesorgt und 90% der Kids überstehen nicht die ersten 3 Monate .Das selbe berichten die Leute aus anderen Disziplinen wo es eben eine Verletzungsgefahr gibt .Badminton is gerade noch akzptabel .. Hahaha auch im Gym sind die »Jüngsten« in den Mitte bis Endzwanzigern .
    Die Jugend sitzt bis 25 vornehmlich vor der Spielkonsole .. ;-)

  6. In Deutschland findet seit 2 — 3 Jahren ein roll-back statt, den ich niemals für möglich gehandeln hätte. Sex ist wieder pfui, was zum Schämen, Oben-Ohne ist wieder Erregung öffentlichen Ärgernisses oder gar ein nackter Bauchnabel, wie kann sich das eine Frau trauen und es droht am besten gleich Knast. Genauso wie am Besten alles wieder verboten werden sollte. Vor 10 Jahren hat man noch über die »Ballspielen verboten«-Schilder gelacht, die man in den 70ern und 80ern vor genormten Mehrfamilienhaussiedlungen fand. So spießig war man in den 2000ern nicht. Und heute? Kommt alles wieder. Verbote über Verbote und das alles mit einem moralischen Zeigefinger, was nicht alles pfui verboten sei, weil es nun mal total unanstädig, sittenwidrig und ein Zeichen für Untermenschentum sei.
    Die größte Gefahr, die ich momentan sehe, ist die moralische Überlegenheit der intellektuellen Klasse. Die führt uns ins Verderben, da Menschlichkeit und Verstand und herzliche Wärme keine Rolle mehr spielen.

    Ich kenne das genannte Buch selbst, hatte es in den 2000ern als Schullektüre ebenfalls gelesen. Das war damals spannend, aufregend, sowas lesen zu dürfen, nicht nur wegen der geschilderten Szene, sondern weil das Buch sehr einfühlsam und authentisch geschrieben ist. Es rührt die Seele an, kann eine Resonanz geben zu einer Zeit, in der man sich als Jugendlicher verloren fühlen kann. Kann das Gefühl geben, dass man nicht alleine ist.

    Und das ist jetzt wieder pfui. Das Buch wurde damals über den Klee gelobt, hat sogar Buchpreise abgestaubt, es galt als chic, das in der Schule zu lesen. Was sind das für Zeiten geworden, in denen wir jetzt leben?

  7. Diese Zeiten, haben sich aber auch schon lange in den 90ern angekündigt.
    Dieser Moralismus und vor allem diese »political corectness« der pseudo Linken intellektuellen Gutmenschen, die sich damals anschickte und dann auch etablierte.
    Ich nannte es damals schon * Die neue Prüderie*, oder auch die *Weicheigesellschaft*!

  8. @Mira

    WIllkommen auf dem ZG-Blog!

    »So spießig war man in den 2000ern nicht. Und heute? Kommt alles wieder.«

    Ja, das neue olivgrüne Biedermeier ist wieder da. Sie fordern Impfzwang, Autoverbote und Krieg mit Russland (Baerbock). Gleichzeitig finden sie es ganz schlimm, wenn Kinder mit Lego oder Fantasy-Spielen Krieg spielen. Ich erlebe diesen ideologischen Offenbarungseid täglich an meiner Schule.

    »Es rührt die Seele an, kann eine Resonanz geben zu einer Zeit, in der man sich als Jugendlicher verloren fühlen kann. Kann das Gefühl geben, dass man nicht alleine ist.«

    Vielleicht sollten Eltern den Lehrern auch wieder mehr Vertrauen schenken? Die werden schon wissen, warum sie gerade dieses Buch ausgewählt haben. Aber Nein, Lehrer und Pädagogen dürfen sich ‑im Gegensatz zu vielen anderen Berufen- ständig sagen lassen, wie sie ihren Job zu machen hätten.

  9. @epikur

    Vielleicht sollten Eltern den Lehrern auch wieder mehr Vertrauen schenken?

    Bis vor Corona hätte ich Dir da ausgesprochen recht gegeben. Aber in den letzten 1,5 Jahren hat die Lehrerschaft bei mir verspielt. Und zwar trotz weniger Widerständler mehr oder weniger komplett. Sorry.

  10. Die mit zum Schönsten gehörende und gleichzeitig von mancherlei Mythen umrankte, erwachende Sexualität soll hier offenbar mit dem gleichen moralischen Eifer zugedeckt oder hintertrieben werden, wie es derzeit in vielen Bereichen der Daseinsfürsorge und des allgemeinen Umgangs geschieht.
    Das Denken und Handeln vieler Menschen dümpelt neuerlich in einem Stadium der Heuchelei, Rechthaberei und Trägheit.

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