Das Technopol

Neil Postman hat 1985 mit seinem Buch »Wir amüsieren uns zu Tode« weltweit für Aufsehen gesorgt. Seine Hauptthesen vor über 30 Jahren: die Massenmedien würden jeden Inhalt als Unterhaltung präsentieren, Sachverhalte und Kontexte aus dem Zusammenhang reißen, personalisieren statt analysieren, Bilder als Selbstzweck verwenden sowie Aufklärung, Wahrheit und Wissen, dem Verwertungszwang unterordnen. Für eingeweihte Bildungsbürger und interessierte Intellektuelle, mag das zu dieser Zeit keine neue bahnbrechende Erkennntnis gewesen sein, aber Postman schaffte es, seine Analysen in eine klare und verständliche Sprache zu verpacken. 1992 erschien dann ein weiteres Buch von ihm, das bis heute leider eher ein Nischendasein fristet: »Das Technopol«.

Technologien als Heilsbringer
In diesem Werk widmet er sich, ohne es direkt auszusprechen, dem Transhumanismus sowie der Silicon-Valley-Ideologie, bei der neue, digitale Technologien als die Lösung all unserer Probleme betrachtet werden. Wie bei dem derzeitigen Hype um die digitale Aufrüstung unserer Schulen, werden die Stimmen, die von den Gefahren und möglichen Nebenwirkungen digitaler Technologien sprechen, zum Verstummen gebracht. Vor rund 30 Jahren fasste Postman den Transhumanismus-Glauben prägnant zusammen:

»Das Technopol ist ein bestimmter Kulturzustand. Es ist zugleich ein bestimmter Geisteszustand. Es besteht in der Vergöttlichung der Technologie, und dies bedeutet, dass die Kultur ihre Beglaubigung in der Technologie sucht.«

(Neil Postman, »Das Technopol«. Fischer Verlag. 1992. S.80)

Die Impfung ist eine Technologie. Die Corona-Warn-App ist eine Technologie. Der PCR-Test ist eine Technologie. Der digitale Impfpass ist eine Technologie. Der Schnelltest ist eine Technologie. Jeder, der heute vom eigenen Immunsystem, von der Wirksamkeit von Waldspaziergängen oder von Vitamin D spricht, gilt schnell als braun-kruder Esoteriker. Jemand, der den neuen digitalen Technologien abzuschwören scheint und stattdessen in einen vorzeitlichen Schamanismus zurück gefallen sei. Der Transhumanismus-Glaube ist mittlerweile tief in uns verankert. Dabei ist es eine Binsenweisheit, dass wir in vielen Bereichen überhaupt keine neuen Technologien benötigen, um viele Probleme lösen zu können. Was es beispielsweise braucht, um Hungertote zu vermeiden, ist eine gerechte, weltweite Verteilung von Land, Gütern und Ressourcen. Und das geht komplett ohne App’s, Bio-Technologien (Genmais) oder Künstlicher Intelligenz.

»Es gibt nicht mehr mehrere Methoden zur Therapie einer Krankheit, es gibt nur noch eine — die technologische« (S. 112)

»Wir haben mit den Schnelltests doch ein neues technologisches Mittel. Das sollten wir nutzen.« (Ministerpräsident von Sachsen, Michael Kretschmer)

Digitale Demenz
Und was können wir aktuell weltweit mit der Impfung beobachten. Alternativen? Keine. Eine andere Perspektive oder Herangehensweise der Regierungen? Fehlanzeige. Wir erleben eine fast schon sektenartige Vergötterung von Technologie und Wissenschaft. Die große Gefahr ist hier, dass sich verantwortliche Entscheider ihrer Rechenschaft komplett entziehen: »Ich bin nicht schuld, das Virus ist schuld!« Oder: »Ich bin’s nicht gewesen, die Maschine ist’s gewesen!« Oder der Klassiker: »Wegen einer technischen Fehlfunktion«. Niemand kann und wird zur Verantwortung gezogen. Dabei sind und bleiben die Lockdowns und damit die Folgeschäden in der Verantwortlichkeit der Politik! Wenn aber beispielsweise in 10 Jahren massenhaft untypische Erkrankungen auftauchen sollten, wie soll man dann beweisen können, dass das mit dem experimentellen Turbo-Impfstoff zusammenhängt?

Auch der Philosoph Gunnar Kaiser betont die Macht sowie die Eigenlogik der Technologien als Selbstzweck und Rechtfertigungsgrundlage der Herrschenden:

»Die Wissenschaft sagt das so [...] Das was technisch möglich ist, gibt dem Staat vor, was gemacht wird. Eine Überwachung mit Drohnen ist möglich, dann setzen wir das doch ein, bei einer Pandemiebekämpfung. Wir haben Tracking-Apps, die sind möglich, dann setzen wir das doch ein.«

Ethische Diskussionen und Überlegungen spielen immer weniger eine Rolle. Die Machbarkeit und die Umsetzung stehen meist an erster Stelle. Technologischer Fortschritt wird im »Technopol« per se als wünschenswert erachtet. Dabei, so Postman, sollten Fragen nach Folgen, Gefahren und Interessen nie vergessen werden. Schließlich sei technologischer Fortschritt nicht gleichzusetzen mit menschlichem Fortschritt. Neil Postman hat 40 Jahre lang an der New York University als Professor für Medienökologie gelehrt. Am 5. Oktober 2003 starb er im Alter von 72 Jahren.

Wissenschaft als Religion
Joseph Weizenbaum stellt in »Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft« (Suhrkamp Verlag, 1978) sogar die These auf, dass der Mensch eben keine informationsverarbeitende Maschine sei und dass es bestimmte Aufgaben gebe, für die Maschinen und Computer nicht eingesetzt werden sollten, ungeachtet der Tatsache, ob sie zu deren Lösung verwendet werden könnten (S.10). Denn Maschinen und Computer verstärken vor allem die strukturellen Zwänge (S. 25) sowie die Selbstentfremdung des Menschen. Weizenbaum ist dennoch kein Technikfeind oder Kulturpessimist, er plädiert dafür, das menschliche Denken nicht auf einen logischen Formalismus zu reduzieren.

»...die Naturwissenschaft zur einzig legitimen Form der Erkenntnis innerhalb der allgemeinen Gelehrsamkeit geworden ist [...] praktisch alle anderen Formen der Erkenntnis ihrer Legitimitätsbasis beraubt [...] so hungert heute das Volk doch nur danach, was ihm als wissenschaftlich gültiges Wissen präsentiert wird.« (S.32)

Genau das können wir derzeit bei der Corona-Krise wieder überall beobachten. Die empathische Moralkompetenz, die feinfühlige Intuition oder der gesunde Menschenverstand zählen nicht, ja, werden als absurde Schwurbelei verunglimpft. Dabei zeigt sich, dass das Herrschaftsargument ›Wissenschaft‹ primär und vor allem immer dann bemüht wird, wenn es die eigenen Ziele und Interessen unterstützt. So werden beispielsweise die beiden großen Studien von Ioannidis zur Gefährlichkeit von Covid-19 und zu Lockdowns, von Politik und Massenmedien weiterhin ignoriert und verschwiegen. Sie passen nicht in die große Erzählung. Gleichzeitig werden Wissenschaftler bezahlt, um die Corona-Maßnahmen zu rechtfertigen oder es werden absurde Studien veröffentlicht, um die Kritiker zu diskreditieren.

Florian Rötzer bringt es auf den Punkt: »Moral kann nicht an Maschinen outgesourct werden.« Blade Runner, Gattaca, Robocop: Müssen wir wirklich stets all das umsetzen, was auch technologisch möglich ist? Wo wird uns das hinführen?


Schöne digitale Welt
Wissenschaftliches zur Wissenschaft
Automatisierung. Digitalisierung. Industrie 4.0.

13 Gedanken zu “Das Technopol

  1. Danke.
    Mal wieder schön auf den Punkt gebracht.

    Das Problem ist ja, daß diese Technologiescheiße den Menschen schon seit Jahrzehnten angboten wird und die meisten Menschen, ebenfalls seit Jahrzehnten, leider auf das Angebot eingehen. Und zwar recht erfreut.

    Ich für meinen Teil muß mich schon sehr lange als merkwürdig oder fortschrittsfeindlich bezeichnen lassen, bloß, weil ich immer wieder darauf hingewiesen habe, daß man den Dreck erstens nicht braucht und zweitens ohne vielleicht sogar glücklicher ist. Beziehungsweise sein könnte, wenn einem das nicht so dermaßen vermiest würde.

    Und heute ist man nicht nur merkwürdig und fortschrittsfeindlich, sondern wird auch gleich als gefährlich gebrandmarkt.
    :-(
    Ist ja aber auch logisch: sonst könnten ja noch andere Menschen auf den Gedanken kommen, daß an der natürliche(re)n Variante des Lebens so einiges – vor allem lebenswertes – dran sein könnte...

  2. Besteht jetzt nicht sogar durch Einführung von Trackingapps, Bürgernummer …. „endlich“ die Möglichkeit, die Menschen allumfassend zu überwachen? Da kommt doch so ein Virus mit seinen endlosen Mutationen wie gerufen, um die Menschen zu spalten (Teile und herrsche), zu manipulieren und die Mehrheit auf seine Seite zu ziehen, ohne dass sie merken, was mit ihnen passiert, weil sie mit den technischen Spielereien so abgelenkt und „glücklich“ sind.
    In meinem Freundeskreis galt ich anfangs auch als bedauernswerter Alien, weil ich kein Smartphone besitze. Sie konnten aber meine einfache Begründung akzeptieren „ Ich will mir nicht von diesem Ding mein Leben steuern lassen.“ Insgeheim achteten sie mich dafür, weil sie es für sich gern auch so machen würden, es aber nicht mehr können. Sie konnten auch nicht verstehen, wie ich ohne dieses Teil so informiert sein konnte, weil sie haben doch jede Minute die neuesten Nachrichten auf ihr Fon bekommen. Keiner von denen hat aber mitbekommen, dass vor kurzem die Identifikationsnummer/ Bürgernummer eingeführt wurde. Dann wird es noch viel einfacher werden, von Jedem ein umfassendes Profil zu erstellen. Und, was ist dann? – kein Privatleben mehr. Leider gibt es so viele, die das anscheinend auch nicht mehr brauchen, weil sie ja nichts zu verbergen haben. Für diese Menschen habe ich keine Hoffnung mehr.

  3. @Ruby

    »In meinem Freundeskreis galt ich anfangs auch als bedauernswerter Alien, weil ich kein Smartphone besitze«

    Mir glauben das immer weniger Menschen. Ich muss regelrecht insistieren und Überzeugungsarbeit leisten, weil es einfach nicht sein kann, dass jemand im Jahr 2021 freiwillig und ohne Not auf ein smartphone verzichtet!? Wie kann man nur? Das Ding ist doch sooo toll. Man kann doch sooo viele Sachen damit machen...bla bla blubb blubb...dann fangen die Lobes-Arien an, als wenn sie alle im Vertrieb von Samsung und Apple arbeiten würden.

    Es geht auch nicht nur um Tracking, Überwachung, Daten-Sammelei und Nachverfolgung, sondern wie Du ganz richtig sagst: soziale Kontrolle. Über dieses Thema habe ich mich hier schon oft ausgelassen:

    Medial verstrahlt
    Bequemlichkeit statt Freiheit
    Die Ablehnung der Wirklichkeit

  4. Geschichte wird von den Siegern geschrieben.
    Somit können wir eigentlich sämtliche zukünftige Behauptungen in Frage stellen.
    Macht eigentlich alles gar kein Sinn mehr...

  5. Wer Wikipedia für eine vertrauenswürdige Quelle hält, ... ja, für den wird jetzt die Wahrheit umgeschrieben.

  6. #Grossdemo? #Kassel? — Frühlingserwachen — Die Welt steht auf! #Demo? 20.03.2021
    https://www.youtube.com/watch?v=t‑VwYQ2DQ94

    Reden ab circa Minute 56 (u.a. RA Füllmich, RA Viviane Fischer, Anselm Lenz, Friederike Pfeiffer de Bruin)


    Unfassbare Szenen bei Anti-Corona-Demo: Hunderte stürmen Einkaufszentrum in Kassel
    20.03.2021 Kassel
    https://www.youtube.com/watch?v=ZCyLLQPD4Iw


    Reitschuster: Der Kessel von Kassel – wie es auf der Demo wirklich war. Und wie mich die Antifa angegriffen hat.
    https://www.youtube.com/watch?v=dBAB3c61Ok4

  7. Ich möchte mal ein Beispiel bringen:
    Ein befreundeter Arzt hat mich auf eine Studie hingewiesen, dass bei schweren Atemwegserkrankungen (z.B. Covid-19, aber auch alle anderen, haben eh die gleichen Symptome) bei zwei Vergleichsgruppen, bei der Gruppe, die nicht an ein Beatmungsgerät angeschlossen wurde, die Sterberate ca. 28% betrug, bei der Gruppe, die an die künstliche Beatmung angeschlossen war, die Sterberate aber 56% betrug. Unterstellt, diese Studie ist wissenschaftlich belegt (leider habe ich keine Quelle) stellt sich die Frage, warum die künstliche Beatmung angeordnet wird. Der Patient wird es vielleicht aus »Technikgläubigkeit« wünschen, aber warum macht es das Krankenhaus? Der Arzt meinte, da gebe es zwei Gründe: Zum einen verursacht ein nicht beatmeter Patient wesentlich intensiveren Pflegebedarf und ist deswegen teurer. Zum anderen kann das Krankenhaus mit den Kassen eine künstliche Beatmung höher abrechnen, als die Pflege eines nicht beatmeten Kranken. Das Krankenhaus, der behandelnde Arzt handelt also nicht aus »Technikgläubigkeit« sondern aus finanziellen Gründen zur Erreichen der größtmöglichen Profits. Oder verkürzt ausgedrückt, die Technik ist gut, die den Herrschenden nützt.
    Damit ist die »Technikgläubigkeit« des Patienten nicht anderes als der alte Glauben an die Güte und die Aufrichtigkeit der Herrschenden. Und da die Mächtigen, die wesentlichen Treiber neuer Technologieentwicklungen sind, wird der Anteil der neuen Technik, die den Herrschenden nützt, immer recht hoch sein.

  8. Kakapo3
    Das ist wohl ein alter Hut. Hatte ich bereits verlinkt. Ist von 2013:

    Heute wird ein Patient so früh wie möglich nach Hause geschickt, außer es gibt einen lohnenden Zuschlag für besonders komplizierte Fälle. Wird ein Patient zum Beispiel künstlich beatmet, bekommt das Krankenhaus bis zum vierten Tag 10?804 Euro. Bleibt der Patient aber elf Tage in diesem Zustand, kassiert die Klinik 20?637 Euro. Ich weiß von Krankenschwestern, dass Patienten gelegentlich auch aus finanziellen Gründen länger beatmet werden. Dabei steigt mit jedem Tag das Risiko einer Lungenentzündung.

    vom 6.5.2013: „Ich dachte, das war’s“
    https://www.spiegel.de/spiegel/print/d‑94139305.html

  9. @Horst
    Klar ein alter Hut, dass die Gesundheitsindustrie im Wesentlichen zum Geldverdienen da ist.
    Die Studie, die der Arzt meinte, bezog sich aber (auch) auf COVID-19 muss also etwas aktueller sein.
    Entscheidend ist aber, dass die Technik (Beatmung) sich hier negativ auswirkt, weil Geldverdienen wichtiger als Gesundheit ist und nicht weil die Technik per se gefährlich wäre.

  10. Kakapo3
    Auch Köhnlein hat kürzlich wieder darauf hingewiesen: Gerade bei älteren Patienten ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die eine Intubation (bspw) nicht überleben. Es geht also natürlich nur ums Geld. Mit COVID19 hat das alles weniger zu tun. Die ganze Problemlage ist schon lange bekannt. Entsprechende Studien sind auch schon sehr alt. Köhnlein hat das in seinem letzten RT-Interview (publiziert 19.3.2021) noch mal erwähnt (wenn ich mich nicht irre).
    Die Abrechnung: Ein Jahr Corona mit Dr. Köhnlein
    https://www.youtube.com/watch?v=f8aS8GTJYyg

  11. Ich denke, dass Menschen, vor allem des westlichen Kulturkreises, vergaßen, dass es keine menschliche Objektivität geben kann.

    Irgendwann in der Geschichte wandte man sich zwar von einem allmächtigen und allwissenden Gott ab, welcher von institutionellen Religionen missbraucht wurde. Man ersetzte ihn durch eine mechanistische Wissenschaft und verabsolutierte diese. Menschen glaubten nun an die Allmacht und Allwissenheit von Wissenschaft. Wenn sich die Herrschenden in alten Zeiten auf Gott beriefen, tun sie es heute unter Berufung auf Wissenschaft, Expertenwissen. Wissenschaft als Basis der Technologie, der Wirtschaft, der Politik und der Gesetze. Das Problem dabei ist, dass auch diese durch die fehlende Objektivität nur ein Glaubenssystem darstellt, welches keinen Anspruch auf Universalität für sich beanspruchen kann.
    Trotzdem kleben Menschen, mit dem wissenschaftlichen Status von Maschinen, immer noch an den Mündern von Experten, obwohl diese sie von einer Krise zur anderen führten, Kriege und Hunger nicht verhindern, die Mitwelt zerstört wird und Tiere gequält werden.
    Es ist so offensichtlich, dass die Experten eben nicht allwissend sind. Sie sind aber die Stütze der Herrschenden und werden deshalb von ihnen ebenfalls gestützt. In Wirklichkeit ist es eine primitive mechanistische Konstruktion. Ein Kartenhaus.

    Folge der Verabsolutierung ist, dass es in der Gesellschaft immer Menschen gibt, die glauben, die Wahrheit zu kennen und Menschen anderer Meinung damit automatisch zu Lügnern abstempeln. Ein Krieg, nicht nur sprachlich, um die Deutungshoheit durchzieht das ganze Leben.

    Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners. — Heinz von Förster
    https://www.youtube.com/watch?v=okaf0LW38Xc

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